Calvertit

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Calvertit
Calvertit in einer Matrix aus Chalkosin und Germanit aus dem Bergwerk Polkowice-Sieroszowice, Woiwodschaft Niederschlesien, Polen (Größe: 0,2 cm × 0,1 cm × 0,1 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2006-030[1]

IMA-Symbol

Cvt[2]

Chemische Formel Cu5Ge0,5S4[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/B.02-040[4]

2.CA.15
02.05.10.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m, hexakistetraedrisch; 43m; oder pentagon-ikositetraedrisch; 432[3]
Raumgruppe Fm3m (Nr. 225)Vorlage:Raumgruppe/225, F43m (Nr. 216)Vorlage:Raumgruppe/216 oder F432 (Nr. 209)Vorlage:Raumgruppe/209[3]
Gitterparameter a = 5,337 Å[3]
Formeleinheiten Z = 1[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4 bis 5, VHN25 = 283 (268–307) kg/mm2[3]
Dichte (g/cm3) 5,239 (berechnet)[3]
Spaltbarkeit keine[3]
Bruch; Tenazität uneben bis muschelig; spröde
Farbe schwarz
Strichfarbe schwarz
Transparenz opak[3]
Glanz Metallglanz[3]
Kristalloptik
Optischer Charakter optisch isotrop

Calvertit (IMA-Symbol Cvt[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung Cu5Ge0,5S4[3] und ist damit chemisch gesehen ein Kupfer-Germanium-Sulfid.

Calvertit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt xenomorphe, elongierte bis ellipsoide Körner bis 0,1 mm Größe, die in einer Erzmatrix aus Renierit sitzen, in der lokal Tennantit und Einschlüsse aus Gallit auftreten.[3] Das Mineral ist undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der schwarzen Körner einen metallischen Glanz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Untersuchung der wahrscheinlich um 1960 in der Tsumeb Mine geborgenen Holotypstufe des Gallobeudantits wurden in deren Erzmatrix teilweise oxidierte, kupferreiche Massivsulfide identifiziert. Neben Renierit mit Einschlüssen von Gallit, galliumhaltigem Tennantit und Chalkosin wurde aber auch ein sulfidisches Erzmineral angetroffen, welches bei der Röntgendiffraktionsanalyse ein germanitartiges Diffraktogramm ergab, für Germanit aber zu kupferreich war und vorerst unidentifiziert blieb. Bei weiteren Untersuchungen stellte sich dieses Sulfid dann als neues Mineral heraus. Es wurde 2006 von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt und 2007 von einem US-amerikanisch-kanadisch-englischen Forscherteam mit John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts, Lee A. Groat, Chris J. Stanley, Alan J. Criddle und Mark N. Feinglos als Calvertit beschrieben. Benannt wurde das Mineral nach dem Metallurgen Lauriston (Larry) Derwent Calvert (1924–1993) vom National Research Council of Canada, Ottawa, Kanada, für seine Studien von metallischen Phasen und Beiträge zum Powder Diffraction File (ICDD).[3]

Typmaterial des Minerals wird im Canadian Museum of Nature in Ottawa (Cotyp, Polierter Anschliff, Sammlungs-Nr. CMNMC 85731) sowie im Natural History Museum, London, Vereinigtes Königreich (Cotyp, Polierter Anschliff, Sammlungs-Nr. BM 2004, 78) aufbewahrt.[3]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da der Calvertit erst 2006 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/B.02-040. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Sulfide, Selenide und Telluride mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te > 1 : 1“, wo Calvertit zusammen mit Betechtinit, Bornit und Gortdrumit die Gruppe der „Komplexen Kupfer-Eisen-Sulfide“ mit der System-Nr. II/B.02 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[5] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Calvertit ebenfalls in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S = 1 : 1 (und ähnliche)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Kupfer (Cu)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.CA.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Calvertit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Putzit in der unbenannten Gruppe 02.05.10 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 3 : 2“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Calvertit hat die gemessene chemische Zusammensetzung (Cu,Fe,Zn,Ga,V)Σ5,00(Ge,As)Σ0,48S4, was zu Cu5Ge0,5S4 idealisiert wurde und Gehalte von 65,88 % Cu, 7,53 % Ge und 26,59 % S erfordert. In chemischer Hinsicht ähnelt Calvertit keinem anderen natürlichen oder synthetischem Cu- oder Cu-Ge-Sulfid. Die kleine Einheitszelle legt nahe, dass Calvertit ein metastabiles, in starkem Maße ungeordnetes Mineral ist, dessen geordnetes Äquivalent chemisch als Cu10GeS8 mit a = 2 × 5,337 Å = 10,674 Å und Z = 4 beschrieben werden kann.[3]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Calvertit kristallisiert im kubischen Kristallsystem in der Raumgruppe Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225)Vorlage:Raumgruppe/225, Raumgruppe F43m (Raumgruppen-Nr. 216)Vorlage:Raumgruppe/216 oder Raumgruppe F432 (Raumgruppen-Nr. 209)Vorlage:Raumgruppe/209 mit dem Gitterparametern a = 6,631 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[3]

Im Röntgendiffraktogramm des Calvertits lassen sich nur vier messbare Linien identifizieren. Das Röntgendiffraktogramm des Calvertits ähnelt dem der synthetischen Komponente Cu3GeS4, aber auch denen von Renierit (tetragonal), Germanocolusit (kubisch) und Germanit (kubisch).

