Wikipedia:Kurier/Ausgabe 4 2021

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Vorlagen im VisualEditor befüllen wird leichter: Vorgeschlagene Werte für Parameter

Vorlagen können mit Daten befüllt werden. In manchen Fällen ist aber auf Anhieb nicht unbedingt ersichtlich, welche Daten zur Auswahl stehen. Wenn ich beispielsweise einen Artikel zu einem Roman bearbeite und in der Infobox das Genre angeben möchte, stellt sich mir beispielsweise die Frage, ob ich Krimi oder Kriminalroman eintrage, oder vielleicht doch Detektivgeschichte?

Demonstrationsvideo wie Vorgeschlagene Werte im VisualEditor funktioniert

Mit der neuen Parametereigenschaft suggestedvalues können alle, die Vorlagen erstellen oder pflegen, nun eine Liste von Vorschlagswerten für einen Parameter definieren. Diese Werte erscheinen dann im Vorlagendialog des Visual Editors in Form einer Dropdown-Liste. Wenn man die Vorlage nutzt und einen Wert für diesen Parameter eingeben möchte, kann man dann schnell und einfach den passenden Wert in der Liste anklicken. Will man einen Wert eintippen, der nicht in der Liste enthalten ist, z.B. Crime im obigen Beispiel, bleibt diese Möglichkeit weiterhin erhalten. Auf diese Weise ersetzt die Funktion das zusätzliche Forschen nach Parameterwerten auf den entsprechenden Dokumentationsseiten der Vorlage bzw. erspart den Editierenden, die zugelassenen Werte raten zu müssen. Besonders hilfreich ist sie für diejenigen, die mit der Vorlage noch nicht vertraut sind.

Ziel der Funktion ist, Fehlerquellen zu reduzieren, und soll zusammen mit den geplanten Verbesserungen im Vorlagendialog das Arbeiten mit Vorlagen im Visual Editor insgesamt leichter und angenehmer machen. Sie wird voraussichtlich am 29. April auf allen Wikis aktiviert. Entstanden ist sie innerhalb des Themenschwerpunkts „Leichter mit Vorlagen arbeiten“, der es in der Umfrage Technische Wünsche 2019 hier in der deutschsprachigen Wikipedia auf Platz 1 schaffte, und an dem das Team Technische Wünsche seitdem arbeitet.

Wie das Erstellen der Vorschlagswerte-Liste im Einzelnen geht, ist auf der Projektseite beschrieben. Rückmeldung und Fragen sind auf der Diskussionsseite des Wunsches sehr willkommen. Wer über dieses und andere Projekte auf dem Laufenden sein will oder Lust hat, sich bei der Planung und Entwicklung von Verbesserungen im Rahmen des Projekts Technische Wünsche einzubringen, kann sich auf dem Newsletter „Technische Wünsche“ eintragen. tv (wmde), 27.4.

Dieses Thema geriet auch durch "WWW Hessen" in letzter Zeit stärker in den Fokus, weitere Dinge folgten. Da es sich bei der Autoren- und Auftraggeber-Zielgruppe (genauer denen, die in den Fokus kommen) um Neulinge handelt, schien es nicht optimal, sie z.B. auch auf der Projektseite mit unseren bewährten Wikilinks zu überschütten.

Dort stand noch, dass "kostenlose Hilfe" beim Artikelerstellen angeboten wird. Praktisch spielt dies aber keine Rolle mehr – zumindest als "verbindliches" Angebot des Projektes. WWW machte auch deutlich, dass es nicht die Aufgabe der Freiwilligen sein kann, ihre Ressourcen schwerpunktmässig für die Rettung bezahlter Artikel einzusetzen.

So soll "Hilfe zur Selbsthilfe" geleistet werden: Es wurde das Projekt als so etwas wie ein "Kompetenzportal" ausgerichtet, wo alle wichtigen Dokumente im Zusammenhang erläutert werden – laienverständlich dort, wo es geht. Dabei wurde deutlich, dass viele bisher eine Benutzerverifizierung für ausreichend ansahen und keine wie von der Benutzungsordnung eigentlich geforderte Offenlegung erfolgte. Das wurde nun besser erläutert, das wird man behutsam ordnen müssen. Es wurde keine neue Regel eingeführt, sondern das Vorhandene erläutert und an einiges auch erinnert.

Deswegen hat das Projekt (vorerst?) keine ausgewiesenen Mitarbeiter mehr. Die Resonanz ist gross, die Diskussionsseite wird rege gelesen und praktisch sollte sich jeder ehrenamtlich tätige Benutzer zugehörig fühlen. Denn das Thema geht alle an: Wie geht man mit einer zunehmenden Kommerzialisierung um und gewährleistet langfristig, dass die Freiwilligen noch das "Sagen" haben.

Es ist einiges noch zu klären, die neue Aufbereitung des Wissensstandes soll uns vom Gleichen dabei reden lassen und auch etwas "sensibilisieren".

  • Wie geht man mit Artikeln um, deren Hauptautor man wegen Nichteinhaltung der Benutzungsordnung sperren musste? Ebenfalls sofort löschen, oder – so wie es beim WWW-Projekt geschah – prüfen und den Löschantrag wegen der Inhalte stellen und nur daraufhin entscheiden? "Zwischenkennzeichnung" während der Prüfung wie in der englischsprachigen WP oder Verschiebungen in "Bearbeitungsräume" sind denkbar.
  • Wie legt man bezahltes Schreiben so offen, dass auch der Leser etwas davon sieht? Die drei jetzt möglichen Orte sucht der Leser kaum auf, sie sind eher intern. Machen wir es nur für uns oder auch für den Leser? Mit dem Preis, dass durch das unauffälligste Bapperl im Artikel das Ausmass bezahlten Schreibens und ein mögliches Anwachsen sichtbarer wird? Dazu ist ein MB in Vorbereitung.
  • Wie schaffen wir es, für das alles ein einfaches, zuverlässiges und wartungsarmes Ablauf-System zu etablieren, welches die Ansprachen für Offenlegung und Verifizierung (die oft zuammen, manchmal allein erfolgen) und deren Erfüllung übersichtlich protokolliert und zeitnah Prüfung auf Erledigung oder Konsequenzen erlaubt? Das wird gerade auf der Projektdiskussionsseite thematisiert. Da dies auch an anderen Orten erfolgt, sollte man das koordinieren. Niemandem soll Arbeit weggenommen werden :-)
  • Wie kann man die Öffentlichkeit noch besser informieren, dieses Projekt versucht es einmal zielgruppenspezifisch und Hardcore-Fans finden dort auch ein längeres Opus zum Thema.

An die "Falken" unter uns: Man kann vom Verbieten, Sperren und Löschen bezahlten Schreibens träumen und niemand muss solchen Benutzern helfen oder etwas erklären (was andere wiederum tun). Verbote fanden in der Community bei Meinungsbildern oder Umfragen keine Mehrheiten. Die Veraltung von Artikeln und der Wettbewerbsdruck, bei Relevanz hier enthalten zu sein, weil wir (zu) erfolgreich geworden sind, sind nicht von der Hand zu weisen. Geben wir den bezahlten Autoren eine faire Chance, gute Artikel zu schreiben (wie allen Neulingen). Wird diese nicht genutzt, ist Strenge angebracht und dann auch begründet. Eigentlich wollte ich nur auf die Tatsache des Faceliftings hinweisen, spezielle Diskussion wünschte ich mir am liebsten auf der Projektseite thematisch geordnet. Denn das Thema ist schon eins, was allgemein zur Diskussion reizt… Auf Wunsch hierher umgetopft. Gho 21.4.

