Schloss Kaarz

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Das Herrenhaus „Schloss Kaarz“

Das Herrenhaus Schloss Kaarz gehört zur Gemeinde Weitendorf im Amt Sternberger Seenlandschaft (vormals Amt Sternberg) und bildet den Mittelpunkt einer Gutsanlage. Es liegt in Mecklenburg-Vorpommern zwischen Schwerin und Güstrow. Das Schloss wird touristisch genutzt und dient als Hotel, Café und Restaurant.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gut Kaarz wurde im 17. Jahrhundert gegründet. Um 1770 gehörte das Gut Kaarz mit Weselin dem bürgerlichen Grundherren Georg Salchow.[1] Im Jahr 1796 erhielt es die Familie von Weltzien als Pfand und von 1797 bis 1814 erblich.[2] Einer der letzten Vertreter dieser Familie war der Offizier Hans Friedrich von Weltzien.[3] Im Jahr 1816 kaufte Burchard Hartwig von Bülow (1770–1847) das Lehngut.[4] Nach dessen Tod wurde Eduard Wilhelm von Bülow (1816–1889) im Jahre 1849 Besitzer.[5] Das Gut war bis zum Jahre 1869, nach direkten genealogischen Angaben der Fachliteratur, nur bis 1859,[6] im Besitz der Familie von Bülow. Im Jahr 1872 kaufte es der Hamburger Reeder und Kaufmann Julius Hüniken.[7] Er ließ das heutige Herrenhaus durch die Architekten Friedrich Saniter und Albrecht Becker errichten und den Park anlegen.

Nach dem Tod von Julius Hüniken 1891 fiel per Losentscheid stiftungsgemäß das Gut an dessen unmündigen[8] Sohn Julius Hüniken. Er ließ ab 1902 Umbauten im Schloss durchführen und den Park zu einem englischen Landschaftspark umgestalten. Zum Schloss gehörte kurz vor der großen Wirtschaftskrise 1929 als Besitz neben dem eigentlichen Hauptgut Weselin als Allod noch Brüel-Weitendorf als Familienfideikommiss, in der Gesamtheit 819 ha, davon gut 570 ha Wald.[9] Im Zweiten Weltkrieg nahm Hüniken Familienangehörige zum Schutz vor Bombenangriffen auf Hamburg auf. Bei der Besetzung durch die Rote Armee im April 1945 verblieb Hüniken im Gegensatz zu seinen Familienangehörigen zunächst in Kaarz, flüchtete nach Demütigungen jedoch im September in den Westen.[10]

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Gutshaus eine Zeitlang von der Roten Armee besetzt, anschließend wurde es u. a. als Auffanglager für Flüchtlinge aus den Ostgebieten genutzt. Bis 1945 war die einklassige Dorfschule für die Kinder aus Kaarz im kleinen Ortsteil Hütthof untergebracht. Im Oktober 1945 begann wieder der Schulunterricht nach dem Krieg in der Schule Hütthof. Durch den Zugang der vielen Flüchtlingskinder war der Klassenraum in Hütthoff überfüllt. Nach Abzug der Ortskommandantur der Roten Armee 1946 entstanden zwei Klassenräume und eine Lehrerwohnung in der unteren Etage im Schloss. 1946 wurde in den unteren Räumen für die Kinder aus Kaarz, Necheln, Schönlage (zeitweilig) und Weitendorf (zeitweilig) die zweiklassige Grundschule Kaarz eingerichtet. Später wurde das Gutshaus als Altenheim (1964–1988) genutzt und dazu umgebaut. Während dieser Zeit verfiel das Haus immer mehr. 1992 kaufte die Familie Gaertner/Hüniken das Schloss zurück. Anschließend wurde das Gebäude umfangreich saniert. 2013 wurde die Gutsanlage an die niederländische Unternehmerin Fanja Pon verkauft. Pon besitzt in der Umgebung weitere als Hotel genutzte ehemalige Gutsanlagen, einen Golfplatz und Agrarunternehmen.[11]

Baulichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Schloss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das zumeist als Schloss bezeichnete neoklassizistische Herrenhaus liegt oberhalb einer kleinen Anhöhe, die Fassaden sind zurückhaltend geschmückt, auffallend ist der große Turm im Stile eines Monopteros mit seiner originalen, gusseisernen Wendeltreppe. Im Inneren haben sich nur wenige originale Ausstattungsstücke erhalten, so der Kamin im Roten Salon und die Deckenmalerei im Foyer. Unterbrechungen im Stuck der kleinen Bibliothek weisen auf die Umbauten für das Altenheim hin, als an dieser Stelle einige Wände eingezogen wurden.

