Emil Augsburg

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Emil Augsburg (* 1. Mai 1904 in Lodz[1]; † unsicher; vermutlich 1981) war ein deutscher SD- und SS-Führer sowie Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Augsburg absolvierte nach dem Abschluss seiner Schullaufbahn von 1924 bis 1932 ein Studium der Germanistik, Philosophie und Geschichte an der Universität Leipzig. Noch während seines Studiums betätigte er sich von 1929 bis 1932 als Übersetzer und Dolmetscher für die Sprachen Russisch und Polnisch. Nach Studienende trat er 1932 eine Anstellung als Verlagslektor beim Leipziger Paul List Verlag an und wechselte später zur Arbeitsstelle für Schrifttumsbearbeitung beim Sicherheitshauptamt.[2]

Ab 1935 war Augsburg ehrenamtlich für den SD tätig, bis er Anfang Mai 1936 beim SD hauptamtlich beschäftigt wurde. Als Sowjetunion- und Polenexperte wurde er Anfang 1937 Oberassistent von Professor Michael Achmeteli, der an der Universität Berlin das Rußlandinstitut leitete und zu „Kultur- und Nationalitätenfragen des Ostens“ forschte. Zudem war Augsburg auch als leitender Mitarbeiter am 1937 eingerichteten Wannsee-Institut des Sicherheitsdienstes und später des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) beschäftigt, das zeitweise unter der Leitung von Michael Achmeteli stand.[2] Beim Wannsee-Institut, einer getarnten Einrichtung des Sicherheitsdienstes zur geheimen Ostforschung, verwaltete er u. a. die „Personenkartei für die Sowjetunion“.[3]

Während des Zweiten Weltkrieges promovierte Augsburg 1941 an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität Berlin mit der Dissertation „Die staats- und parteipolitische Bedeutung der sowjetischen Presse in ihrer geschichtlichen Entwicklung“ zum Dr. phil.[2]

Emil Augsburg gehörte dem ab Mai 1941 für den Überfall auf die Sowjetunion zusammengestellten „Vorkommando Moskau“ der Einsatzgruppe B an. Die Aufgabenstellung der SD-Einsatzgruppen war im Rahmen der „Gegnerbekämpfung“, Morde an Juden, Partisanen und kommunistischen Funktionären zu verüben.[3] Er wurde für „außergewöhnliche Ergebnisse […] bei Sondereinsätzen“, also den Massenmord, in seiner Personalakte belobigt.[4] Während eines Flugzeugangriffs wurde er im September 1941 in Smolensk verletzt und kehrte nach seiner Genesung an das Berliner Wannsee-Institut zurück.[5] Er wurde als Angehöriger des Amts VII (Weltanschauung und Auswertung – SD-Ausland) im RSHA auch für das Unternehmen Zeppelin tätig und verhörte in diesem Zusammenhang sowjetische Kriegsgefangene.[6] Augsburg, der zum 1. Mai 1937 der NSDAP beitrat (Mitgliedsnummer 5.518.743),[7] stieg 1944 zum SS-Sturmbannführer (SS-Nummer 307.925) auf.[8]

Kurz vor dem Kriegsende tauchte Augsburg im Kloster Ettal unter und wurde Privatsekretär eines im Vatikan arbeitenden katholischen Würdenträgers. Beide begaben sich in den Vatikan, wo es Augsburg mit Hilfe seines Unterstützers gelang, als Nachrichtenoffizier in die polnischen Streitkräfte unter General Władysław Anders in Norditalien einzutreten. Über den CIC-Agenten Walter Hirschfeld wurde eine fingierte Nachricht an Augsburg gesandt, in der angeblich Franz Six die Unterstützung seines ehemaligen Mitarbeiters benötigte und um ein Treffen bat. Augsburg traf am vereinbarten Treffpunkt Hirschfeld, der sich als Six-Vertrauter ausgab und Augsburg und seinen Kameraden angeblich von Six unterzeichnete Aufträge gab, die Augsburg und seine Kollegen auch ausführten. Augsburg wohnte in dieser Zeit in Schorndorf. Nach mehr als einem Jahr kam Augsburg hinter den Schwindel und Hirschfeld klärte ihn darüber auf, dass er unwissentlich Aufträge für den CIC erledigt hatte.[9]

Als Spezialist für sowjetische Angelegenheiten beobachtete er ab Ende 1947 für die Organisation Gehlen (Org), den Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes (BND), Emigrantenorganisationen, u. a. Aktivitäten der Organisation Ukrainischer Nationalisten.[6] Augsburg, der als Angehöriger eines Einsatzkommandos an Erschießungen teilgenommen hatte, war ab 1949 in der Generalvertretung L der Org in Karlsruhe tätig. Ab 1953 war er in der Zentrale der Org in Pullach beschäftigt. Nach der Enttarnung des KGB-Spions Heinz Felfe im November 1961 wurden gegen 200 NS-belastete Mitarbeiter des BND Untersuchungen angestellt. Da Augsburg drohte, die Untersuchungen publik zu machen, wurde er mit Rücksicht auf einen möglichen öffentlichen Skandal im Dienstverhältnis des BND belassen. Erst 1968 konnte er wegen unkorrekt abgerechneten Operativgeldern aus dem BND entlassen werden.[10] Während seiner Geheimdiensttätigkeit führte Augsburg die Aliasnamen Althaus und Alberti. Seine Geheimdienstakte wurde später von den National Archives in Washington, D.C. freigegeben.[11]