Den Stillstand durchbrechen

Forderung nach Beschleunigung der Prozesse um Charta der Bewegung
und globalen Rat veröffentlicht

Während draußen die ersten Knospen treiben, haben sich im Inneren der Wikimedia-Bewegung mehrere altgediente Wikimedianer*innen daran gemacht, einen Vorschlag zum zeitnahen Aufbau der Arbeitsgruppe zu veröffentlichen, die eine Charta der Bewegung (Movement Charter) konzipieren soll. Der geplante globale Interimsrat soll grundsätzlich auf eine Funktion beschränkt werden: Die Entwurfsgruppe (Drafting Group) für die Charta der Bewegung zu bilden. Die zukünftigen Inhalte sollen von dieser Gruppe entworfen werden, und der jetzt auf Meta veröffentlichte Vorschlag beinhaltet ein klares Bekenntnis zu einigen relevanten strukturellen Aspekten wie Community-Gesprächen, iterativem Prozess, Einbeziehung aller Akteur*innen und Ratifizierung durch alle Betroffenen, inklusive der Communitys.
Die Gruppe, die den Vorschlag entworfen hat, fordert eine schnelle Gründung der Entwurfsgruppe, um umso mehr Zeit für die folgenden Prozesse zu haben, die als Blüte eine im Konsens geschriebene Charta der Bewegung (Movement Charter) hervorbringen wird. In dieser Charta werden Werte, Prinzipien und Richtlinien festgelegt, die für alle Strukturen der Bewegung gelten sollen, einschließlich der Rollen und Verantwortlichkeiten des zukünftigen globalen Rats (Global Council), der regionalen und thematischen Knotenpunkte (Hubs) sowie anderer bestehender und neuer Einheiten und Entscheidungsgremien.
Wer sich der Forderung nach Beschleunigung und schlankem Prozess anschließt, wird gebeten, den Text mit einer Unterschrift zu unterstützen.
Bereits kurz zuvor hat das für die Strategie neu zuständige Team der Wikimedia Foundation ein kurzes Update veröffentlicht und bekannt gegeben, dass die Implementierung der Strategie bald losgehen wird.
Wer sich an der Diskussion um Charta und globalen Interimsrat beteiligen oder erst mal nur einen Eindruck gewinnen möchte, ist morgen Dienstag 20. April um 20:00 Uhr zum Austausch eingeladen. Das Gespräch wurde spontan vorgeschlagen, weswegen es nur auf englisch geführt wird. Anmerkungen oder Fragen können aber sicherlich auf anderen Sprachen in den Chat geschrieben und übersetzt werden.
Dies ist nur eins der vielen weiteren Gespräche rund um die Strategie Wikipedia 2030, bei der die Online- und Projektcommunitys herzlich zum Mitwirken gebeten sind. CJ (WMDE), 19.04.

Wir warten...

Kirschblütenfest in Japan

Während wir auf Impftermine und auf ein Ende der Coronapandemie warten, ist es auch wieder Zeit, die Wikipedia zu warten. Der Wartungsbausteinwettbewerb im Frühjahr 2021 steht an. Es geht wieder darum, die Qualität der Wikipedia zu verbessern: schlechte Artikel überarbeiten, Literatur hinzufügen, unvollständige Artikel erweitern, Weblinks reparieren, Fotos und Geokoordinaten ergänzen und Vieles mehr. Dabei steht der Spaß und das gemeinsame Spielen im Vordergrund.

Mit den Themenboni für Sachsen-Anhalt, Religion und Japan berücksichtigen wir aktuelle schöne und auch ernste Ereignisse: die Landtagswahl im Bundesland Sachsen-Anhalt, die vielen aktuellen Feiertage wie z.B. Ostern und Pfingsten, die Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens im Erzbistum Köln sowie den 10. Jahrestag der Nuklearkatastrophe von Fukushima und das Kirschblütenfest in Japan. Wer sich für Regionales oder Religiöses interessiert oder die Wikipedia im Bereich Japan ausbauen möchte, ist hier gefragt. Auch die beliebten Mengen- und Vielseitigkeitsboni sind wieder am Start.

Wer mag mitmachen? Autorinnen und Autoren werden gesucht, außerdem benötigen die Schiedsrichter noch Verstärkung. Hier geht's zum Wartungsbausteinwettbewerb. E.S., 18. April 2021

Infektionsschutzmaßnahmenverordnung

Corona bestimmt nicht nur unser Leben, unsere Arbeit, unser Gemüt, es prägt auch zunehmend unsere Sprache. Zumeist in Form bekannter Wörter, gekoppelt wie Corona-Diktatur, Dauerlockdown, oder neue Konstrukte wie Corona-Tracing-App oder Corona-Ampel. Auch Wörter mit leicht inkriminierendem Touch finden Eingang in die Pandemie-getränkte Sprache wie Superspreading-Event, Kontaktnachverfolgung, Corona-Sünder, Covidiot, oder die Coronaparty, in Österreich zum Unwort des Jahres auserkoren. Wer sich impfen lassen will, oder dem Impfen aus dem Weg geht, der kann gern mal nachschauen, was man unter Hintergrundimmunität oder Sinusvenenthrombose versteht, und wenn er geimpft ist, wie es sich mit dem Impfneid verhält. Was mich etwas irritiert, ist, dass es neuerdings sogar Community-Masken geben soll. Keine Bange, es handelt sich dabei nicht um gemeinschaftlich genutzte Masken.

Anfangs erzeugte das Trommelfeuer aus dem Corona-News-Becken bei mir Weltuntergangsstimmung. Inzwischen überwiegt das, was ich gern als das Wikipedia-Gen bezeichne, Neugier, Wissensdurst und beinahe grenzenlose Zuversicht. Dazu gehört, dass ich mir inzwischen die schlafraubenden Pegelstandsmeldungen der abendlichen Nachrichtensendungen erspare, zugunsten der morgendlichen Zeitungslektüre, gepaart mit Surfen im Corona-Wissen von Wikipedia. Da bin ich jedesmal überwältigt von dem dargebotenen Wissen zu allem, was mit Corona zu tun hat. Den Covid-19-Artikel klicke ich sicher fast jeden Tag an, und bin erstaunt, wie rasch er immer wieder aktualisiert wird. Was die Wikipedia-Autorin A doubt und ihre Kolleginnen und Kollegen und auch die im Portal:COVID-19 tätigen Autorinnen und Autoren da geleistet haben und Tag für Tag leisten, ist phänomenal. Es ist nicht nur die Akribie und Professionalität, die den Artikel prägen, sondern auch die Verständlichkeit und Übersichtlichkeit, die trotz der Komplexität der Thematik einen schnellen Zugang zu einzelnen Themenaspekten erlaubt. Dieser COVID-19-Artikel ist ein probates Mittel gegen Corona-Desinformation und die Verbreiter von Verschwörungstheorien, und er hilft all denen, die in der Corona-News-Hektik Gefahr laufen, sich im Informationswirrwarr zu verheddern. Gelegentlich verirre ich mich auf die Wictionary-Coronaseite, die mir fast wie eine Art Kompendium des von Corona erweiterten deutschen Sprachschatzes vorkommt, das natürlich permanenter Ergänzung und Verbesserung bedarf, – „Infektionsschutzmaßnahmenverordnung“ ist so ein neuer Begriff, der mir heute morgen in der Zeitung über den Weg lief. Pi, 17.4.

Abmahner bei Wikipedia

Die Idee war grandios: Eine offene Internet-Enzyklopädie, in die jedermann sein Wissen einbringen kann, die das freie Wissen der Welt sammelt und festhält. Wunderbar. Die deutschsprachige Wikipedia gilt als verlässlich bei Naturwissenschaften und nicht ganz unproblematisch in Sachen Gesellschaft und Politik. Nun kommt ein neuer Aspekt hinzu: Wikipedia entwickelt sich immer mehr zum Tummelplatz, zum Werkzeug und Medium für Abmahnbetrüger.

Deren Trick ist einfach: Sie überfluten Wikipedia mit beliebigen 08/15-Fotos und geben diese unter einer vermeintlich offenen Lizenz frei. Doch diese Lizenzen sind nur auf den ersten Blick offen. Wer sie nutzt – ob Privatperson, Institution oder Unternehmen – verstrickt sich mit Sicherheit im Dschungel der zahlreichen, aus dem amerikanischen übersetzten Paragraphen.

Das ist Absicht. Und geplant. Nutzer der vermeintlich mit Namensnennung freien Bilder bekommen früher oder später Post von den angeblichen Fotografen. Denn die in den Bilddateien verborgenen Exif-Daten machen das verwendete Bild für die Bots der engagierten Abmahnfreunde im Netz sichtbar. Wer derlei Bilder nutzt, wird gefunden und erhält früher oder später eine Rechnung.

Die Masche ist bei Wikipedia bekannt. Gegenmaßnahmen wurden in einem Meinungsbild ausführlich diskutiert – und mangels Verantwortlichkeiten ohne Ergebnis archiviert. Derzeit läuft wieder eine 3M und zerfasert langsam vor sich hin. Die Bilder sind nach wie vor in großer Zahl auf Wikipedia – und werden immer mehr.

