Zunyit

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Zunyit
Zunyitkristalle im Muttergestein aus Silver City, East Tintic Mountains, Juab County, Utah, USA
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Zun[1]

Chemische Formel
  • Al12[(OH)14|F4|Cl|AlO4|Si5O16][2]
  • Al13Si5O20(OH,F)18Cl[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/C.36
VIII/C.36-010

9.BJ.55
57.03.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakistetraedrisch; 43m[4]
Raumgruppe F43m (Nr. 216)Vorlage:Raumgruppe/216[2]
Gitterparameter a = 13,88 Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Zwillingsbildung nach {111} Kontakt- und Durchdringungszwillinge[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,874(5); berechnet: 2,87 bis 2,90[5]
Spaltbarkeit gut nach {111}[5]
Bruch; Tenazität spröde
Farbe grauweiß, fleischrot, farblos in dünnen Schichten
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis undurchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindex n = 1,592 bis 1,600[5]
Doppelbrechung keine, da isotrop
Weitere Eigenschaften
Besondere Merkmale gelegentlich rote Fluoreszenz

Zunyit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung Al12[(OH)14|F4|Cl|AlO4|Si5O16][2] und damit chemisch gesehen ein Aluminium-Silikat mit zusätzlichen Chlor-, Fluor- und Hydroxidionen. Strukturell gehört Zunyit zu den Gruppensilikaten.

Zunyit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt meist gut ausgebildete tetraedrische oder pseudo-oktaedrische Kristalle. In reiner Form ist Zunyit farblos und durchsichtig mit einem glasähnlichen Glanz auf den Kristallflächen. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt. Durch Fremdbeimengungen kann Zunyit zudem eine grauweiße bis fleischrote Farbe annehmen.

Mit einer Mohshärte von 7 gehört Zunyit zu den harten Mineralen, die ähnlich wie das Referenzmineral Quarz in der Lage sind, Fensterglas zu ritzen.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Zunyit in der „Zuni Mine“ (Zuñi Mine) am Anvil Mountain nahe Silverton im US-Bundesstaat Colorado und beschrieben 1883 von William Francis Hillebrand (1853–1925)[6], der das Mineral nach seiner Typlokalität benannte.

Das Typmaterial des Minerals wird in der Sammlung des National Museum of Natural History in Washington, D.C. (USA) unter der Katalog-Nr. 049082 aufbewahrt.[7]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Zunyit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“ mit der Unterteilung „Mit linearen Si3O10-Gruppen“, wo er als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe VIII/B.20 bildete.

Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/C.36-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Gruppensilikate“, wo Zunyit zusammen als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe VIII/C.36 bildet (Stand 2018).[8]

Auch die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Zunyit in die Abteilung der „Gruppensilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatgruppen, der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen sowie der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Gruppensilikate mit Si3O10, Si4O11 usw. Anionen; Kationen in oktaedrischer [6]er- und/oder größerer Koordination“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.BJ.55 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Zunyit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gruppensilikate: Insulare (Si3O10) und größere nichtzyklische Gruppen mit Si3O10-Gruppen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 57.03.01 innerhalb der Unterabteilung der „Gruppensilikate: Insulare (Si3O10) und größere nichtzyklische Gruppen mit Si5O16-Gruppen“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Offen verzweigte 3er Einfach-Silikatgruppe des Zunyit
Al-13-Keggin-Komplex des Zunyit: grau: äußere Al-Oktaeder; grün: zentraler Al-Tetraeder

Zunyit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe F43m (Raumgruppen-Nr. 216)Vorlage:Raumgruppe/216 mit dem Gitterparameter a = 13,88 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Silikatgruppe Nach der Klassifikation von Liebau ist Zunyit ein offen verzweigtes 3er-Einfach-Gruppensilikat. Die Silikatgruppe besteht aus insgesamt fünf Silikat-Tetraedern mit der Teilformel [Si5O16]12-, die an den Ecken über gemeinsam genutzte Sauerstoffatome miteinander verbunden sind. Drei der Tetraeder bilden dabei eine Kette, von dessen Mitteltetraeder zwei einzelne Silikattetraeder offen abzweigen. Ungewöhnlich für Silikate ist die nahezu lineare Si-O-Si-Bindung mit einem Winkel von rund 170°.[10][11][12][13]

