Nora Air Services

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NORA AIR SERVICES GmbH
IATA-Code:
ICAO-Code:
Rufzeichen:
Gründung: 1970
Betrieb eingestellt: 1972
Sitz: Kassel,
Deutschland Deutschland
Heimatflughafen: Verkehrslandeplatz Kassel-Calden
Unternehmensform: GmbH
Leitung:
  • Oskar Helberg (Vorsitzender)
  • Wilfried Helberg (CEO)
  • Gerhard Merz (CCO)
  • Helmut Mitschke (CTO)[1]
Flottenstärke: 5
Ziele: keine
NORA AIR SERVICES GmbH hat den Betrieb 1972 eingestellt. Die kursiv gesetzten Angaben beziehen sich auf den letzten Stand vor Einstellung des Betriebes.

Nora Air Services (eigentlich NORA AIR SERVICES GmbH, kurz NAS) war eine deutsche Fluggesellschaft mit Sitz in Kassel. Sie hat ihren Flugbetrieb niemals aufgenommen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Laufe des Jahres 1970 erfolgte die Gründung der Nora Air Services durch Oskar Helberg.[2] Mit aussichtsreichen Profitversprechen konnte Helberg Privatleute als Kommanditisten für sich und sein Unternehmen gewinnen. Diese brachten zu Beginn ein Kapital von 3 Mio. Mark in die Gesellschaft ein.[3] Im August desselben Jahres verkündete Nora Air Services, man wolle ab Oktober den Verkehrslandeplatz Kassel-Calden an Wochenenden mit europäischen Großstädten verbinden; hierzu kam es nicht.[2] Indes machte sich Helberg auf die Suche nach geeignetem Fluggerät und so kaufte er im Juni 1971 als Privatmann für einen Preis von 812.000 Mark vier Vickers Viscount von der Lufthansa.[4] Diese Maschinen wurden anschließend über eine in Liechtenstein ansässige Briefkastenfirma für 9,68 Mio. Mark an die eigentliche Nora Air Services als Abschreibungsobjekte verkauft.[5] Dasselbe Konzept wandte Helberg auch auf eine im Winter 1971 von der Bundeswehr erworbene Nord Noratlas an: Das eigentliche zur Verschrottung bestimmte Flugzeug, das Helberg als Privatmann für lediglich 72.000 Mark gekauft hatte, verkaufte er dem Unternehmen für 1,3 Mio. Mark.[6]

Um seine Kommanditisten keinen Verdacht schöpfen zu lassen und den Anschein einer baldigen Betriebsaufnahme zu erwecken, ließ Helberg die Maschinen des Typs Viscount in einem auffälligen Lila-Gelb bemalen. Am 28. August 1971 wurde die erste Viscount in den neuen Firmenfarben nach Beendigung der am Flughafen Hamburg durchgeführten Lackierungsarbeiten zur Heimatbasis nach Kassel überführt. Während der dortigen, feierlichen Ankunft verkündete man gleichzeitig die Aufnahme eines umfangreichen Flugprogramms zu Reisezielen – sehr wohl wissend, dass das Lufttüchtigkeitszeugnis ebendieser ersten Viscount bereits zwei Tage später ablaufen sollte. Die Lackierungsarbeiten an den restlichen Flugzeugen, einschließlich der eigentlich nicht mehr für den Flugbetrieb vorgesehenen Noratlas, wurden bis zum Dezember 1971 abgeschlossen. Die letztgenannte Maschine konnte erst am 16. Dezember 1971 dank einer Ausnahmegenehmigung vom Flugplatz Lemwerder zum Flughafen Bremen überführt werden.[3]

