Huschke Mau

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Huschke Mau ist eine unter Pseudonym auftretende deutsche Aktivistin gegen Prostitution, Autorin und ehemalige Prostituierte. Sie gründete den Verein Sisters mit sowie ein Netzwerk, das Frauen beim Ausstieg aus der Prostitution unterstützt. Sie setzt sich für ein Sexkaufverbot nach Nordischem Modell ein.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Huschke Mau wuchs in einer von der Gewalt und sexuellen Übergriffen des Stiefvaters geprägten Familie auf, der nach ihrer Aussage IM des Ministeriums für Staatssicherheit war.[1] Im Alter von 17 Jahren sei sie von zu Hause weggelaufen und habe in einem Mädchenwohnheim gelebt. Nach einem Psychiatrieaufenthalt sei sie mittellos und wohnungslos gewesen und habe begonnen, als Prostituierte zu arbeiten. Ihr erster Zuhälter sei ein Polizist beim Bundesgrenzschutz gewesen, der ihre psychische und materielle Notlage ausnutzte.[2] Huschke Mau war zehn Jahre lang als Prostituierte in Wohnungsbordellen und selbstständig tätig. Sie habe während dieser Zeit ein Drogen- und Alkoholproblem entwickelt und sei psychisch schwer erkrankt, berichtete sie. Der Ausstieg habe mehrere Jahre gedauert, auch nach der Aufnahme eines Studiums und neben Teilzeitjobs außerhalb der Prostitution habe sie sich noch prostituiert.

Huschke Mau hat nach eigenen Angaben ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert und schreibt ihre Doktorarbeit an einer Universität in Ostdeutschland (Stand: 2022).[3] 2014 begann sie, sich als Aktivistin zu engagieren, und schrieb den offenen Brief „Ich habe die Schnauze voll von euch Prostitutionsbefürworterinnen“, den unter anderem das feministische Magazin Emma veröffentlichte.[4] Sie ist seither als Autorin der Emma tätig.[5]

Sie veröffentlichte 2022 eine Monografie mit dem Titel Entmenschlicht. Warum wir Prostitution abschaffen müssen, in der sie Autobiografisches mit Fakten, Statistiken und Analysen zur Prostitution verbindet. Rolf Löchel rezensierte das Buch in Literaturkritik.de. Sie dürfte als „bekannteste Prostitutionsüberlebende Deutschlands“ gelten und habe diese Prominenz ihrem jahrelangen Engagement für ein Sexkaufverbot zu verdanken. Ihr Buch richte sich an Frauen mit und ohne Prostitutionserfahrung sowie an Menschen, die sich über Prostitution informieren wollen.[6] Anlässlich der Buchveröffentlichung interviewte Katrin Blum Huschke Mau für das Zeit Magazin.[7]

Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Huschke Mau setzt sich für ein Sexkaufverbot gemäß dem Nordischen Modell für Prostitution ein. Die Prostitution sei kein Beruf wie andere und verursache Posttraumatische Belastungsstörungen und Suchtprobleme bei den betroffenen Frauen. Menschenhandel und Zwangsprostitution sei üblich, die selbstbestimmte Prostitution ein Mythos.[8] Deutschland sei europaweit ein Nummer-Eins-Ziel des Menschenhandels. Auch in legalen Bordellen gelte eine „Schuldknechtschaft“, da Prostituierte dort Mieten abarbeiten müssen. Prostitution sei frauenverachtend, immer gewaltvoll[9] und darüber hinaus rassistisch[10] und kolonialistisch. In einer Gesellschaft, in der Prostitution legal ist, steige das Gewaltpotenzial und weiteres problematisches Verhalten gegenüber Frauen.[11][12] Sie kritisiert den Begriff „Sexarbeit“, der ihrer Meinung nach Prostitution verkläre. Das sei eine „Verkapitalisierung des Intimsten“.[7][13]

Aktivismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zusammen mit anderen Frauen aus prostitutionskritischen Gruppen betrieb sie das Blog Die Störenfriedas. Die Gruppe gab 2018 in einem gleichnamigen Sammelband mit dem Untertitel Feminismus radikal gedacht Texte aus ihrem Blog heraus.[14] Mau gehörte 2015 zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Sisters,[15] mit dem sie das Prostituiertenschutzgesetz als zu lasch kritisierte.[16] Das so genannte „Gütesiegel der Prostitutionsbranche“ des Bundesverbands sexuelle Dienstleistungen bezeichnete sie als einen „Orden, den sich die Bordelle selber anheften“.[17] Sie gründete 2018 das Netzwerk Ella, das Frauen als Selbsthilfegruppe bei dem Ausstieg aus der Prostitution unterstützt und deren politische Interessen vertritt.[18][19][20]

