Georg von Yorry

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Georg Friedrich Wilhelm Karl Julius Ernst von Yorry GCVO (* 11. April 1870 in Neustrelitz; † 21. September 1956 in Bischofswiesen) war ein deutscher Offizier und Hofbeamter. Yorry war der letzte Hofmarschall von Mecklenburg-Strelitz.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Georg von Yorry stammte aus einer adligen Offiziersfamilie, die irischen Ursprungs sein soll und deren Mitglieder seit dem 18. Jahrhundert in hannoverschen und preußischen Diensten standen.[1] Er war ein Sohn des Majors Leopold von Yorry (auch Jorry, * 1823; † 1879 in der Mendelssohnschen Privat-Irrenanstalt in Pankow), Adjutant von Herzog Georg zu Mecklenburg (1824–1876)[2], und dessen Frau Marie, geb. von Petersdorff (* 1837 in Friedeberg (Neumark); † 1914 in Neustrelitz)[3], einer Schwester des Generals Ernst von Petersdorff.[4]

Nach dem frühen Tod seines Vaters wurde Georg von Yorry in die Kadettenanstalt in Berlin gegeben. Aus dem Kadettenkorps wurde er 1889 mit Beförderung zum Sekondeleutnant in das 1. Großherzoglich Mecklenburgisches Dragoner-Regiment Nr. 17 in Ludwigslust überwiesen.[5] Im Dezember 1896 wurde er à la suite gestellt, um dem Herzog Paul Friedrich zu Mecklenburg [-Schwerin] als Hofchef zu dienen.[6] Im September 1897 erfolgte seine Beförderung zum Premierleutnant. Nach einer kurzen Verwendung im 2. Hannoverschen Dragoner-Regiment Nr. 16 kam er 1900 zum 1. Garde-Dragoner-Regiment „Königin Viktoria von Großbritannien und Irland“ in Berlin. Am 29. Mai 1903 wurde er in diesem Regiment Rittmeister und Eskadron-Chef.[7] In Berlin war von Yorry Mitglied im Brieftaubenverein Pfeil und setzte sich für die militärische Verwendung der Brieftauben ein.[8]

Herrenhaus Mühlenhof (1908)

Am 21. Juli 1906 wurde ihm der Abschied bewilligt.[9] 1907 erwarb er das Herrenhaus Mühlenhof in Altthymen, Landkreis Templin (heute Ortsteil von Fürstenberg/Havel). In den folgenden Jahren stiftete er zusammen mit seiner Frau der Kirche von Altthymen (seit 1945 Ruine) unter anderem eine Altarbibel und Paramente.[10]

1909 trat er als Kammerherr der Großherzogin Elisabeth in den Hofdienst von Mecklenburg-Strelitz.[11] 1911 verkaufte er das Gut Mühlenhof an Major a. D. Graf Arthur von Bernstorff (1873–1949) und seine Frau Clara, geb. Stollwerck (1879–1968), und zog ganz nach Neustrelitz, wo er mit seiner Familie im Lüheschen Palais[12] (Tiergartenstraße 19) wohnte.

Tiergartenstraße 19, Neustrelitz (um 1920)[13]

Am 17. November 1913 ernannte ihn Großherzog Adolf Friedrich V. zum Hofmarschall.[14] Dies bedeutete eine deutliche Verjüngung des Hofmarschallamtes. Dem Hofmarschallamt unterstanden neben der Hofhaltung im Schloss Neustrelitz auch das Hoftheater und die Hofkapelle. Als Mitglied des Hofbauamts war er außerdem für den Bau des Großherzoglichen Parkhauses für den Erbgroßherzog mitverantwortlich. Als dieser als Adolf Friedrich VI. 1914 die Regierung antrat, behielt er von Yorry als Hofmarschall und engen Vertrauten. Er sandte ihn kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach London, um dem britischen Königshaus offiziell die Mitteilung vom Thronwechsel zu überbringen. Am 23. Juni 1914 wurde von Yorry von König Georg V. empfangen.[15]

1917 engagierte sich Georg von Yorry bei der Gründung der Deutschen Vaterlandspartei in Mecklenburg.[16]

Die letzte Amtshandlung des Hofmarschalls von Yorry war die Leitung der Trauerfeierlichkeiten nach dem Tod des Großherzogs, wahrscheinlichlich durch Suizid, Ende Februar 1918.[17][18]

