Bernstorff (Adelsgeschlecht)

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Stammwappen derer von Bernstorff

Die Familie von Bernstorff stammt aus dem Stammhaus Bernstorf im heutigen Landkreis Nordwestmecklenburg und gehört zum Mecklenburgischen Uradel. Sie erwarb auch Besitzungen im Lauenburgischen, Lüneburgischen und in Dänemark.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Geschlecht erscheint erstmals urkundlich im Jahr 1300 mit Johannes dictus de Bernardestorpe.[1] Die Stammreihe beginnt 1411 mit Johann Bernstorp, Knappe zu Bernstorp.

Die Familie teilte sich in die Linie I der Herren von Bernstorff (oder die nichtgräfliche) und die Linie II der Grafen von Bernstorff. Die nichtgräfliche hat den älteren 1. Ast und den jüngeren 2. Ast, letzterer ist 1966 erloschen. Die gräflichen Äste sind Gartow-Wedendorf und Wotersen-Dreilützow-Stintenburg; ersterer teilte sich im 19. Jahrhundert in die Zweige Gartow-Wehningen und Wedendorf (diesem gehörten die dann aufgeteilten Güter Wedendorf, Bernstorf, Beseritz, Alt-Karin und Quadenschönfeld). Letzterer teilte sich in die Zweige Wotersen (zu dem auch die dänischen Häuser Gyldensteen und Kattrup gehören, letzteres 1949 erloschen) und Dreilützow-Stintenburg (das Haus Dreilützow ist 1946 erloschen) sowie den Magnus'schen Zweig.

Karrieren und Standeserhöhungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Andreas Gottlieb von Bernstorff (1649–1726), Erster Minister des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg

1716 wurde der königlich britische und kurfürstlich braunschweig-lüneburgsche Minister Andreas Gottlieb von Bernstorff (1649–1726) in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Er war zunächst leitender Minister in Celle, danach in kurhannoverschen Diensten Leiter der Deutschen Kanzlei in London und hatte dort maßgeblichen Einfluss auf die englische Politik; auch in Hannover amtierte er anschließend als leitender Minister. Er erwarb 1679 das Gut Wedendorf in Mecklenburg-Schwerin, 1694 das Gut Gartow im Lüneburgischen sowie 1717 Gut Wotersen im Herzogtum Sachsen-Lauenburg, welches dank ihm 1693 an das Fürstentum Lüneburg-Celle gefallen war; in Gartow und Wotersen ließ er neue Schlösser erbauen und hinterließ einen Familienfideikommiss; ferner erwarb er 1725 das mecklenburgische Dreilützow.

1767 wurden seine Enkel, die Brüder Johann Hartwig Ernst von Bernstorff (1712–1772), dänischer Außenminister sowie Herr auf Wotersen, Schloss Bernstorff, Wedendorf und Rüting, und Andreas Gottlieb von Bernstorff d.J. (1708–1768), Herr auf Gartow und Dreilützow, der 1740 auch die Stintenburginsel erwarb, von Christian VII. in den dänischen Grafenstand erhoben.

Graf Johann Hartwig Ernst von Bernstorff (1712–1772), dänischer Außenminister

Johann Hartwig Ernst gelang es, Dänemark aus dem Siebenjährigen Krieg herauszuhalten, was dem Land eine Wohlstandsperiode bescherte, nicht aber seine Heimat, das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg. Mit Katharina II. schloss er einen Allianzvertrag und sorgte durch den Vertrag von Zarskoje Selo für die Wiedervereinigung des zuvor geteilten Herzogtums Holstein. Er ließ 1751 in Kopenhagen ein Stadtpalais errichten und erwarb 1752 nahe Kopenhagen einen Landsitz, auf dem er ab 1759 das Schloss Bernstorff errichten ließ; ferner baute er bis 1767 das Gutshaus Wotersen zu einer prachtvollen Barockanlage aus.