Im Mai 2020 kritisierte sie öffentlich den Komiker Oliver Pocher, nachdem er die Vergangenheit einer Influencerin in der Sexarbeit öffentlich gemacht hatte.[21][22][23] Ihre Kritik an Pocher griff die Antilopen Gang in dem Disstrack Kleine miese Type auf.[24]

2022 warnte Huschke Mau davor, Frauen aus der Ukraine könnten als Kriegsflüchtlinge in die Prostitution gedrängt werden.[25][26][7] Im April 2022 verließ sie die NDR-Talkshow Deep und Deutlich,[27] da sie sich nach eigenen Angaben von der Talkrunde, zu der unter anderem Sascha Lobo gehörte, und der Moderatorin Aminata Belli nicht ernst genommen und gekränkt fühlte.[13]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die Einführung eines Sexkaufverbots nach dem Nordischem Modell in Deutschland kämpfen verschiedene Organisationen und Bündnisse, in denen sich Gruppen, Politikerinnen und einzelne Aktivistinnen zusammenschlossen haben. Um ihr Anliegen zu vermitteln und zu belegen, werden Aussteigerinnen, die sich auch als „Überlebende der Prostitution“ selbst bezeichnen, herangezogen und fungieren als Expertinnen und Sprecherinnen. Seit Huschke Mau 2014 mit ihrem Offenen Brief „Ich habe die Schnauze voll von euch Prostitutionsbefürworterinnen“ öffentlich in Erscheinung trat, wurde sie laut einer diskursanalytischen Studie zur prominentesten und meist zitierten Aussteigerin in diesem Diskurs. Sie gelte seitdem als „Referenzgröße zur Darstellung von Prostitution als Zwang“ und unterstreiche so „die Grausamkeit der Prostitution“. Sie sei dabei von besonderer Bedeutung, weil sie eine Deutsche aus scheinbar normalen bürgerlichen Verhältnissen ist, die nach eigenen Worten freiwillig der Prostitution nachging und dennoch eine Fürsprecherin des Sexkaufverbots ist. Mau belege außerdem ein in diesem Diskurs wichtiges Argument, dass sexueller Missbrauch in der Kindheit und Jugend das Eintreten in die Prostitution erst ermögliche bzw. ursächlich begünstige.[4]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Legalisierung, Prostitutionsverbot, Nordisches Modell – wie gesetzgeberisch umgehen mit Prostitution?, S. 217–236. In: Feministisches Bündnis Heidelberg (Hrsg.): Was kostet eine Frau? Eine Kritik der Prostitution, Alibri Verlag, 2020, ISBN 978-3-86569-317-4[28]
  • Entmenschlicht: Warum wir Prostitution abschaffen müssen. Edel Books, Hamburg 2022, ISBN 978-3-8419-0794-3.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Elisabeth Hill, Mark Bibbert: Zur Regulierung der Prostitution. Eine diskursanalytische Betrachtung des Prostituiertenschutzgesetzes, Springer VS, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-26928-9, S. 77–129.
  • Jasmin Mühlberger: Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession – auch im Feld der Prostitution?, Lit Verlag, Münster/Berlin 2019, ISBN 978-3-643-14438-6.[29]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Huschke Mau: Entmenschlicht. Warum wir Prostitution abschaffen müssen. Edel Books, Hamburg 2022, ISBN 978-3-8419-0794-3, S. 26, 27.
  2. Dirk van Versendaal: Ihr erster Zuhälter war ein Polizist. Am schlimmsten war, beim eigenen Missbrauch noch lächeln zu müssen. In: stern.de. 5. Mai 2022, abgerufen am 30. Juni 2022.
  3. Barbara Vorsamer (Protokoll): ÜberLeben mit Huschke Mau: „Alle Freier sind Täter“. In: Süddeutsche Zeitung. 18. Mai 2016, abgerufen am 26. April 2022.
  4. a b Elisabeth Hill, Mark Bibbert: Zur Regulierung der Prostitution. Eine diskursanalytische Betrachtung des Prostituiertenschutzgesetzes, Springer VS, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-26928-9, S. 77–78
  5. Huschke Mau. In: Emma.de. Abgerufen am 26. April 2022.
