José Mujica

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José Mujica (2023)

José Alberto Mujica Cordano (* 20. Mai 1935 in Montevideo), genannt El Pepe, ist ein uruguayischer Politiker und war von 2010 bis 2015 Präsident Uruguays.[1] Von Beruf ist er Blumenzüchter.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mujica wurde im Barrio Paso de la Arena im Westen von Montevideo als Sohn von Demetrio Mujica und Lucy Cordano geboren. Sein Vater, ein später verarmter kleiner Estanciero, war baskischer Herkunft. Die baskischen Vorfahren Mujicas stammten aus der Ortschaft Muxika.[2] Mujicas Eltern bekamen zudem 1940 eine Tochter, Mujicas jüngere Schwester María Eudosia Mujica Cordano. Diese starb am 8. August 2012 mit 71 Jahren.[3]

Der Vater starb bereits früh, José Mujica befand sich im dritten Schuljahr. Ein Urgroßvater aus armer italienischer Familie[a 1] gehörte dem herreristischen Blanco-Flügel an und war mehrfach Edil (ein politischer Mandatsträger im südamerikanischen Raum) in Colonia. Mujicas in Carmelo geborene Mutter war ebenfalls Abkömmling italienischer Einwanderer, Weinbauern aus dem Piemont, die fünf Hektar in Colonia Estrella in der Calera de las Huérfanas erwarben.

Mujica besuchte in seinem Geburtsviertel ab dem sechsten Lebensjahr die Grundschule „Escuela Nº 150“ und ging später auf das „Liceo“ (gymnasiale Bildungsstufe). Nach Abschluss des Liceos besuchte er vorbereitende Kurse am rechtswissenschaftlichen Zweig des Instituto Alfredo Vázquez Acevedo (IAVA), setzte diesen Ausbildungsweg jedoch nicht fort.

Zwischen seinem 13. und dem 17. Lebensjahr betrieb er Radsport und nahm an mehreren Rennen teil.

Wegen seiner Tätigkeit in der Guerillabewegung Movimiento de Liberación Nacional – Tupamaros verbrachte er 14 Jahre im Gefängnis, überwiegend in Einzelhaft. Zweimal konnte er fliehen.

Seit 2005 ist Mujica mit der MPP-Senatorin Lucía Topolansky verheiratet, mit der er bereits seit der Zeit seiner im Zuge der Amnestie vom 8. März 1985 erfolgten Entlassung aus dem Gefängnis liiert ist. Auch während seiner Präsidentschaft lebte er weiterhin auf seinem kleinen Bauernhof („Chacra“) in Rincón del Cerro in der Nähe von Montevideo[4], auf dem ihm am Tag seines Ausscheidens aus dem Präsidentenamt der abgedankte König Juan Carlos von Spanien einen Besuch abstattete.[5] Privat fährt er immer noch einen alten VW Käfer.[6]

Von dem monatlichen Präsidentengehalt in Höhe von 12.500 US-$ behielt er lediglich 10 %, weshalb er als „weltweit ärmster Präsident“ beschrieben wurde.[6] Den Rest spendet er an kleine Unternehmen und NGOs. Das sei genug Gehalt, so sagt er, schließlich lebten viele Bürger mit noch weniger. Auch seine Frau spendet einen großen Teil ihrer Einkünfte.[7]

Mujica bekennt sich zum Atheismus.[8]

Politische Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Logo des Movimiento de Liberación Nacional – Tupamaros

In seiner Jugend war Mujica politisch in einer Gruppierung der Partido Nacional im Umfeld des seinerzeitigen Arbeits- und Industrieministers Enrique Erro aktiv. Gemeinsam mit Raúl Sendic und anderen Weggefährten gründete er sodann Mitte der 1960er Jahre den Movimiento de Liberación Nacional - MLN-Tupamaros. Innerhalb dieser Bewegung gehörte er der als Los rehenes bezeichneten Gruppierung um den Gründer und Anführer Raúl Sendic und Eleuterio Fernández Huidobro an. Aufgrund dieser Tätigkeit wurde er inhaftiert. Nachdem die Demokratie in Uruguay 1985 wiederhergestellt worden war, wurde José Mujica zusammen mit anderen Tupamaros aus dem Gefängnis entlassen.[9] Die Tupamaros gründeten 1989 die Partei Movimiento de Participación Popular (MPP).[10]

