August Schmiemann

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August Schmiemann (um 1885)

August Schmiemann (* 17. Februar 1846 in Münster; † 5. August 1927 ebenda) war ein deutscher Bildhauer.[1] Er schuf profane und sakrale Werke. Vor allem bekannt ist er für die volkstümlichen Denkmäler eines Kiepenkerls (Münster) oder Kuhhirten (Bochum).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Eine besondere Stellung unter den westfälischen Künstlern nimmt der Bildhauer August Schmiemann ein, weshalb ich ihn den niederdeutschen Künstler nenne.“ Dies schrieb der populäre Münsteraner Schriftsteller Eli Marcus (1854–1935) in einem Beitrag zur Halbmonatsschrift „Niedersachsen“ im Jahr 1910.[2]

August Schmiemann entstammte einer alteingesessenen „Poahlbürger“-Familie und sollte eigentlich Priester werden. Sein Patenonkel, der Theologie-Professor August Bisping aus Albersloh, wollte ihn direkt nach dem Gymnasium beruflich auf eine geistliche Laufbahn schicken. Doch gegen die Widerstände seiner Eltern und seines Onkels setzte sich August durch und absolvierte eine Lehre zum Bildhauer. Die Wanderjahre führten ihn zunächst zu Professor Doppmeier an die Technische Hochschule in Hannover, ehe Schmiemann in Amsterdam bei Professor Stracke an der Kunstschule „Felix Meritis“ studierte. Anschließend besuchte er in der deutschen Hauptstadt die Kunstakadamie Professor Pohlmanns in Berlin. Nach seiner Rückkehr aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 heiratete er in Münster seine Jugendliebe Elisa Meschewsky, mit der er zehn Kinder hatte.

Drei der fünf Söhne taten es ihrem Vater gleich und wurden Bildhauer. August Louis (1869–1918) und Anton Hubert (1882–1927) in Leipzig,[3] Johannes Aloysius (1880–1943) in Münster.

August Schmiemann wurde 81 Jahre alt.[4]

Profane Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Folgende von Schmiemann geschaffene Denkmäler für Staatsmänner oder regionale Persönlichkeiten existieren heute noch:

Kiepenkerl-Denkmal, Münster

Das Kiepenkerl-Denkmal wurde 1945 beim Einmarsch der Alliierten zerstört und 1953 neu gegossen. Das Kuhhirten-Denkmal wurde im Rahmen der Metallspende eingeschmolzen und 1962 in leicht veränderter Form neu aufgestellt.

Weitere Denkmäler, die nicht mehr existieren:

  • Bismarck-Denkmal in Herne-Eickel.[12] Dieses wurde 1904 errichtet, fiel 1942 der Metallspende zum Opfer und existiert nicht mehr.
  • Kriegerdenkmal in Gronau-Epe. Es stand seit 1906 vor dem Restaurant Zum Deutsche Helden (Gronauer Straße) und wurde im 2. Weltkrieg eingeschmolzen.
  • Kriegerdenkmal in Hoetmar. 1913 feierlich eröffnet, wurde es nach dem 1. Weltkrieg durch ein zweites, größeres Denkmal ersetzt.

Zur Verherrlichung der Kaisertage 1884 in Münster schuf Schmiemann große Figuren aus Gips, Leinwand und Holz. Die im Akademiegebäude der Universität aufgestellte Gruppe der drei allegorischen Figuren Borussia, Westfalia und Germania fand beim Kaiserpaar großen Anklang.[13]

„Das Kunstwerk ist sehr schön und sinnreich und werth, in Marmor verewigt zu werden.“

Kaiser Wilhelm

Für den Kaiserbesuch 1899 in Dortmund wurde vor den Eisenwerken Union die 3,5 m hohe Figur eines Schmieds aufgestellt.[14]

Bismarck-Denkmal, Bad Bentheim

Aus dem Atelier Schmiemann stammen mehrere große Reliefmedaillons, die ehemals an einem Jubiläumsdenkmal im Zoologischen Garten in Münster platziert wurden. Auf diesen Plaketten sind, in einer künstlerisch herausfordernden "En-Face"-Darstellung", die verdienten Naturwissenschaftler Fritz Westhoff, Anton Karsch, Bernard Altum und Ferdinand von Droste zu Hülshoff abgebildet.[15] Heute hängen die Medaillons im Allwetterzoo Münster am Landois-Platz. Ein weiteres Medaillon für Fritz Westhoff ("Longinus") ist am Longinusturm zu finden. Die für Heinrich Anton Bolsmann und Leonard Landois angefertigten Medaillons existieren heute nicht mehr.