Keiner dieser Geschäftemacher ist hauptberuflich Fotograf, die meisten sogar in sehr gesicherter Stellung. „Ein langjährig bekannter Lizenz-Nachforderer ist Beamter bei der Stadt Büdingen“, berichtet der Kölner Rechtsanwalt Markus Kompa in Telepolis, „ein anderer bei der Bundesagentur für Arbeit in Hamm beschäftigt.“

Ein ganz Großer der Szene ist der Wikipedia-Autor „Dr. Chriss“. Er hat Hunderte Rechnungen verschickt, gerne auch mal über 5000 Euro an Privatpersonen. Der Chemiestudent aus Ulm scheint aber schwache Nerven zu haben. Bei einer Verhandlung am Amtsgericht Köln stutzte der Richter seine Forderung von mehreren tausend Euro auf magere 100 Euro. Als ihn die Tochter der Beklagten vor dem Richtertisch anfauchte, flüchtete er panisch aus dem Saal – zum Amüsement der Zuschauer, unter denen sich weitere Forderungsempfänger befanden.

Seit die Gerichte deutlich kritischer mit derlei „Fotografen“ umgehen, hat sich deren Taktik geändert. Wolf & Co. drohen zwar mit teuren Anwaltsschreiben, vermeiden aber nach Möglichkeit Prozesse. Stattdessen plädieren sie auf gütliche Einigung, auf „Ausgleich der Lizenzgebühren“, wie sie es in gestanzten Worten formulieren. Verlagsjuristen raten, zur Vermeidung von Anwaltskosten eine selbst verfasste Unterlassungs-Verpflichtungserklärung abzugeben, also die Versicherung, das Bild nicht mehr zu verwenden, aber jegliche Zahlung und weitere Kommunikation zu verweigern. Kompa: „Lizenzklagen dieser Wikipedia-Fotografen sind selten und gehen nach hinten los.“

Das ist die gute Nachricht des heutigen Tages. zw, 13.4.

Hinweis: Die Seite Wikipedia:Abmahnung beschäftigt sich mit dem Phänomen. Gnom, 13.4.

Was sich in 10 Jahren in der Wikipedia geändert hat

Ein Lehrbuch. Schon etwas überholt.

Vor über zehn Jahren habe ich die Wiki-Kollegen dazu aufgerufen, dass wir gemeinsam ein Wikibuch schreiben: Wie man die Wikipedia bearbeitet, oder, wie man einen Wikipedia-Artikel schreibt. Trotz größeren Zuspruchs ist es dann doch ein eher einsames Schreiben geworden.

Und bald darauf habe ich einen Verlag angesprochen, ob er nicht ein Lehrbuch von mir herausgeben will. Quaſi als Enterprise-Version. Die netten Leute von Open Source Press waren sehr erfreut, und im Sommer 2010 erschien: Wikipedia. Wie Sie zur freien Enzyklopädie beitragen. 200 Seiten, mit Illustrationen.

Das Buch lief dann recht gut und führte immer wieder zu positiven Rückmeldungen. Auch Wikimedia Deutschland hat einen ganzen Stapel abgenommen, für die Kontakte im damaligen Referentennetzwerk.

In den über 10 Jahren seit Erscheinen ist eine Menge passiert. Es war vor allem der Visual Editor, warum ich mit einer zweiten Auflage gewartet habe. Natürlich hat auch Wikidata das Bearbeiten der Wikipedia verändert. Aber nicht nur bei der Wikipedia haben sich kleinere und größere Dinge geändert: Ich selbst durfte viel dazulernen und würde heute wohl manches anders machen.

Mit dem Verlag hatte ich noch einen Kontakt bezüglich der zweiten Auflage, und es wurde ein E-Book angedacht. Zwar war ich mit anderen Projekten wie dem Klexikon beschäftigt, aber ich hatte Lust darauf, das Lehrbuch zu überarbeiten. Doch dann stellte der Verlag seine Tätigkeit ein – schade, denn bei Open Source Press waren viele interessante Werke gerade aus der FLOSS-Welt erschienen.

Die Urheber haben die Rechte an ihren Werken zurückerhalten. Ich habe dann längere Zeit nicht mehr an das Lehrbuch gedacht, und schließlich habe ich die letzten Dateien, die ich vor dem Druck erhalten hatte, zusammengefügt und bei Commons hochgeladen. Vielleicht hat der eine oder die andere noch etwas davon, ich würde mich freuen.Z., 10.4.

Zeilennummern im Quelltext-Editor anzeigen (Technische Wünsche)

Der Wikitext-Editor 2010 mit Zeilennummerierung

Eine weitere Verbesserung aus dem Themenschwerpunkt „Leichter mit Vorlagen arbeiten“ soll bald auf allen Wikis aktiviert werden: Wenn man im Wikitext-Editor 2010 oder 2017 die Syntaxhervorhebung aktiviert, werden dort auch Zeilennummern angezeigt. Diese Funktion ist in vielen anderen Code-Editoren Standard, und macht Zeilenumbrüche besser erkennbar. Auch unabhängig von der Arbeit mit Code kann sie hilfreich sein, um sich auf eine bestimmte Zeile beziehen zu können, beispielsweise in Diskussionen.

Die Funktion soll am 15. April hier in der deutschsprachigen Wikipedia für den Vorlagensnamensraum aktiviert werden, weitere Namensräume folgen in Kürze. Mehr Informationen gibt es auf dieser Projektseite, und Rückmeldungen sind auf dieser Diskussionsseite willkommen. Weitere Verbesserungen, die die Arbeit mit Vorlagen erleichtern sollen, darunter auch solche für den VisualEditor, sind für die nächsten Monate geplant.

js (wmde), 7.4., Update am 12.4.

PS: Wer direkt über Neuerungen aus dem Projekt Technische Wünsche informiert werden möchte, kann hier den Newsletter abonnieren.

Spendenaufruf für Osttimor

Ich habe den Text eingeklappt, um niemanden zu belästigen. Wen sowas nervt, einfach nicht aufklappen.

Nur öffnen, wenn man sich über den Aufruf informieren will.

Man versucht zu retten, was zu retten ist

Liebe Mit-Wikipedianer,

seit fast 16 Jahren schreibe ich in der Wikipedia über das kleine südostasiatische Land Osttimor. Es bleibt nicht aus, dass man zu einem Thema, mit dem man sich täglich beschäftigt, eine gewisse Zuneigung entwickelt. Man sieht zu, wie das Land durch große und kleine Krisen geht, es sich langsam entwickelt, Rückschläge erleidet und sich wieder aufrappelt. Im Entwicklungsindex hat es die regionalen Nachbarn Kambodscha und Myanmar überholt, im Demokratieindex ist es Südostasienprimus und liegt selbst vor EU-Staaten wie Bulgarien und Kroatien, die Kindersterblichkeit sank von 177 auf knapp 50. Es ist schon ein kleiner Stich, wenn wieder mal eine Person, über die man einen Artikel geschrieben hat, das Zeitliche segnet und man das Kreuz in dem Artikel setzt (zumindest muss man sich keine Gedanken machen, ob das Symbol nun christlich ist oder nicht, die meisten Timoresen sind katholisch). Mit einer Reihe Timoresen bin ich auch im engeren Kontakt, was natürlich sehr hilfreich ist, wenn mal wieder ein Artikel in der Landessprache für mich unverständlich bleibt. Die Ereignisse von der Nacht auf Ostersonntag haben mich daher um so mehr bewegt.

Was bleibt nach der Flut?