Flagge der Partei Frente Amplio

1994 wurde er als Abgeordneter für das Departamento Montevideo in die Cámara de Representantes und 1999 als Senator gewählt. Vom 15. Februar 1995 bis 14. Februar 2000 war er somit Abgeordneter der Frente Amplio im uruguayischen Repräsentantenhaus, anschließend ab dem 15. Februar 2000 bis zunächst 14. Februar 2005 für das Parteienbündnis Partido Encuentro Progesista/Frente Amplio Mitglied des uruguayischen Senats. 2004 hatte er dabei das Amt des Dritten Vizepräsidenten des Senats inne. Nach seiner Wiederwahl schloss sich eine weitere Amtszeit als Senator als Repräsentant des Encuentro Progresista/Frente Amplio/Nueva Mayoría-Bündnisses an.[11][12] Seit seiner Ernennung durch Tabaré Vázquez am 1. März 2005 bis zum 3. März 2008 hatte er das Amt des Ministers für Viehzucht, Landwirtschaft und Fischerei inne. Bis zu seinem Rücktritt am 24. Mai 2009 war Mujica Führer des Movimiento de Participación Popular (MPP), des mehrheitlichen Sektors des linken Parteienbündnisses Frente Amplio.[13]

Im Juni 2009 wurde Mujica, der den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva als sein Vorbild bezeichnet,[14] zum Kandidaten des Linksbündnisses Frente Amplio für die Präsidentschaftswahl gewählt. Im ersten Durchgang am 25. Oktober 2009 verfehlte er die absolute Mehrheit mit 48 Prozent der Stimmen knapp. In der Stichwahl am 29. November 2009 erreichte er circa 53 Prozent der Stimmen und setzte sich damit gegen seinen konservativen Konkurrenten Luis Alberto Lacalle durch.[15]

Im Oktober 2011 unternahm Mujica erstmals in seiner Funktion als Staatspräsident eine zehntägige offizielle Europa-Reise, bei der er Schweden, Norwegen, Belgien und Deutschland besuchte.[16]

Im September 2013 hielt Mujica auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen einen längeren Vortrag über Menschheit und Globalisierung.[17]

Im August 2014 schloss Mujica aus, bei den Wahlen im Jahr 2015 als Kandidat für das Amt des Intendente in Montevideo anzutreten.[18] Bei den Wahlen im Oktober 2014 hat Mujica mit deutlicher Mehrheit einen Sitz im uruguayischen Senat errungen.[19]

Im Oktober 2020 gab Mujica in Folge der Corona-Pandemie aufgrund seines geschwächten Immunsystems sein Amt als Senator auf und beendete damit seine politische Karriere: „Ich gehe, weil mich die Pandemie rauswirft.“ Ständig im Büro zu sitzen, sei keine Alternative dazu, rauszugehen und mit Menschen zusammenzukommen.[20]

Politische Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Laufe der Jahre entwickelte Mujica pragmatische Züge. Vor seiner Präsidentenwahl 2009 wurde er vom Guardian als charismatischer, ehemaliger Guerillero mit einem Talent, den Rest Südamerikas zu beleidigen beschrieben.[21] Gleichzeitig schmiedete Mujica Allianzen mit vielen weiteren linken Regierungen Südamerikas seiner Zeit. So unterstütze er öffentlich die Politik von Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und sprach sich gegen eine internationale Isolation des Irans aus.[22]

In Mujicas Amtszeit fielen eine Reihe von sozialpolitischen Maßnahmen. Ferner startete er eine Diversifizierung des Energiesektors und begann, Uruguays Abhängigkeit vom Erdölimport durch den Ausbau erneuerbarer Energiequellen zu reduzieren.[23] Für internationales Aufsehen sorgte die auch in Uruguay äußerst umstrittene Verabschiedung eines Gesetzes, das einen begrenzten Handel mit Cannabis legalisiert. Uruguay war das weltweit erste Land, in dem der Verkauf von begrenzten Mengen Cannabis in Apotheken an registrierte Konsumenten legal ist und ein Anbau unter staatlicher Kontrolle erfolgen soll.[24] Dies führte sogar zur Nominierung Mujicas für den Friedensnobelpreis.[25]

Zum Ende seiner Präsidentschaft 2015 wurde Uruguay eine ökonomische und sozialpolitische Stabilität attestiert, von der seine Nachbarstaaten nur träumen könnten.[26]

In einem Interview für die österreichische Tageszeitung Der Standard umschrieb Mujica 2015 seine politische Maxime in Anlehnung an seine Zeit als Aktivist der Untergrundbewegung Tupamaros:[27]

„Wir wollten eine perfekte Welt. Wir wollten, dass Menschen mehr zu essen, ein Dach über dem Kopf, bessere Gesundheit und Bildung haben. Nichts ist schöner als das Leben, und gleich danach kommt die Gesellschaft. Der Mensch braucht die Gemeinschaft. Er ist, anthropologisch gesehen, Sozialist.“

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: José Mujica – Sammlung von Bildern und Videos

