Betechtinit

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Betechtinit
Betechtinit aus der Grube „Dzhezkazgan“ (Zhezkazgan), Schesqasghan, Kasachstan (Größe: 3,6 × 1,7 × 1,6 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Bkh[1]

Andere Namen

Betekhtinit[2]

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/D.04b
II/B.02-010

2.BE.05
02.16.08.01
Ähnliche Minerale Wittichenit
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[6]
Raumgruppe Immm (Nr. 71)Vorlage:Raumgruppe/71[3]
Gitterparameter a = 14,67 Å; b = 22,80 Å; c = 3,86 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3 bis 3,5[7]
Dichte (g/cm3) gemessen: 5,96 bis 6,05; berechnet: 6,14[7]
Spaltbarkeit nach drei Richtungen[7]
Bruch; Tenazität muschelig[8]
Farbe bräunlichschwarz[5] bis schwarz[7]
Strichfarbe schwarz[5]
Transparenz undurchsichtig (opak)[7]
Glanz Metallglanz[5]

Betechtinit (auch Betekhtinit,[2] russisch Бетехтинит[8]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung (Cu,Fe)21Pb2S15[3] und damit chemisch gesehen ein Kupfer-Eisen-Blei-Sulfid. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Betechtinit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt meist nadelige Kristalle von bis zu 7 cm Länge[9] mit einem metallischen Glanz auf den Oberflächen, kommt aber auch in Form unregelmäßiger Massen vor.[7] Das Mineral ist in jeder Form undurchsichtig (opak), von bräunlichschwarzer bis schwarzer Farbe. Angeschliffene Proben sind allerdings eher hell cremefarben parallel zur Längsrichtung bzw. stärker gelblich-cremefarben im rechten Winkel dazu. Die Strichfarbe von Betechtinit ist allerdings immer schwarz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals beschrieben wurde Betechtinit 1955 durch A. Schüller und E. Wohlmann, die das Mineral nach dem sowjetischen Mineralogen Anatoli Georgijewitsch Betechtin (russisch: Анатолий Георгиевич Бетехтин; englisch: Anatolii Georgievich Betekhtin; 1897–1962) benannten. Als Typlokalität gelten der „Wolfschacht“ (Fortschrittschacht I) bei Volkstedt (Eisleben) und der „Vitzthumschacht“ (Ernst-Thälmann-Schacht) bei Hübitz/Siersleben im Mansfelder Becken (Sachsen-Anhalt), da zur Analyse der Mineralzusammensetzung Material aus beiden Fundorten verwendet wurde.[2]

Typmaterial des Minerals wird im Mineralmuseum der Humboldt-Universität zu Berlin unter den Sammlungs-Nummern 1998_4621, 1998_4622, 1998_4623 und 1998_4624 aufbewahrt.[10]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Betechtinit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Komplexe Sulfide (Sulfosalze)“, wo er zusammen mit Berryit, Neyit, Nuffieldit und Wittit im Anhang der „Aikinit-Reihe“ mit der System-Nr. II/D.04b und den Hauptmitgliedern Aikinit, Gladit, Hammarit, Lindströmit und Rézbányit eingeordnet war.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/B.02-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Sulfide, Selenide und Telluride mit [dem Stoffmengen]Verhältnis Metall : S,Se,Te > 1 : 1“, wo Betechtinit zusammen mit Bornit, Calvertit und Gortdrumit die Gruppe „Komplexe Kupfer-Eisen-Sulfide“ bildet.[5]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Betechtinit ebenfalls in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S > 1 : 1 (hauptsächlich 2 : 1)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Blei (Pb), Bismut (Bi)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.BE.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Betechtinit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 02.16.08 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Betechtinit kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Immm (Raumgruppen-Nr. 71)Vorlage:Raumgruppe/71 mit den Gitterparametern a = 14,67 Å; b = 22,80 Å und c = 3,86 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Betechtinstufe mit langnadeligen Kristallen aus der Grube „Dzhezkazgan“ (Zhezkazgan), Schesqasghan, Kasachstan (Größe:5,8 cm × 4,7 cm × 2,1 cm)

Betechtinit bildet sich durch hydrothermale Vorgänge in Erz-Lagerstätten[9] oder in kupferhaltigen Schiefern.[7] Als Begleitminerale treten unter anderem Anhydrit, Bornit, Calcit, Chalkosin, Chalkopyrit, Coelestin, Galenit und gediegen Silber auf.

Als seltene Mineralbildung konnte Betechtinit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher rund 50 Fundstätten dokumentiert sind (Stand: 2021).[12] Neben seinen Typlokalitäten im Mansfelder Becken trat das Mineral in Deutschland noch im Steinbruch am Wingertsberg bei Nieder-Ramstadt und am Steinbruch Emmertsberg bei Waschenbach in der hessischen Gemeinde Mühltal auf.

In Österreich fand sich das Mineral in der Grube „Haagen“ bei Webing und im Erasmus-Stollen bei Schwarzleo (Gemeinde Leogang) in Salzburg und die bisher einzige bekannte Fundstätte in der Schweiz ist die Mürtschenalp im Murgtal im Kanton Glarus.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Betechtinit-Funde ist Kasachstan, genauer die Kupfergruben in Schesqasghan (Dzhezkazgan), wo reichhaltige Kristallstufen mit bis zu sieben Zentimeter langen Betechtinit-Kristallen gefunden wurden.[9]

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Australien, Bulgarien, China, Griechenland, der Demokratischen Republik Kongo, Namibia, Polen, Russland, Schweden, Schottland, Tschechien und den Vereinigten Staaten von Amerika.[13]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • A. Schüller, E. Wohlmann: Betechtinit, ein neues Blei-Kupfer-Sulfid aus den Mansfelder Rücken. In: Geologie. Band 4, 1955, S. 535–555.
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 420 (Erstausgabe: 1891).
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 348.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Betekhtinite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c Thomas Witzke: Entdeckung von Betekhtinit (Betechtinit). In: strahlen.org/tw/. Abgerufen am 12. Juli 2021.
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 74 (englisch).
  4. Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2021. (PDF; 3,52 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2021, abgerufen am 12. Juli 2021 (englisch).
  5. a b c d e Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. David Barthelmy: Betekhtinite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 8. Juli 2021 (englisch).
  7. a b c d e f g Betekhtinite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 63 kB; abgerufen am 8. Juli 2021]).
  8. a b Бетехтинит (Betekhtinite). In: catalogmineralov.ru. Каталог Минералов (Mineralienkatalog Russland), abgerufen am 12. Juli 2021.
  9. a b c Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 57.
  10. R. Kurtz: Typmineral-Katalog Deutschland – Betechtinit. Universität Hamburg, 8. August 2020, abgerufen am 8. Juli 2021.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 12. Juli 2021 (englisch).
  12. Localities for Betekhtinite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 8. Juli 2021 (englisch).
  13. Fundortliste für Betechtinit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 8. Juli 2021.