Rjadino (Kaliningrad)

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Siedlung
Rjadino
Raudszen (Rautengrund) und Bambe (Heidenanger)

Рядино
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Neman
Gegründet 1823 (Bambe)
Frühere Namen I. Raudszen (bis 1936),
Raudschen (bis 1938),
Rautengrund (bis 1946)

II: Bambe (bis 1938),
Heidenanger (Ostpr.) (bis 1946),
Lugowoje (bis vor 1975)
Bevölkerung 19 Einwohner
(Stand: 1. Okt. 2021)[1]
Höhe des Zentrums 14 m
Zeitzone UTC+2
Telefonvorwahl (+7) 40162
Postleitzahl 238702
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 221 000 044
Geographische Lage
Koordinaten 55° 2′ N, 22° 12′ OKoordinaten: 55° 2′ 1″ N, 22° 11′ 56″ O
Rjadino (Kaliningrad) (Europäisches Russland)
Rjadino (Kaliningrad) (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Rjadino (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
Rjadino (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad

Rjadino (russisch Рядино, deutsch Raudszen, 1936 bis 1938 Raudschen, 1938 bis 1945 Rautengrund, auch: Bambe, 1938 bis 1945 Heidenanger (Ostpr.), litauisch Raudžiai, auch: Bambė) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad. Er gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Neman im Rajon Neman.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rjadino liegt zehn Kilometer östlich der Rajonstadt Neman (Ragnit) an einer Nebenstraße, die von Gorino (Ober Eißeln) an der Regionalstraße 27A-025 (ex R508) über Bolschoje Selo (Unter Eißeln) nach hier führt. Der südöstliche Teil der Ortschaft (ehemals: Raudszen/Rautengrund) liegt an der Scheschupe (dt. Scheschuppe/Ostfluss, litauisch: Šešupė), der nordwestliche Teil (ehemals: Bambe/Heidenanger) liegt an der Memel (russisch: Neman). Eine Bahnanbindung gibt es nicht.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Raudszen (Rautengrund)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Raudszen war im 18. Jahrhundert ein königliches Bauerndorf.[2] Es bestand aus verstreuten größeren und kleineren Höfen beiderseits der Szeszuppe.[3] Der Ort gehörte zu den ältesten und größten Dörfern im Kirchspiel Groß Lenkeningken (heute russisch: Lesnoje). Wann die ersten Bewohner hier sesshaft wurden, ist nicht belegt, doch ist das wohl schon vor der Ordenszeit gewesen. Im Jahre 1874 wurde die Landgemeinde Raudszen Sitz und namensgebend für einen Amtsbezirk im Kreis Ragnit.[4] Im Jahr 1928 wurden die beiden Gutsbezirke Aszolienen (s. u.) und Lenken (heute russisch Lagernoje) in die Landgemeinde Raudszen eingegliedert. 1929 wurde auch die Försterei Dachsberg angeschlossen (55° 2′ 11″ N, 22° 14′ 5″ O, nicht mehr vorhanden). 1936 wurde die Schreibweise des Ortes in Raudschen geändert und 1938 folgte die Umbenennung in Rautengrund. In Folge des Zweiten Weltkriegs kam der Ort 1945 mit dem nördlichen Ostpreußen zur Sowjetunion.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner Bemerkungen
1867[5] 535
1871[5] 523
1885[6] 553
1905[7] 472
1910[8] 445
1933[9] 484 Einschließlich Aszolienen, Dachsberg und Lenken
1939[10] 515 Einschließlich Aschelingen (Aszolienen), Dachsberg und Lenken

Amtsbezirk Raudszen/Rautengrund (1874–1945)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen 1874 und 1945 bestand der Amtsbezirk Raudszen (ab 1936 „Amtsbezirk Raudschen“, ab 1939 „Amtsbezirk Rautengrund“) im Kreis Ragnit (ab 1922 Kreis Tilsit-Ragnit) mit folgenden Landgemeinden (LG) und Gutsbezirken (GB):[4]