Georg von Yorry war seit 1901 verheiratet mit Sibylle, geb. Freiin von Zedtwitz (* 8. November 1879 in Münster; † 30. Januar 1959 in Bischofswiesen, Ortsteil Strub).[19] Die Ehe blieb kinderlos. Sibylle von Yorry war in vielen Wohlfahrtseinrichtungen und dem Roten Kreuz aktiv. 1915 erhielt sie das Kreuz für Auszeichnung im Kriege für Frauen.[20] Die gemeinsame Grabstätte des Ehepaars ist auf dem Alten Friedhof in Berchtesgaden.[21][22]

Haus Hubertus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Georg von Yorry war nach dem Ende der Hofhaltung in Neustrelitz durch den Tod des Großherzogs und die Novemberrevolution 1918 ohne Stellung. Er verließ Mecklenburg und verbrachte seinen Ruhestand mit seiner Frau in Bischofswiesen, wo sie 1917 im Ortsteil Strub unweit von Berchtesgaden das Haus Hubertus erworben hatten. Dabei handelte es sich um einen zweigeschossigen Schopfwalmdachbau mit rustizierten Pfeilern, westlichem Standerker, zweiseitig umlaufender Laube und Giebellaube im alpenländischen Stil, der nach Plänen des Baugeschäfts Baumann 1898/99 erbaut worden war. Yorrys gestalteten das Haus 1928 grundlegend um und fügten einen östlichen Erweiterungsbau mit Wintergarten an.[23]

Am 1. Januar 1932 wurden Georg und Sibylle von Yorry Mitglieder der NSDAP.[24] Georg von Yorry war Kulturwart der Ortsgruppe Berchtesgaden-Bischofswiesen und ab 1934 Kreishauptstellenleiter für Kultur. Ende 1932 gründete er die „Vaterländische Freilicht-Spiele Dietrich-Eckart-Bühne e.V.“ und ließ dafür auf seinem großen Grundstück eine Freilichtbühne mit 1500 Sitzplätzen errichten. Die Eröffnung fand am 15. Juli 1933 mit einer Aufführung des nationalsozialistischen Dramas Schlageter von Hanns Johst statt. Schon 1935 wurden die nur schlecht besuchten Aufführungen eingestellt.[25]

Mauerkircherstr 5 in Bogenhausen

In diesem Jahr stellte das Ehepaar von Yorry, beide „offensichtlich überzeugte Nationalsozalisten“[26], sein 10 Hektar großes Anwesen dem Jugendherbergswerk zur Schaffung der Adolf-Hitler-Jugendherberge zur Verfügung. Dafür erhielten sie lebenslanges Wohnrecht in 4 Zimmern des Hauses Hubertus und eine großzügige mietfreie Stadtwohnung in einem vom Jugendherbergswerk angekauften Haus in der Mauerkircherstr. 5 in München-Bogenhausen.[27] Wegen der „Prestigeträchtigkeit“[28] des Projekts, das seinerzeit nur etwa sechs Kilometer vom Führersperrgebiet Obersalzberg entfernt lag, wurde der 1936 eingeweihte Bau zu einem bevorzugten Objekt mit Vorbildcharakter. Ab 1938 sollte die Jugendherberge auf 1000 Plätze stark erweitert und damit, so die zeitgenössische Berichterstattung, „die größte Jugenherberge der Welt“ werden.[29] Nur ein Teil der Erweiterungsbauten wurde vor Beginn des Zweiten Weltkriegs fertig. Die Jugendherberge ist als Jugendherberge Berchtesgaden im Wesentlichen, wenn auch teilweise umgebaut, bis heute erhalten. Das Haus Hubertus musste, obwohl unter Denkmalschutz stehend, 2022 „aus statischen Gründen“ abgerissen werden.[23] Auf seiner Fläche soll ein neuer Zentralbau der Jugendherberge entstehen.[30]

Nachlass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sibylle von Yorry, die ihren Mann um drei Jahre überlebte, schenkte zwischen 1957 und 1959 dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg ein großes Konvolut aus Kunsthandwerk, Textilien und Gemälden. Der Nachlass von Georg und Sibylle von Yorry wird im Historischen Archiv des Germanischen Nationalmuseums verwahrt.[31]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eva Kraus: Die »Adolf-Hitler-Jugendherberge« in Berchtesgaden. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 70 (2007) Digitalisat, S. 887–910, bes. S. 893ff

