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Liste der Stolpersteine in Groß-Umstadt

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Synagoge aus Groß-Umstadt, heute im Hessenpark
Mahnmal mit Menora zur Erinnerung an die alte Umstädter Synagoge neben dem Darmstädter Schloss

Die Liste der Stolpersteine in Groß-Umstadt enthält Stolpersteine, die im Rahmen des Kunstprojektes von Gunter Demnig in Groß-Umstadt verlegt wurden. Mit ihnen soll an das Schicksal der jüdischen Mitbürger erinnert werden, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden und die in Groß-Umstadt lebten und wirkten.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gunter Demnig erinnert mit seiner Aktion an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten, selbst gewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Inzwischen liegen „Stolpersteine“ in über 500 Orten Deutschlands und in mehreren Ländern Europas.

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, O-Ton Gunter Demnig.

Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten. In Groß-Umstadt wurde die Aktion aktiv von der Stadt und dem Bund Deutscher Pfadfinderinnen (BDP) getragen. Seit 2009 existiert der Runde TischJüdisches Leben in Groß-Umstadt“ mit dem Ziel, das Gedenken und das Bewusstsein der langen, gemeinsamen Geschichte deutlicher als bisher zu pflegen.

Groß-Umstadt hat eine lange Tradition jüdischen Lebens gehabt, Juden sind hier seit 1378 urkundlich niedergelassen gewesen, hatten im 19. Jahrhundert einen Anteil von rund 3 % der Bevölkerung und im heutigen Stadtteil Raibach im Jahr 1813 sogar fast 10 Prozent, besaßen eine eigene Synagoge, deren letzter Bau nach einem dramatischen und politisch fragwürdigen Abriss im April 1979 und der Verlagerung in den Hessenpark Neu-Anspach heute renoviert und museal ausgestaltet viele Informationen zum jüdischen Leben in Hessen ausstellt.

In der Stadt erinnert eine Mahnmal vor dem Darmstädter Schloss an die ehemalige Synagoge und dessen Schändung 1938. Der linke eingesetzte Sandstein ist eine Nachbildung des hebräisch beschrifteten Portalsteins der ehemaligen Umstädter Synagoge. Übersetzt aus dem 1. Buch Mose 28,17: Wie ehrfurchtgebietend ist dieser Ort. Hier ist nichts anderes als ein Gotteshaus, und dies ist die Pforte des Himmels. Auf der rechten Seite die Gedenkinschrift: Zu Ehren unserer jüdischen Mitbürger und zur Erinnerung an die Synagoge, die 1874 erbaut und am 9. Nov. 1938 durch Rassenwahn entweiht wurde.[1]

Auf der sich seitlich hinter dem Mahnmal befindlichen Stele sind die Namen (fast) aller ehemaligen jüdischen Mitbürger Umstadts verzeichnet, die Pogromen und Nürnberger Rassengesetzen zwischen 1933 und 1945 zum Opfer fielen.

Im Museum Gruberhof wird mit einer kleinen Ausstellung und einem Modell der Synagoge das Andenken an die jüdischen Mitbewohner lebendig gehalten. Die Geschichte der Groß-Umstädter Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens ist ausführlich in mehreren Büchern beschrieben.

Daten der Verlegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stele (neben dem Mahnmal) mit den Namen ehemaliger jüdischer Mitbürger und Mitbürgerinnen
  • 15. Februar 2011 (Sieben Stolpersteine)
Curtigasse 6 (ein Stein)
Untere Marktstraße 10 (ein Stein)
Untere Marktstraße 3 (ein Stein)
Obere Marktstraße 7 (vier Steine)
  • 14. Mai 2012 (Zehn Stolpersteine)
Untere Marktstr. 10 (zwei Steine)
Curtigasse 5 (ein Stein)
Im Pfarrhof 10 (ein Stein)
Schulstraße 19 (zwei Steine)
Bachtorstr. 32 (vier Steine)
  • 15. Februar 2014 (Neun Stolpersteine)
Heinrich-Möser-Straße 12 (Rathausplatz) im Stadtteil Klein-Umstadt (ein Stein)
Obere Marktstraße 4 bis 6 (sieben Steine)
In der Fahrt 5 (ein Stein)

Verlegte Stolpersteine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese Liste ist noch unvollständig.