  6. Rolf Löchel: Was Prostitution ist und warum sie verboten gehört. In: Literaturkritik.de Nr. 5 2022. Mai 2022, abgerufen am 26. April 2022.
  7. a b c Katrin Blum: Prostitution: „In einer freien Gesellschaft hat Prostitution keinen Platz“. In: ZEITMagazin auf Zeit online. 4. März 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 26. April 2022.
  8. Martin Fischer: Corona-Maßnahmen im Rotlicht: Die Diskussion um legale Prostitution. In: Berliner Zeitung. 31. Juli 2020, abgerufen am 26. April 2022.
  9. Pia Ratzesberger: Prostitution: Gewalt und Gesetz. In: Süddeutsche Zeitung. 3. Dezember 2017, abgerufen am 26. April 2022.
  10. Kerstin Rottmann: Eine Ex-Prostituierte und ihr Problem mit den „Lifestyle-Linken“. In: DIE WELT. 21. Juni 2021 (welt.de [abgerufen am 26. April 2022]).
  11. Huschke Mau: Sex - Sie kaufen deinen Ekel. In: Der Freitag. 2. Juni 2019, abgerufen am 26. April 2022.
  12. Aline Wüst (Protokoll): Eine ehemalige Prostituierte erzählt und klagt an. In: blick.ch. 20. Mai 2018, abgerufen am 26. April 2022.
  13. a b Lisa Kräher: Über Prostitution lässt sich streiten – aber es würde helfen, einer Betroffenen zuzuhören. In: Übermedien. 25. April 2022, abgerufen am 26. April 2022.
  14. Rolf Löchel: Feminismus radikaler denken - Die Störenfriedas haben einen Sammelband aus Texten ihres Blogs zusammengestellt : literaturkritik.de. Abgerufen am 31. August 2022 (deutsch).
  15. Nils Husmann, Sabine Oberpriller: Maria Loheide und Huschke Mau über Prostitution. Abgerufen am 31. August 2022.
  16. Simone Schmollack: Lobbyarbeit für und gegen Prostitution: Das Bordell Europas. In: Die Tageszeitung: taz. 29. September 2015, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 31. August 2022]).
  17. Tanya Falenczyk: Zertifizierte Prostitution: Weiße Fahne für Freier. In: Die Tageszeitung: taz. 25. August 2017 (taz.de [abgerufen am 31. August 2022]).
  18. Andrea Ballschuh: Zur Prostituierten ist man nicht geboren, zur Prostituierten wird man gemacht | Huschke Mau hat das selbst erlebt. In: SWR1 Leute. 31. März 2022, abgerufen am 26. April 2022.
  19. Philipp Luther: Huschke Mau arbeitete als Prostituierte – heute hilft sie Frauen beim Ausstieg. In: FOCUS Online. 11. Mai 2019, abgerufen am 26. April 2022.
  20. Jasmin Mühlberger: Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession - auch im Feld der Prostitution?, Lit Verlag, Münster/Berlin 2019, ISBN 978-3-643-14438-6, S. 9, Fn2
  21. »Eine ›ehrbare‹ Frau kann sehr schnell zur Hure degradiert werden«. In: Jungle World 20/2020. 14. Mai 2020, abgerufen am 26. April 2022.
  22. Oliver Pocher knöpft sich ProSieben vor – der Sender reagiert spöttisch. In: stern.de. 3. Juni 2020, abgerufen am 26. April 2022.
  23. Matthias Schwarzer: Niveaulos und frauenverachtend: Wer stoppt Oliver Pocher? Abgerufen am 31. August 2022.
  24. Sophia Zessnik: "Kleine miese Type": Die Antilopen Gang disst Oliver Pocher in ihrem neuen Song. In: ze.tt. 7. Mai 2022, abgerufen am 30. Juni 2022.
  25. „Bordell Europas“: Flucht vor dem Krieg und Sorge vor sexueller Ausbeutung. In: FOCUS Online. 31. März 2022, abgerufen am 26. April 2022.
  26. Aktivistin Mau: Deutschland ist das Zielland für Menschenhandel. In: Evangelisch.de. Evangelischer Pressedienst, 9. März 2022, abgerufen am 26. April 2022.
  27. Prostitution in Deutschland: Sollte man Sex kaufen dürfen?| Huschke Mau bei deep und deutlich (Mitschnitt der Sendung auf YouTube, hochgeladen am 21. April 2022)
  28. Huschke Mau: Legalisierung, Prostitutionsverbot, Nordisches Modell - wie gesetzgeberisch umgehen mit Prostitution? Abgerufen am 31. August 2022.
  29. Die Autorin führte am 23. April 2018 ein Interview mit Huschke Mau und zitiert sie in ihrem Buch mehrfach als Expertin.