Augsburg als Spiegel-Informant und CIC-Mann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lutz Hachmeister wirft dem Spiegel des Jahres 1949 vor, auf Grund seiner dominierenden Redaktionsbesetzung mit SS- und SD-Leuten auch den Massenmördern und nachmaligen CIC-Agenten Klaus Barbie und Augsburg eine öffentliche Plattform gegeben zu haben[12]

„In dem (Artikel) sollte ein gewisser Walter Hirschfeld, ein sogenannter Verräter aus den Reihen der SS, bloßgestellt werden, weil er "alte Kameraden" ans Messer geliefert hat. Es besteht kein Zweifel, dass nur Barbie und der an den Massenmorden in der Sowjetunion beteiligte SD-Mann Emil Augsburg in ihrer Eigenschaft als CIC-Agenten an die Akten herankommen konnten, die der "Spiegel" in dem Hirschfeld-Artikel mit großer Akribie referierte.“

Lutz Hachmeister

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lutz Hachmeister: Heideggers Testament. Der Philosoph, der 'Spiegel' und die SS. 2. Auflage. Propyläen, Berlin 2014, ISBN 978-3-549-07447-3 (S. 132 ff. zur Beziehung zwischen Klaus Barbie, Emil Augsburg und dem "Spiegel").
  • Werner Schroeder: „ … eine Fundgrube der Schrifttumsinformation“. Die Leipziger „Arbeitsstelle für Schrifttumsbearbeitung beim Sicherheitshauptamt (SD)“ und die „SD-Verbindungsstelle an der Deutschen Bücherei“. In: Monika Gibas, Cornelia Briel, Petra Knöller: „Arisierung“ in Leipzig. Annäherung an ein lange verdrängtes Kapitel der Stadtgeschichte der Jahre 1933 bis 1945. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2007, ISBN 978-3-86583-142-2.
  • Jefferson Adams: Augsburg, Emil. In: Historical dictionary of German intelligence. (= Historical dictionaries of intelligence and counterintelligence. Bd. 11). Scarecrow Press, Plymouth 2009 ISBN 978-0-8108-5543-4.
  • Michael Wasmund: Emil Augsburg. In: Michael Fahlbusch, Ingo Haar, Alexander Pinwinkler (Hrsg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Akteure, Netzwerke, Forschungsprogramme. Unter Mitarbeit von David Hamann. 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Bd. 1, De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2017, ISBN 978-3-11-042989-3, S. 60–61.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 21.
  2. a b c Werner Schroeder: „ … eine Fundgrube der Schrifttumsinformation“. Die Leipziger „Arbeitsstelle für Schrifttumsbearbeitung beim Sicherheitshauptamt (SD)“ und die „SD-Verbindungsstelle an der Deutschen Bücherei“. In: Monika Gibas, Cornelia Briel, Petra Knöller: "Arisierung" in Leipzig: Annäherung an ein lange verdrängtes Kapitel der Stadtgeschichte der Jahre 1933 bis 1945. Leipzig 2007, S. 120f.
  3. a b Bernd Stöver: Die Befreiung vom Kommunismus: amerikanische Liberation Policy im Kalten Krieg 1947–1991, Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2002, ISBN 3-412-03002-3, S. 134
  4. Rudolf Augstein: Ein Leben für Deutschland, München 2002, ISBN 3-426-27253-9, S. 269
  5. Jefferson Adams: Augsburg, Emil, in: Historical dictionary of German intelligence. (Historical dictionaries of intelligence and counterintelligence 11) Plymouth: Scarecrow Press 2009 ISBN 978-0-8108-5543-4, S. 15f
  6. a b Werner Schroeder: „ … eine Fundgrube der Schrifttumsinformation“. Die Leipziger „Arbeitsstelle für Schrifttumsbearbeitung beim Sicherheitshauptamt (SD)“ und die „SD-Verbindungsstelle an der Deutschen Bücherei“. In: Monika Gibas, Cornelia Briel, Petra Knöller: "Arisierung" in Leipzig : Annäherung an ein lange verdrängtes Kapitel der Stadtgeschichte der Jahre 1933 bis 1945, Leipzig 2007, S. 146
  7. Bundesarchiv R 9361-III/514944
  8. Emil Augsburg auf www.dws-xip.pl
  9. Merkt euch den Namen Hirschfeld. Getrunken haben die andern. In: Der Spiegel, Ausgabe 53 vom 29. Dezember 1949, S. 7f.
  10. Ulrich Chaussy : Mein Name ist: BND (Memento vom 8. Juni 2012 im Internet Archive), Bayerischer Rundfunk 2011, S. 12
  11. Richard Breitman: Historical Analysis of 20 Name Files from CIA Records, April 2001
  12. in Die Tageszeitung 12. März 2014, S. 11, unter Bezug auf Publikationen von Kenneth Alford und Theodore Savas. "Alte Kameraden" heißt hier mitmordende SS-Leute