Ursula Sarrazin

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Ursula Sarrazin (* September 1951 in Schleswig-Holstein[1] als Ursula Breit) ist eine deutsche pensionierte Grundschulpädagogin in Berlin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursula Sarrazin ist eine Tochter des langjährigen DGB-Vorsitzenden Ernst Breit. Als sie acht Jahre alt war, zog sie mit ihrer Familie von Schleswig-Holstein nach Bonn, wo sie die Realschule besuchte und an einem Gymnasium das Abitur ablegte. Nach dem Lehramtsstudium in Bonn trat sie 1973 in den Schuldienst ein und war rund 25 Jahre als Grundschullehrerin in Köln, Bonn und Mainz angestellt.[2] Sie lernte Thilo Sarrazin, der an der Universität Bonn studierte, kennen und sie heirateten im Jahr 1974. 1980 trat sie der SPD bei. Sie bildete sich auf dem Gebiet der Montessoripädagogik fort, zog nach Berlin um und begann 1999 ihren Schuldienst an der Reinfelder-Förderschule.

Bekannt wurde sie durch Pressemeldungen, in die sie nach Auseinandersetzungen mit Eltern von Schülern gelangte, die sie an Berliner Grundschulen unterrichtete. Sie stand eine Zeitlang im Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen über schulische Disziplin und Lehrerautorität; als Ehefrau des damaligen SPD-Politikers und Sachbuchautors Thilo Sarrazin wurde sie später auch in TV-Talkshows eingeladen.[3]

Aus Protest gegen den Parteiausschluss ihres Mannes trat sie nach über 40 Jahren aus der SPD aus.[4]

Streit um autoritäres Verhalten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursula Sarrazin unterrichtete von 1999 bis 2002 an einer Charlottenburger Grundschule. Ihr wurde vorgehalten, während dieser Zeit ein Kind mit einer Blöckflöte geschlagen zu haben, was Sarrazin vehement bestritt.[5] Im Herbst 2007 kam es zu Spannungen zwischen Ursula Sarrazin und der Mutter einer ihrer Schülerinnen, nachdem Sarrazin das Kind, eine nach Angaben der Mutter als hochbegabt eingestufte Schülerin, die nach Wunsch der Eltern die zweite Klasse überspringen sollte, ohne Beschluss einer Klassenkonferenz in die zweite Klasse zurückversetzte, da ihr nach der Bewertung von Frau Sarrazin die notwendige Reife für die dritte Klasse fehlte.[6][7] Nachdem ein Schlichtungsversuch des zuständigen Schulrats gescheitert war, reichte die Mutter im April 2008 Beschwerde bei der Berliner Schulaufsicht ein.[8] Sarrazin klagte daraufhin bei der Schulverwaltung und erhielt Recht.[9]

Als die Angelegenheit 2008 in die Medien gelangte, beklagten sich weitere Eltern über Sarrazins Unterrichtsstil, warfen ihr vor, Schüler einschüchternd, demütigend und überzogen autoritär zu behandeln und Eltern gegenüber einen unsachlichen Ton anzuschlagen. Ursula Sarrazin entgegnete, sie sei eine fordernde Lehrerin und wies die Vorwürfe zurück.[10] Sarrazin, die von Bild publikumswirksam als „Deutschlands zurzeit umstrittenste Lehrerin“ bezeichnet wurde,[11] wandte sich ihrerseits an die Öffentlichkeit, trat in einer Talkshow auf und gab Interviews, in denen sie den schulischen Leistungsverfall kritisierte.[12] Viele Eltern kümmerten sich – so erklärte sie – nicht ausreichend um den Bildungserfolg ihrer Kinder, und diese seien oft weder in der Lage, sich zu konzentrieren, noch ihre Hände geschickt zu gebrauchen, noch Anweisungen Folge zu leisten.[13] Für die Bild-Zeitung stellte Ursula Sarrazin im März 2011 auch einen Vorschlagskatalog für Reformen im Schulwesen zusammen.[14]

