Hoxhaismus

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Enver Hoxha 1971

Der Hoxhaismus ist eine Variante des sogenannten antirevisionistischen Marxismus-Leninismus, die sich in den späten 1970er Jahren aufgrund einer Spaltung der maoistischen Bewegung entwickelte und nach dem ideologischen Streit zwischen der Kommunistischen Partei Chinas und der Partei der Arbeit Albaniens[1] 1978 entstand.[2] Die Ideologie ist nach Enver Hoxha benannt, der von 1944 bis 1985 diktatorischer Herrscher der Sozialistischen Volksrepublik Albanien und Erster Sekretär der Partei der Arbeit Albaniens war.

Übersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hoxhaismus grenzt sich durch eine strikte Verteidigung des Erbes Josef Stalins, der Sowjetunion unter dem Stalinismus[3] und heftiger Kritik an praktisch allen anderen – sich entwickelnden – kommunistischen Ideologien als „revisionistisch“ ab – er definiert Strömungen wie den Eurokommunismus als antikommunistische Bewegungen.[4]

Enver Hoxha, der die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion, China und Jugoslawien besonders kritisierte, bezeichnete sie als „sozialimperialistisch“ und verurteilte die sowjetische Invasion der Tschechoslowakei 1968, bevor er Albanien als Reaktion aus dem Warschauer Pakt zurückzog. Der Hoxhaismus postuliert das Recht der Nationen, den Sozialismus auf unterschiedlichen Wegen zu verfolgen, basierend auf den jeweiligen Bedingungen in den einzelnen Ländern, wobei Hoxha persönlich die Ansicht vertrat, dass der Titoismus in seiner Praxis „antimarxistisch“ sei.[4][5]

Ein Merkmal des Hoxhaismus war, dass Albanien 1967 zum ersten atheistischen Staat der Welt erklärt wurde.[6]

Den Albanern gelang es, ideologisch einen großen Teil der Maoisten zu gewinnen, vor allem in Lateinamerika (wie die Volksbefreiungsarmee, die marxistisch-leninistische Kommunistische Partei Ecuadors sowie die Revolutionäre Kommunistische Partei Brasiliens[7]).

Nach dem Fall der Sozialistischen Volksrepublik Albanien 1990 gruppierten sich die hoxhaistischen Parteien um eine 1994 gegründete internationale Konferenz und die Veröffentlichung Einigkeit und Kampf.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Besonders kritisiert wird der Personenkult, der um Hoxha entwickelt wurde, was ihn zu einem „albanischen Stalin“ machte, was von Befürwortern jedoch zurückgewiesen wird.[8] Viele sehen im Hoxhaismus den bloßen Versuch Enver Hoxhas, dem Stalinismus sein Gesicht aufzudrücken.

Zudem wurden in Albanien ein allgemeines Religionsverbot verhängt und Albanien am 6. Februar 1967 zum ersten und einzigen atheistischen Staat der Welt erklärt. Die staatlich indoktrinierte Ideologie, oft als „Albanertum“ institutionalisiert, nahm die Rolle einer „Ersatzreligion“ ein.

Die brutale Verfolgung aller Andersdenkender durch das staatliche Regime und das Fehlen jeglicher rechtsstaatlicher Prinzipien führte zu unzähligen Opfern. Tausende von Menschen wurden vom System getötet, darunter auch Politiker aus den höchsten Kadern. Zehntausende wurden verfolgt. Ein funktionierendes Justizwesen wurde, da angeblich unnötig, abgeschafft. Politische Gefangene mussten unter unmenschlichen Bedingungen in Bergwerken und für verschiedenste Infrastrukturprojekte und Bauprojekten arbeiten. Familien wurden für die Verfehlungen einzelner zur Rechenschaft gezogen, beispielsweise in abgelegene Gebiete verbannt ohne Möglichkeiten, eine höhere Ausbildung zu absolvieren. Die Vertreter des Regimes zeigten nie ein Unrechtsbewusstsein für die Gräueltaten des Hoxhaismus.[9][10]

Liste hoxhaistischer Parteien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele der folgenden Parteien traten und treten nie zu Wahlen an und wenn, dann meist erfolglos und hatten beziehungsweise haben als Splittergruppen nur wenige Mitglieder und kaum öffentliche Aufmerksamkeit. Als einzige Ausnahme davon kann die Kommunistische Partei Brasiliens PCdoB genannt werden. Viele der Albanien zugewandten Gruppierungen waren in ideologische Machtkämpfe verfallen, mit Spaltungen oder Auflösungen als Folge. Die albanischen Medien stellten sie oft als viel bedeutender dar, als dies der Wirklichkeit entsprach.[11]

