Sendhandbuch des Regino von Prüm

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Die Libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis (deutsch „Zwei Bücher über das Sendgericht und die kirchliche Disziplin“; im Deutschen meist einfach Reginos „Sendhandbuch“ genannt) sind eine kanonische Sammlung, die Regino von Prüm im Jahr 906 angelegt hat.

Inhalt, Quellen, Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sammlung enthält 909 oft kurze Kanones, die meisten davon sind Auszüge aus Konzilsbeschlüssen, Bußbüchern und Kapitularien, darunter die Sammlung des Ansegis und Benedictus Levita; dazu kommen Schriften der Kirchenväter, Dekretalen und vereinzelt das römische Recht. Im Vergleich zu anderen Sammlungen hat Regino sehr viele Beschlüsse nordalpiner Synoden aufgenommen und dabei oft relativ kurz zurückliegende Synoden berücksichtigt.

Bischöfe waren verpflichtet, regelmäßig Visitationen einzelner Gemeinden in ihren Bistümern durchzuführen. Dabei sollten die Zustände vor Ort überprüft, eventuelle Missstände behoben und individuelle Verfehlungen bestraft werden. Das wichtigste Instrument dafür war das Sendgericht, für dessen Durchführung Regino sein Handbuch gedacht hat, wie er im Widmungsbrief ausdrücklich schreibt. Es enthält auch mehrere Fragekataloge, mit denen die Vergehen sowohl des Klerus als auch der Laien aufgespürt werden sollten. Die oft detaillierten Fragen, die Beschreibung einzelner Delikte und die unterschiedlich schweren Bußen, die das Sendhandbuch nennt, machen es zu einer wertvollen historischen Quelle auch für das Alltagsleben des früheren Mittelalters. Ausführlich werden Ehe und Sexualität behandelt, besonders auch das Verbot von Ehen und sexuellen Beziehungen mit Verwandten (Inzest).

Reginos Sendhandbuch fand bis ins Hochmittelalter weite Verbreitung. Burchard von Worms nutzte Anfang des 11. Jahrhunderts vor allem Reginos Sammlung (und die Collectio Anselmo dedicata), um seine eigene Sammlung, den Liber decretorum, zu kompilieren.

Editionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilfried Hartmann bereitet eine kritische Edition des Sendhandbuchs vor.[1] Vorerst ist seine zweisprachige FSGA-Ausgabe die beste verfügbare Ausgabe. Für die wenigen Passagen, die hier ausgelassen sind, ist immer noch Wasserschlebens Ausgabe zu verwenden.

  • Hermann Wasserschleben (Hrsg.): Reginonis abbatis Prumiensis Libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis. Ex diversis sanctorum patrum conciliis atque decretis collecti. Engelmann, Leipzig 1840, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10743904-1.
  • Wilfried Hartmann (Hrsg.): Das Sendhandbuch des Regino von Prüm (= Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, Reihe A: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Band 42). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-14341-8.
  • Robert Somerville, Bruce Clark Brasington: Prefaces to Canon Law Books in Latin Christianity: Selected Translations, 500–1317 (= Studies in medieval and early modern canon law. Band 18). 2. Auflage. Catholic University of America Press, Washington 2020, ISBN 978-0-8132-3341-3, S. 104–109 [nur das Vorwort].

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Linda Fowler-Magerl: Clavis Canonum: Selected Canon Law Collections Before 1140: Access with Data Processing (= MGH. Hilfsmittel. Band 21). Hahn, Hannover 2005, ISBN 3-7752-1128-4, S. 77–79.
  • Wilfried Hartmann: Zu Effektivität und Aktualität von Reginos Sendhandbuch. In: Wolfgang P. Müller, Mary E. Sommar (Hrsg.): Medieval Church Law and the Origins of the Western Legal Tradition: A Tribute to Kenneth Pennington. Catholic University of America Press, Washington 2006, ISBN 0-8132-1919-1, S. 53–78, doi:10.2307/j.ctt3fgq41.
  • Wilfried Hartmann (Hrsg.): Recht und Gericht in Kirche und Welt um 900 (= Schriften des Historischen Kollegs. Band 69). Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58147-8 (online).
  • Wilfried Hartmann: Einleitung. In: idem (Hrsg.): Das Sendhandbuch des Regino von Prüm (= Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, Reihe A: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Band 42). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-14341-8, S. 3–11.
  • Lotte Kéry: Canonical Collections of the Early Middle Ages (ca. 400–1140): A Bibliographical Guide to the Manuscripts and Literature (= History of Medieval Canon Law). Catholic University of America Press, Washington, D.C. 1999, ISBN 0-8132-0918-8, S. 128–133 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Martina Hartmann Monumenta Germaniae Historica. Bericht über das Jahr 2021/22. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 78, 2022, S. I–XIX, hier: S. XIV.