Adresse Name Inschrift Verlege­datum Bild Anmerkung
Schulstraße 19

(Standort)

Lichtenstein, Simon Hier wohnte

Simon Lichtenstein

Jg. 1872

Opfer des Pogroms 1938

Zwangsumzug

1941 Mainz

Altersheim

Tot 1941

14. Mai 2012 Simon und Emilie Lichtenstein wohnten in der Schulstraße 19.
Lichtenstein, Emilie Hier wohnte

Emilie Lichtenstein

Jg. 1901

Opfer des Pogroms 1938

Zwangsumzug

1941 Darmstadt

Alters- und Siechenheim

Darmstadt-Eberstadt

Tot 5.2.1942

Curtigasse 5

(Standort)

Lichtenstein, Jenny Hier wohnte

Jenny Lichtenstein

Jg. 1899

Deportiert 1942

Piaski

Ermordet in

Lublin

14. Mai 2012
Untere Marktstraße 3

(Standort)

Reichenberg, Berta geb. Rapp Hier wohnte

Berta Reichenberg

geb. Rapp

Jg. 1888

Deportiert 1941

Ermordet in

Kaunas

15. Februar 2011 Bert(h)a Reichenberg (1988 in Umstadt - 25. November 1941 in Kaunas), war nach dem frühen Tod ihres Mannes (gest. 1918 an Tuberkulose) als sogenannte Kriegerwitwe aus Windecken wieder nach Umstadt gezogen und wohnte mit Einsitzrecht in der Unteren Marktstraße 3. Ihr Brüder Ludwig und Karl verkauften schon vor 1939 allen Besitz in Groß-Umstadt und zogen nach Frankfurt. Ihr Bruder Gustav und sie blieben in Umstadt. Nach dem Novemberpogrom von 1938, bei dem sie halbnackt aus ihrem Haus geprügelt wurde, flüchtete sie nach Frankfurt am Main zu ihren Brüdern. Die Familien ihrer Brüder wurden bis 1941 nach Ghetto Łódź und ins KZ Buchenwald verschleppt und dort ermordet. Im Zuge der dritten Massendeportation aus Frankfurt am Main wurde sie am 22. November 1941 ebenfalls nach Kaunas in Litauen deportiert und dort am 25. November 1941 ermordet.[2]
Obere Marktstraße 7

(Standort)

Rothschild, Julius Hier wohnte

Julius Rothschild

Jg. 1881

Deportiert

Theresienstadt

Ermordet 28.10.1942

15. Februar 2011 Julius Rothschild lebte mit seiner Frau Rosa und den Kindern Karola (geb. 1908), Adolf (geb. 1910) und Willi (geb. 1911) in der Unteren Marktstraße 7. Er hatte in der Unteren Markstraße 10 ein kleines Geschäft.


Sein Sohn Willi siedelte 1936 nach Frankfurt am Main. Die Spur von Willi verlor sich 1943 im Vernichtungslager Auschwitz.

K(C)arola heiratete Antonie Fontain und wohnte zwischenzeitlich in Amsterdam, sie wurde am 21. August 1942 ebenfalls im KZ Auschwitz ermordet. Julius Frau Rosa wurde am 15. Mai 1944 im KZ Auschwitz ermordet. Julius Rothschild selbst wurde am 28. Oktober 1942 im KZ Theresienstadt ermordet.

Einzig Sohn Adolf Rothschild überlebte durch Flucht nach Südafrika.

Rothschild, Rosa Hier wohnte

Rosa Rothschild

Geb. Strauss

Jg. 1880

Deportiert

Ermordet in

Auschwitz


Rothschild, Willi Hier wohnte

Willi Rothschild

Jg. 1911

Deportiert 1943

Ermordet in

Auschwitz


Fontein, Carola geb. Rothschild Hier wohnte

Carola Fontein

Geb. Rothschild

Jg. 1908

Deportiert 1942

Auschwitz

Ermordet 21.8.1942


Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Verein zur Bewahrung der Groß-Umstädter Synagoge (Hrsg.): Groß-Umstadt. Zur Geschichte der Juden und ihrer Synagoge, Groß-Umstadt 1988, 181 Seiten
  • Georg Brenner, Wilfried Köbler: Sie waren Umstädter: Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Umstadt, Raibach, Klein-Umstadt, Kleestadt und Semd, und die Geschichte des religiösen und rassistischen Antisemitismus in Deutschland, Schriftenreihe des Umstädter Museums- und Geschichtsvereins e.V., Band 3, Hrsg.: Magistrat der Stadt Groß-Umstadt, Groß-Umstadt 2010, 221 Seiten
  • Hrsg.: Landkreis Darmstadt-Dieburg: L'chajim: die Geschichte der Juden im Landkreis Darmstadt-Dieburg, Darmstadt 1997

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Stolpersteine in Groß-Umstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. vgl. www.alemannia-judaica.de: Die Synagoge in Groß-Umstadt
  2. Stolpersteinverlegung, Webseite des Bundes Deutscher Pfadfinderinnen Umstadt; abgerufen am 12. März 2020