Die Überschwemmungen seit dem 4. April sind die größte Katastrophe seit über 40 Jahren, die Osttimor (und Teile Indonesiens) heimgesucht hat. Es ist einer der wenigen Momente, in denen es Osttimor in die deutschen Fernsehnachrichten geschafft hat (und selbst in die grönländische Presse). Innerhalb von drei Tagen fielen 300 mm Regen. Die Flüsse, die außerhalb der Regenzeit trocken liegen, traten über die Ufer und rissen Wohnhäuser mit. Als ich mich bei einer Freundin erkundigte, wie es bei ihr aussieht, sagte sie nur kurz, es ist nichts mehr zu retten gewesen. Ein anderer Bekannter veröffentlichte Bilder von seiner kleinen Bibliothek. Die Bücher standen im Schlammwasser. Mehr als 10.000 Menschen traf es noch schlimmer. Sie verloren nicht nur ihr gesamtes Hab und Gut, sondern auch das Dach über dem Kopf. Allein in der Hauptstadt Dili gibt es zwölf Lager mit Notunterkünften, wo sich die Menschen drängen (und das, wo ausgerechnet jetzt die Coronazahlen steigen). Stand heute Morgen sind 34 Tote zu beklagen. 6 der 13 Tote in Dili waren Kinder. Weite Teile der Stadt standen am Sonntag unter Wasser, wie Drohnenbilder zeigen. Wo das Wasser abfloß, blieb Schlamm zurück. Die Schäden außerhalb der Hauptstadt werden erst langsam bekannt. Felder sind zerstört, ebenso Straßen und Brücken, was die Versorgung erschwert. Ein Lehrer, der für sein Dorf Lebensmittel holen wollte, verunglückte tödlich mit seinem Wagen.

Auffanglager

Im Land haben inzwischen die Aufräumarbeiten begonnen. Jene, die verschont blieben, sammeln Lebensmittel, Kleider und Spielzeug für die Opfer der Fluten. Australische Osttimor-Aktivisten (ein Überbleibsel aus der indonesischen Besatzungszeit) und Expats haben begonnen, Gelder zu sammeln. Und auch mir ist es eine Herzenssache, Hilfe für die Menschen zu organisieren, weswegen ich diesen ungewöhnlichen Schritt wage. Warum in der Wikipedia? Weil es kaum einen Ort im deutschen Sprachraum gibt, wo Osttimor so präsent ist. Weil ich hoffe, dass diese Präsenz gerade hier Leuten die Ohren für das Land geöffnet hat.

  • Das Osttimoresische Rote Kreuz sammelt hier: Donation
  • Ich persönlich unterstütze die Sammlung von Rosa Horta Carrascalão. Sie leitet von Australien aus das Geld zur Verteilung an ihren Bruder José Ramos-Horta, den Friedensnobelpreisträger. Unterstützt werden unter anderem die Canossianerinnen in Becora, wo sich hunderte Obdachlose versammelt haben, und Pater Locatelli in Baucau, der den Menschen in der dortigen Gemeinde hilft: Go Fund Link
  • Der Australier Michael Stone, Program Director bei Timor Awakening und bei der Australia/TL „Veteran Solidarity and Friendship Association“ leitet das Geld an timoresische Veteranen, die Hilfslieferungen direkt vor Ort verteilen: Go Fund Link
Das sind die Spendenmöglichkeiten, denen ich vertraue. Danke, dass Ihr das gelesen habt und ich hoffe, ich habe nicht zuviele mit diesem Aufruf belästigt.

JPF (06.04.)

Frauen!

Simone de Beauvoir. In Wikipedia nicht lesenswert

Kommentar anlässlich der Diskussionen um junge österreichische Wissenschaftlerinnen und Relevanzkriterien für Wissenschaftlerinnen

Jede Person schreibt Artikel nach persönlichem Interesse, Lust und Laune, Recherchemöglichkeiten, Zeitbudget und welche Gründe es noch geben mag. Und das ist auch gut so. So ist nach meiner Meinung Wikipedia gedacht.

Ein Grund ist auch das frauenpolitische Ziel, die frauenpolitische Agenda, die Sichtbarkeit von Frauen durch Artikel in der Wikipedia zu erhöhen. Doch warum werden so viele Frauenbiografien eingestellt, die sich aktuell noch an der Schwelle zur Relevanz befinden und dann in zähen Löschdiskussionen landen und (ohne Frauen-Bonus) gelöscht werden? Warum nicht Biografien über Frauen in Geschichte und Gegenwart weltweit, die die Relevanzhürde längst genommen haben? Das geschieht in aller Stille auch, und wenn es nur kleine Artikel sind. Doch es ist noch so viel Luft nach oben.

Die größte Aufmerksamkeit bekommt ein Artikel, der als Artikel des Tages auf der Wikipedia-Hauptseite erscheint. Er muss die Anforderung einer Lesenswert- oder Exzellenzauszeichnung erfüllen. Die Kolleginnen, die Frauenbiografien nach diesen Voraussetzungen für die Hauptseite suchen, kommen schnell an Grenzen. Bedeutende Frauen haben zwar Artikel, jedoch sind sie oft nicht annähernd in einem lesenswerten oder gar exzellenten Zustand. Ich nenne nur einige Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts: Nelly Sachs, Ingeborg Bachmann, Christa Wolf, Marlen Haushofer uvam. und Künstlerinnen wie Artemisia Gentileschi oder Georgia O’Keeffe. Nicht einmal Mary Wollstonecraft und Simone de Beauvoir sind als lesenswert ausgezeichnete Artikel.

Wikipedia hat keinen quantitativen Mangel an Artikeln. Der Zustand von Artikeln, die Aktualisierung und Pflege von Bestandsartikeln ist ein viel größeres Problem. Ein Schreibprojekt, in dem die Biografien über bedeutende Wissenschaftlerinnen, Forscherinnen und Erfinderinnen, Künstlerinnen, Schriftstellerinnen und Musikerinnen, Medizinerinnen, Sozialreformerinnen, Widerstandskämpferinnen, Frauenrechtlerinnen .... auf Auszeichnungsniveau ausgearbeitet werden, würde nach und nach die Kulturleistungen von Frauen schon auf der Hauptseite sichtbarer machen.

Ein dritter Punkt sind Artikel zu Themen der Frauen- und Geschlechterforschung, in denen nur sehr wenige Autoren kompetent aktiv sind und kaum Autorinnen. Über all dem Zählen von Frauenbiografien versus Männerbiografien wird vergessen, dass solche Artikel, wenn sie wissenschaftlich fundiert und aktuell sind, erst das notwendige Wissen bereit stellen, das frauenpolitisch Interessierte in Wikipedia erwarten dürfen. (Fiona, 6. April 2021)

Ceci n’est pas une communauté (Das Wort zu Ostern)

Nein, das hier ist keine „Community“, keine Gemeinschaft. Wenn es um das Miteinander in der Wikipedia geht, dann wird immer schnell das Klischée vom rauhen Umgangston ausgepackt. Ja, ist ja auch so, ist aber auch schön bequem. Schuld sind Andere und „das müsste sich ändern“. Wer was dagegen tun soll, so weit geht die Diskussion selten. Betrifft dann meist auch „Andere“. Ich selbst freue mich jedes mal, wenn auf meiner Beobachtungsliste auftaucht „PA entfernt“. Ich habe selten Grund zur Freude. Dabei ist mein eigenes Entfernen von PAs bisher immer problemlos verlaufen.

Richtig frustrierend ist für mich aber der fehlende Zusammenhalt. Anlass ist der WikiCup. Da wird öfter Mal an den Regeln gefeilt, oft scheitern Änderungen daran, dass zwischen den einzelnen Runden nur wenige Tage liegen. Jetzt war diesmal richtig viel aufgelaufen, eine Menge Vorschläge, eine angeregte Diskussion und sogar eine Abstimmung, alles rechtzeitig. Die Beteiligung war auch gut. Leider war das Ergebnis wie so oft nicht eindeutig. Kein Problem, ich frage – rechtzeitig – nach, was wir tun sollen. Ich erhalte drei Antworten. Ein unbeteiligter Wikijurist und die beiden, die als Einzige alles abgelehnt hatten, erklären mir, dass es aus formalen Gründen mehr oder weniger für die Tonne ist. Mindestens ein halbes Dutzend Leute, die vorgeschlagen, diskutiert und für Änderung gestimmt haben, schweigen. Ich stand da wie in der Lanxess Arena im Corona-Lockdown. Ich hatte natürlich meine eigenen Interessen, aber auch die Ideen von vielen anderen vertreten, und nicht einer davon hat sich gemeldet.

