Minettenheim

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Minettenheim
Koordinaten: 49° 12′ N, 11° 14′ OKoordinaten: 49° 12′ 25″ N, 11° 14′ 27″ O
Höhe: 405 m ü. NHN
Einwohner: 30 (2014)
Postleitzahl: 91161
Vorwahl: 09174
Minettenheim, von Uttenhofen her kommend
Minettenheim, von Uttenhofen her kommend

Minettenheim ist ein Gemeindeteil der Stadt Hilpoltstein im Landkreis Roth (Mittelfranken, Bayern).

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Dorf liegt nordöstlich von Hilpoltstein und nordwestlich von Mörlach am südöstlichen Rand des Mittelfränkischen Beckens am Leitengraben, der zum Flusssystem der Rednitz gehört.[1][2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im heutigen Minettenheim, nordwestlich von Mörlach liegend, stand im Mittelalter eine Burg des im 12. und 13. Jahrhundert bezeugten Reichsministerialengeschlechts derer von Immenerla/Immenerlech.[3] Dieser Besitz entwickelte sich zu einem Landsassengut, dessen Inhaber mehrmals wechselten. Um 1585/90 wurde der Herrensitz unter dem damaligen Besitzer Marx Kötzler, pfalz-neuburgischer Pfleger zu Hilpoltstein, nach Mörlach verlegt, wo sich Kötzler und seine Erben ein dreigädiges Schloss mit vier Ecktürmen erbauten.[4][5] Auch dieses sah mehrere Besitzerwechsel und wurde 1775 durch einen Neubau ersetzt.[3] Der alte Herrensitz wurde im Dreißigjährigen Krieg verwüstet und galt dann als „Burgstall“, auf dem 1713 ein Bauernhof errichtet wurde. Er war mit drei Tagwerk Felder und Wiesen ausgestattet. Der Bauer hatte außerdem den dortigen Schlagbaum der Hofmark Mörlach zu beaufsichtigen.

1785 erwarb Carl Wilhelm Joseph Adam Freiherr von Eckart (* 21. Juli 1758 in Bingen; † 5. November 1828)[6] das etwa drei Hektar große Areal „Burgstall“ von dem Nürnberger Patrizier Christoph Adam Carl von Imhoff zu Schloss Mörlach. Hier – auf dem in Briefen an den Kurfürsten Carl Theodor auch „Burgstelle“ und „Burgstuhl“ genannten Gelände[7] – gründete von Eckart mit kurfürstlicher Genehmigung von 1791 im Jahr darauf eine Handwerkerkolonie, die er zu Ehren seiner Gemahlin Wilhelmine, geborene von Seufferheld, „Minettenheim“ nannte.[8] Die 26 Häuser waren mit kleinen Gärten versehen und wurden in Erbpacht an Handwerker wie „Schuster, Schmidte, Leinweeber, Hafner und Fabrikanten, als Färber, Gärber, Strumpfwirker, Wollenweeber, Drahtzieher“ vergeben.[9] An Stelle des ehemaligen Bauernhauses, der alten Burgstelle, wurde ein Wirtshaus errichtet (heute Haus-Nr. 26).[10]

Freiherr von Eckart verkaufte das Gut Mörlach mit Minettenheim 1798 an Joseph Freiherrn von Hohenhausen († 1812). 1807 arbeiteten in den nach wie vor 26 Häuschen des „Coloniedörfchens“ 34 Handwerker. 1813 ist im Gantverfahren des Hohenhausischen Besitzes von 25 Grundholden in Minettenheim die Rede.[11] 1820 erwarb bei einer Versteigerung der Hilpoltstein Brauereibesitzer Franz Anton Kammerer, das Gut Mörlach mit Minettenheim. Von diesem kaufte es 1833 Heinrich Ludwig Popp. 1837 ging es an Carl Ferdinand Schnell, 1842 an Heinrich von Ellernrieder über, der bis 1848 die Patrimonialgerichtsbarkeit Mörlach ausübte. 1854 kaufte Georg Friedrich Wilhelm Hilpert, Sohn des Nürnberger Bürgermeisters Johann Wolfgang Hilpert, das Gut von der Witwe von Ellenrieders.[8][12]