Name Änderungsname
von 1938
Russischer Name
nach 1945
Bemerkungen
Aszolienen (GB) Aschelingen 1928 nach Raudszen eingemeindet
Bambe (LG) Heidenanger (Ostpr.) Lugowoje
Groß Lenkeningken (LG) Großlenkenau Lesnoje
Lenken (GB) Lagernoje 1928 nach Raudszen eingemeindet
Lobellen (GB) Russino Seit etwa 1880. Vorher war Lobellen ein Vorwerk vom Remontedepot Neuhof-Ragnit. Seit 1924 Landgemeinde.
Raudszen,
1936–1938: Raudschen (LG)
Rautengrund Rjadino
Reisterbruch (LG) Sosnowka
ab 1909: Giewerlauken (LG) Hirschflur Nikolskoje 1909 aus dem Amtsbezirk Galbrasten umgegliedert
ab 1909: Juckstein (LG) Kraineje 1909 aus dem Amtsbezirk Juckstein umgegliedert
ab 1930: Nettschunen (LG) Dammfelde (Ostpr.) Tuschino 1930 aus dem Amtsbezirk Titschken umgegliedert

Bemerkenswertes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Rautengrund wurde das Pferd Julmond, einer der wichtigsten Trakehnerhengste gezüchtet. Es kam aus dem Stall des Bauern Mickoleit.

Aszolienen (Aschelingen)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

55° 3′ 3″ N, 22° 15′ 17″ O

Aszolienen war im 18. Jahrhundert ein adeliges Vorwerk,[11] das um 1860 zum Gut Lenken (heute russisch: Lagernoje) gehörte.[12] 1874 wurde Aszolienen als eigenständiger Gutsbezirk in den neu gebildeten Amtsbezirk Raudszen im Kreis Ragnit eingegliedert.[4] 1928 wurde der Gutsbezirk Aszolienen in die Landgemeinde Raudszen eingegliedert. Dort erfolgte 1938 die Umbenennung des Ortes in Aschelingen.

Ob der Ort nach 1945 noch wiederbesiedelt wurde, ist unbekannt. Die verlassene Ortsstelle befindet sich heute im Rajon Krasnosnamensk.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jahr Einwohner
1867[5] 57
1871[5] 58
1885[6] 61
1905[7] 29
1910[8] 41
1925[13] 36

Bambe (Heidenanger) / Lugowoje[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

55° 2′ 48″ N, 22° 10′ 15″ O

Das idyllisch am Bambe-Teich, einem toten Arm der Memel gelegene Bambe bestand im 18. Jahrhundert nur aus einem Anwesen, wo man sich mit der Produktion von Heu für die Pferdezucht beschäftigte.[14] Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstand dort ein Vorwerk, das zunächst zum Gut Lenken gehörte. Daneben gab es eine Forstkolonie, die 1874 in eine Landgemeinde umgewandelt wurde, welche dem neu gebildeten Amtsbezirk Raudszen zugeordnet wurde.[4] Das Vorwerk Bambe gehörte nun zum Remontedepot Neuhof-Ragnit und seit etwa 1880 zum Gutsbezirk Lobellen. Bambe war Schulort, zunächst mit einer einklassigen, seit etwa 1900 mit einer zweiklassigen Volksschule, die für 60 Kinder ausgelegt war und auch für Reisterbruch und (teilweise ?) Raudszen zuständig war. 1938 wurde der Ort in Heidenanger (Ostpr.) umbenannt.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kam der Ort mit dem nördlichen Ostpreußen zur Sowjetunion. Er wurde im Jahr 1950 in Lugowoje umbenannt und dem Dorfsowjet Bolschesselski im Rajon Sowetsk zugeordnet.[15] Am nun osero Jasykowoje genannten Teich wurde ein Ferienlager für Kinder eingerichtet.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner Bemerkungen
1867[5] 182
1871[5] 193 Auf dem Vorwerk zusätzlich 24
1885[6] 187 Auf dem Vorwerk zusätzlich 17
1905[7] 176 Auf dem Vorwerk zusätzlich 20
1910[8] 148
1933[9] 195
1939[10] 178