Im 1923 erschienenen westfälischen Schelmenroman „Der tolle Bomberg“ von Josef Winckler gibt es ein Textpassage, in der August Schmiemann namentlich erwähnt wird.[16] Der schrullige Münsteraner Zoodirektor Hermann Landois, der im Buch eine Hauptrolle spielt, liefert sich mit der Appeltiewe (Apfelhändlerin) ein Wortgefecht. „Du siehst mich zunächst noch in Kammgarn, dann aber siehst Du mich in Gips und zuletzt in Bronze oder mit Kupferniederschlag übers ganze Gesicht! Nicht wie der gewöhnliche Sterbliche nach dem Friseur oder Schneider – ich sende jetzt nach dem Bildhauer August Schmiemann!“

Landois-Denkmal, Münster

Das Landois-Denkmal wurde im Jahre 1900 zum 25-jährigen Jubiläum des Zoologischen Gartens Münster vor der Tuckesburg errichtet. Es steht heute im Allwetterzoo Münster.

Sakrale Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben Statuen, Altären und Kanzeln für die Kirchen seiner Heimatstadt Münster und zahlreicher weiterer Gotteshäuser haben manche seiner Kunstwerke sogar den Weg nach Holland und Amerika gefunden.[2] Nach Schätzungen des münsterischen Heimatforschers Walter Werland sollen über 150 Kirchen mit Schmiemanns Werken verschönert worden sein.[17]

Heiligenfiguren an St. Lamberti, Münster

Hier ein Auszug seiner sakralen Werke, die noch heute existieren:

Flügelaltar in St. Gertrud (Horstmar)

Auch nach Übersee wurden Werke von Schmiemann geliefert. Der in Deutschland geborene Architekt Adolphus Druiding legte im Jahr 1896 den Grundstein für den Neubau der St. Benedict Church in Terre Haute (Indiana, USA). Ausgestattet mit Spendengeldern aus der deutschstämmigen Gemeinde, beauftragte Druiding „the german sculptor“ Schmiemann, Statuen und Heiligenbilder der imposant ausgestatteten Kirche zu schaffen. So gehören zu den Arbeiten Schmiemanns unter anderem eine lebensgroße Herz-Jesu-Statue, die 9 Fuß hohe Statue des Hl. Benedikt draußen über den Eingangstüren und die 14 Kreuzwegstationen. Von Schmiemann stammt auch die Pietà in St. Benedict, eine detailgetreue Replik des Werkes von Wilhelm Achtermann, welches als Prunkstück der Kirche gilt. Am 18. Juni 1899 wurde die Kirche offiziell eingeweiht.[23]

Den Baumberger Sandstein für einige seiner sakralen Werke bezog er vom Steinbruch Rumer aus Havixbeck (später bekannt als Hesselmanns Kuhle).[24] Der Steinbruch besteht heute noch und wird von der Firma Dirks aus Billerbeck betrieben. Die historischen Maschinen aus dem Sandsteinbruch sind im Sandsteinmuseum in Havixbeck zu bestaunen.[25]

Für die 32. Generalversammlung der Katholiken Deutschlands (30. August bis 3. September 1885 in Münster) schuf Schmiemann unter anderem eine Statue des Hl. Vaters Leo XIII. unter einem Triumphbogen.[26]

Krippenfiguren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Krippenfiguren der Lambertikirche (Ochtrup)

Aus der Hand Schmiemanns stammen auch Krippenfiguren im Nazarener Stil. Erstmals gezeigt wurden die Krippenwerke im Rahmen der „Ausstellung für christliche Kunst“ in der ehemaligen Dominikanerkirche (Münster) am 1. September 1885.[27] Die aus Eichenholz geschnitzten Figuren wurden seinerzeit durch den Dekorationsmaler Urlaub handbemalt und haben eine Größe von bis zu 100 Zentimetern. Zum üblichen Umfang einer vollständigen Krippengruppe gehören bei Schmiemann, neben den Hauptfiguren des Hl. Josef, der Mutter Maria und dem Jesuskind, drei Hirten, drei Schafe, zwei Kamele nebst Kameltreiber und die Heiligen Drei Könige. Optional wurde noch ein Hütehund beigestellt.