Aktiv[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Albanien: Albanische Kommunistische Partei, ideologische Nachfolgerin der Partei der Arbeit Albaniens
  2. Benin: Kommunistische Partei Benins, Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei Benins
  3. Bolivien: Revolutionäre Kommunistische Partei
  4. Brasilien: Revolutionäre Kommunistische Partei
  5. Burkina Faso: Voltaische Revolutionäre Kommunistische Partei
  6. Chile: Chilenische Kommunistische Partei (Proletarische Aktion) (Partido Comunista Chileno (Acción Proletaria))
  7. Dänemark: Kommunistische Arbeiterpartei
  8. Dominikanische Republik: Kommunistische Partei der Arbeit
  9. Elfenbeinküste: Revolutionary Communist Party of Côte d'Ivoire
  10. Ecuador: Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei Ecuadors (Gruppe der Volkskämpfer) (Partido Comunista Marxista Leninista del Ecuador)
  11. Frankreich: Kommunistische Arbeiterpartei Frankreichs
  12. Griechenland: Bewegung zur Neuorganisation der Kommunistischen Partei Griechenlands 1918–1955
  13. Indien: Kommunistische Ghadar-Partei Indiens
  14. Iran: Labour Party of Iran
  15. Italien: Kommunistische Plattform
  16. Kanada: Kommunistische Partei Kanadas (Marxistisch-Leninistisch) (Communist Party of Canada (Marxist-Leninist))
  17. Kolumbien: Kommunistische Partei Kolumbiens (Marxistisch-Leninist), Volksbefreiungsarmee (Guerillagruppe)
  18. Mali: Malische Partei der Arbeit
  19. Mexiko: Kommunistische Partei Mexikos (Marxistisch-Leninist)
  20. Nicaragua: Marxistisch-leninistische Volksaktionsbewegung
  21. Spanien: Kommunistische Partei Spaniens (marxistisch-leninistisch), Marxistisch-Leninistische Partei (Kommunistischer Wiederaufbau)
  22. Togo: Kommunistische Partei Togos
  23. Tunesien: Arbeiterpartei
  24. Türkei: Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei (Türkiye Devrimci Komünist Partisi), Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (Marksist Leninist Komünist Parti)
  25. Venezuela: Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei Venezuelas, Rote-Flagge-Partei
  26. Vereinigtes Königreich: Revolutionäre Kommunistische Partei Großbritanniens (Marxistisch-Leninistisch) (Revolutionary Communist Party of Britain (Marxist-Leninist))
  27. Vereinigte Staaten: Partei der Arbeit Amerikas, U.S. Marxistisch-leninistische Organisation

Historisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Albanien: Partei der Arbeit Albaniens (Partia e Punës e Shqipërisë)
  2. Äthiopien: Marxistisch-Leninistische Liga von Tigray, Volksbefreiungsfront von Tigray, Äthiopische Volksrevolutionäre Demokratische Front
  3. Bolivien: Kommunistische Partei (Marxistisch-Leninistisch) Boliviens
  4. Dänemark: Kommunistische Partei Dänemarks/Marxisten-Leninisten
  5. Deutschland: Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten, Kommunistische Partei Deutschlands (Roter Morgen)
  6. Färöer: Fortschritt für die Inseln (Marxistisch-Leninistisch)
  7. Griechenland: Organisation der Kommunisten und Marxisten-Leninisten von Griechenland
  8. Island: Kommunistische Einheit (Marxistisch-Leninistisch)
  9. Irland: Kommunistische Partei Irlands (Marxistisch-Leninist) (Communist Party of Ireland (Marxist-Leninist))
  10. Italien: Organisation der Kommunistischen Partei des Proletariats Italiens
  11. Japan: Japanische Kommunistische Partei (Linke Fraktion)
  12. Neuseeland: Kommunistische Partei Neuseelands
  13. Niederlande: Arbeiterpartei der Niederlande (Aufbauorganisation)
  14. Norwegen: Kommunistische Arbeiterliga, Marxistisch-Leninistische Liga, Marxistisch-Leninistische Gruppenrevolution
  15. Portugal: Kommunistische Partei (Neugründung)
  16. Schweden: Kommunistische Partei Schwedens
  17. Spanien: Kommunistische Partei Spaniens (Marxistisch-Leninistisch)
  18. Suriname: Kommunistische Partei Surinames
  19. Trinidad und Tobago: Kommunistische Partei von Trinidad und Tobago
  20. Türkei: Kommunistische Partei der Türkei/Marxistisch-Leninist – Bewegung
  21. Venezuela: Rote-Flagge-Partei
  22. Vereinigtes Königreich: Communist League of Great Britain
  23. Vereinigte Staaten: Revolutionäre Organisation der Arbeit, Marxistisch-Leninistische Partei, Black Panther Party

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Selected Works, February 1966 – July 1975. In: marxists.org. Abgerufen am 18. März 2021.
  2. Communism for Know-It-Alls. Filiquarian Publishing, 2008, S. 23.
  3. Geoffrey Pridham: The Dynamics of Democratization: A Comparative Approach. Bloomsbury Publishing, 2000, S. 70.
  4. a b Enver Hoxha: Eurokommunismus ist Antikommunismus. Verlag Roter Morgen, Dortmund 1980.
  5. Red Star Vanguard: A Brief Guide to Hoxhaism. In: Red Star Vanguard. 11. Juni 2011, abgerufen am 18. März 2021 (englisch).
  6. David M. Walker: Historical dictionary of Marxism. 2. Auflage. Rowman & Littlefield, Lanham 2014, ISBN 978-1-4422-3798-8, S. 194 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. História – Partido Comunista Revolucionário. Abgerufen am 18. März 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  8. Red Star Vanguard: A Brief Guide to Hoxhaism. In: Red Star Vanguard. 11. Juni 2011, abgerufen am 19. April 2021 (englisch).
  9. Christine von Kohl: Albanien (= Beck'sche Reihe Länder. BsR 872). C. H. Beck, München 1998, ISBN 978-3-406-39872-8, Ideologie und Gewalt, S. 115 ff.
  10. Christiane Jaenicke: Albanien ein Länderporträt. Ch. Links, Berlin 2019, ISBN 978-3-96289-043-8, Onkel Enver – der »geliebte« Diktator, S. 51 ff.
  11. Michael Schmidt-Neke: Politisches System. In: Klaus-Detlev Grothusen (Hrsg.): Albanien (= Südosteuropa-Handbuch. Band VII). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1993, ISBN 3-525-36207-2, S. 173.