Rjadino[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1947 wurde Raudszen (Rautengrund) in Rjadino umbenannt und gleichzeitig dem Dorfsowjet Bolschesselski selski Sowet im Rajon Sowetsk zugeordnet.[16] Vor 1975 wurde der Ort Lugowoje (s. o.) an Rjadino angeschlossen.[17] Von 2008 bis 2016 gehörte Rjadino zur städtischen Gemeinde Nemanskoje selskoje posselenije und seither zum Stadtkreis Neman.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner
1984[18] ~ 40
2002[19] 36
2010[20] 14

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sowohl die Bevölkerung von Raudszen/Raudschen resp. Rautengrund als auch von Bambe resp. Heidenanger war vor 1945 fast ausnahmslos evangelischer Konfession. Beide Dörfer waren bis 1897 in die Kirche in Ragnit eingepfarrt, danach in das neu gegründete Kirchspiel Groß Lenkeningken (der Ort hieß von 1938 bis 1946: Großlenkenau, heute russisch: Lesnoje). Beide waren Teil der Diözese Ragnit im Kirchenkreis Tilsit-Ragnit innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Heute liegt Rjadino im weitflächigen Einzugsbereich der neu entstandenen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Sabrodino (Lesgewangminnen, 1938 bis 1946 Lesgewangen) innerhalb der Propstei Kaliningrad[21] (Königsberg) der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Hofer: Am Memelstrom und Ostfluß, Düsseldorf 1967 (Darin Heidenanger (Bambe), S. 31–35, Rautengrund (Raudszen) einschl. Lenken, S. 61–63).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
  2. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I, Königsberg/Leipzig 1785, Volständige Topographie vom Litthauischen Cammer-Departement, S. 129.
  3. D. Lange, Geographisches Ortsregister Ostpreußen (2005): Rautengrund
  4. a b c d Rolf Jehke, Amtsbezirk Raudszen/Raudschen/Rautengrund
  5. a b c d e f Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871, Berlin 1874
  6. a b c Gemeindelexikon für das Königreich Preußen, I. Provinz Ostpreußen, Berlin 1888
  7. a b c Gemeindelexikon für das Königreich Preußen, Heft 1, Provinz Ostpreußen, Berlin 1907
  8. a b c Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Ragnit
  9. a b Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich, Teil I: Altreich und Land Österreich. Herausgegeben vom Statistischen Reichsamt, Vierte Auflage, 1939
  10. a b Michael Rademacher: Stadt Tilsit und Landkreis Tilsit–Ragnit/Pogegen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  11. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I, Königsberg/Leipzig 1785, Volständige Topographie vom Litthauischen Cammer-Departement, S. 5.
  12. Preußisches Urmesstischblatt Nr. 88 (1861)
  13. Zeitschrift des Preussischen Statistischen Landesamts, Band 67, 1927
  14. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I, Königsberg/Leipzig 1785, Volständige Topographie vom Litthauischen Cammer-Departement, S. 9.
  15. Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 5 июля 1950 г., №745/3, «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Erlass 745/3 des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR "Über die Umbenennung der Orte der Oblast Kaliningrad" vom 5. Juli 1950)
  16. Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 17 ноября 1947 г. «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Verordnung des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR "Über die Umbenennung der Orte des Gebiets Kaliningrad" vom 17. November 1947)
  17. Административно-территориальное деление Калининградской области 1975 (Die administrativ-territoriale Einteilung der Oblast Kaliningrad 1975, herausgegeben vom Sowjet der Oblast Kaliningrad)
  18. Sowjetische Topographische Karte 100k--n34-033
  19. Allrussische Volkszählung von 2002
  20. Allrussische Volkszählung von 2010
  21. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.propstei-kaliningrad.info