Sein Neffe Graf Andreas Peter von Bernstorff (1735–1797), der Sohn Andreas Gottliebs des Jüngeren, den er für die russischen Verhandlungen entsandt hatte, wurde von 1773 bis 1780 und von 1784 bis 1797 ebenfalls dänischer Außenminister; durch sein diplomatisches Geschick erlebte Dänemark eine Friedens- und Blütezeit. Dessen älterer Sohn Hans Hartwig (1767–1791) heiratete Konstanze von Knuth, Erbtochter des Lehnsgrafen Johan Heinrich Knuth-Gyldensteen, und begründete die bis heute in Gyldensteen ansässige dänische Linie. Dem dänischen Kammerherrn und Landrat Erich von Bernstorff (1791–1837) wurde 1828 wegen des Erbes der dänischen Lehnsgrafschaft Gyldensteen die dänische Namen- und Wappenvereinigung zu Bernstorff-Gyldensteen gestattet. Am 6. August 1873 wurde dies auf Johann Hartwig Ernst von Bernstorff-Gyldensteen, seinen ältesten Sohn, und diejenigen Nachkommen des Mannesstammes ausgeweitet, die in den Besitz der Lehnsgrafschaft Gyldensteen gelangen würden.

Andreas Peter von Bernstorffs jüngerer Sohn, Graf Christian Günther von Bernstorff (1769–1835), war im Jahre 1800 kurzzeitig ebenfalls dänischer Außenminister, dann 1815 Gesandter am Wiener Kongress, bei dem Dänemark Norwegen verlor; 1818 wechselte er in den Dienst des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. und wurde dessen Außenminister bis 1832; er schuf die Grundlagen für den späteren Deutschen Zollverein.

Graf Arthur von Bernstorff (1808–1897) aus dem Hause Gartow-Wedendorf erbte Wedendorf und Bernstorf in Mecklenburg und wurde mecklenburgischer Landrat. Er kaufte die Güter Quadenschönfeld und Beseritz, wo er – wie auch in Bernstorf – neue Gutshäuser erbauen ließ, ferner den Jagdsitz Gut Mühlenhof.

Albrecht d. Ä. Graf von Bernstorff (1809–1873) aus dem Hause Dreilützow-Stintenburg amtierte 1861–1862 als preußischer Außenminister und später als Botschafter in London. Dessen Sohn Andreas Graf von Bernstorff (1844–1907), auf Stintenburg, war Reichstagsabgeordneter und dessen Sohn Albrecht d. J. Graf von Bernstorff (1890–1945), auf Stintenburg, wurde Diplomat und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus; im April 1945 wurde er durch die SS ermordet.

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Stammwappen derer von Bernstorff wird wie folgt beschrieben: „In Rot ein silberner Wellenbalken, daraus wachsend balkenweise drei langstielige, spitze, grüne (natürliche) Seeblätter.“ – „Auf dem Topfhelm mit rot-silbernen Decken (auf gelehntem Schild) zwei auswärts schräggestellte, nach unten verjüngende, langstielige, rote Kugelfächer, mit je sieben natürlichen Pfauenfedern besteckt.“ Früher waren die Seerosenblätter golden, in manchen Wappenvariationen ist der Wellenbalken belegt mit drei (geäderten) kurzstieligen spitzen grünen Seerosenblättern (natürliche Seeblätter, siehe oben: gräfliches Wappen von 1837), die Helmzier sieben natürliche Pfauenfedern ohne gestielte Kugel.
  • Bei der Erhebung in den Freiherrnstand und später in den Grafenstand wurde das Wappen jeweils gemehrt. Das gräfliche Wappen ist quadriert mit einem silbernen Herzschild, der einen grünen Kranz zeigt (der Herzschild bei Erhebung in den Grafenstand). Die Felder 1 und 4 zeigen das Stammwappen, 2 in Schwarz zwei goldene gegeneinander gekehrte Radfelgen mit je vier zugespitzten Speichen ohne Naben, 3 in Blau hinter einem dreigespitzten silbernen Felsen wachsend eine rotgekleidete gold gekrönte Jungfrau mit fliegenden goldenen Haaren, die einen grünen Kranz mit beiden Händen vor sich gestreckt hält. 2 und 3 war das Wappen der erloschenen österreichischen Familie Pernstorffer, die aber mit der mecklenburgischen Familie nicht zusammenhängt. Drei gekrönte Helme; auf dem mittleren ein Pfauenwedel, auf dem rechten Felsen und Jungfrau, auf dem linken ein geschlossener mit den Sachsen rechtsgekehrter schwarzer Flug, belegt mit den Radfelgen. Schildhalter rechts ein schwarzer rückschauender Adler, links ein goldener Leopard.[2]
  • Wappenspruch: „Fürchte Gott, scheue Niemand.“