Ein Kristallstrukturmodell für den Calvertit existiert bis heute (Stand 2016) noch nicht.[3]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Morphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In calvertitreichen Teilen der Typstufe bildet Chalkosin ein Netzwerk mit einer granularen Textur, in welcher der Calvertit xenomorph und zumeist in Form von elongierten bis elliptischen Körnern auftritt. Die größten homogenen Körner erreichen Durchmesser von 100 µm. Die Hauptsulfide der Stufe, Renierit und Calvertit, konzentrieren sich in bandförmigen Anreicherungen; solche calvertiterichen Bänder durchsetzen lokal Renierit und Einschlüsse von Tennantit in Renierit.[3]

Physikalische und chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Aggregate des Calvertits sind schwarz, auch die Strichfarbe wird mit schwarz beschrieben. Die Oberflächen der opaken Körner zeigen einen metallischen Glanz.[3]

Das Mineral besitzt keine Spaltbarkeit oder Teilbarkeit, bricht aber aufgrund seiner Sprödigkeit ähnlich wie Glas oder Quarz, wobei die Bruchflächen uneben bis muschelig ausgebildet sind. Mit einer Mohshärte von 4 bis 5 gehört Calvertit zu den mittelharten Mineralen, die sich etwas leichter als Referenzmineral Apatit mit einem Taschenmesser noch ritzen lassen. Die berechnete Dichte liegt bei 5,239 g/cm³. Calvertit fluoresziert weder im lang- noch im kurzwelligen UV-Bereich.[3]

Im reflektierten Licht (Anschliff) ist Calvertit blass bläulichgrau und zeigt weder eine Bireflektanz noch einen Pleochroismus und auch keine Innenrexflexe. Die optischen Eigenschaften des Calvertits ähneln weder denen des Germanits noch denen eines anderen Erzminerals.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Typlokalität von Calvertit ist die weltberühmte Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte der „Tsumeb Mine“ (auch Tsumcorp Mine) in Tsumeb, Region Oshikoto in Namibia. Er fand sich in der Primärerzparagenese zusammen mit Renierit, Tennantit, Gallit, Chalkosin und einem weiteren unidentifizierten Kupfersulfid (oder einer Mixtur aus Digenit und Djurleit). Calvertit wurde später als Renierit gebildet, da er in Form von kleinen Gängchen den älteren Renierit durchsetzt. Unter den vergesellschafteten Nichterzmineralen der Typstufe wurden Goethit, Hämatit, Quarz, quecksilberreiches gediegenes Silber, Stolzit, Otjisumeit und verschiedene Vertreter der Alunit-Übergruppe, darunter Gallobeudantit, identifiziert.[3]

Die Tsumeb-Mine ist den bekannten Mineraldatenbanken „Mineralienatlas“ und „Mindat“ zufolge zwar der bisher einzige dokumentierte Fundort,[6] jedoch konnte das Mineral auch im Bergwerk Polkowice-Sieroszowice in der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien entdeckt und per SEM und EDS identifiziert werden.[7]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund seiner Seltenheit ist Calvertit nur für den Mineralsammler interessant.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts, Lee A. Groat, Chris J. Stanley, Alan J. Criddle, Mark N. Feinglos: Calvertite, Cu5Ge0,5S4, a new mineral species from Tsumeb, Namibia. In: The Canadian Mineralogist. Band 45, 2000, S. 1519–1523, doi:10.3749/canmin.45.6.1519 (englisch, rruff.info [PDF; 476 kB; abgerufen am 26. Juni 2023]).
  • Paula C. Piilonen, Glenn Poirier, Kimberly T. Tait: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 93, 2008, S. 1686 (englisch, rruff.info [PDF; 881 kB; abgerufen am 26. Juni 2023]).
  • Calvertite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 60 kB; abgerufen am 26. Juni 2023]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Calvertite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2023, abgerufen am 26. Juni 2023 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 26. Juni 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts, Lee A. Groat, Chris J. Stanley, Alan J. Criddle, Mark N. Feinglos: Calvertite, Cu5Ge0,5S4, a new mineral species from Tsumeb, Namibia. In: The Canadian Mineralogist. Band 45, 2000, S. 1519–1523 (englisch, rruff.info [PDF; 476 kB; abgerufen am 26. Juni 2023]).
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 26. Juni 2023 (englisch).
  6. Fundortliste für Calvertit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 26. Juni 2023.
  7. Calvertite. e-Rocks Ltd, abgerufen am 26. Juni 2023.