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Leopold von Zedlitz-Neukirch: Neues Preussisches Adels-Lexicon. Band 5: Supplement, Leipzig: Reichenbach 1842, S. 488
  2. Grossherzoglich Mecklenburg-Strelitzscher Offizieller Anzeiger 1866, S. XV
  3. Nach den Sterbeeinträgen via ancestry.com
  4. Das Germanische Nationalmuseum besitzt aus dem Nachlass von Georg von Yorry Porträts des Ehepaars Leopold von Yorry und Marie von Yorry, geb. von Petersdorff, von Georg Kannengießer (Bildnis des Leopold von Yorry (Gm1607) in der Museums-Datenbank; Bildnis der Marie von Jorry, geb. von Petersdorff (Gm1605) in der Museums-Datenbank)
  5. Regierungsblatt für Mecklenburg-Schwerin 1889, S. 65
  6. Mecklenburg-Schwerinsches Staatshandbuch 1897, S. 34
  7. Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. Königlich Württembergischen Armeekorps 1906, S. 330
  8. Vgl. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin 1901, S. 49
  9. Liste der verabschiedeten Generale, Stabsoffiziere und Hauptleute der Konigl. Preuss. Armee. Berlin 1913, S. 182
  10. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin. 1909, S. 264
  11. Grossherzoglich Mecklenburg-Strelitzscher Offizieller Anzeiger 1909, S. 53
  12. Das stadtbekannte spätbarocke Wohnhaus wurde benannt nach Rudolph von der Lühe (1824–1881), Großherzoglich mecklenburg-strelitzscher Oberhofmeister und Kammerherr.
  13. Portikus und Säulen – eine Zutat von Buttel – wurden im Zuge einer Straßenverbreiterung 1971 entfernt, was in Neustrelitz zum Politikum wurde.
  14. Grossherzoglich Mecklenburg-Strelitzscher Offizieller Anzeiger 1913, S. 377
  15. The London Gazette 1914, S. 5865
  16. Deutsche Vaterlands-Partei Jugend 1917, S. 912
  17. Zum Gedächtnis Großherzogs Adolf Friedrich VI. von Mecklenburg-Strelitz. In: Die Mecklenburgische Heimat. 11. Jahrgang (1918), S. 33–38.
  18. Siehe auch die Abbildung Hofmarschall von Yorry geleitet den von der Dienerschaft des Großherzogs getragenen Sarg aus der Schloßkirche nach dem Leichenwagen in Die Woche: moderne illustrierte Zeitschrift 1918, S. 240
  19. Yorry, Sibylle von bei gmd.prvenienz, abgerufen am 20. März 2024
  20. Grossherzoglich Mecklenburg-Strelitzscher Offizieller Anzeiger 1915, S. 914
  21. Repräsentatives Landhaus in der Alpenregion, Foto des Grabsteinsockels von Georg und Sibylle von Yorry aus dem Artikel des Berchtesgadener Anzeigers vom 10. Juni 2023, online unter berchtesgadener-anzeiger.de
  22. Alfred Spiegel-Schmidt: Alter Friedhof oder Friedhof am Anger in Berchtesgaden, PDF, S. 7 von 14 Seiten, online unter heimatkundeverein-berchtesgaden.de.
  23. a b Repräsentatives Landhaus in der Alpenregion, Berchtesgadener Anzeiger vom 9. Juli 2023, abgerufen am 22. März 2024
  24. Eva Kraus: Die »Adolf-Hitler-Jugendherberge« in Berchtesgaden. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 70 (2007), S. 887–910, hier S. 893
  25. Alfred Spiegel-Schmidt: Der Markt Berchtesgaden im Dritten Reich
  26. Eva Kraus: Die »Adolf-Hitler-Jugendherberge« in Berchtesgaden. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 70 (2007), S. 887–910, hier S. 894
  27. Zu den Verhandlungen siehe Eva Kraus: Die »Adolf-Hitler-Jugendherberge« in Berchtesgaden. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 70 (2007), S. 887–910, bes. S. 893ff
  28. Eva Kraus: Die »Adolf-Hitler-Jugendherberge« in Berchtesgaden. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 70 (2007), S. 887–910, hier S. 896
  29. Berchtesgadener Anzeiger vom 7. Mai 1938, zitiert nach Eva Kraus: Die »Adolf-Hitler-Jugendherberge« in Berchtesgaden. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 70 (2007), S. 887–910, hier S. 904
  30. Wird die Jugendherberge modernisiert?, Berchtesgadener Anzeiger vom 22. März 2023, abgerufen am 22. März 2024
  31. Yoory, Sibylle von in der Provenienz-Datenbank des Museums
  32. Orden und ihre Reihenfolge nach Hof- und Staats-Handbuch des Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz. 1915, S. 17, 63
  33. Grossherzoglich Mecklenburg-Strelitzscher Offizieller Anzeiger 1915 S. 914
  34. Kongelig dansk hof- og statskalender, 1905, S. 193