Florian Lechner (Künstler)

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Florian Lechner (2011) bei der Bearbeitung einer Stele aus Schmelzglas mit Hammer und Meißel
Glasfarbenspiel: Gläserne, kinetische Turmskulptur von Florian Lechner auf dem Dach der Farbenwerke Wunsiedel

Florian Lechner (* 8. Juni 1938 in München) ist ein deutscher Künstler und Designer. Seit den 1960er-Jahren arbeitet er mit Glas sowie experimentell mit den Medien Licht – Klang – Bewegung. Arbeiten des Künstlers finden sich in der Architektur (Ettal, Frankfurt, London, München, Rouen, Rosenheim). Ausstellungen und Auszeichnungen (Deutsche Studienstiftung, Exemplapreis München, Prix de Creation Chartres, Fragile Art Prize Woodinville/Seattle, Kulturpreis Rosenheim, A’ Design Award Como/Italien) markieren seinen künstlerischen Werdegang. Florian Lechner lebt und arbeitet im oberbayerischen Nußdorf am Inn.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Florian Lechner wurde als Sohn des Komponisten Konrad Lechner (zunächst Leiter des Münchener Bachvereins sowie 1. Dirigent der Bamberger Symphoniker) und der Cembalistin Irmgard Lechner (Musikerin und Professorin an der Musikakademie Detmold) geboren. Bedingt durch die beruflichen Anforderungen seiner Eltern wuchs er an unterschiedlichen Orten in Bayern und Österreich auf, bis er 1950 als Schüler in der Schule Schloss Neubeuern eine Heimat fand.[2]

Nach seinem Schulabschluss nahm der an Musik, Kunst und Architektur gleichermaßen interessierte Lechner das Studium der Kunsterziehung an der Werkakademie Kassel (später: Kunsthochschule Kassel) bei Fritz Winter auf. In diesem Zusammenhang reiste er 1958 nach Frankreich, um bei Joseph Lacasse in Paris Malerei zu studieren. Lacasse, der für Lechner sowohl Lehrer als auch väterlicher Freund war, eröffnete ihm dort eine neue Welt und konfrontierte ihn mit dem Thema „Licht“.[3]

Auf Anraten von Lacasse unternahm Lechner eine studentische Pilgerreise nach Chartres, wo ihm in der Kathedrale von Chartres ein Schlüsselerlebnis widerfuhr, das von nun an seinen Weg und sein Arbeiten prägte: Durch die im 12. Jahrhundert kunstvoll gestalteten Fenster der Kathedrale „zauberte“ das Sonnenlicht einen leuchtend-farbigen Lichtteppich in den Raum und auf die Menschen. Die gläserne Haut der Fenster scheint selbst zur Lichtquelle zu werden. Sie materialisiert das Licht – womit die Essenz der lechnerschen Lichtforschung auf den Punkt gebracht ist: das „Materialisierte Licht“.[4]

1961 schloss er das Studium an der Werkakademie in Kassel mit Auszeichnung ab.

Seine Vision des materialisierten Lichts weiter verfolgend, entwickelte er in Holland mit Floris van Tetterode das sog. „Schmelzglas“, mit dem es erstmals möglich war, diaphane Wände ohne Beton oder Bleiruten zu bauen.[5] Auf dieser Technik beruhend entstanden in den Folgejahren eine Vielzahl von Werken, viele davon im Rahmen von Projekten in ganz Europa. Ende der 60er Jahre verlegte Lechner seinen räumlichen Schwerpunkt wieder nach Neubeuern. Neben seiner Arbeit als freischaffender Künstler nahm er auf Initiative des Schuldirektors die Tätigkeit des außerschulischen „Kunstvermittlers“ in Schloss Neubeuern auf, wo er 1967 das weltweit erste „Glasstudio für Schüler“ einrichtete.

Dem größer werdenden Raumbedarf für Werke und Aufträge folgend, zog Lechner 1980 nach Urstall bei Nußdorf am Inn. Dort richtete er auf dem Gelände einer ehemaligen Fabrik ein Atelier ganz nach seinen Anforderungen ein. Zentrales Element des Ateliers sind seine selbst konstruierten Öfen, in denen er auch die großformatigen Gläser für Projekte wie z. B. den Brunnen im Innenhof der Bayerischen Landesbank München[6] fertigt.

Lechner nutzte die Weitläufigkeit des Ateliers und erarbeitete in Urstall seine persönlichen Dimensionen von Glas: Licht – Raum – Klang. Diese macht er erlebbar, indem er sein Atelier nicht nur als Werkhalle und Ausstellungsfläche,[7] sondern immer wieder auch als Konzertbühne für eigene Aufführungen und die befreundeter Künstler nutzt.[8]

Im Sommer 2019 wurde Florian Lechners Skulptur COSMOS in Como/Italien mit dem renommierten „A Design Award“[9] ausgezeichnet. Im November 2019 eröffnete Lechner in Nußdorf am Inn seinen Galerieladen,[10] der nicht nur erweitertes Schaufenster seines Ateliers, sondern auch Raum für Begegnungen und Aktionen ist.[11]

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Glaskünstler zeigte Florian Lechner, dass thermogeformtes Industrieglas die Herstellung von Glasmalereien, Skulpturen und monumentalen Werken wie Glasfontänen und Säulen unterstützen kann.[12] Lechner wurde als einer der bekanntesten und meistgefragten Glaskünstler Europas charakterisiert.[13] Als einer von dessen Meistern ermutigte er den Glaskünstler Udo Zembok, in diese Richtung zu gehen.[12]

