Williams-Campbell-Syndrom

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Klassifikation nach ICD-10
Q33.3 Agenesie der Lunge Hypoplasie und Dysplasie der Lunge
Q33.4 Angeborene Bronchiektasie
Q33.6 Hypoplasie und Dysplasie der Lunge
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Williams-Campbell-Syndrom (WCS) ist eine sehr seltene angeborene Fehlbildung der Lunge, die durch eine generalisierte Aplasie, Hypoplasie oder Dysplasie der Knorpelspangen der Segment- und Subsegmentbronchien gekennzeichnet ist.[1][2][3] Das Syndrom kann als Variante der Bronchomalazie angesehen werden.[4]

Die Namensbezeichnung (Eponym) bezieht sich auf die Autoren der Erstbeschreibung aus dem Jahre 1960, die australischen Pädiater Howard Williams und Peter Campbell.[5]

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Häufigkeit (Inzidenz und Prävalenz) ist nicht bekannt. Ebenso fehlen Angaben zur Prognose. Es handelt sich um eine Orphan Disease.

Ursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es ist bislang nicht geklärt, ob es sich um eine vererbte Fehlbildung oder um die Folge einer Virusinfektion handelt. Eventuell ist auch eine Kombination beider Faktoren, also eine genetische Disposition in Zusammenwirken mit einer Virusinfektion, die Ursache.[6]

Pathophysiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Euler-Liljestrand-Mechanismus führt ein Rückgang der Lungenbelüftung (Ventilation) zu einem Rückgang der Lungendurchblutung (Perfusion). Dadurch sinken das Herzzeitvolumen und die glomeruläre Filtrationsrate. Zusätzlich zur Lungeninsuffizienz kommt es so auch zur Herzinsuffizienz und zur Niereninsuffizienz.[7]

Klinische Erscheinungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klinische Kriterien sind:[1]

Diagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Röntgenbild zeigt sich eine Überblähung der Lunge mit Kollaps der Bronchien bei der Ausatmung. Bei der Bronchografie bzw. Bronchoskopie sind Kaliberschwankungen der Bronchien 3. und 4. Ordnung während der Ein- und Ausatmung auffällig.[4][1]

Zur Verlaufskontrolle eignen sich beim Lungenfacharzt die Lungenfunktionsprüfung, beim Kardiologen das Herzzeitvolumen (HZV) und bei der hausärztlichen Labordiagnostik die glomeruläre Filtrationsrate (GFR).

Differenzialdiagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind:[4][1]

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine kausale Behandlung ist nicht möglich. Die Therapie erfolgt symptomatisch mit β2-Sympathomimetika,[9] Antibiotika, Physiotherapie, Massage und Lagerungsdrainage. In schweren Fällen kann über eine Sauerstoff-Langzeittherapie sowie über eine Lungentransplantation nachgedacht werden.[10]

Allgemein empfohlen werden eine Pneumokokkenimpfung, eine COVID-19-Impfung sowie jährliche Grippeschutzimpfungen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  2. Williams-Campbell-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  3. Eintrag zu Williams-Campbell-Syndrom im Flexikon, einem Wiki der Firma DocCheck
  4. a b c Pschyrembel online
  5. H. Williams, P. Campbell: Generalized bronchiectasis associated with deficiency of cartilage in the bronchial tree. In: Archives of disease in childhood. Band 35, April 1960, S. 182–191, doi:10.1136/adc.35.180.182, PMID 13844857, PMC 2012546 (freier Volltext).
  6. A. P. Noriega Aldave, D. William Saliski: The clinical manifestations, diagnosis and management of Williams-Campbell Syndrome. In: North American Journal of Medical Sciences. Band 6, Nummer 9, September 2014, S. 429–432, doi:10.4103/1947-2714.141620, PMID 25317385, PMC 4193147 (freier Volltext) (Review).
  7. The Merck Manual, 20. Auflage, Merck Sharp & Dohme Corporation, Kenilworth, New Jersey, 2018, ISBN 978-0-911910-42-1, S. 419.
  8. Harrisons Innere Medizin, 20. Auflage, Thieme-Verlag, Berlin 2020, Band 3, ISBN 978-3-13-243524-7, S. 2465.
  9. Peter Reuter: Springer Klinisches Wörterbuch 2007|2008, 1. Auflage, Springer-Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-34601-2, S. 1988.
  10. J. B. Orens, M. Estenne, S. Arcasoy, J. V. Conte, P. Corris, J. J. Egan, T. Egan, S. Keshavjee, C. Knoop, R. Kotloff, F. J. Martinez, S. Nathan, S. Palmer, A. Patterson, L. Singer, G. Snell, S. Studer, J. L. Vachiery, A. R. Glanville: International guidelines for the selection of lung transplant candidates: 2006 update – a consensus report from the Pulmonary Scientific Council of the International Society for Heart and Lung Transplantation. In: The Journal of Heart and Lung Transplantation. Band 25, Nummer 7, Juli 2006, S. 745–755, doi:10.1016/j.healun.2006.03.011, PMID 16818116.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]