Tyron Ricketts

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Tyron Ricketts mit Jörg Winger bei der Verleihung des Grimme-Preises 2024

Tyron Peter Ricketts (* 29. Juni 1973 in Weiz) ist ein deutsch-britischer Schauspieler, Musiker und Fernsehproduzent, der Filme und Serien mit dem Fokus auf People of Color für den globalen Markt entwickelt[1].

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ricketts lebt in Berlin[2]. Seine Mutter ist eine österreichische Musikmanagerin.[3] Sein Vater ist aus Jamaika. Er machte ihn mit der Jazz-Musik des Plattenlabels Blue Note Records vertraut, das Künstler wie John Coltrane veröffentlichte.[3]

Ricketts absolvierte ein Praktikum als Grafik-Designer in einer Frankfurter Werbeagentur. Seine Kenntnisse als Zeichner vertiefte er in einem Grafik-Design-Studium in Köln.[3]

Ein Hobby Tyron Ricketts' ist das Surfen.[3]

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schauspieler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seine Schauspielerkarriere begann Ricketts mit Hauptrollen in Bunte Hunde (1995) von Lars Becker und Rosenkavalier (1996). Es folgten eine Hauptrolle in Kanak Attack (2000) – ebenfalls von Becker – Rollen in Rillenfieber (2000), Knockin’ on Heaven’s Door, Samba in Mettmann (2004) sowie Nebenrollen in Fernsehfilmen. In der Sat.1-Produktion Brautpaar auf Probe übernahm er eine Hauptrolle. Von September 2006 bis Oktober 2009 gehörte er als Kriminalkommissar Patrick Diego Grimm zum Ermittlerteam der ZDF-Serie SOKO Leipzig.

2021 feierte Ricketts mit der Hauptrolle in dem ARD-Fernsehfilm Herren einen großen Erfolg. Herren ist die erste deutsche Fernsehproduktion, in der alle Darstellenden schwarz sind[4]

Ricketts war 2022 in Dominik Grafs preisgekröntem Fernsehfilm Gesicht der Erinnerung zu sehen.

Am 26. April 2023 startete bei Disney+ die sieben Folgen und eine Dokumentation umfassende Serie Sam – ein Sachse, die auf der Lebensgeschichte des afrodeutschen, sächsischen Polizisten Samuel Njankouo Meffire basiert. Ricketts spielte hier den Mentor der Titelfigur. Das erste deutsche Serienprojekt des Streamers wurde von Ricketts initiiert und von seiner Firma Panthertainment gemeinsam mit Jörg Winger von Big Window Productions, einem Label der UFA Fiction, koproduziert. Ricketts war zudem am Buch und der Musik beteiligt[5].

Zu seinen Rollen sagt er: „Ich habe bei rund 70 Filmprojekten mitgewirkt. Zwei Drittel davon waren problematisch. Die Figuren verkörperten immer das Fremde, das andere. Aber niemals ein valides Mitglied der deutschen Gesellschaft, in der diese Filme spielten.“[6]

Mit über 70 Rollen in Film und Fernsehen zählt er zu den erfolgreichsten schwarzen Schauspielern Deutschlands.

Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während seiner Jugend in den 1980er Jahren bekam Ricketts erste Kontakte zur HipHop-Kultur.[3]

Zusammen mit Daniel Aminati war Tyron Ricketts als Tänzer einer Dance-Crew aktiv, etwa bei Bühnenauftritten mit dem Rapper P. M. Sampson. 1990 waren Ricketts und Aminati zudem Tänzer bei der Inszenierung der Oper Frau Luna am Düsseldorfer Schauspielhaus.[7]

1992 zog Ricketts nach Frankfurt am Main. Neben Heidelberg, Stuttgart und Hamburg galt die Stadt in den 1990er Jahren als deutsche Hochburg der HipHop-Kultur, mit Künstlern wie dem Rödelheim Hartreim Projekt von Rapper und Produzent Moses Pelham.