Leider *schniff, schniff* kein Einzelfall. Ich hatte mal das tolle Erlebnis, einen Troll einbremsen zu wollen, der in eine Regellücke vorgedrungen war. Regeldiskussion, Abstimmung, Ergebnis 12:1 für Regeländerung, die eine Gegenstimme natürlich von dem Troll. Fröhlich habe ich die Regel geändert. Der Troll setzt zurück. Wieder Änderung. Editwar. Nicht einer, nicht ein einziger der 11 anderen hat eingegriffen, hat mich unterstützt, hat noch einmal etwas von sich hören lassen. Man kann Trollereien und PAs beklagen, die sind aber nicht das eigentliche Problem. Die sind einfach da. Das eigentliche Problem ist der fehlende Gemeinsinn, die Verantwortungsscheu und das Abtauchen der „Vernünftigen“.

Deshalb nehme ich auch die Kurierdiskussion nicht mehr sonderlich ernst. Klischeetriefend wird problematisiert (ich muss nur das Stichwort „Autorenschwund“ in die Runde werfen und jeder kann wahrscheinlich eine Latte von Stereotypen herunterbeten, wie angeblich die Leute vertrieben werden), dann wird eine Runde des „Irgendjemand-muss-mal“-Spiels gespielt und wenn genug Leute ihre Meinung auf dem Bildschirm stehen haben, dann geht es weiter zur nächsten Baustelle und immer im Kreis. Und wer mit einem konkreten Vorschlag kommt, kann bestenfalls auf beifälliges Kopfnicken hoffen. Unterstützung bei der Umsetzung bekommt man so gut wie nicht. Darum ist auch eine beliebte Trolltaktik, für eine einschränkende Regeländerung ein Meinungsbild zu verlangen. MBs, das Sinnbild für das Scheitern des Community-Gedankens und für das große Missverständnis „Schwarmintelligenz“.

So, bin ich vor den Feiertagen noch meinen Frust losgeworden. Mit der schwachen Hoffnung, dass in der besinnlichen Zeit vielleicht doch der ein oder andere mal zum Nachdenken kommt. Damit wir alle (ich nehme mich nicht aus) nicht immer nur Hot-Spot-Hopping betreiben, sondern uns ernsthaft engagieren. Und damit wir uns auch mal bewusst werden, dass die Leute, die sich engagieren, vor allem eines brauchen: Unterstützung. So wie wir alle gerne Unterstützung hätten, wenn uns etwas am Herzen liegt. In Ewigkeit, Amen.

Frohe Ostern und bleibt gesund! HvW (02.04.)

Aus der Sittengeschichte der Völker: Über das Rechtsleben in Aprilien

So hat sich ein späterer Maler den Reisenden vorgestellt. Leider ist der Autor des Reiseberichtes „Tractat über das Fürstenthum Aprilien“ unerkannt geblieben, und man rätselt weiterhin über den Zeitpunkt der Reise und den Zeitpunkt der Niederschrift. Wiederentdeckt wurde der Text als „Sittengemälde aus den dunkelsten Zeiten teutscher Kleinstaaterei“.

Achtung vor den Mitmenschen aufbringen: Dieses noble Ziel dürfte alle Menschen guten Willens einen. Doch schwierig wird es, wenn ungewohnte Sitten unser Gefühl für Anstand und Gerechtigkeit verletzen. So erging es einem Reisenden, der einst das Fürstentum Aprilien aufsuchte, um sich mit den Rechtstraditionen der Untertanen vertraut zu machen. Wir zitieren aus einem zeitgenössischen Reisebericht.

... Da beobachtete er an einem Orte, wie ein Schultheiß ſich dem Beſitzer eines Fuhrwerkes näherte. Der hatte ſeinen Wagen ſammt Pferd ſo an der Straße angehalten, daß die übrigen Fahrzeuge kaum daran vorbeyfahren konnten. Der Schultheiß hieß ihm weiterzufahren.

Doch was machte der unverfrorene Wagenbeſitzer? Er entgegnete, daß der Schultheiß ihm keine Anweiſungen geben dürfe. Denn in dem Moment, worin der Schultheiß ihm das Weiterfahren befahl, da verlor der Schultheiß ſeyn Befugniß. Er sei nemlich partie de conflict geworden! So behinderte das Fuhrwerk noch lange den Verkehr auf dieſer aprilianiſchen Straße.

Im Reich der Libertät

Dem Reiſenden wurde allſeits beſtätigt, daß ein solcher Vorfall durchaus häufig vorkommet in Aprilien, und daß ſolches eben aus dem ſtarken Rechtsempfinden der Aprilianer erwachse. Der Aprilianer reclamire ſeine angeborene Libertät, ſo zu handeln und ſo zu reden, als es ihm beliebt.

Das Fürstenthum litt unter einem eklatanten Männerüberschuss. Der Autor hat diese beiden Frauen als „Weibsbilder in Rot“ bezeichnet. Dies mag eine Chiffre sein, die allerdings von der Literaturwissenschaft, der Geschichtswissenschaft oder den Gender Studies noch nicht entschlüsselt worden ist.

Die Kehrſeite dieſer Freiheitsliebe erlebet, so erzählet man im Lande, nicht letztlich das weibliche Geſchlecht. Man berichtete dem Reiſenden von einer wohllöblichen Dame, die fleißig auf einem Stück Land arbeitete. Doch ward ſie eines Tages eines maskirten Misanthropen gewahr, der Pfeil und Bogen in Anschlag hielt und ohn Unterbrechen auf die Dame richtete.

Vom Schultheiß und von vielen Unterthanen ward ihr expliciret, warum niemand etwas gegen den Misanthropen und ſeyn Drohen unternehmen werde. Denn dieſer genieße die Freiheit, ſeinen Pfeil und ſeinen Bogen in beliebiger Weiſe zu nutzen. Einſchreiten könne der Schultheiß erst, wenn der Pfeil abgeschossen und auf dem Wege zu ſeinem Ziele sei.

Im Reich der Utilität

... Nebst der Libertät ſpricht der Aprilianer eben ſo gern von der Utilität, der Nützlichkeit, die auch dem kecksten Unterthanen unterſtellet wird – oder doch zumindest den Alten. Darum kommt es immer wieder vor, daß ein nichtswürdiger Aprilianer einen Landsmann etwa mit einer Axt gewalttätlich niedermacht. Man möchte meinen, daß der Halunke nun einer Strafe wie dem Gefängniß oder der Verbannung unterzogen werde, auf dass er ſeyn Unheil nicht weiter treiben könne, jedenfalls nicht in Aprilien, zum Schutze der Unterthanen vor dem Böshaftigen.

Doch nein: Wie dem Reiſenden auch auf mehrmaliges Nachfragen verſichert wurde, entblößet man den Missetäter gar nur von seiner Axt. Dieſes ſei Strafe genug, denn es habe wohl viel Zeit und harte Arbeit gekostet, ſich eine ſo ſchöne Axt leisten zu können. Außerdem ſei eine Verbannung ſinnlos, da das betreffende Subject ſich incognito wieder ins Fürstenthum ſchleichen könne. Alsbald könne er ſich ſelbstredend abermals eine Axt beſorgen, denn man wolle ja wohl kaum den Handel auf Äxte controlliren.

Solange er nicht erneut nach dem Leben seiner Landsleute trachte, dürfe er die Axt nach Belieben und zur Mehrung der Wohlfahrt des Fürstenthums einſetzen. Das ist die vielgerühmte und daher protectirte Utilität der Unterthanen. Und zu den armen Seelen, die dieſer Libertät und Utilität Beute werden, betet man auf gut Latein: geto verit.

Der Urgrund der aprilianischen Sitten

Diese Zeichnung, die dem Reisebericht vorangestellt wurde, hat man als Spottbild auf die Regentſchaft gedeutet.

Darum machte unser Reiſender ſich an ſolcherley Fragen: Wie haben ſich ſolche Bräuche etabliretet. Und welchen Bedacht treibet der Landesherr dabey.

Der Reiſende nahm folgende Belehrung an. Der Fürst von Aprilien hat ſeine Macht ſchon längst einer Regentſchaft übertragen, die zehn Köpfe zählet, und deren einer er geworden ist. Die Regentſchaft hält Hof weit weg outre-mer, zahlet ihre Berather und Geſandten, und gibt ſich leutſelig. Doch hinter vorgehaltener Hand ſagte man, daß manche Berather das Fürstenthum nicht ſo ſehr für ein Land anſehen, in dem man gut und gerne leben könne, ſondern allein für eine Quelle an Pfründen.