Der Schlosspark[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schlosspark wurde als englischer Landschaftspark von Carl Ansorge ab 1873 angelegt.[12] Die Anlage ist mit seltenen Bäumen und Pflanzen ausgestattet, unter anderem finden sich hier mehrere alte Eichen, Douglasien[13] und Zypressen[14]. Im Park stehen versteckt außerdem die neugotische Kapelle der Familie von Bülow[15] sowie das Mausoleum der Familie Hüniken im Stile der Neorenaissance. Im oberen Teil des Schlossparkes, links von der Straße nach Weitendorf (oberer Pappelberg), stand bis 1946 ein kleiner Teepavillon, errichtet in fernöstlichen Baustil. Den gesamten Schlosspark umgab ein Metallzaun. An den Einfahrten zum Schloss standen auf Steinsockeln in natürlicher Größe verschiedene Tiere. An der Hauptauffahrt aus Richtung Weitendorf zwei kapitale Hirsche, an der Einfahrt vom Gutshof zwei Löwen und an den Weg nach Hütthof zwei Füchse. Die Einfahrten waren aus verzierten Metalltoren. Nach 1945 begann der langsame Zerfall der Anlagen oder Teile wurden zu Schrott zerkleinert. Der Parkbereich ist für Besucher geöffnet. Das Schloss und der Schlosspark liegen in unmittelbarer Nachbarschaft des ausgedehnten Waldgebietes Kaarzer Holz.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Genealogisches Handbuch Bürgerlicher Familien, ein Deutsches Geschlechterbuch. 1904. In: Bernhard Koerner, Ad. M. Hildebrandt (Hrsg.): GHdBF/DGB. Band 11, Studemund-Salchow. C. A. Starke, Görlitz 3. November 1903, S. 480 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 3. Januar 2022]).
  2. Gustav von Lehsten: Der Adel Mecklenburgs seit dem landesgrundgesetzlichen Erbvergleiche (1755), J.G. Tiedemann, Rostock 1864, S. 287 Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D9rNXAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA287~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  3. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1901. Der in Deutschland eingeborene Adel (Uradel). In: "Der Gotha", publiziert bis 1942. Zweiter Jahrgang Auflage. Adelige Häuser nach alphabetischer Ordnung., Weltzien. Justus Perthes, Gotha 15. November 1900, S. 911–914 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 3. Januar 2022]).
  4. Jacob Friedrich Joachim von Bülow, Paul von Bülow: Familienbuch der von Bülow, Berlin 1858, S. 241, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DFcVsIpWU3gcC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA241~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  5. III. Abtheilung, Grossherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt, 1849, Nr. 22, Schwerin, S. 112 Digitalisat
  6. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1911. Der in Deutschland eingeborene Adel (Uradel). 12. Auflage. Bülow. Genealogie. 2. Zweig Zibühl. 2. Haus, digital.familysearch.org. Justus Perthes, Gotha Oktober 1910, S. 175–176 (d-nb.info [abgerufen am 3. Januar 2022]).
  7. III. Abtheilung, Regierungsblatt für Mecklenburg-Schwerin, Jahrgang 1872, Nr. 52, S. 327, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DJV-wAAAAMAA~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA327~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  8. Programm des Groszherzoglichen Gymnasium Friderico-Francisceum zu Doberan. Ausgegeben Ostern 1896 von Dr. W. Kühne, Director. Schulnachrichten. 1896. Progr. Nr. 664. Druck von Herm. Rehse & Co., Doberan 1896, S. 8 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 3. Januar 2022]).
  9. Ernst Seyfert, Hans Wehner, W. Baarck: Niekammer`s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Band IV. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Rittergüter, Güter und Höfe von Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter, Güter und Höfe von ca. 20 ha aufwärts mit Angabe der Gutseigenschaft, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung vieler Behörden und der Landbünde zu Güstrow und Neubrandenburg (Hrsg.): 4. Letzte Ausgabe. 4. Auflage. IV Reihe Paul Niekammer. Verlag von Niekammer`s Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1928, S. 222 (g-h-h.de [abgerufen am 3. Januar 2022]).
  10. VOM BAUERNDORF ZUM SCHLOSSGUT. Abgerufen am 18. Dezember 2018.
  11. Riesenstall in Keez wird nicht gebaut. svz.de, 10. Dezember 2015, abgerufen am 18. Dezember 2018.
  12. Carl Ansorge (1849–1915) war im Jahr 1873 als Gehilfe in der Baumschule „James Booth & Söhne“, deren Inhaber John Cornelius Booth war, angestellt. (Quelle: Nachruf Carl Ansorge, in: Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, Nr. 24, 1915, S. 325–326) Kein Nachruf erwähnt, er habe einen Park gestaltet. Carl Ansorge wurde bisweilen als Schüler des bekannten Gartenbaudirektors Peter Joseph Lenné bezeichnet, doch war Ansorge wohl nicht bei der „Königlichen Gärtnerlehranstalt am Wildpark bei Potsdam“ beschäftigt, deren Direktor Peter Joseph Lenné bis zum Tod 1866 war.
  13. Im Jahr 1874 gepflanzt (Fritz Wiese: Die Nadelhölzer Mecklenburg-Schwerins. In: Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, Nr. 33, 1923, S. 126, (Hinweis auf Erwähnung in: Bericht über die 7. Versammlung des Vereins mecklenburgischer Forstwirte 1879, S. 33))
  14. Lawsons Lebensbaumzypresse, „Prachtvolles Exemplar in Kaarz“. (Fritz Wiese: Die Nadelhölzer Mecklenburg-Schwerins. In: Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, Nr. 33, 1923, S. 131)
  15. Burchard von Bülow und seine vor ihm verstorbene Frau Marianne, geb. Gräfin von Bassewitz wurden hier beigesetzt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Schloss Kaarz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 53° 41′ 55″ N, 11° 43′ 42″ O