Als singender Rapper veröffentlichte Tyron Ricketts 1993 mit der Band Four Pac Flavour den gleichnamigen Song "Four Pac Flavour" auf dem Sampler "Raw & Uncut – Hip Hop Vol. I.", den DJ und Label-Betreiber Roey Marquis II. über seine Plattenfirma Ruff-N-Raw herausbrachte.[8]

Während seiner Zeit bei VIVA (1996–2000) war Tyron Ricketts gleichzeitig an diversen Musikprojekten beteiligt. Er war Mitglied der Rap-Band Blackstreet Bataillon, die sich später in K-Funk umbenannte und 1994 das Album For Everybody Who’s Ready To Dig auf den Markt brachte.

Nach K-Funk war er bei der Band Mellowbag aus Berlin, mit der er zwei Alben heraus brachte.[9] Gemeinsam mit Freundeskreis featuring Gentleman hatten sie mit Tabula Rasa einen der ersten deutschen Raphits.[10]

Moderation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Musiksender VIVA moderierte Tyron Ricketts von 1996 bis 2000 das HipHop- und Rap-Magazin Word Cup, bevor dieses Format durch die Sendung Mixery Raw Deluxe abgelöst wurde. Neben der Moderation wurde Ricketts später auch Produzent der Sendung. Dafür gründete er die TV-Produktionsfirma Panthertainment.

Für den Musikfernsehsender Viva besuchte Tyron Ricketts mit dem Rapper KRS-One als Stadtführer historische HipHop-Orte in New York City, darüber hinaus durfte er Künstler wie Ice-T, Lauryn Hill, De La Soul und Absolute Beginner für Interviews treffen.[11]

Im Jahr 2000 endete Ricketts Zusammenarbeit mit VIVA.

2003 war er Moderator eines Arte-Spezials im Rahmen der popkulturellen Sendung Tracks.

Produzent[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2018 reaktivierte Ricketts seine Firma Panthertainment, um als Produzent mit dem Fokus auf Filme und Serien für den globalen Markt tätig zu sein, in denen People of Color im Mittelpunkt stehen[12]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tyron Ricketts wird als Creator für seine Rolle bei der Entstehung und Umsetzung von Sam - ein Sachse beim 60. Grimme-Preis am 26. April 2024 ausgezeichnet. Der Preis ehrt zugleich die Serie an sich in der Wettbewerbs-Kategorie Fiktion.[13]

Soziales und politisches Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Künstler beteiligt sich an Projekten, die rassistische Diskriminierung abbauen und die Verständigung zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und/oder Abstammung verbessern wollen, darunter die Initiative Brothers Keepers und das Projekt Afro-deutsch, zu dem Tyron Ricketts einen gleichnamigen Song beigesteuert hat. In diesem kritisiert er, dass er in Filmen – obwohl in Österreich geboren und in Österreich und Deutschland aufgewachsen – oft nur den „Klischee-Schwarzen“ spielt: „[...] Den Eddy-Murphy-Imitierer, den Drogendealer, ich spiel den Basketball- und Footballspieler [...]“.

Darüber hinaus engagiert er sich an der Umsetzung von Integrationsprogrammen der Bundesregierung, wie 2010 zusammen mit den Sängerin Julie und Montana Beats an dem Projekt "Respekt 2010" oder "Heimat Almanya".

2010 lernte Ricketts den Sänger und Schauspieler Harry Belafonte kennen. Dieser wurde sein Mentor und verhalf ihm zu einem Arbeitsvisum in den USA, wohin Ricketts 2012 übersiedelte.[14]

In den USA entwickelte Ricketts mit Belafonte Media-Strategien gegen Rassismus und arbeitete für dessen Wohltätigkeitsorganisation Sankofa.org.[15]

Filmografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diskografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chart­plat­zie­rungen
Erklärung der Daten
Alben[16]
Bipolar Opposites (mit Mellowbag)
 DE7513.09.1999(3 Wo.)
Singles[16][17]
Tabula Rasa (mit Mellowbag, Freundeskreis & Mr. Gentleman)
 DE1330.03.1998(16 Wo.)
 AT1831.05.1998(9 Wo.)
 CH626.04.1998(18 Wo.)
Props (mit Mellowbag)
 DE8916.08.1999(1 Wo.)
Ce Qu’on Sait (mit Dankner)
 DE3509.04.2001(4 Wo.)
 CH3408.04.2001(6 Wo.)
Adriano (Letzte Warnung) (als Teil von Brothers Keepers)
 DE5 
Gold
Gold
16.07.2001(13 Wo.)
 AT1315.07.2001(15 Wo.)
 CH1905.08.2001(14 Wo.)