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Vater seiner Großmutter väterlicherseits.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Uruguay elects Jose Mujica as president, polls show BBC Online, 30. November 2009.
    Breite Front für Ex-Guerillero José Mujica als Präsident Stern, 30. November 2009.
  2. Volver a las raíces (spanisch) auf montevideo.com.uy vom 18. Mai 2015, abgerufen am 18. Mai 2015
  3. Falleció hermana de Mujica – Luto presidencial (spanisch) auf montevideo.com.uy vom 8. August 2012, abgerufen am 9. August 2012.
  4. Ex-Guerillero an der Staatsspitze in Neues Deutschland, 8. Oktober 2012.
  5. El orgullo de haber sido (spanisch) auf montevideo.com.uy vom 1. März 215, abgerufen am 1. März 2015
  6. a b Jose Mujica: The world's 'poorest' president
  7. Presidente mais pobre do mundo ainda anda de fusca e doa 90 % do salário. Pragmatisimo, 5. Juni 2012, abgerufen am 8. März 2014 (brasilianisches Portugiesisch).
  8. Präsident von Uruguay outet sich als Atheist (Memento vom 8. Juni 2012 im Internet Archive) wissenrockt.de vom 19. Mai 2012, abgerufen am 7. Juni 2012.
  9. Ex-guerrilla who sought to overthrow state is now set to run it (Memento vom 14. September 2012 im Webarchiv archive.today) Irish Times, 12. Oktober 2009.
  10. Jose Mujica | Biography & Facts. In: Encyclopedia Britannica. (britannica.com [abgerufen am 31. August 2018]).
  11. Liste der uruguayischen Parlamentarier von 1830 bis 2005 auf www.parlamento.gub.uy (Memento vom 4. Februar 2014 im Internet Archive) (PDF; 7,8 MB)
  12. Presidente José Mujica Cordano (Memento vom 6. Oktober 2012 im Internet Archive) – Curriculum auf der Internetpräsenz der uruguayischen Präsidentschaftskanzlei, abgerufen am 8. Oktober 2012.
  13. Mujica de la chacra a la Presidencia (spanisch) in La República vom 30. September 2009.
  14. Ex-Guerillero an der Staatsspitze Neues Deutschland, 1. Dezember 2009.
  15. 75-jähriger Ex-Guerillero wird neuer Präsident Handelsblatt, 30. November 2009.
  16. Uruguay: Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Mujica, Agencia Latina Press vom 19. Oktober 2011, abgerufen am 11. Dezember 2011.
  17. Mujica in der UN-Generalversammlung. El Observador, 25. September 2013, archiviert vom Original am 28. September 2013; abgerufen am 29. September 2013.
  18. Vivir en la capital (spanisch) auf www.montevideo.com.uy vom 24. August 2014, abgerufen am 25. August 2014
  19. Boris Herrmann: Der Erdklumpen tritt ab. In: Süddeutsche Zeitung, 27. Februar 2015, abgerufen 1. März 2015.
  20. Uruguay's ex-president 'Pepe' Mujica home after fish bone scare, France24 vom 28. April 2021, abgerufen am 27. Mai 2021.
  21. Rory Carroll: Former guerrilla José Mujica favourite in Uruguay election. The Guardian, 25. Oktober 2009, abgerufen am 15. Juli 2020 (englisch).
  22. Mujica supports Lula da Silva government style and his Iran policy. mercopress.com, 28. November 2009, abgerufen am 15. Juli 2020 (englisch).
  23. Rebecca Bertram: Uruguay, Latin America’s Renewable Champion. energytransition.org, 27. Januar 2020, abgerufen am 15. Juli 2020 (englisch).
  24. Cannabis in Uruguay nun legal auf www.fr-online.de vom 11. Dezember 2013, abgerufen am 24. Juni 2014
  25. Mythos Mujica. Deutsche Welle, 13. Mai 2014, abgerufen am 11. November 2021.
  26. Wyre Davies: Uruguay bids farewell to Jose Mujica, its pauper president. BBC News, 1. März 2015, abgerufen am 15. Juli 2020 (englisch).
  27. Camilla Landbǿ: Pepe Mujica: "Vielleicht bin ich ein wenig Anarchist". In: Der Standard, 2. März 2015.
  28. Deckert Distribution: Pepe Mujica
  29. Youtube: „El último héroe“ se llama la película de Kusturica sobre Mujica: Beitrag des Nachrichtenportals ‚Subrayado‘.
  30. José Mujica bei IMDb
  31. El Pepe: A Supreme Life. Abgerufen am 6. Februar 2020.
VorgängerAmtNachfolger
Martín AguirrezabalaLandwirtschaftsminister Uruguays
1. März 2005 bis 3. März 2008
Ernesto Agazzi
Tabaré VázquezPräsident von Uruguay
1. März 2010 bis 1. März 2015
Tabaré Vázquez