Menthofuran

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Strukturformel
Strukturformel von Menthofuran
Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Name Menthofuran
Andere Namen
  • 3,6-Dimethyl-4,5,6,7-tetrahydro-1-benzofuran
  • TETRAHYDRO-DIMETHYLBENZOFURAN (INCI)[1]
Summenformel C10H14O
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit[2][3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 494-90-6
EG-Nummer 207-795-5
ECHA-InfoCard 100.007.087
PubChem 329983
ChemSpider 292309
Wikidata Q6817554
Eigenschaften
Molare Masse 150,22 g·mol−1
Dichte
  • 0,972 g·m−3 (bei 15 °C)[4]
  • 0,9676 g·m−3 (bei 20 °C)[2][3]
Schmelzpunkt

−17 °C ((+)-Isomer)[5]

Siedepunkt
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[7]

(+)-Menthofuran

Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​411
P: 264​‐​270​‐​273​‐​301+312​‐​302+352​‐​305+351+338[7]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Menthofuran ist ein Aromastoff aus der Gruppe der Monoterpene. Er kommt als Naturstoff in Pflanzen wie der Pfefferminze vor und wirkt toxisch.

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pfefferminze (Mentha piperita)

Menthofuran ist auf natürliche Weise in bestimmten Lebensmitteln wie der Pfefferminze (Mentha piperita) enthalten.[8] So ist es neben beispielsweise Menthol, Menthon, Isomenthon und Menthylacetat ein Bestandteil von Minzöl. Der Gehalt kann je nach Anpflanzungsgebiet stark variieren.[9][10] Gaschromatographische Untersuchungen an Pfefferminzölen aus den USA, Kanada, Italien, England, Bulgarien, Südafrika, Argentinien, Niederlande, Polen und Spanien zeigten ein Spannweite des Gehalts von 0,3 bis 9,9 % des Minzöls an.[6]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Menthofuran wurde erstmals im Jahr 1957 von den deutschen Chemikern Heinrich Wienhaus und Hermann Dewein aus Pfefferminzblütenöl isoliert und charakterisiert. Dabei wurde das enthaltene Menthon zuerst als Semicarbazon abgeschieden, danach das Menthylacetat zu Menthol verseift und dieses mit dem schon vorhandenen Menthol mittels Borsäure zum entsprechenden Ester umgesetzt. Aus dem resultierenden Gemisch konnte das Menthofuran durch mehrfache Destillation gewonnen werden.[5]

Synthese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Synthese von (+)-Menthofuran kann ausgehend vom (+)-Pulegon erfolgen, wo im ersten Schritt durch Umsetzung mit rauchender Schwefelsäure in Acetanhydrid ein Sulton erhalten wird. Dessen Pyrolyse ergibt dann die Zielverbindung.[2][3] Das Sulton kann auch photochemisch mittels UV-Licht zum Menthofuran umgesetzt werden.[11]

Synthese

Eine vierstufige Synthese geht vom 5-Methyl-1,3-cyclohexandion[12] aus, welches im ersten Schritt mit 2-Chloracetessigsäureethylester[13] zum 3,6-Dimethyl-4-oxo-4,5,6,7-tetrahydrocumaron-2-carbonsäureethylester kondensiert wird. Nach einer Esterverseifung und Decarboxylierung resultiert das 3,6-Dimethyl-4-oxo-4,5,6,7-tetrahydrocumaron. Im letzten Schritt führt eine Wolff-Kishner-Reduktion zur gewünschten Zielverbindung. Aus dieser Synthesesequenz resultiert das Racemat. Für die Herstellung der reinen Stereoisomere kann an der Carbonsäurezwischenstufe eine Enantiomerentrennung mittels Cinchonidin erfolgen.[14]

Synthese

Eine neuere, dreistufige Synthese startet mit der Alkylierung von 5-Methylcyclohexanon-2-carbonsäureethylester[15] mit Ethyl-2-iodpropanoat.[16] Eine anschließende Esterhydrolyse und Cyclisierung ergibt das 3,6-Dimethyl-2,4,5,6,7,7a-hexahydrobenzofuran-2-on. Eine Reduktionsreaktion mittels Lithiumaluminiumhydrid führt im letzten Schritt zum racemischen Menthofuran.[17]

Synthese

Isomere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Menthofuran kann in zwei enantiomeren Formen (D- und L-Menthofuran) vorliegen.

Isomere von Menthofuran
Name D-Menthofuran L-Menthofuran
Andere Namen (R)-Menthofuran (S)-Menthofuran
(+)-Menthofuran (−)-Menthofuran
Strukturformel
CAS-Nummer 17957-94-7 80183-38-6
494-90-6 (unspez.)
PubChem 442478 7168192
329983 (unspez.)
ChemSpider Q27107323 Q27122109
Q6817554 (unspez.)

