Wolf von Aichelburg

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Wolf von Aichelburg (* 3. Januar 1912 in Pula, Österreich-Ungarn; † 24. August 1994 bei Banyalbufar, Spanien) war ein rumänischer Dichter, Maler und Komponist. Er publizierte hauptsächlich in deutscher Sprache.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wolf von Aichelburg entstammte der österreichischen Adelsfamilie Aichelburg. Er wurde am 3. Januar 1912 in der zu Österreich-Ungarn gehörenden Hafenstadt Pula geboren, wo sein Vater Arnold als k.u.k. Fregattenkapitän stationiert war. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs unterstützte dieser die rumänische Marine beim Ausbau deren Flotte in Galați, bis sich die Familie 1922 in Hermannstadt in Siebenbürgen niederließ. Von 1929 bis 1934 studierte Aichelburg in Cluj und Dijon Germanistik und Romanistik. Nach jahrelangem Aufenthalt in Westeuropa, darunter in Florenz und Berlin kehrte er 1939 in seine siebenbürgische Heimat zurück. Während des Zweiten Weltkriegs war Wolf von Aichelburg von 1941 bis 1944 für die rumänische Regierung in Bukarest als Dolmetscher tätig und übersetzte zahlreiche literarische Werke. 1944 kehrte er nach Hermannstadt zurück und arbeitete dort bis 1947 als Privatlehrer. Nachdem sein Versuch, aus Rumänien 1948 zu fliehen, gescheitert war, wurde er zu Gefängnisaufenthalten in Caransebeș und Aiud sowie danach zu Zwangsarbeit am Donau-Schwarzmeer-Kanal verurteilt. Ab 1952 musste Aichelburg dreieinhalb Jahre mit niederen Arbeiten in Măicănești zwangsverbringen. Nachdem er nach Hermannstadt zurückkehren durfte und rehabilitiert wurde, konnte er für kurze Zeit erneut literarisch tätig werden.

Im Kronstädter Schriftstellerprozess im Jahre 1959 wurde er zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach drei Jahren in den Gefängnissen von Gherla und Sighetu Marmației sowie über zwei Jahren Zwangsarbeit im Bărăgan kam er 1964 aufgrund einer Generalamnestie für politische Häftlinge auf freien Fuß und konnte in der Folgezeit wieder auf Deutsch publizieren. 1980 verließ Aichelburg Hermannstadt und übersiedelte nach Freiburg im Breisgau. Am 24. August 1994 ertrank er unter ungeklärten Umständen bei Banyalbufar vor der Küste von Mallorca.[1]

Sein Nachlass wird im Archiv des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte an der LMU München aufbewahrt.[2]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Herbergen im Wind. Gedichte. Literaturverlag, Bukarest 1969.
  • Ratten von Hameln. Fabeln. Literaturverlag, Bukarest 1969.
  • Lyrik, Dramen, Prosa. Kriterion-Verlag, Bukarest 1971.
  • Vergessener Gast. Gedichte. Dacia-Verlag, Cluj 1973.
  • Fingerzeige. Essays. Dacia-Verlag, Cluj 1974.
  • Aller Ufer Widerschein. Gedichte. Wort-und-Welt-Verlag, Innsbruck 1984, ISBN 3-85373-079-5.
  • Anhalter Bahnhof. Gedichte. Wort-und-Welt-Verlag, Innsbruck 1985, ISBN 3-85373-094-9.
  • Corrida. Gedichte. Wort-und-Welt-Verlag, Innsbruck 1987, ISBN 3-85373-104-X.
  • Tuskische Gärten. Gesammelte Gedichte. Ed. Arnshaugk, München 1993, ISBN 3-926370-19-X.
  • Der Brand des Tempels. : Gesammelte Dramen. Ed. Arnshaugk, München 1993, ISBN 3-926370-20-3.
  • Gedichte / Poezii. Übersetzungen von Dan Dănilă. Ed. Hermann, 1996, ISBN 973-97285-4-5.

Werke als Komponist[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sonate für Viola und Klavier
  • Konzert für Trompete und Orchester

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg Herbstritt: Der Kronstädter Schriftstellerprozess 1959 in den Akten der DDR-Staatssicherheit. In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik. Band 23, Nr. 1/2, 2011, S. 204–209.
  • Laura Gabriela Laza: „Baumeister war die Angst“. Die politischen Prozesse rumänischer und deutschsprachiger Schriftsteller aus Rumänien nach dem Ungarnaufstand von 1956. Casa Cărţii de Ştiinţă, Cluj-Napoca 2017, ISBN 978-606-17-1118-5.
  • Laura Gabriela Laza: „Du darfst nicht laut die Worte sprechen …“. Wolf von Aichelburgs IM-Akte. In: Germanistik im Europäischen Kontext. Band 3, Nr. 1, 2011, ISSN 2247-7527, S. 41–54.
  • Laura Gabriela Laza: Wolf von Aichelburg. Siebenbürgischer Schriftsteller, Maler, Komponist und Übersetzer. In: Deutsch-Rumänische Hefte. Band 18, Nr. 2, 2015, ISSN 1618-1980, S. 21–23, (Digitalisat).
  • Herta Müller: Die Naturlyrik Wolf Aichelburgs. Sprachliche und formale Mittel. Lucrare de licență [Diplomarbeit], Univ. Temeswar, 1976.
  • Michaela Nowotnick: „95 Jahre Haft“. Kronstädter Schriftstellerprozess 1959: Darstellungsformen und Deutungsmuster der Aufarbeitung. In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik. Band 24, Nr. 1/2, 2012, S. 173–181.
  • Michaela Nowotnick: Die Unentrinnbarkeit der Biographie. Der Roman „Rote Handschuhe“ von Eginald Schlattner als Fallstudie zur rumäniendeutschen Literatur (= Studia Transylvanica. 45). Böhlau, Köln u. a. 2016, ISBN 978-3-412-50344-4.
  • William Totok: Empathie für alle Opfer. Eginald Schlattner, ein Leben in Zeiten diktatorischer Herrschaft. In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik. Band 24, Nr. 1/2, 2012, S. 181–198.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Universell gebildeter Renaissance-Mensch: zu Wolf von Aichelburgs 25. Todestag, abgerufen am 9. September 2023
  2. Archiv Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas der LMU München. Abgerufen am 25. November 2019.