Im Januar 1972 vermeldete man seitens der Nora Air Services, dass mit dem Erhalt des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses für März oder April zu rechnen sei. Neben Passagierflügen waren auch der Transport von Fracht angedacht[2] und darüber hinaus habe man zwei Maschinen vom Typ Jakowlew Jak-40 bestellt.[7] Doch als auch auf diese erneute Ankündigung keine Taten folgten, wurden die geprellten Kommanditisten misstrauisch; über die Nora Air Services wurde in Abwesenheit des mit seinem Geld abgetauchten Oskar Helbergs gegen Ende 1972[8] das Insolvenzverfahren eröffnet. Während eine Viscount und die Noratlas nur noch über Schrottwert verfügten und infolgedessen an die Lufthansa beziehungsweise die Bremer Flughafenfeuerwehr als Trainingsobjekt übergeben wurden, konnte man die restlichen Viscount an British Midland Airways verkaufen.[3]

Mit dem Konkursverfahren nahm ebenfalls die Staatsanwaltschaft Kassel ihre Ermittlungen auf.[9] Der untergetauchte Helberg konnte später verhaftet werden.[2]

Flotte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Flotte der Nora Air Services setzte sich im Frühjahr 1972 aus den folgenden fünf Flugzeugen zusammen:[10][11]

Flugzeugtyp Anzahl Luftfahrzeugkennzeichen und Taufname Herkunft Verbleib
Nord Noratlas 1 D-ANAS Ex-Luftwaffe 52+13 an Bremer Flughafenfeuerwehr als Trainingsobjekt übergeben
Vickers Viscount 814D 4 D-ANAF Ex-Lufthansa bis Herbst 2012 Trainingsobjekt für Lufthansa-Mechanikerausbildung[12]
D-ANIP, Calden an British Midland Airways als G-BAPE
D-ANIZ an British Midland Airways als G-BAPG
D-ANUN, Westuffeln an British Midland Airways als G-BAPF
Gesamt 5

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 11. Januar 1980 behandelte die Fernsehsendung Aktenzeichen XY … ungelöst den Fall der Nora Air Services und die Suche nach Oskar Helberg.[6]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl-Dieter Seifert: Der deutsche Luftverkehr 1955–2000 – Weltverkehr, Liberalisierung, Globalisierung (= Die deutsche Luftfahrt. Nr. 29). Bernard & Graefe Verlag, Bonn 2001, ISBN 3-7637-6121-7.
  • Joachim Wölfer: Deutsche Passagier-Luftfahrt von 1955 bis heute. Mittler, Berlin / Bonn / Hamburg 1995, ISBN 3-8132-0477-4.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. World Airlines. Nora Air Services GmbH (NAS). In: Flight International. Band 101, Nr. 3296. IPC Business Press, London 18. Mai 1972, Supplement 34 (englisch, flightglobal.com [abgerufen am 2. August 2016] gilt für alle leitenden Positionen.).
  2. a b c d Wölfer, 1995, S. 118.
  3. a b c Wim Zwakhals: Nora Air Services. In: oud Zestienhoven.nl. Juni 2012, abgerufen am 2. August 2016 (niederländisch).
  4. Seifert, 2001, S. 110.
  5. Liechtenstein: Eine Treuhand wäscht die andere. In: Der Spiegel. Nr. 34, 1976, S. 38 (online).
  6. a b Aktenzeichen XY vom 11. Januar 1980: Betrug mit Schrott-Flugzeugen auf YouTube. Abgerufen am 2. August 2016.
  7. Russen über Hannover. In: Die Zeit, Nr. 16/1972
  8. World Airline Survey. Nora Air Services GmbH (NAS). In: Flight International. Band 103, Nr. 3341. IPC Business Press, London 22. März 1973, S. 464 (englisch, flightglobal.com [abgerufen am 2. August 2016]).
  9. Hauch von Geld. In: Der Spiegel. Nr. 34, 1973, S. 36 (online).
  10. JP aircraft-markings 72.
  11. Seifert, 2001, S. 379.
  12. Vickers Viscount 814 ist bald für Besucher begehbar. In: airliners.de. 11. September 2014, abgerufen am 2. August 2016.