Andere Gewährsmänner des Reiſenden hielten es für anſcheinender, daß die Regentſchaft wohl die Sittlichkeit und das Rechtsleben der Unterthanen zum Besseren wenden wolle, jedoch die Alten unter den Unterthanen ſelbst der Grund dafür ſeien, daß ſich im Fürstenthum trotz aller guten Reden und Erlasse nichts änderte.

Das Volk der Grundstücksbesitzer

„Die Reversion“, die aprilianische Sitte des Faustrechts

Dieſe nemlich hätten ſich im Laufe von gar zwei Jahrzehnten Eigentumes daſelbst befleißigt und ſchützten es mit aller Macht gegen Ankömmlinge. Nun ist es in Aprilien unterſagt, Eigentum an Grundſtücken zu erwerben, denn das Fürstenthum hat den Aprilianern auferlegt, all ihr Gut in Aprilien für gemeyn zu erklären. Darin die Aprilianer bey ihrem Zuzuge auch eingewilliget haben.

Doch hat sich die Sitte verbreitet, nurmehr den Beſitz an ſolchem zu behaupten – zumal an ſchönen, zentral gelegenen Parcellen. Die Legitimation dieſer Anſprüche liege darin, daß die Beſitzer dieſe Grundſtücke ſelbst urbar gemacht und bebaut hätten. Die Grundſtücksbeſitzer handelten nach einem ius auctoris principalis, auch wenn ſie ſelbst den Ausdruck meiden. Vielmehr verweiſen ſie in foro auf ihre Utilität, von der man bey Ankömmlingen ja nicht ohne Weiteres ausgehen könne.

Ein Fremder, der ſich in Aprilien anzuſiedeln wünſchet, höret von den Rufen der Regentſchaft und mancher Unterthanen: Es wird ihm darin eine ergötzliche Participation an der Libertät in Ausſicht geſtellet, mit allgegenwärtigen Occasionen, ſeine Kenntniß von Gottes Schöpfung zu theilen. Allein, die dem Ankömmling verhießene Libertät ſtößet gegen das cartel der Grundſtücksbeſitzer, die ſich ihrer gegenſeitigen Anſprüche verſichern.

Alsbald enteilt ein Fremder, dem seine Fremdheit allzu oft auf die Naſe gebunden ward, das Fürstenthum wieder. Sich frei zu bewegen wird ihm nicht vergönnet, und die Grundſtücke, die er ſelbst noch beſitzen könnte, liegen am Rande und beglücken ihn wenig.

Von den Institutiones des Fürstenthums

Diese Zeichnung im Reisebericht wird heute mit „Das Schicksal des Schultheiß“ betitelt. Offensichtlich will der Autor andeuten, dass der Schultheiß in Aprilien einerseits von den Untertanen gehätschelt und bedauert wird, während man andererseits die Fußfessel noch etwas enger schnallt.

... Unser Reiſender möchte ſeinen Beſuch im Fürstenthum aber doch nicht endigen, ohne näher nach den Institutiones gefragt zu haben, mit derer Hülfe die Regentſchaft ihre Unterthanen zu friedſchaffender Redlichkeit anhalten möchte.

In principio gilt in Aprilien, daß die Regentſchaft die Unterthanen ihre Geſchäfte ſelbst regeln läßt. So werden die Schultheiße von den Unterthanen erkoren. Fehlt ein Schultheiß in ihren Augen in ſeiner Amtsführung, dann drohet ihm eine ſchändliche Reëlection, die ihn des Amtes berauben mag. Darum, mutmaßet ſo mancher, ſcheuen viele Schultheiße vor einer weſentlichen opprobation der Alten.

Die Alten haben ihrerſeits Anlaß, den Schultheißen ihre Anerkennung und ihre Hülfe zu verſagen. Machtvolle Schultheiße könnten ſich ja gegen ſie und ihre Libertät alswohl gegen ihre Anſprüche richten. Darum misstrauen ſie auch der Regentſchaft, die einen eigenen Codex und ihr ergebene, maskirte Schultheiße einſetzet, um die ſchlimmsten Missſtände im Fürstenthum zu wehren. Sie misstrauen auch der Regentſchaft Verſuche, die Zahl der Regentſchaftsmitglieder zu vergrößern und den Kreis der Unterthanenſchaft zu modificiren. So hält die Regentſchaft dafür, daß auch den Berathern der Regentſchaft Angehörigkeit des Fürstenthums zuſtehet, und letztlich allen Kindern Gottes, gar ohne Anſässigkeit im Fürstenthum und ohne jegliche Utilität.

Und ſchließlich kann der Reiſende den Alten nicht abſprechen, daß ſie das Fürstenthum gegen ſolche Fremdlinge vertheidigen, die gänzlich vom Eigennutze getrieben die Verhältnisse im Fürstenthum zu ſtören ſuchen. Sie lassen Stolz auf ihr Thun erkennen und Freude am Trutzen. Allein, ſo raisoniret der Reiſende, könnte das Fürstenthum doch ein paar Zäune gegen die Störenfriede errichten. Jenes aber ſei ein affront wider die Libertät, erhaltet er zur Antwort. Wohl mag es ihm ſcheinen, daß manche Wächter nicht durch Zäune entbehrlich werden wollen?

Von merkwürdigen Sitten und Nöthen

Letztes Bild in der Erstausgabe. Die Untertanen sind in kleine, einander zugeneigte Gruppen verteilt, und verhandeln unter sich über die Zukunft einer idyllischen Landschaft.

Die geneigte Leſerin eben ſo wenig als der geneigte Leſer werden dem Reiſenden keinen Vorwurf machen können, daß ihm von ſeinem Aufenthalte in Aprilien der Kopf confusus geworden ist. Was hat itzo Geltung im Fürstenthum und unter den Unterthanen? Hat ein von Allen beſchworener Communismus der lex oligarchiae eternae weichen müssen? Wer ſoll am Reichthume des Landes teilhaben dürfen? Stirbt das Fürstenthum aus, wenn es nicht neu peupliret wird? Droht der Auszug der Unterthanen in fremde Reiche? Wird ein neuer dictator benevolens die Verhältnisse richten müssen?

Dem Verarbeiten des Erlebten und dem studio fremder Reiſeberichte wird der Reiſende in ſeiner Kammer noch viel Zeit widmen müssen. Z., 1.4.

Vorschauen von Einzelnachweisen kommen am 5. Mai (Technische Wünsche)

Beispiel für die Vorschau eines Einzelnachweises

Wie im März bereits ange­kündigt, wird die Vorschau von Einzelnachweisen hier bald Standard­funktion. Die Bereit­stellung verschiebt sich auf voraus­sicht­lich den 5. Mai. Dann werden Vorschauen von Einzel­nach­weisen standard­mäßig für alle angezeigt – es sei denn, man nutzt die Helfer­lein Fußnoten-Tooltips oder Navigation-Popups. Angemel­dete und Nicht-Angemeldete können die Funktion deaktivieren. Geändert hat sich ggü. der letzten Ankündigung, dass die Vorschau von Einzelnachweisen unabhängig von den Seitenvorschauen genutzt werden kann; die Einstellungen der beiden Funktionen sind nicht mehr aneinander gekoppelt. Mehr Infos auf der Projektseite. js (wmde), 28.4.

GLAM-on-Tour in Solothurn

Spitlight: Bedford mit Gobo-Projektor
Spitlight: Bedford mit Gobo-Projektor

Es geht wieder los. Wer in den letzten Monaten Präsenz-Treffen, ach, so schmerzlich vermisst hat, sollte jetzt nicht zögern und sich für ein langes Wochenende im Enter (Museum) anmelden. Dort findet das bekannte und beliebte GLAM-on-Tour-Treffen in seiner 8. Schweizer Auflage statt. Eine höchst spannende Sammlung von technischen Geräten rund um Funk, Fernsehen und Computer mit dem sprechenden Namen «Enter», bekanntlicherweise auch die englischsprachige Bezeichnung für Eingang. Also eigentlich schon programmatisch, was wir da in der entzückenden Kantonshauptstadt des gleichnamigen Kantons Solothurn beabsichtigen: Wieder Zugang finden zu Kultureinrichtungen, intensiv eintauchen in eine spezifische Welt und bleibend Eindrücke sammeln, nicht nur technischer Natur. Das Wochenende beginnt bereits am Donnerstag, 1. Juli und endet am Sonntag. Anträge auf Fahrtkostenerstattung können bei dem Heimatchapter gestellt werden. Mehr auf der Projektseite. Lantus (WMCH), 26. Apr.