Personen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Graf Andreas Peter von Bernstorff (1735–1797), dänischer Außenminister
Graf Christian Günther von Bernstorff (1769–1835), dänischer und preußischer Außenminister
Albrecht Graf von Bernstorff (1890–1945), Widerstandskämpfer

Besitzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Gütern, die sich im Besitz der Bernstorff befanden, gehörten unter anderem:

  • Stammgut Bernstorf, Nordwestmecklenburg, seit dem 13. Jahrhundert bis zur Enteignung 1945 im Besitz der Familie
  • Gut Wedendorf, Nordwestmecklenburg, 1679 durch den Minister Andreas Gottlieb erworben; 1931 verkauft
  • Gut Wotersen, Herzogtum Lauenburg, 1717 durch Andreas Gottlieb erworben; 1996 verkauft
  • Gut Dreilützow, Mecklenburg, 1725 durch Andreas Gottlieb erworben; 1929 verkauft
  • Gut Borstel, Schleswig-Holstein, durch den dänischen Außenminister Graf Johann Hartwig erworben; 1789 von seinem Enkel Joachim Frederik verkauft, dafür Gut Lehmkuhlen erworben (1807 verkauft)
  • Bernstorffs Palæ, Kopenhagen, Dänemark, 1751 durch Johann Hartwig erbaut, 1799 verkauft
  • Schloss Bernstorff, Dänemark, 1752 durch Johann Hartwig erworben, ab 1759 neu erbaut; 1812 verkauft
  • Gut Kattrup, Jütland, Dänemark, 1852 durch den Hofjägermeister Frederik Emil Herman Bernstorff erworben; 1949 verkauft
  • Gut Alt Karin, Mecklenburg, 1868 erworben, 1945 enteignet
  • Gut Beseritz, Mecklenburgische Seenplatte, 1879 durch den Landrat Graf Arthur erworben; 1945 enteignet
  • Gut Quadenschönfeld, 1883 durch Graf Arthur erworben; 1945 enteignet
  • Gut Mühlenhof bei Fürstenberg/Havel, 1911 durch Graf Arthur als Jagdsitz erworben; 1935 verkauft
  • Gut Schnackenburg, Niedersachsen, Pertinenz zu Gartow
  • Insel Schiermonnikoog, Niederlande, von 1892 bis 1945 im Besitz der Familie Berthold von Bernstorff[5]

sowie bis heute:

  • Gartow, Niedersachsen, 1694 durch Andreas Gottlieb erworben; heute im Besitz von Andreas Graf von Bernstorff
  • Stintenburg mit Lassahn, Lauenburg, 1740 erworben; der 1945 hingerichtete Widerstandskämpfer Albrecht Graf von Bernstorff wurde von der NS-Regierung enteignet, der Ort dann durch Grenztausch an die DDR abgetreten; 1993 an die Familie restituiert
  • Gyldensteen auf Fünen, Dänemark, 1802 von Gräfin Constance Henriette Bernstorff geb. Lehnsgräfin Knuth-Gyldensteen geerbt, heute im Besitz von Graf Frants Bernstorff-Gyldensteen
  • Gjessinggård, Jütland, Dänemark, durch Erbe aus der Familie von Folsach 1977 an Peter Emil greve Bernstorff gekommen