Krippenfiguren von Schmiemann sind aktuell noch in

erhalten.

Schmiemann als Restaurator[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige bedeutende Kunstwerke wurden von August Schmiemann restauriert.[28]

  • Erneuerung der Wandmalerei im St.-Paulus-Dom Münster (1874)
  • Wiederherstellung des Gnadenbildes (Heiliges Kreuz) der Kreuzkirche zu Stromberg (1879), zusammen mit Hofjuwelier Osthues und Kunstschreiner Miele
  • Restaurierung des Fassadenschmucks an der Clemenskirche in Münster (1883)
  • Wiederherstellung der Wurzel Jesse (als originalgetreue Kopie) an der Lambertikirche in Münster (1912/13), zusammen mit den Bildhauern Wilhelm Bolte und Anton Rüller

Schmiemann als Lehrmeister[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

August Schmiemann unterrichtete ab 1883 an der Zeichenschule für Kunst- und Kunsthandwerk in Münster und gab Abendkurse für Schüler höherer Lehranstalten.[29]

Er war Lehrmeister späterer Künstler wie Wilhelm Bolte, Wilhelm Haverkamp und Bernhard Heller.[4] Auch gehörten die Bildhauer Augustinus Heumann und Joseph Hammerschmidt zu seinen Schülern.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: August Schmiemann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. MünsterWiki: August Schmiemann.
  2. a b Eli Marcus: Niedersachsen, 15. Jahrgang, Illustrierte Halbmonatschrift. Niedersachsen-Verlag Carl Schünemann, 1910.
  3. Leipziger Adressbuch 1915, SLUB Dresden
  4. a b Nachruf zum Tode des Bildhauers August Schmiemann, verfasst von Wolfgang von der Aa, Münstersche Zeitung Nr. 81 vom 9. August 1927.
  5. Das Kiepenkerldenkmal. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  6. Das Kuhhirten-Denkmal. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  7. Sandsteinskulpturen in Bad Bentheim. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  8. Stadtgeschichte: Das Preußendenkmal. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  9. Sehenswürdigkeiten in Telgte. Abgerufen am 9. Februar 2022.
  10. Pressemitteilung der Stadt Münster. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  11. Pfarrkirche St. Agatha. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  12. Bismarck-Denkmal in Eickel. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  13. Artikel im Münsterischen Anzeiger vom 26. September 1884
  14. Dortmunder Zeitung, 3. August 1899
  15. Artikel in "Die Glocke" vom 7. Mai 1901
  16. Josef Winckler: Der tolle Bomberg. Ullstein, S. 148.
  17. 100 Jahre Kiepenkerl-Denkmal. In: Kiepenkerl-Künstler August Schmiemann. Münstersche Zeitung, 20. August 1996, S. Sonderbeilage.
  18. Artikel im Westfälischen Merkur vom 1. Juli 1906
  19. a b c Stadtarchiv Münster: Dok-Stadt-Dok / Bestand Stadtgeschichtliche Dokumentationen, Nr. 561, Sammlung von Unterlagen durch Prof. Gernert
  20. Der Sensenmann auf Melaten: Das schaurige Gesicht des Todes. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  21. Artikel in: Kölnische Zeitung vom 19. Mai 1913. Online einzusehen über Zeitpunkt.nrw
  22. Wissenswertes zum Alten Telgter Kreuzweg. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Januar 2022; abgerufen am 25. Januar 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.st-marien-telgte.de
  23. St. Benedict Church, Terre Haute: Geschichte der St. Benedict Church. Abgerufen am 25. März 2022 (englisch).
  24. Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, O 001 / Bundesbahndirektion Münster, Nr. 714
  25. Steinbruch Dirks in Nottuln. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Januar 2022; abgerufen am 25. Januar 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/res.baumberge-touristik.de
  26. Düsseldorfer Volksblatt v. 5. September 1885
  27. Artikel im Echo der Gegenwart vom 3. September 1885.
  28. Fred Kaspar: Kunst - Kunstgeschichte - Geschichte. Band 82, 2004, S. 345.
  29. Rudolf Springer: Kunsthandbuch für Deutschland, Österreich und die Schweiz. 3. Auflage. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1883.