WTF Krokodil

Da tanzt das Krokodil

Mal eine kleine WTF-Geschichte von mir. Am 18. April stiegen die täglichen Zugriffszahlen für den Artikel über Osttimor um etwa 120. Grund war eine SWR-Sendung, bei der der Krokodilexperte Sebastian Brackhane zu den steigenden Angriffszahlen von Krokodilen auf Menschen in Osttimor interviewt wurde. Nicht nur auf den Wikipediaartikel Osttimor wurde vermehrt zugegriffen, auch auf Leistenkrokodil (+100) und Das gute Krokodil (von 10 auf 18), der Schöpfungsmythos von Timor. Ich finde, man hat ein gutes Gefühl, wenn man sieht, dass Menschen in der Wikipedia die weiterführenden Informationen finden, die sie suchen. Und seien es auch nur zehn Personen, die sich bis zum Krokodilmythos durchgeklickt haben. (JPF, 24.04.)
Zu weiteren Artikel der Serie siehe das WTF is…-Archiv

And the Oscar goes to…

In der Nacht vom kommenden Sonntag auf Montag werden in Los Angeles und an weiteren Orten zum 93. Mal die OscarsTM verliehen. Damit endet das pandemiebedingt längste Oscar-Rennen in der Geschichte des Filmpreises. Wird die Netflix-Produktion Mank ihrer Favoritenrolle gerecht werden oder doch das kleine Roadmovie Nomadland seinen Siegeszug fortsetzen? Wird Chloé Zhao wohlmöglich als zweite Frau in der Regie-Kategorie geehrt? Und geht Schauspielerin Glenn Close zum achten Mal leer aus? Wir dürfen gespannt sein. Unbestritten ist, dass seit Jahresbeginn der 11. OscArtikelMarathon läuft, an dem sich jeder mit Artikeln zu Gewinnern und Nominierten der Academy Awards beteiligen kann. Derzeit fehlen noch 65 Artikel zu den in diesem Jahr nominierten Personen und Filmen sowie unzählige Artikel zwischen 1948 und 2020.

Wer dagegen nur gerne ein wenig spekulieren möchte, der ist herzlich dazu eingeladen, am 16. Oscar-Tippspiel teilzunehmen und in 23 Kategorien Prognosen abzugeben. Es winken Ruhm, Ehre und ein Babel für den oder die Gewinner. Die Frist für das Tippspiel endet am 25. April um 23:59 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Einige Stunden später wird dann wieder der altbekannte Satz „and the Oscar goes to …“ über viele Prominenten-Lippen gehen. (Csr, 22.04.)

Internationaler Museumstag 2021 und Wikidata-Wettbewerb

Hier schon einmal ein Hinweis auf die Aktion zum kommenden Museumstag. Gemeinsam wollen wir die Sichtbarkeit von Museen in den Wikimedia-Projekten erhöhen. Vielleicht habt ihr ja Lust, euch einzubringen oder am Wikidata-Wettbewerb teilzunehmen? Wir würden uns über eure Mitwirkung sehr freuen! Holger (WMDE), 21.04.

Beschluss zu den kommenden Board-Wahlen – WMF

Das Board of Trustees der Wikimedia Foundation traf sich letzte Woche, um über einen Plan für die Board-Wahlen 2021 zu entscheiden. Das Board Governance Committee hatte einen Vorschlag zur Neuwahl der Community-Mitglieder des Boards erstellt, basierend auf dem Call for Feedback. Der Beschluss hält folgende Punkte fest:

  • Der Aufruf zur Kandidatur beginnt am 8. Juni und die Wahlperiode dauert vom 20. Juli bis zum 3. August.
  • Das Wahlverfahren wird von der bisherigen Direktwahl hin zu einer Verhältniswahl geändert.
  • Das Elections Committee wird die genaue Wahlmethode bestimmen.
  • Vier Sitze werden dieses Jahr neu besetzt, vier weitere 2022.
  • Das Board wird im Vorfeld Fähigkeiten und Erfahrungen bekanntgeben, die es sich von den neuen Boardmitgliedern wünscht.
  • Die Wikimedia Foundation wird dem Elections Committee Unterstützung bei der Kommunikation zur Wahl anbieten.

Die zugehörige Ankündigung findet sich – in deutscher Übersetzung – hier. DB_(WMF), 21.04.

Digitaler Themenstammtisch: Wettbewerbe beleben das Geschäft. Oder?

International und national wird das Thema seit längerem diskutiert: Haben wir zu viele „Wettbewerbe“ in der Wikipedia (und der Wikimedia-Bewegung)? Brauchen wir noch ein „Wiki loves soundso“? Oder haben wir ganz im Gegenteil zu wenige davon? Was wird mit einem Wettbewerb erreicht, und welche stehen schon in den Startlöchern? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

Und: Was gibt es zu gewinnen?

Heute abend auf dem Digitalen Themenstammtisch geht es also um Wettbewerbe. Und schon mal vormerken: Am 6. Mai 2021 heißt das Thema „Klexikon“ – Ihr könnt also alle Fragen dazu loswerden, warum das Kinderlexikon so manches anders macht als das Vorbild Wikipedia. (Tragt Euch doch gern in die Listen ein, wenn ihr Interesse an den Stammtischen habt.) Z., 21.04.

Veröffentlichung der Untersuchung zu destruktiver Kommunikation in Wikipedia

Wikimedia Deutschland lädt zur Veröffentlichung der Untersuchung zur Kommunikationskultur in Wikipedia – Destruktive Verhaltensweisen und ihre Auswirkungen aus Betroffenenperspektive am Dienstag, den 27. April von 18:00 bis 20:30 Uhr ein.

Im Auftrag von Wikimedia Deutschland wurden vom nexus Institut in einer explorativen Untersuchung zehn aktive Autor*innen der deutschsprachigen Wikipedia nach ihren Erfahrungen mit destruktiver Kommunikation befragt.
Es werden die zentralen Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt und diese anschließend mit den teilnehmenden Wikipedia-Aktiven diskutiert. Ziele sind die gemeinsame Bewertung der Ergebnisse und ein Einblick in den daraus resultierenden Handlungsbedarf.
Mehr Infos zu Agenda und Anmeldung gibt es hier. Lea (WMDE), 21.04.

Trick 17

„Du streitest dich gerade so genüsslich und willst jetzt auch mal so richtig auf den Putz hauen, hast aber Angst vor einer Sperre? Ganz simple Lösung: Weiche für die PAs einfach auf ein Schwesterprojekt aus! Schon kannst du nach Lust und Laune schimpfen und beleidigen und bist in deinem Heimwiki sicher.“ – Nur ein Gedankenspiel? Nein, leider Realität. Was können wir gegen solches Verhalten tun? Einladung zur Diskussion Chaddy

Zugriff auf Springer-Zeitschriften über die ZB MED

Die Literaturversorgung online verbessert sich immer weiter. Über die Wikipedia Library wurde vor kurzem berichtet. Es gibt ein weiteres neues Angebot: Die ZB MED beteiligt sich an den DEAL-Verhandlungen mit dem Wissenschaftsverlag Springer Nature und bietet deutschlandweit Fernzugriff auf die darin eingeschlossenen Fachzeitschriften. Es sind nicht nur medizinische Journals, sondern auch Zeitschriften aus anderen Fächern, quer durch das Portfolio des Verlags, eine Liste der 2379 Titel gibt es in der EZB. Der Zugriff erfolgt (1) über die EZB über den Eintrag der Zeitschrift auf den Proxy der ZB MED und von dort auf das Archiv der jeweiligen Zeitschrift oder (2) aus dem Fachportal Livivo, wo man sich ein Konto einrichten kann (und sollte; es tut nicht weh und ist nützlich). Man braucht einen virtuellen Leseausweis der ZB MED, den man leicht online bestellen kann. Springer ist mit dem Portal SpringerLink zwar auch Partner der Wikipedia Library (nach vorheriger Bewerbung zugänglich). Die ZB MED bietet darüber hinaus weitere E-Books und geht auch über die bereits bekannten deutschen Nationallizenzen hinaus. (via InetBib; A, 14.4.)

