From the River to the Sea

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Slogan auf Schild mit palästinensischer Flagge
Karte von Israel und den palästinensischen Gebieten gemäß dem Oslo-Abkommen. Der Jordan mit dem See Gennezaret (oben) und dem Toten Meer (unten) befindet sich auf der rechten Seite, das Mittelmeer auf der linken Seite.
Der Slogan auf einer pro-palästinensischen Demonstration in München am 9. Oktober 2023
Der Slogan bei Demonstration in Columbus

From the River to the Sea (arabisch من النهر إلى البحر) oder ohne Verkürzung From the River to the Sea, Palestine will be free ‚Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein‘ ist eine politische Parole, die im Zusammenhang mit dem Israel-Palästina-Konflikt verwendet wird. Sie bezieht sich auf das Gebiet zwischen Jordan („River“) und Mittelmeer („Sea“), zu dem neben Israel auch Westjordanland und Gazastreifen gehören. Oft wird diese Parole auf pro-palästinensischen Demonstrationen genutzt, wie auch von der Terrororganisation Hamas, dem Netzwerk Samidoun, der Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions[1] oder dem Free Gaza Movement.[2] Dabei reichen ihre Interpretationen von einer Forderung nach der Freiheit für Palästinenser von der israelischen Besatzung gemäß dem Völkerrecht[3][4] über den Aufruf für einen vereinten Staat für Juden und das palästinensische Volk in der gesamten Region Palästina bis hin zu einem Aufruf zur Vernichtung des israelischen Staates.

Herkunft, Bedeutung und Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hamas-Wahlplakat in Ramallah: „Palsetine [sic!] from Sea to Rever [sic!]“

Der Ausdruck „From the River to the Sea“ wurde in den 1960er Jahren von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) geprägt. Bei ihrer Gründung im Jahr 1964 forderte sie die Schaffung eines einzigen Staates vom Jordan bis zum Mittelmeer. Dieser Slogan wird heute von verschiedenen palästinensischen Gruppen als Aufruf zur Befreiung Palästinas von der israelischen Besatzung verwendet.[5]

Die vollständige Parole lautet „From the river to the sea, Palestine will be free“ und dient als Anspielung auf das Gebiet zwischen dem Fluss Jordan, der den Osten Israels im Norden begrenzt, und dem Mittelmeer im Westen. Die Verwendung dieses Slogans ist umstritten und Gegenstand unterschiedlicher Interpretationen und politischer Auseinandersetzungen. Verwendet wird er von friedlichen Bestrebungen zur Förderung der palästinensischen Unabhängigkeit bis hin zu kontroversen Debatten über den Nahostkonflikt, da er verschiedene politische und historische Bedeutungen enthalten kann.[6]

Die Hamas, die von mehreren Ländern und Organisationen als eine terroristische Gruppierung eingestuft wird, darunter die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und Israel, hat sich in ihrer Gründungs-Charta gegen die Existenz Israels ausgesprochen und das erklärte Ziel des bewaffneten Widerstands gegen Israel und dessen Vernichtung erklärt.[6][7]

Auch die israelische Likud-Partei bezieht sich in ihrem Gründungsdokument[8] vom Jahr 1977 auf diese Formel und fordert ein Großisrael vom Mittelmeer bis zum Jordan, in dem vollständige „israelische Souveränität“ gelten solle. In dem Dokument wird außerdem vor der Schaffung eines palästinensischen Staates gewarnt.[8]

Strafbarkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ob das Zeigen und Rufen der Parole strafbar ist, ist in Deutschland umstritten. In Berlin wird die Verwendung der Parole seit Ende Oktober 2023, als sie im Rahmen antisemitischer Ausschreitungen während des Krieges in Israel und Gaza 2023 einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, als strafbar eingeordnet.[9] Am 4. November 2023 beschlagnahmte die Polizei ein Plakat mit der Parole, obwohl die Wörter river, sea und Palestine geschwärzt waren.[10] Laut dem Strafrechtler Thomas Fischer ist die Nutzung der Parole im öffentlichen Raum im konkreten Bedeutungszusammenhang nach § 140 StGB (Billigung von Straftaten) strafbar.[11] Eine Polizeisprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Staatsanwaltschaft bei der Parole einen Anfangsverdacht auf Volksverhetzung nach § 130 StGB sehe, weil das Existenzrecht Israels dadurch in Frage gestellt werde und sie das als strafbar einordne. Andere Parolen, die Israel angreifen, seien jedoch als Meinungsäußerung zulässig.[12][13] Wie die Ermittlungsverfahren ausgehen, ist noch offen. Denn dass „die Ermittler einen Anfangsverdacht bejahen, heißt nicht, dass die Staatsanwaltschaft wegen der Parole später Anklage erheben wird“.[14] Das Verwaltungsgericht Berlin dagegen entschied im August 2023, dass die Parole für sich genommen nicht strafbar sei, da sie weder zu Gewalt aufrufe noch das Existenzrecht Israels in Frage stelle: Die Deutung, dass damit ganz allgemein Freiheit und Gleichberechtigung in dem bezeichneten Gebiet gefordert werde, sei nicht ausgeschlossen.[10] Die Generalstaatsanwaltschaft München kündigte im November 2023 an, bei Verwendung des Slogans in Bayern künftig Ermittlungen wegen des Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen einzuleiten. Dies begründete sie mit dem Verbot des Slogans durch das Bundesinnenministerium im Rahmen des Betätigungsverbots gegen Samidoun.[15] Ob der Slogan durch das Betätigungsverbot von Samidoun[16] nach § 86a StGB strafbar ist, ist umstritten.[17]

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschied im März 2024, dass die Stadt Frankfurt die Parole bei Demos erlauben muss. Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs urteilte, dass die Parole nichts darüber aussage wie dieses Ziel erreicht werden solle. Es seien verschiedene Wege denkbar, dieses abstrakte Ziel zu erreichen. „Ob diese Wege politisch realistisch seien, sei dabei unerheblich, so die Kasseler Richter“.[18]

Niederlande[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Oktober 2023 entschied das niederländische Unterhaus, dass der Slogan „From the river to the sea, Palestine will be free“ ein Aufruf zur Gewalt sei. Die Parteien waren der Ansicht, dass die Erklärung die Zerstörung Israels fordere. Neben der JA21, die den Antrag eingebracht hatte, stimmten auch die VVD, die PVV, die CDA, die ChristenUnie, die SGP, die BBB, Omtzigt und die Groep Van Haga für den Antrag. Der Antrag wurde während der Debatte mit dem scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte über den Krieg zwischen der Hamas und Israel eingebracht.[19]

Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Gruppe namens „Palästinenser Solidarität Österreich“ (PSÖ) postete auf ihrer Website die Einladung zu einer polizeilich angemeldeten „Pro-Palästina-Demo“ auf Arabisch. Am unteren Ende der Einladung stand der Aufruf mit dem Slogan. Am 11. Oktober 2023 verbot die Wiener Polizei diese Demonstration mit der Begründung, dass die Formulierung „From the river to the sea, Palestine will be free“ in den Einladungen, auch in Flugblättern, einen Verstoß gegen die Menschenrechte darstelle. Der Polizeichef der Stadt, Gerhard Pürstl, sagte auf einer Pressekonferenz wenige Stunden vor der Demonstration, die Polizei interpretiere dies im aktuellen Kontext als „klaren Aufruf zur Gewalt“, und fügte hinzu, dass damit die Auslöschung Israels von der Landkarte gemeint sei.[20][21]

Positionierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 3. November 2023 kündigte der 1. FSV Mainz 05 dem niederländischen Fußballspieler Anwar El Ghazi fristlos. Der Verein reagierte damit auf die Äußerungen und Posts El Ghazis in den sozialen Medien.[22] El Ghazi hatte auf seinem Instagram-Kanal „I stand with Palestine“ in Verbindung mit der Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ gepostet. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz leitete ein Ermittlungsverfahren ein und erläuterte: „Gegen den Beschuldigten besteht nach unserer Bewertung der Anfangsverdacht der Störung des öffentlichen Friedens durch Billigen von Straftaten in Tateinheit mit Volksverhetzung durch Verbreiten eines Inhalts“.[23]