Im zentralen SiO4-Tetraeder kann Si4+ teilweise durch Al3+ ersetzt werden.[12][13][14] In synthetischen Zunyit konnte zudem der Ersatz SiO4 durch (OH)4 nachgewiesen werden, wie er z. B. auch in Hydrogranaten vorkommt.[15]

Zunyit ist das einzige Silikat mit diesen Silikatpentamer. Vergleichbar ist nur das [AlSi4(O,OH)16]-Komplexanion des Harkenit[16][12][13] und das [MgSi4O16]-Komplexanion des Rondorfit.[17]

Aluminiumbaugruppe Aluminium ist sowohl tetraedrisch von 4 Suerstoffen umgeben wie auch oktaedrisch von 6 Sauerstoffen und Fluor und bildet Al13O16(OH)24-Baugruppen mit der Struktur von Keggin-Komplexionen.[10][11][14]

Drei AlO4(OH,F)2-Oktaeder sind über gemeinsame Kanten verknüpft. Vier dieser Dreiergruppen sind über Ecken (gemeinsame Sauerstoffe) so verbunden, dass sie einen Hohlraum umschließen, in dessen Zentrum sich AlO4-Tetraeder befindet. Die Ecken dieses Tetraeders liegen auf den zentralen Sauertoffen der Al-Oktaeder-Dreiergruppen. Diese Al13O16(OH)24-Keggin-Komplexe sind über gemeinsame Oktaederecken und die [Si5O16]-Anionen miteinander verbunden.[10][11][12]

Solche Keggin-Komplexionen spielen eine wichtige Rolle bei der Löslichkeit von Aluminium und anderen Metallen. Al-13-Komplexe treten außer im Zunyit vor allem in Aluminiumsalzen (Sulfate, Selenate) und deren Lösungen auf.[18]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter UV-Licht zeigen manche Zunyite eine rote Fluoreszenz.[5]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunyit bildet sich in hochgradigen, aluminiumhaltigen Schiefern und hydrothermal umgeformten, vulkanischen Gesteinen. Begleitminerale sind unter anderem Alunit, Diaspor, Hämatit, Kaolinit, Pyrit, Pyrophyllit, Quarz und Rutil.

Als seltene Mineralbildung konnte Zunyit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher rund 100 Fundorte dokumentiert sind (Stand: 2020).[19] Neben seiner Typlokalität „Zuni Mine“ fand man das Mineral in den USA noch an mehreren Orten in den Dome Rock Mountains, bei San Manuel (Pinal County) und Alum Gulch (Santa Cruz County) in Arizona; am Mount Robinson (Custer County), am Horse Creek (Dolores County), in den Red Mountains (Ouray County), im Saguache County und an weiteren Stellen im San Juan County in Colorado; bei Butte in Montana; Buckskin (Douglas County), Scraper Springs (Elko County) und Robinson (White Pine County) in Nevada; am Clubb Mountain und bei Hillsborough in North Carolina sowie in den Tintic Mountains in Utah.