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Werner Graf v. Bernstorff: Die Herren und Grafen v. Bernstorff. Eine Familiengeschichte. Privatdruck, Celle 1982, S. 73. (Digitalisat)
  • Eckart Conze: Von deutschem Adel. Die Grafen von Bernstorff im zwanzigsten Jahrhundert. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart u. a. 2000, ISBN 3-421-05344-8.
  • Aage Friis:
    • Die Bernstorffs, Band 1: Lehr- und Wanderjahre. Ein Kulturbild aus dem deutsch-dänischen Adels- und Diplomatenleben im 18. Jahrhundert. Wilhelm Weicher, Leipzig 1905. archive.org
    • Die Bernstorffs und Dänemark, Band 2: Johann Hartwig Ernst Bernstorff im Conseil Friedrichs V. Ein Beitrag zur politischen und kulturellen Entwicklungsgeschichte des dänischen Staates 1750–1835. Bentheim 1970.
  • Genealogisches Handbuch des Adels, (GHdA). Hans Friedrich von Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Euler, Walter von Hueck, Christoph Franke, Klaus von Andrian-Werburg. ISSN 0435-2408 (Auszug):
    • GHdA. Gräfliche Häuser. Band I, Band 2 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke Verlag, Glücksburg/Ostsee 1952, S. 29 ff., ff. Ausgaben Limburg (Lahn) 1962, Band VII Limburg (Lahn) 1973, ISBN 3-7980-0756-X.
    • GHdA. Adelige Häuser. Band II, Band 11 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke Verlag, Glücksburg/Ostsee 1955, S. 100 f., ff. Ausgaben Limburg (Lahn) 1973, Band XVI Limburg (Lahn) 1985, ISBN 3-7980-0787-X.
    • GHdA. Adelslexikon. Band I, Band 53 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1972, ISBN 3-7980-0753-5.
  • GGT (Auszug):
    • Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser auf das Jahr 1833, Justus Perthes, Gotha 1832. Erstaufnahme. ff.
    • Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1898. Jahrgang 71, Justus Perthes, Gotha 1897, S. 106 ff. (Digitalisat)
    • Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser 1908. Jahrgang 9, Justus Perthes, Gotha 1907, S. 56 ff. (Digitalisat), f. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Deutscher Uradel. 1921, Jahrgang 22, Justus Perthes Gotha 1920.
    • Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1942. Jahrgang 115, Justus Perthes, Gotha 1941, S. 68 ff. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft.
  • H. R. Hiort-Lorenzen, A. Thiset: Danmarks Adels Aarbog 1887. Jahrgang 4, Vilh. Trydes Boghandel, Kopenhagen 1887, S. 50 ff. (Digitalisat)
  • Karl Hopf: Historisch-genealogischer Atlas seit Christi Geburt bis auf unsere Zeit. Band 1, Ausgabe 2, Friedrich Andreas Perthes, Gotha 1866, S. 37. (Digitalisat), Stammbaum der Grafen von Bernsdorff
  • Eckardt Opitz: Die Bernstorffs. Eine europäische Familie. (= Kleine Schleswig-Holstein-Bücher. Band 51). Boyens, Heide 2001, ISBN 3-8042-0992-0.
  • Moritz Maria von Weittenhiller: Genealogisches Taschenbuch der Ritter- u. Adels-Geschlechter 1878. Dritter Jahrgang, Buschak & Irrgang, Brünn/Wien 1877, S. 43 ff. (Digitalisat)

Sekundärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bechtold Graf v. Bernstorff: Solange der Kuckuck ruft. Erinnerungen eines Landjungen. Frankfurter Literaturverlag, Frankfurt am Main 2021, ISBN 978-3-8372-2545-7.
  • Wilhelm Morhardt: Das Grabmal der Anna Magdalena Luise von Bernstorff (1688–1690) in Babenhausen. In: Georg Wittenberger: Babenhäuser Mosaik = Babenhausen einst und jetzt. XX, Selbstverlag Heimat- und Geschichtsverein Babenhausen, Babenhausen 1990, S. 30–34. in: Regesta Imperii

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bernstorff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Staatsarchiv Schwerin. Mecklenburgisches Urkundenbuch, IV. Band, Stiller`sche Hofbuchhandlung, Schwerin 1867, S. 167 f. 1300. Sept. 14. Nr. 2627. Heinrich d. Ä. und Heinrich d. J., Fürsten von Meklenburg, schenken dem Kloster Rehna das Eigenthum der Besitzungen, welche dasselbe durch den Propst Hermann in Frauenmark, Rosenow, Alt-Pokrent, der Landmühle, Deutsch und Wendisch-Nesow .... S. 168. Johannes dictus de Bernardestorpe
  2. Nach Gustav von Lehsten: Der Adel Mecklenburgs seit dem landesgrundgesetzlichen Erbvergleiche (1775). J. G. Tiedemann, Rostock 1864, S. 19 f.
  3. Geschichte des Hauses – Hospiz Schloss Bernstorf
  4. Lebensdaten Lebensdaten Hermann von Bernstorff
  5. Historie Rijsbergen op Schiermonnikoog