Reem Sahwil

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Reem Sahwil (* 2000 in Baalbek, Libanon) wurde während der Flüchtlingskrise 2015 als „weinendes Flüchtlingsmädchen“ bei einem Bürgerdialog mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannt. Nachdem sie als Staatenlose in Deutschland ab 2010 zunächst befristet geduldet wurde, erhielt sie eine Niederlassungserlaubnis und 2022 einen deutschen Pass.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reem Sahwil wurde im palästinensischen Flüchtlingsviertel Wavel der libanesischen Stadt Baalbek als Frühgeburt geboren. Sie hat von Geburt an einen Gehfehler und saß lange Zeit im Rollstuhl. 2006 erlitt sie zusätzlich einen Verkehrsunfall. 2010 kam die Familie nach Deutschland zwecks einer medizinischen Behandlung der Lähmung. Das Geld dafür wurde im näheren Umfeld der Familie aufgebracht. Reem Sahwil ging auf das Schulzentrum Paul Friedrich Scheel in Rostock, ein Förderzentrum für Körperbehinderte, und war in ihrer Klasse Klassensprecherin.[2] Seit 2016 kann sie wieder laufen. Sie erklärte im Juli 2016, dass es ihr „gesundheitlich immer besser“ gehe.[3]

Am 15. Juli 2015 fand der Bürgerdialog Gut leben in Deutschland mit Angela Merkel in der Schule statt. Es nahmen 29 Schüler teil. Spontan befragte Reem Sahwil die Bundeskanzlerin, ob sich der unsichere Aufenthaltsstatus ihrer Familie als befristet Geduldete verbessern ließe, da sie sonst keine Zukunft für sich sehe. Die Kanzlerin antwortete, dass sehr viele Menschen Asyl beantragen, es zu zeitlichen Verzögerungen in der Bearbeitung komme und manche Asylbewerber auch zurückgehen müssten. Sahwil begann zu weinen und wurde daraufhin von der Kanzlerin getröstet. Diese lobte sie auch für ihren Mut, ihre Problematik vorzutragen.

Ein Video-Ausschnitt aus diesem Gespräch löste kontroverse Reaktionen aus. So wurde die Kanzlerin als „gefühlskalt“ bezeichnet. Reem Sahwil selbst fand ihr gegenüber lobende Worte.[4]

Im Dezember 2015 trat Sahwil im Fernsehen in der RTL-Sendung „2015! Menschen, Bilder, Emotionen“, dem von Günther Jauch moderierten Jahresrückblick, auf.[5] Im April 2016 wurde sie zu einem Privatgespräch mit Angela Merkel ins Bundeskanzleramt geladen.

Die Duldung der Familie, die aus ihren Eltern, ihrem jüngeren Bruder, ihrer jüngeren Schwester und Reem besteht, galt bis zum Oktober 2017.[6][7] Positiv wurde die Berufstätigkeit des Vaters in der Flüchtlingshilfe und der Mutter in einer Weiterbildungseinrichtung gesehen sowie die gelungene Integration des Mädchens Reem. Sie lebt mit ihren Eltern und zwei Geschwistern in einem Plattenbau in Rostock-Evershagen.[7]

Im Juli 2016 wurde sie vom ARD-Magazin Brisant befragt und antwortete, dass sie durch den Medienrummel „viel mutiger …, viel selbstbewusster und auch ein bisschen selbstständiger“ geworden sei.[8] Sie erhielt zunächst eine Aufenthaltserlaubnis bis Oktober 2017.[9] Ende September 2017 wurde bekannt, dass sie eine Niederlassungserlaubnis erhalten hat, sodass sie und ihre Eltern dauerhaft in Deutschland bleiben können und vor Abschiebung geschützt sind.[10]

Im Februar 2019 hatte ihre Familie nur noch eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland bis zum Mai 2019 und sie selbst bereitete sich auf ihren Realschulabschluss vor.[11] Im Frühjahr 2020 ging sie aufs Gymnasium und gab an, dass sie nach dem Abitur am liebsten Psychologie studieren möchte.[12]

Antisemitismusvorwürfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über ihr Instagram-Profil verbreitete Sahwil nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023 ein Bild, auf dem die Umrisse Israels sowie der palästinensischen Gebiete zu sehen sind. Unter den Umrissen stand der antiisraelische Slogan From the River to the Sea mit dem Hashtag #freepalestine. Dafür wurde Sahwil Antisemitismus vorgeworfen.[13] Ihre Position zum Nahostkonflikt war bereits 2015 Gegenstand eines kritischen Berichts in der Welt.[14] Der CDU-Politiker Eckardt Rehberg forderte daraufhin, Sahwil die deutsche Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen.[15]

Buch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Reem Sahwil, Kerstin Kropac: Ich habe einen Traum. Als Flüchtlingskind in Deutschland. Wilhelm Heyne Verlag, München 2017, ISBN 978-3-453-60392-9.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nachrichtenvom 3.2.2023 12:00 Uhr. 3. Februar 2023, abgerufen am 3. Februar 2023 (Ab Minute 6:00 Interview mit Reem.).
  2. Jesse Coburn: Tearful Moment With Merkel Turns Migrant Girl Into a Potent Symbol. In: The New York Times. 20. Juli 2015, abgerufen am 15. Juli 2021 (englisch).
  3. jaha: Reem Sahwil: „Merkels Flüchtlingsmädchen“ erzählt von ihrem spektakulären vergangenen Jahr. In: Focus Online. 17. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2021.
  4. mcf/kfe/dpa: #merkelstreichelt und Asyl für Reem: NDR unterschlug entscheidende 3,5 Minuten. In: Nordbayerischer Kurier. 15. Juli 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. August 2016; abgerufen am 15. Juli 2021.
  5. Glenn Riedmeier: Gäste für Jahresrückblicke von Jauch und Lanz bekannt. In: wunschliste.de. 3. November 2015, abgerufen am 15. Juli 2021.
  6. epd/dpa/ott: Reem lobt Merkel. „Das war für sie und Deutschland alles nicht so einfach“. In: welt.de. 14. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2021.
  7. a b Judith Platz-Greitsch, NDR Landesfunkhaus MV: Reem Sahwil – Ein Jahr nach #merkelstreichelt. In: ndr.de. 17. Juli 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juli 2016; abgerufen am 15. Juli 2021.
  8. Ein Jahr nach emotionalem TV-Autritt. Flüchtlingsmädchen Reem: „Es ist alles schön“. In: Brisant. mdr.de, 16. Juli 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. August 2016; abgerufen am 15. Juli 2021.
  9. Judith Greitsch, NDR Landesfunkhaus MV: #merkelstreichelt – Wie geht es Reem Sahwil? In: ndr.de. 13. Juli 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. Juli 2017; abgerufen am 15. Juli 2021.
  10. mho/dpa: Flüchtlingsmädchen aus Rostock. Reem hat dauerhafte Aufenthaltserlaubnis. In: spiegel.de. 29. September 2017, abgerufen am 15. Juli 2021.
  11. RND/OZ/Alexander Müller: Das Flüchtlingsmädchen, das bei Merkel weinte: So geht es Reem heute. Reem Sahwil aus Rostock wurde durch ihre öffentliche Begegnung mit Kanzlerin Angela Merkel zum Symbol der deutschen Flüchtlingspolitik. Was ist aus ihr geworden? In: haz.de. 11. Februar 2019, abgerufen am 15. Juli 2021.
  12. Interview mit Felix Rettberg, in: Stern Nr. 9, 20. Februar 2020, S. 122.
  13. Tränen, jetzt Israel-Hass: Geschichte von Merkels Flüchtlingsmädchen Reem Sahwil. In: Focus Online. 14. November 2023, abgerufen am 31. Januar 2024.
  14. Zu Besuch bei Reem: So sieht das berühmte Flüchtlingsmädchen die Welt - WELT. 2. September 2015, abgerufen am 14. November 2023.
  15. https://amp.focus.de/panorama/welt/die-geschichte-des-fluechtlingsmaedchens-reem_id_245491790.html