Im Mai 2011 erhob Sarrazin eine Untätigkeitsklage gegen die Schulverwaltung, da die Elternvorwürfe gegen sie noch nicht abschließend geprüft worden seien.[15]

Sarrazin schied im Sommer 2011 auf eigenen Wunsch aus dem Schuldienst aus.[16]

Buchveröffentlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2012 erschien ihr Buch Hexenjagd, in dem sie ihren Schuldienst in Berlin schildert.[17] Im September 2015 wurde vom Bundesgerichtshof die Weiterverbreitung des Buchs untersagt,[18] weil die Persönlichkeitsrechte einer ihrer mit vollem Namen genannten Schülerinnen verletzt wurden.[19][20][17] Ein Drittel der Auflage des Buchs wurde mangels Absatz entsorgt.[19]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hexenjagd: Mein Schuldienst in Berlin. Düsseldorf/Köln: Diederichs Verlag 2012. ISBN 978-3424350760

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ursula Sarrazin. Penguin Random House, abgerufen am 14. Mai 2021.
  2. Armin Lehmann: Die Anklägerin. Potsdamer Neueste Nachrichten, 2. Oktober 2012, abgerufen am 15. Mai 2021.
  3. Parvin Sadigh: Streit um Frau Sarrazin, Die Zeit, 18. Januar 2011
  4. Ulrich Zawatka-Gerlach: Ursula Sarrazin verlässt die SPD – freiwillig. Der Tagesspiegel, 3. August 2020, abgerufen am 5. August 2020.
  5. Tagesspiegel Berlin: online "Hat Frau Sarrazin mit der Blöckflöte zugelangt?" gesehen am 21. März 2012
  6. Martin Klesmann: „Wir fordern für Eltern eine Ombudsmannstelle“, Berliner Zeitung, 6. November 2008; Dagmar Rosenfeld: Der Sarrazin-Effekt, Die Zeit, 20. Januar 2011
  7. Ursula Sarrazin schrieb zu ausführlich über Defizite eines Kindes. Abgerufen am 14. November 2019.
  8. Die Frau des Senators sorgt für Streit, Berliner Zeitung, 5. November 2008.
  9. Antje Schmelcher: Zu eigensinnig für Berlin? Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. Februar 2011
  10. Sigrid Kneist, Susanne Vieth-Entus: Ursula Sarrazin will nicht mehr lehren, Tagesspiegel, 25. Januar 2011; Im Wortlaut: Ursula Sarrazin wehrt sich, Tagesspiegel, 16. Januar 2011.
  11. Deutschlands zurzeit umstrittenste Lehrerin spricht Klartext: Frau Sarrazin über dumme Schüler, Strafen, Werte und wer sie mobbt, Bild, 16. Januar 2011
  12. Dichter, Denker, Dumpfbacken: Deutschland setzen, 6 Menschen bei Maischberger, 25. Januar 2011 (Video)
  13. Ursula Sarrazin beklagt Unwissen der Schüler Focus online, 15. Januar 2011
  14. Ursula Sarrazin: Das läuft an unseren Schulen falsch! Sieben Thesen zur Bildung an Schulen, Bild, 1. März 2011
  15. Ursula Sarrazin verklagt Verwaltung, Tagesspiegel, 23. Juni 2011; Boris Dombrowski: Ursula Sarrazin verklagt Schulbehörde B. Z., 24. Juni 2011
  16. Sigrid Kneist, Susanne Vieth-Entus: Ursula Sarrazin will nicht mehr lehren, Tagesspiegel, 25. Januar 2011
  17. a b Frühere Lehrerin Die Niederlage der Ursula Sarrazin, welt.de, 13. November 2015
  18. Urteil vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14
  19. a b BGH-Urteil über Buch von Berliner Lehrerin Ursula Sarrazin schrieb zu ausführlich über Defizite eines Kindes, Der Tagesspiegel, 4. November 2015
  20. Buch „Hexenjagd“ : Ursula Sarrazin scheitert vor dem BGH, FAZ.net, 5. November 2015