Alben

  • 1997: Around the Clock in a Day (mit Mellowbag)
  • 1999: Bipolar Opposites (mit Mellowbag)
  • 2012: Weltenreiter

Singles

  • 1995: Droits de l'Homme (mit Mellowbag)
  • 1997: Illusion/It's a Long Way to Go (mit Mellowbag)
  • 1998: Illusion (mit Mellowbag)
  • 1998: Tabula Rasa (Mellowbag + Freundeskreis feat. Mr. Gentleman)
  • 1999: Props (mit Mellowbag)
  • 2000: Day to Day (mit Mellowbag)
  • 2001: Adriano (Letzte Warnung) (mit Brothers Keepers)
  • 2001: Ce qu’on sait (Baby Do You Wanna Get Down With Me) (mit Dankner)
  • 2001: Afrodeutsch (Titelsong des Kurzfilms Afro Deutsch gegen Rechte Gewalt)
  • 2012: Weltenreiter
  • 2012: Alles ist gut

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tyron Ricketts – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Unternehmenswebsite Biografie
  2. Tyron Ricketts: "Einen schwarzen Mann wollte niemand sehen", diepresse.com
  3. a b c d e Podcast „Der Soundtrack meines Lebens“: Tyron Ricketts Interview mit Tyron Ricketts von Redakteur Jan Schwarzkamp auf visions.de (Visions), 19. Juli 2023
  4. Schwarzes Fernsehen zählt, spiegel.de
  5. Guter Sachse, böser Sachse zeit.de, 26. April 2023
  6. Black, proud und deutsch, spiegel.de
  7. Podcast „Der Soundtrack meines Lebens“: Tyron Ricketts Interview mit Tyron Ricketts von Redakteur Jan Schwarzkamp auf visions.de (Visions), 19. Juli 2023. Ab Minute 30:42 erzählt Tyron Ricketts von seiner Karriere als Tänzer.
  8. Podcast „Der Soundtrack meines Lebens“: Tyron Ricketts Interview mit Tyron Ricketts von Redakteur Jan Schwarzkamp auf visions.de (Visions), 19. Juli 2023. Ab Minute 50:33 berichtet Tyron Ricketts von seiner Band Four Pac Flavour und dem Sampler.
  9. Podcast „Der Soundtrack meines Lebens“: Tyron Ricketts Interview mit Tyron Ricketts von Redakteur Jan Schwarzkamp auf visions.de (Visions), 19. Juli 2023. Ab Minute 55:55 berichtet Tyron Ricketts von der Gruppe Mellowbag.
  10. Offizielle Deutsche Charts
  11. Podcast „Der Soundtrack meines Lebens“: Tyron Ricketts Interview mit Tyron Ricketts von Redakteur Jan Schwarzkamp auf visions.de (Visions), 19. Juli 2023. Ab Minute 57:35 erzählt Tyron Ricketts von seiner Tätigkeit als TV-Moderator und der Gründung seiner Produktionsfirma Panthertainment.
  12. Tyron Ricketts: "Einen schwarzen Mann wollte niemand sehen" diepresse.com
  13. 60. Grimme-Preis 2024 Sam – Ein Sachse
  14. Tyron Ricketts: "Einen schwarzen Mann wollte niemand sehen", diepresse.com
  15. Podcast „Der Soundtrack meines Lebens“: Tyron Ricketts Interview mit Tyron Ricketts von Redakteur Jan Schwarzkamp auf visions.de (Visions), 19. Juli 2023. Ab Stunde 1:21:05 erzählt Tyron Ricketts von seinem Zusammentreffen mit dem Sänger Harry Belafonte.
  16. a b Chartquellen: DE AT CH
  17. Auszeichnungen für Musikverkäufe: DE