Im neuen Königreich Bayern (1806) wurde Minettenheim dem Steuerdistrikt Ebenricht – dem heutigen Ebenried – zugeteilt.[13] Um 1840 hatte Minettenheim mit circa 150 Bewohnern den Höchststand seiner Einwohnerzahl erreicht.[14] Danach nahm die Einwohnerzahl stetig ab, bis sie 2014 bei 30 lag.[15] In Minettenheim blieb es nicht bei den Handwerkern, es wurde auch Landwirtschaft betrieben. So ergab eine amtliche Zählung 1873 ein Pferd und 16 Rinder.[16]

Am 1. Januar 1972 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Mörlach, zu der der Gemeindeteil Minettenheim gehörte, im Zuge der Gemeindegebietsreform in die Stadt Hilpoltstein eingegliedert.[17]

2008 wurde der neue Dorfplatz an der Dorfkapelle von 1853 fertiggestellt.[18]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1807: 100 (18 Häuser, 27 Familien)[19]
  • 1818: 99 (26 „Feuerstellen“ = Anwesen; 27 Familien)[13]
  • 1836: 126 (26 Häuser)[20]
  • 1840: 152[21]
  • 1861: 100 (davon 9 Protestanten; 30 Gebäude)[22]
  • 1875: 113 (65 Gebäude)[16]
  • 1900: 80 (27 Wohngebäude)[23]
  • 1937: 72 (davon 1 Protestant)[24]
  • 1950: 77[25]
  • 1961: 72 (16 Wohngebäude)[26]
  • 1970: 64[27]
  • 1987: 42 (15 Wohngebäude, 15 Wohnungen)[28]
  • 2008: circa 40 (17 Anwesen)[29]
  • 2014: 30[30]

Katholische Dorfkapelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortskapelle, davor der erneuerte Dorfplatz
Das Wohngebäude links im Hintergrund steht auf dem Hügel der ehemaligen Burg der Herren von Immenerla

