Portal:Marxismus/Artikel der Woche/49

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Die Arbeitswerttheorie (Kurzform AWT, auch Arbeitswertlehre) ist ein Ansatz aus der klassischen Nationalökonomie. Danach wird der Wert einer Ware durch die Arbeitszeit bestimmt, die zu deren Produktion gesellschaftlich notwendig ist. Außerdem muss die Ware einen Gebrauchswert aufweisen. Ausgehend von diesen Voraussetzungen, werden in einer arbeitsteiligen Warenwirtschaft sowohl die Austauschverhältnisse (Tauschwert) bestimmt wie das Wirtschaftswachstum und die Verteilung des Einkommens, und zwar je nach dessen Entstehungsart auf die unterschiedlichen Klassen von Einkommensbeziehern.

Die AWT wird von Ökonomen unterschiedlich bewertet. Auf der einen Seite wird sie für "falsch" (so insbesondere der Grenznutzentheoretiker Eugen von Böhm-Bawerk: Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorien. 1884) oder "tot" (so Joseph A. Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. 1987 (zuerst: 1942), S. 49) erklärt. Dahingegen verteidigen fast alle Marxisten die AWT in der marxschen Form, wenn doch ihre präzise Explikation auch hier äußerst umstritten ist. 1927 hatte der spätere Nobelpreisträger Gunnar Myrdal mit seiner Kritik der AWT promoviert. Tatsächlich wird die AWT von Adam Smith ziemlich inkonsistent verwendet. Ob bzw. wie David Ricardo die AWT einsetzt, ist umstritten. Wie auch all die damit verbundenen Kontroversen ausgehen mögen, so wird die AWT nach wie vor ein wichtiger Bezugspunkt im Theorievergleich innerhalb der Politischen Ökonomie sowie den angrenzenden Wissenschaftsdisziplinen bleiben.

John Locke unternahm den Versuch, das Recht auf Eigentum naturrechtlich zu begründen, indem er es aus der produktiven Arbeit herleitet. Genau besehen hat er das individuelle Sacheigentum mit dem Eigentum jedes Menschen an seiner eigenen Person und an der Betätigung von deren Wirkkräften gerechtfertigt. Dies stellt offensichtlich ein juristisches Argument dar; es beinhaltet keinerlei ökonomische Analyse.

Zu betonen, es sei ethisch gefordert und/oder wirtschaftlich notwendig, dass jede Arbeit ("gerecht") entlohnt werde, ist logisch etwas ganz anderes als eine AWT wirtschaftswissenschaftlich zu vertreten, d. h. als eine theoretische Erklärung von ökonomischen Abläufen. So sagt Joseph A. Schumpeter in seiner Geschichte der ökonomischen Analyse über Scholastiker wie etwa Luis de Molina:

„Noch weniger als eine Kostentheorie des Wertes kann man, wie es geschehen ist, ihnen eine Arbeitswerttheorie unterstellen. Wir werden späterhin feststellen, daß die emotionale Anziehungskraft der letzteren einige Historiker veranlaßt hat, soviel Autoren wie möglich in diesem Sinne zu interpretieren. Man muß deshalb dessen eingedenk sein, daß die bloße Betonung der Bedeutung von Arbeit, Anstrengung oder Mühe im Wirtschaftsprozeß nicht eine Befürwortung des Lehrsatzes bedeutet, daß Arbeitsaufwand den Wert erklärt oder verursacht - und das ist, was unter Arbeitswerttheorie in diesem Buche verstanden wird.“

Joseph A. Schumpeter: Joseph A. Schumpeter, Elizabeth B. Schumpeter (Hrsg.): Geschichte der ökonomischen Analyse. Erster Teilband, Göttingen 1965. S. 144, Anm. 34

Wie Schumpeter feststellt, hat die moderne Sozialwissenschaft ihren Ursprung im Naturrecht, was besonders deutlich werde in Molinas Definition von der „Natur des Falles“ (rei natura). mehr