Am 1. November 2023 verbot der englische Fußballverband seinen Spielern, diesen Slogan auf Social Media zu verwenden.[24]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: From the River to the Sea, Palestine will be free – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Cary Nelson: Israel Denial: Anti-Zionism, Anti-Semitism, & the Faculty Campaign Against the Jewish State. Indiana University Press, 2019, ISBN 0-253-04504-5, S. 9 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. https://www.adl.org/sites/default/files/Free-Gaza-Movement-NW.pdf
  3. Resolution 181. Vereinte Nationen Generalversammlung, 1947, abgerufen am 11. November 2023.
  4. Resolutionen und Beschlüsse des Sicherheitsrats 1980. Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, 1982, abgerufen am 11. November 2023.
  5. Pro-Palästina-Parole: Die Geschichte des Slogans „From the River to the Sea …“ In: tagesanzeiger.ch. 2. November 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  6. a b Daniel Boffey: ‘From the river to the sea’: where does the slogan come from and what does it mean? In: www.theguardian.com. 31. Oktober 2023, abgerufen am 4. Oktober 2023 (englisch).
  7. Thomas Kaspar, Hanning Voigts: „Wer freies Palästina ‚from the River to the Sea‘ fordert, meint Palästina ohne Israel“. In: www.fr.de. 5. Juli 2021, abgerufen am 4. November 2023.
  8. a b Original Party Platform of the Likud Party. Abgerufen am 11. November 2023 (englisch): „between the Sea and the Jordan there will only be Israeli sovereignty“
  9. Pro-Palästina-Parole: Die Geschichte des Slogans „From the River to the Sea …“ In: tagesanzeiger.ch. 2. November 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  10. a b Christian Rath: „From the xxx to the xxx …“ In: taz. 9. November 2023, S. 7 (taz.de).
  11. Ist Jubel über Terror strafbar? In: lto.de. 16. Oktober 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  12. Demonstrationen: Palästina-Parole strafbar: „From the River to the Sea“. In: zeit.de. 13. Oktober 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  13. Palästina-Parole strafbar: „From the River to the Sea“. In: merkur.de. 3. November 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  14. „Palestine will be free“: Polizei ermittelt nun doch wegen israelfeindlicher Parolen „From the River to the Sea“. In: lto.de. 13. Oktober 2023, abgerufen am 3. November 2023 (Korrigiert am 16.10.2023).
  15. Land: Antiisraelischer Slogan ist Terror-Kennzeichen. In: zeit.de. 10. November 2023, abgerufen am 12. November 2023.
  16. Bekanntmachung eines Vereinsverbots gegen die Vereinigung Samidoun vom 2. November 2023
  17. Hamas-Verbot: 'From the River to the Sea' nun strafbar? In: LTO. Abgerufen am 25. November 2023.
  18. Stadt muss Parole «From the river to the sea» erlauben. In: welt.de. Abgerufen am 23. März 2024.
  19. „From the river to the sea“-leus is geweldsoproep, vindt Kamermeerderheid. In: nos.nl. 25. Oktober 2023, abgerufen am 3. November 2023 (niederländisch).
  20. „From the river to the sea“' prompts Vienna to ban pro-Palestinian protest. In: reuters.com. 11. Oktober 2023, abgerufen am 3. November 2023 (englisch).
  21. Nahost-Konflikt: Judenhass im Herzen Wiens: Wer hinter den Demos steckt. In: profil.at. 14. Oktober 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  22. Mainz 05 beendet Vertragsverhältnis mit Anwar El Ghazi. In: mainz05.de. 3. November 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  23. Staatsanwaltschaft ermittelt, Mainz 05 kündigt Vertrag. In: faz.net. 3. November 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  24. Pro-Palästina-Parole: Die Geschichte des Slogans „From the River to the Sea …“ In: tagesanzeiger.ch. 2. November 2023, abgerufen am 3. November 2023.