Meinung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lechner sieht das Erbe der Glasfenster der Kathedrale von Chartres akut in Gefahr.[14] Die neue Außenschutzverglasung zerstöre das Lichtspiel in der Kathedrale, das die Wirkung der Fenster erst ausmache.[15] Zusammen mit dem Glaskünstler Udo Zembok wandte sich Lechner mit seiner Kritik auch an die Fachgremien der UNESCO in Paris, um Untersuchungen hierüber zu erwirken und weitere sakrale Bauten vor entsprechenden Eingriffen zukünftig zu schützen.[15]

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Projekte (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Schmitt (Hrsg.): Florian Lechner und Glas – Florian Lechner and glass. Mit DVD Florian Lechner Sequenzen 1987–2012. Arnoldsche Art Publishers. Stuttgart 2013, ISBN 978-3-89790-371-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Florian Lechner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Julia Lorenzer und Fabian Marcher: 111 Orte in Rosenheim und im Inntal, die man gesehen haben muss. Emons Verlag, ISBN 978-3-86358-929-5.
  2. Sommerfest 2017. Abgerufen am 29. Dezember 2019. auf schloss-neubeuern.de
  3. „Des Grenzgängers Glück mit Glas“. In: Oberbayerisches Volksblatt. 8. Juni 2013, abgerufen am 1. Januar 2020.
  4. Film: Anscheinend Glas. Abgerufen am 30. Dezember 2019.
  5. Peter Schmitt u. a. (Hrsg.): Florian Lechner und Glas. Arnoldsche, ISBN 978-3-89790-371-5.
  6. a b Des Grenzgängers Glück mit Glas. auf ovb-online.de, abgerufen am 3. Januar 2019.
  7. Glass is more, Veranstaltungshinweis „Glas+Form“. Abgerufen am 1. Dezember 2019.
  8. Werkstattkonzert Urstall Juni 2006. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  9. a b A' Design Award 2019 Winners. Abgerufen am 28. Dezember 2019.
  10. „Die Hitze des Backofens verbindet sich mit Glas“. In: Oberbayerische Volkszeitung. 3. Dezember 2019, abgerufen am 4. Dezember 2019.
  11. Nußdorfer Gemeindeanzeiger. Nr. 4 / 2019, S. 44 f.
  12. a b Portrait Udo Zembok. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  13. a b Einer der gefragtesten Glaskünstler Europas. In: ovb-online-de. Abgerufen am 1. Dezember 2023.
  14. David A. Scott: Art: Authenticity, Restoration, Forgery. The Cotsen Institute of Archaeology Press, Los Angeles, ISBN 978-1-938770-08-1, S. 110 f.
  15. a b Protokoll Herbstsitzung Dt. Glastechnische Gesellschaft 2014. (PDF) Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  16. a b Über St. Petrus Canisus. Abgerufen am 27. Dezember 2019.
  17. New Glass Review 2. (PDF) Abgerufen am 1. Dezember 2019.
  18. Glasbrunnen. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  19. Geschichte des Ignaz-Günther-Gymnasiums. Archiviert vom Original am 29. Dezember 2019; abgerufen am 29. Dezember 2019.
  20. New Glass Review 4. (PDF) Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  21. Ausstellungskatalog zum 2. Coburger Glaspreis. S. 10 f.
  22. Kunst am Bau Rosengarten Coburg. (PDF) Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  23. New Glass Review 11. (PDF) Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  24. Geistige Aspekte in der Materie Glas. (PDF) In: Stadtarchiv Rosenheim. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  25. Kunst auf dem Campus: die Sonnenscheibe. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  26. Baugeschichte des Maximilianeums. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  27. Kulturpreis 2009 – Zwei seltene Auszeichnungen. In: Münchner Merkur. 19. Dezember 2009 .
  28. Michael Kubitza: Tot in München. Pustet, ISBN 978-3-7917-6019-3.
  29. Christoph Wagner (Hrsg.): Kunst auf dem Campus. ISBN 978-3-86845-030-9.
  30. Metro of Rouen. Abgerufen am 17. Dezember 2019.
  31. Homepage des Bay. Landtags. Abgerufen am 27. Dezember 2019.
  32. "Flughafenkapelle in neuem Glanz". In: Münchner Merkur. Abgerufen am 17. Dezember 2019.
  33. "25 Jahre Christophoruskapelle". In: MK-Online. Abgerufen am 16. Dezember 2019.
  34. "Dem Haus das Heil geschenkt" in Oberbayerisches Volksblatt vom 15.12.2011. 15. Dezember 2011, abgerufen am 4. Dezember 2019.
  35. "Heilig-Kreuz-Kirche in Bonn-Limperich". In: Kultur.Landschaft.Digital. Abgerufen am 13. Dezember 2019.
  36. Generalanzeiger Bonn: Denkmäler in Beuel : Eine Burg diente als Vorbild
  37. Architekten Claus und Forster Projektbericht Kloster Ettal. Abgerufen am 29. Dezember 2019.
  38. Rudolf Steger: Entwurfsatlas Sakralbau. Birkhäuser, ISBN 978-3-7643-6683-4, S. 130 f.
  39. Peter Schmitt u. a. (Hrsg.): Florian Lechner und Glas. Arnoldsche, ISBN 978-3-89790-371-5.
  40. Greifbares Licht, Süddeutsche vom 9./10. April 2020, abgerufen am 20. April 2020.