Weitere Fundorte liegen in der Provinz Bejaia in Algerien; King George Island in der Antarktis; Catamarca, La Rioja und Salta in Argentinien; auf Tasmanien in Australien; in Aserbaidschan; am Cerro Tazna in den bolivianischen Cordillera de Chichas; Brumado im brasilianischen Bundesstaat Bahia; bei Panagjurischte und Chelopech (Oblast Sofia) in Bulgarien; an mehreren Orten in der Región de Atacama in Chile; in Zijinshan und Qinglong (Qinhuangdao) in China; auf Honshū in Japan; auf Vancouver Island in Kanada; bei Ojuu Tolgoi in der Mongolei; in der marokkanischen Provinz Ouarzazate (Souss-Massa-Draâ); bei Otuzco in der peruanischen Provinz La Libertad; in Mankayan auf den Philippinen; im Apuseni-Gebirge in Rumänien; bei Bor in Serbien; in den slowakischen Regionen Banská Bystrica und Košice; in der spanischen Provinz Almería; bei Doornfontein am Nordkap in Südafrika; im ungarischen Komitat Fejér sowie bei Embleton (Cumbria) im Vereinigten Königreich.[20]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. F. Hillebrand: New mineral species from Colorado. Zunyite. In: Department of the Interior. Bulletin of the United States Geological Survey. Band 20, 1885, S. 100–103 (englisch, pubs.usgs.gov [PDF; 8,1 MB; abgerufen am 24. April 2020]).
  • W. F. Hillebrand: On zunyite and guitermanite, two new minerals from Colorado. In: Proceedings of the Colorado Scientific Society. Band 1, 1885, S. 124–131 (englisch, rruff.info [PDF; 550 kB; abgerufen am 24. April 2020]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Zunyite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 593.
  3. Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2020. (PDF; 2,44 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2020, abgerufen am 24. April 2020 (englisch).
  4. David Barthelmy: Zunyite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 24. April 2020 (englisch).
  5. a b c d e f Zunyite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 70 kB; abgerufen am 24. April 2020]).
  6. L. J. Spencer: Mineralogical chemistry. In: Annual reports on the progress of chemistry. Band 24, 1927, S. 292–313, doi:10.1039/AR9272400292 (englisch, Nachruf für Paul Heinrich Ritter von Groth mit Würdigung für William Francis Hillebrands analytische Arbeiten).
  7. Catalogue of Type Mineral Specimens – Z. (PDF 30 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 24. April 2020.
  8. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 24. April 2020 (englisch).
  10. a b c B. W. Ray: The crystal structure of zunyite. In: PhD at the California Institute of Technology Pasadena, California. 1956, S. 1–197 (rruff.info [PDF; 12,8 MB; abgerufen am 24. April 2020]).
  11. a b c S. John Louisnathan, G. V. Gibbs: Aluminium-silicon distribution in zunyite. In: American Mineralogist. Band 57, 1972, S. 1089–1108 (rruff.info [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 24. April 2020]).
  12. a b c d Werner H. Baur, Tsutomu Ohta: The Si5O16 pentamer in zunyite refined and empirical relations for individual silicon-oxygen bonds. In: Acta Crystallographica. B38, 1982, S. 390–401 (Kurzbeschreibung und Link zur PDF-Datei bei scripts.iucr.org [abgerufen am 24. April 2020]).
  13. a b c Peter J. Dirken, Arno P. M. Kentgens, Gerda H. Nachtegaal, AD M. J. van der Eerden, J. Ben H. Jansen: Solid-state MAS NMR study of pentameric aluminosilicate groups with 180° intertetrahedral Al-O-Si angles in zunyite and harkerite. In: The American Mineralogist. Band 80, 1995, S. 39–45 (minsocam.org [PDF; 605 kB; abgerufen am 24. April 2020]).
  14. a b Bing Zhou, Barbara L. Sherriff, Francis Taulelle, Gang Wu: Nuclear magnetic resonance study of Al:Si and F:OH order in zunyite. In: The Canadian Mineralogist. Band 41, 2003, S. 891–903 (rruff.info [PDF; 396 kB; abgerufen am 24. April 2020]).
  15. Alain Baumer, Hubert Gimenez, Raoul Caruba, Guy Turco: Remplacements de regroupements atomiques dans la structure zunyite. In: Bulletin de la Société Française de Minéralogie et de Cristallographie. Band 97, 1974, S. 271–277 (rruff.info [PDF; 510 kB; abgerufen am 24. April 2020]).
  16. Giuseppe Giuseppetti, Fiorenzo Mazzi and Carla Tadini: The crystal structure of Harkenite. In: The American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 263–272 (minsocam.org [PDF; 993 kB; abgerufen am 24. April 2020]).
  17. Ramiza K. Rastsvetaeva, A. E. Zadov and N. V. Chukanov: Crystal structure of Low-Symmetry Rondorfite. In: Crystallography Reports. Band 53, 2008, S. 199–205, doi:10.1134/S1063774508020065 (researchgate.net [PDF; 396 kB; abgerufen am 24. April 2020]).
  18. A. C. Kunwar, A. R. Thompson,H. S.Gutowsky and Eric Oldfield: Solid State Aluminum-27 NMR Studies of Tridecameric Al-Ox Hydroxy Clusters in Basic Aluminum Selenate, Sulfate, and the Mineral Zunyite. In: Journal of Magnetic Resonance. Band 60, 1984, S. 467–472 (citeseerx.ist.psu.edu [PDF; 490 kB; abgerufen am 24. April 2020]).
  19. Localities for Zunyite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 24. April 2020 (englisch).
  20. Fundortliste für Zunyit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 24. April 2020.