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Aromastoff zählt als Toxin. Das (S)-Menthofuran weist eine minzartige Geruchsnote auf, wohingegen dem (R)-Menthofuran ein herbal fettiger Geruch zugeschrieben wird.[18]

Rechtliche Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Menthofuran wurde durch den Anhang III Teil A der europäischen Aromaverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1334/2008) vom 16. Dezember 2008 erstmals mit aufgenommen. Der Aromastoff zählt somit zu den Stoffen, die Lebensmitteln nicht zugesetzt werden dürfen. In Anhang III Teil B werden die Höchstmengenbeschränkungen des natürlich vorkommenden Stoffes festgehalten. So dürfen alkoholische Getränke mit Minze oder Pfefferminze höchstens 200 mg/kg Menthofuran enthalten, bei Kaugummis liegt der Grenzwert bei 1000 mg/kg, bei Süßwaren bei 500 mg/kg und bei sehr kleinen Süßwaren zur Erfrischung des Atems bei 3000 mg/kg.[19]

Gesundheitliche Risiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Menthofuran als hepatotoxisch (lebergiftig) gilt, darf es keinen Lebensmitteln zugesetzt werden.[20]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbindung wurde früher zur Herstellung künstlicher Pfefferminzöle verwendet.[2]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eintrag zu TETRAHYDRO-DIMETHYLBENZOFURAN in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 27. Mai 2022.
  2. a b c d K.-G. Fahlbusch, F.-J. Hammerschmidt, J. Panten, W. Pickenhagen, D. Schatkowski: Flavors and Fragrances, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2005; doi:10.1002/14356007.a11_141.
  3. a b c J. Panten, H. Surburg: Flavors and Fragrances, 3. Aromatic and Heterocyclic Compounds, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2015; doi:10.1002/14356007.t11_t02.
  4. CAS Common Chemistry – Menthofuran. Chemical Abstracts Service, abgerufen am 28. Mai 2022 (englisch).
  5. a b c H. Wienhaus, H. Dewein: Strukturbeweis für das im ätherischen Öl der Pfefferminzblüte aufgefundene Terpenoxyd Menthofuran in Chem. Ber. 91 (1958) 256–260, doi:10.1002/cber.19580910203.
  6. a b D.M. Smith, L. Levi: Essential Oils, Treatment of Compositional Data for the Characterization of Essential Oils. Determination of Geographical Origins of Peppermint Oils by Gas Chromatographic Analysis in J. Agricult. Food Chem. 9 (1961) 230–244, doi:10.1021/jf60115a017.
  7. a b Datenblatt Menthofuran bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 29. Mai 2022 (PDF).
  8. M. Bährle-Rapp: Springer Lexikon Kosmetik und Körperpflege, 5. Auflage (Springer Verlag), Wutöschingen, 2020, ISBN 978-3-662-59126-0, S. 359, doi:10.1007/978-3-662-59127-7.
  9. Europäisches Arzneibuch, 7. Ausgabe, Grundwerk 2011, Deutscher Apothekerverlag, S. 1803.
  10. Eintrag zu Pfefferminzöle. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 24. Mai 2022.
  11. H. Itokawa; T. Tazaki; S. Mihashi: Photochemical Transformation of Unsaturated Sultones into Furans in Heterocycles 15 (1981) 1105–1107, doi:10.3987/S-1981-02-1105.
  12. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu 5-Methyl-1,3-cyclohexandion: CAS-Nummer: 4341-24-6, EG-Nummer: 627-424-4, ECHA-InfoCard: 100.155.786, PubChem: 458095, ChemSpider: 403129, Wikidata: Q72489658.
  13. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu 2-Chloracetessigsäureethylester: CAS-Nummer: 609-15-4, EG-Nummer: 210-180-4, ECHA-InfoCard: 100.009.256, GESTIS-Stoffdatenbank: 10410, PubChem: 11858, ChemSpider: 11365, Wikidata: Q72473475.
  14. H. Stetter; R. Lauterbach: Synthese des Evodons und Menthofurans in Chem. Ber. 93 (1960) 603–607, doi:10.1002/cber.19600930309.
  15. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Ethyl-4-methyl-2-oxocyclohexancarboxylat: CAS-Nummer: 13537-82-1, PubChem: 98162, ChemSpider: 88633, Wikidata: Q82903801.
  16. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Ethyl-2-iodpropanoat: CAS-Nummer: 31253-08-4, EG-Nummer: 811-817-4, ECHA-InfoCard: 100.242.567, PubChem: 10922254, ChemSpider: 9097499, Wikidata: Q82267459.
  17. S. Tsuboi; K. Shimozuma; A. Takeda: New Synthesis of (±)-Menthofuran in J. Org. Chem. 45 (1980) 1517–1520, doi:10.1021/jo01296a037.
  18. W. Legrum: Riechstoffe zwischen Gestank und Duft – Vorkommen, Eigenschaften und Anwendung von Riechstoffen und deren Gemischen, 1. Auflage (Vieweg + Teubner Verlag), Marburg, 2011, ISBN 978-3-8348-1245-2, S. 35.
  19. Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Aromen und bestimmte Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften zur Verwendung in und auf Lebensmitteln. In: eur-lex.europa.eu., abgerufen am 24. Mai 2022.
  20. Agneta Prasse, Viola Munzert, Elena José, Klaus‐Peter Zeller, Hans‐Ullrich Siehl, Stefan Berger, D. Sicker: Die Polei‐Minze im Wandel der Zeiten: Naturstoffe isolieren und charakterisieren. In: Chemie in unserer Zeit. Band 53, Nr. 1, Februar 2019, S. 28–38, doi:10.1002/ciuz.201800860.