Sie wurde 1853 an Stelle einer eingefallenen Kapelle als kleine, dreiseitig geschlossene Anlage mit Flachdecke und mit Dachreiter neu erbaut.[31][32] Im Innern befinden sich an der Westwand ein frühgotisches Kreuz, auf dem Altärchen eine Figur des hl. Stephanus (Ende 15. Jahrhundert), ein barocker St. Georg und eine Pietà. Der Ort ist in die katholische Pfarrei Hilpoltstein gepfarrt.[33] Die Kapelle gilt als Baudenkmal.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Minettenheim ist erreichbar über eine von der Staatsstraße 2220 in Mörlach abzweigende Gemeindeverbindungsstraße, über eine Gemeindeverbindungsstraße von Uttenhofen her und über eine Gemeindeverbindungsstraße von Eismannsdorf her. Wenige hundert Meter westlich von Minettenheim verläuft die Bundesautobahn 9.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Martin Brey, katholischer Theologe, Pfarrer der Erzdiözese München und Freising, * 25. Februar 1782 in Minettenheim, freiresignierter Pfarrer von Achdorf[34]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Xaver Buchner: Das Bistum Eichstätt, I. Band: Eichstätt 1937
  • Felix Mader: Bezirksamt Hilpoltstein (= Die Kunstdenkmäler von Bayern. Mittelfranken 3). R. Oldenburg, München 1929, DNB 831022647, S. 240.
  • Carl Siegert: Geschichte der Herrschaft, Burg und Stadt Hilpoltstein, ihrer Herrscher und Bewohner. In: Verhandlungen des historischen Vereines von Oberpfalz und Regensburg 20 (1861)
  • Paula Waffler: Was Minettenheim so besonders macht. Die Gewerbekolonie Minettenheim unter dem Freiherrn von Eckart in der Zeit von 1789–1798. In: Heimatkundliche Streifzüge, Roth, 33 (2014), S. 50–60
  • Wolfgang Wiessner: Hilpoltstein (= Kommission für Bayerische Landesgeschichte [Hrsg.]: Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 24). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1978, ISBN 3-7696-9908-4 (Digitalisat).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Minettenheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Franz Tichy: Geographische Landesaufnahme: Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 163 Nürnberg. Bundesanstalt für Landeskunde, Bad Godesberg 1973. → Online-Karte (PDF; 4 MB)
  2. Minettenheim im BayernAtlas
  3. a b Wolfgang Wiessner: Hilpoltstein (= Kommission für Bayerische Landesgeschichte [Hrsg.]: Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 24). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1978, ISBN 3-7696-9908-4, S. 89 (Digitalisat).
  4. Siegert, S. 213, Fußnote (Digitalisat)
  5. Mader, S. 242
  6. Von Eckart nannte sich später Wilhelm Carl Joseph Adam Freyherr Eckart von und zu Ecker von Leonberg auf Mörlach, Carlshuld und Pirkensee, Stockenfels und Steflig, kurpfalz-bayerischer Kämmerer, des kaiserl. St.-Stephansordens Ritter und des löbl. Fränk. Kreises Generalmajor und Generalquartiermeister, kurkölnischer wirklicher Geheimer Rat. Siehe Waffler, S. 59.
  7. Waffler, S. 52–54.
  8. a b Siegert S. 213 f, Fußnote. (Digitalisat)
  9. Waffler, S. 51 f.
  10. Waffler, S. 55
  11. Intelligenz-Blatt der Königl. Baierischen Kreis-Hauptstadt Eichstätt vom 27. Februar 1813, Spalte 153
  12. Johann Wolfgang Hilpert: Mörlach. In: Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg. Bd. 21, S. 302. (Digitalisat)
  13. a b Alphabetisches Verzeichniß aller im Rezatkreise nach seiner durch die neueste Organisation erfolgten Constituirung enthaltenen Ortschaften: mit Angabe a. der Steuer-Distrikte, b. Gerichts-Bezirke, c. Rentämter, in welchen sie liegen, dann mehrerer anderer statistischen Notizen. Ansbach 1818, OCLC 1071656043, S. 59 (Digitalisat).
  14. Max Siebert: Das Königreich Bayern topographisch-statistisch in lexicographischer und tabellarischer Form dargestellt, München 1840, S. 219
  15. Waffler, S. 59
  16. a b Kgl. Statistisches Bureau (Hrsg.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Kreisen, Verwaltungsdistrikten, Gerichts-Sprengeln und Gemeinden unter Beifügung der Pfarrei-, Schul- und Postzugehörigkeit … mit einem alphabetischen General-Ortsregister enthaltend die Bevölkerung nach dem Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1875. Adolf Ackermann, München 1877, OCLC 183234026, 2. Abschnitt (Einwohnerzahlen vom 1. Dezember 1871, Viehzahlen von 1873), Sp. 890, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00052489-4 (Digitalisat).
  17. hilpoltstein.de
  18. Minettenheimer erfüllten sich einen Traum. Siehe nordbayern.de
  19. Neuburger Taschenbuch für 1808, Neuburg an der Donau 1807, S. 154
  20. Th. D. Popp: Matrikel des Bissthumes Eichstätt. Eichstätt: Ph. Brönner 1836, S. 82
  21. Max Siebert: Das Königreich Bayern topographisch-statistisch in lexicographischer und tabellarischer Form dargestellt, München 1840, S. 219
  22. Joseph Heyberger, Chr. Schmitt, v. Wachter: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. In: K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Bavaria. Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern. Band 5. Literarisch-artistische Anstalt der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, München 1867, OCLC 457951812, Sp. 714, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10374496-4 (Digitalisat).
  23. K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichnis des Königreichs Bayern, mit alphabetischem Ortsregister. LXV. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. München 1904, DNB 361988931, OCLC 556534974, Abschnitt II, Sp. 1220 (Digitalisat).
  24. Buchner I, S. 507
  25. Wolfgang Wiessner: Hilpoltstein (= Kommission für Bayerische Landesgeschichte [Hrsg.]: Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 24). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1978, ISBN 3-7696-9908-4, S. 256 (Digitalisat).
  26. Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961. Heft 260 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1964, DNB 453660959, OCLC 230947413, Abschnitt II, Sp. 797 (Digitalisat).
  27. Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern. Heft 335 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1973, DNB 740801384, OCLC 220710116, S. 180 (Digitalisat).
  28. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand: 25. Mai 1987. Heft 450 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München November 1991, DNB 94240937X, OCLC 231287364, S. 348 (Digitalisat).
  29. nordbayern.de
  30. Waffler, S. 59
  31. Buchner I, S. 505, 509
  32. Mader, S. 240
  33. Gemeinsam unterwegs. Kirchen und Pfarreien im Landkreis Roth und in der Stadt Schwabach, Schwabach/Roth o. J. [2000], S. 106
  34. Schematismus der Geistlichkeit des Erzbisthums München u. Freising für das Jahr 1851, S. 28