Die neuen Förderbarometer-Ergebnisse

Die Auswertung des Förderbarometers von Wikimedia Deutschland für den Zeitraum Dezember 2020 bis Februar 2021 ist da.

Wie in den vorherigen vier von der Pandemie geprägten Quartalen, war weiterhin eine deutlich geringere Zahl an abgeschlossenen Förderungen und somit versandten Einladungsmails sowie eine geringe absolute Anzahl von Feedbacks zu verzeichnen. Wenige stark negative Einzelfeedbacks (insbesondere bei den Projekten) fallen damit stärker ins Gewicht und führen zu einem entsprechenden Rückgang der Zufriedenheit bei Projekten. Bei den Services wurde dagegen der jemals beste Wert erzielt. Außerdem kamen in diesem Zeitraum leider technisch bedingte Unregelmäßigkeiten beim Mailversand vor, die ebenfalls zu einer Verzerrung des Ergebnisses führten.

Mit nahezu 100 Prozent wurde der beste jemals erzielte Wert bei den Rücklaufquoten erzielt.

Anhand der Daten für mittlerweile zwölf Monate ist festzustellen, dass der Großteil der geförderten Personen männlich ist und bereits mehrfach Förderung genutzt hat.


Wer eine Förderung von Wikimedia Deutschland erhält, bekommt in der Regel im Anschluss eine Befragung zugesandt. Dieses Feedback, „Förderbarometer“ genannt, ist sehr hilfreich für die Weiterentwicklung der Förderpraxis und Förderprogramme. Um möglichst aussagekräftige Ergebnisse erzielen zu können, ist Wikimedia Deutschland, insbesondere bei der rückläufigen Förderung während der COVID-19-Pandemie, sehr dankbar über eine rege Beteiligung an der Befragung. Nico (WMDE), 13.4.2021

Sonnenblume durch Plastikrose ersetzt

Die Sonnenblume von Mediawiki, bereits mehr als 200 Monate alt, ist am 1. April an COVID-19 verstorben. In der Home-Office-Zeit fiel sie einer Abstimmung zum Opfer. Mit ihren vielen verschiedenen Farben und Styles galt sie als stark gefährdet und konnte zuletzt nur noch schwer auf T-Shirts gedruckt oder für besondere Anlässe verändert werden.

Zur Erinnerung an die alte Sonnenblume wurde eine Plastikrose als Grabstein aufgestellt. 🌍 4.4.

Publikums- u. Reviewpreis des 34. Schreibwettbewerbs

Wie jedes halbe Jahr haben auch die Autorinnen und Autoren des 34. Schreibwettbewerbs unsere Enzyklopädie mit einer Reihe von herausragenden Artikeln beglückt. Die Nominierungsfrist ist seit wenigen Tagen abgelaufen, sodass nun die Leserschaft im Rahmen des Publikumspreises die Wahl hat, welcher Beitrag ganz besonders gefällt. Dabei sollte auch dieses Jahr für jeden etwas Interessantes zu finden sein, so darf man sein Wissen über „brennbares Eis“ mehren, sich zu verliebten schwedischen Nonnen weiterbilden, sich für den persischen Alltag rüsten sowie etwas über den wohl scheidungs- wie auch hinrichtungsfreudigsten Ehemann der englischen Geschichte erfahren. Die Stimmabgabe (drei, nicht gehäufelt) erfolgt wie immer per E-Mail. Darüber hinaus sind die Autoren aufgerufen, sich am Reviewpreis zu beteiligen. ɦ, 4.4.

Call for Feedback --> Wahl des Board der WMF

Vor rund zwei Wochen ging der Call for Feedback zu Ende, mit dem das Board über sechs Wochen hinweg in Gesprächen mit den Communities mögliche Wege zur Gestaltung der anstehenden Wahlen zum Board erkunden liess.

In 99 Gesprächsrunden und hunderten Beiträgen auf Diskussionsseiten konnte ein breites Spektrum an Meinungsäußerungen versammelt werden. Diese sind nun in einen Abschlußbericht gemündet, der nach zwei Wochen im Community-Review jetzt dem Board vorgelegt worden ist. Auf dessen Basis wird am 15. April das Board einen Beschluss fassen, wie und wann die Wahlen zur Besetzung der sechs Sitze der Community im Board stattfinden werden. Zum Nachlesen: Der Abschlussbericht findet sich hier (deutsche Übersetzung folgt), der Index der zugrundeliegenden Einzelberichte hier.

Auch für den Call for Feedback gilt, was @Christoph Jackel (WMDE): kürzlich weiter unten für das Movement Strategy-Team formulierte, dass nämlich "traditionell gut organisierte Gemeinschaften wie die deutschsprachige Community [...] verhältnismäßig wenig teilgenommen haben, während die Gespräche bei asiatischen und afrikanischen Wikimedianer*innen auf sehr großes Interesse gestoßen sind."

Nun beginnt ein neuer Abschnitt in der Arbeit des ‘’facilitation team’’: die Unterstützung des Elections Committee bei der Vorbereitung der Wahlen. Sicher ist: Da 2015 und 2017 nur rund 10% aller Wahlberechtigten an den Wahlen teilnahmen, soll die Wahlbeteiligung an den diesjährigen Wahlen deutlich gesteigert werden. Mehr Wählende ist das Ziel. Auch hier steht eine Zusammenarbeit mit der Community wieder vorne an, näheres dazu folgt bald. Damit einher geht die Hoffnung, dass auch die deutschsprachige Community sich intensiv daran beteiligt. DB_(WMF), 03.04.

Motivationsunterstützung für das SG

Falls ihr euch schon mal eine durchschnittliche Schiedsgerichtsanfrage durchgelesen habt, kann man sagen: Ihr kennt das. Kilometer von Text und die eigene Motivation, sich einen Weg durch das Sammelsurium zu bahnen, klein. Potenzielle Kandidaten für das Schiedsgericht (SG) schreckt das ab, das ist nicht gut.

Aber dafür gibt’s nun eine Lösung: Kilometergeld für Textkilometer. WMDE war so freundlich, mit uns zusammen eine Umsetzung dieser revolutionären Idee zu veranlassen. So wie der Staat die Pendler für die zurückgelegte Strecke entlastet, so entlastet WMDE nun die SGler für zurückgelegte Textkilometer. Um den Kollegen aus Österreich und den Kollegen aus der Schweiz kümmern sich respektive WMAT bzw. WMCH. Wir haben uns bei diesem Vorschlag an üblichen Regeln aus dem Bereich der Pendlerpauschale orientiert und legen somit 0,30€ pro Textkilometer zugrunde. Als „Textkilometer“ werden 1000 Bytes bezeichnet, weil die Zahl 1000 auch schon irgendwas mit Kilo zu tun hat.

Was bedeutet dies nun konkret? Für diese neulich abgeschlossene Anfrage von durchschnittlichem Umfang würde das folgendes bedeuten: Die Vorderseite fasst in der letzten Version 193.686 Bytes, die Diskussionsseite 41.683 Bytes, hier muss aber noch das Archiv in der Größe von 131.544 Bytes hinzugerechnet werden. Somit kommen wir auf 369.913 Bytes. Rechnet man nun entsprechend 369 × 0,30€, so landet man bei einer Summe von 110,70€, die sich jeder SGler, der an dieser Anfrage teilgenommen hat, für diese ausschütten lassen kann. Ein Anspruch besteht für jede Anfrage, die ein SGler angenommen hat und die vom SG insgesamt angenommen wurde. Dafür, dass abgelehnte Anfragen nicht gezählt werden, zählt bei angenommenen Anfragen auch jedwede Syntax (Tabellen etc.) ohne Abzug.

Wir hoffen, mit diesem Durchbruch weitere Benutzer zu einer SG-Kandidatur bewegen zu können, und freuen uns auf eure Kommentare auf der Diskussionsseite, für die es ausnahmsweise auch eine Vergütung gemäß des oben vorstehenden Tarifes gibt. Also schreibt schön viel.

Beiträge der SGler selber werden natürlich auch nicht rausgerechnet, sondern zählen. Textkilometer zu produzieren, ist ja schließlich auch anstrengend. In dem Sinne freue ich mich, dass ich bei langen Entscheidungsbegründungen bereits Übung habe.

Luke 01.04.