Bleiamalgam

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Bleiamalgam
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1981-042[1]

IMA-Symbol

Lam[2]

Andere Namen
  • Altmarkit
Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Elemente – Metalle und intermetallische Verbindungen
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

I/A.02-100

1.AD.30
01.01.10.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol ditetragonal-dipyramidal; 4/m2/m2/m
Raumgruppe I4/mmm (Nr. 139)Vorlage:Raumgruppe/139[5]
Gitterparameter a = 3,55 Å; c = 4,53 Å[5]
Formeleinheiten Z = 2[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1,6 (VHN(1,5,10) = 24, 15, 12 kg/mm2)[6]
Dichte (g/cm3) berechnet: 11,96[6]
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe silberweiß, im Auflicht gelblichweiß[6]
Strichfarbe nicht definiert
Transparenz undurchsichtig (opak)
Glanz Metallglanz
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten unlöslich in HCl,H2SO4, HNO3[6]

Bleiamalgam (auch Altmarkit) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Elemente“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung HgPb2[3] beziehungsweise Pb2Hg[4] und damit chemisch gesehen eine natürliche Legierung oder besser Intermetallische Verbindung aus Blei und Quecksilber, die entsprechend zu den Amalgamen gehört.

Bleiamalgam kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem, konnte bisher jedoch nur in Form einzelner Körner bis etwa 50 μm Größe gefunden werden. Das Mineral ist vollkommen undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der silberweißen, im Auflicht auch gelblichweißen Körner einen metallischen Glanz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Bleiamalgam zusammen mit γ-Goldamalgam in der Platin-Kupfer-Nickel-Sulfid-Lagerstätte Shiaonanshan[7] (auch Xiaonanshan[8]) bei Wuchuan in der zum Chinesisch-Autonomen Gebiet gehörenden Inneren Mongolei. Die Analyse und Erstbeschreibung des Minerals erfolgte durch Chen Keqiao, Yang Huifang, Ma Letian und Peng Zhizhongin, die es nach dessen chemischer Zusammensetzung als Blei-Quecksilberlegierung (= Amalgam) benannten.

Die Untersuchungsergebnisse und der gewählte Name wurden 1981 zur Prüfung bei der International Mineralogical Association/CNMNC (interne Eingangs-Nr. der IMA: 1981-042[3]) eingereicht, die das Bleiamalgam als eigenständige Mineralart anerkannte. Da die Erstbeschreibung vom γ-Goldamalgam allerdings im Gegensatz zum Bleiamalgam ohne Prüfung durch die IMA/CNMNC veröffentlicht wurde, ist dieses nicht als Mineral anerkannt.

Bereits 1977 beschrieben T. Kaemmel, E. P. Müller, L. Krossner, J. Nebel, H. Unger und H. Ungethüm ein Mineral, das sich in den Installationen zur Erdgas-Förderung in der Altmark in Sachsen-Anhalt gebildet hatte. Den Analysen zufolge bestand das Mineral aus Bleiamalgam und war mit quecksilberhaltigem Blei und gediegen Quecksilber vergesellschaftet. Die Ablagerungen bildeten sich vermutlich aus den bleiführenden Rotliegendwässern, wobei das enthaltene Blei mit dem im Erdgas mitgeführten Quecksilber reagierte. Als Mineralnamen schlug das Team um Kaemmel Altmarkit nach dessen Typlokalität vor.

Eine Anerkennung von Altmarkit erfolgte jedoch nie. Zum einen waren die Daten in der ersten (vorläufigen) Beschreibung von 1977 unzureichend. So fehlte unter anderem eine chemische Analyse und die Röntgenstrukturanalyse war unvollständig. In der 1978 nachgereichten erweiterten Beschreibung fehlte nach wie vor eine chemische Analyse. Auch war fraglich, ob es sich bei Altmarkit um eine synthetische, weil anthropogen beeinflusste Bildung oder um ein Mineral handelt. Schließlich erfolgten die Publikationen zum Altmarkit ohne Prüfung und Anerkennung durch die IMA/CNMNC.[9]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Bleiamalgam erst 1981 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist es in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. I/A.02-100. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Elemente“ und dort der Abteilung „Metalle und intermetallische Verbindungen“, wo Bleiamalgam zusammen mit gediegen Aurihydrargyrumit, Belendorffit, Eugenit, Goldamalgam, Luanheit, Moschellandsbergit, Paraschachnerit, Quecksilber, Kolymit, Potarit, Schachnerit und Weishanit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[4]

Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet Bleiamalgam ebenfalls in die Abteilung der „Metalle und intermetallischen Verbindungen“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, die entsprechend ihrer verwandten Eigenschaften in Metallfamilien eingeteilt wurden. Bleiamalgam ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Quecksilber-Amalgam-Familie“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 1.AD.30 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet Bleiamalgam in die Klasse und dort in die gleichnamige Abteilung der „Elemente“ ein. Hier ist das Mineral als einziges Mitglied in der Gruppe der „Bleiamalgam-Legierungen“ mit der System-Nr. 01.01.10 innerhalb der Unterabteilung „Elemente: Metallische Elemente außer der Platingruppe“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bleiamalgam kristallisiert in der tetragonalen Raumgruppe I4/mmm (Raumgruppen-Nr. 139)Vorlage:Raumgruppe/139 mit den Gitterparametern a = 3,55 Å und c = 4,53 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An seiner Typlokalität, der Platin-Kupfer-Nickel-Sulfid-Lagerstätte Shiaonanshan (auch Xiaonanshan) in der Mongolei, fand sich Bleiamalgam in den Schwermineral-Konzentraten zerkleinerter Erze. Als Begleitminerale traten unter anderem Chalkopyrit, Chromit, Galenit, Gersdorffit, silberhaltiges Gold (auch Elektrum), Ilmenit, Iridosmium, Kotulskit, Magnetit, Merenskyit, Millerit, Niggliit, Platin, Pyrit, Sperrylit, Stibnit und Violarit auf.[11][6]

Bleiamalgam gehört zu den sehr seltenen Mineralbildungen, das nur in wenigen Proben bekannt wurde. Außer seiner Typlokalität, die auch die bisher einzige dokumentierte Fundstelle in China darstellt, wurde das Mineral bisher nur noch im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt (Deutschland) sowie in der „Mina la Bambollita“ (auch Bambollita Mine oder Oriental Mine) und allgemein in der Umgebung von Moctezuma im mexikanischen Bundesstaat Sonora entdeckt (Stand 2020).[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Chen Keqiao, Yang Huifang, Ma Letian, Peng Zhizhong: The discovery of two new minerals — γ-goldamalgam and leadamalgam. In: Geological Review. Band 27, 1981, S. 108–115 (englisch).
  • Pete J. Dunn, George Y. Chao, Michael Fleischer, James A. Ferraiolo, Richard H. Langley, Adolf Pabst, Janet A. Zilczer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 70, 1985, S. 214–221 (englisch, rruff.info [PDF; 771 kB; abgerufen am 23. Oktober 2020]).
  • T. Kaemmel, E. P. Müller, L. Krossner, J. Nebel, H. Unger, H. Ungethüm: Altmarkit, ein neues Mineral (vorläufige Mitteilung). In: Zeitschrift für angewandte Geologie. Band 23, Nr. 10. Akademie-Verlag, Berlin 1977, S. 535–536.
  • T. Kaemmel, E. P. Müller, L. Krossner, J. Nebel, H. Unger, H. Ungethüm=: Sind HgPb2 und (Hg, Pb), gebildet aus natürlichen Begleitkomponenten der Erdgase der Lagerstätten der Altmark, Minerale? In: Zeitschrift für angewandte Geologie. Band 24, Nr. 2. Akademie-Verlag, Berlin 1978, S. 90–96.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2020, abgerufen am 23. Oktober 2020 (englisch).
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 40 (englisch).
  6. a b c d e Pete J. Dunn, George Y. Chao, Michael Fleischer, James A. Ferraiolo, Richard H. Langley, Adolf Pabst, Janet A. Zilczer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 70, 1985, S. 214–221 (englisch, rruff.info [PDF; 771 kB; abgerufen am 23. Oktober 2020]).
  7. Typlokalität Shiaonanshan, Kreis Wuchuan, Hohhot, Innere Mongolei (Neimenggu), China. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 26. Oktober 2020.
  8. Typlokalität Xiaonanshan Cu-Ni-(Pt-Pd) deposit, Wuchuan Co., Hohhot League (Huhehaote Prefecture), Inner Mongolia, China. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 26. Oktober 2020 (englisch).
  9. Thomas Witzke: Vemeintliche Erstbeschreibungen, Fehlbeschreibungen und diskreditierte Minerale aus Sachsen-Anhalt: Altmarkit = Bleiamalgam (Leadamalgam). In: strahlen.org/tw. 28. April 2017, abgerufen am 23. Oktober 2020.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 23. Oktober 2020 (englisch).
  11. Leadamalgam. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 61 kB; abgerufen am 23. Oktober 2020]).
  12. Fundortliste für Bleiamalgam beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 27. Oktober 2020.