Targa Florio 1926

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Rennsieger Meo Constantini im Bugatti T35T
Emilio Materassi im zwei Tonnen schweren Itala-Eigenbau
Alfieri Maserati im achtplatzierten Maserati 26; rechts sein beifahrender Mechaniker Guerino Bertocchi
Giulio Masetti bei seiner letzten Targa Florio
Der umgestürzte und kaum beschädigte Delage

Die 17. Targa Florio, auch XVII Targa Florio, war ein Straßenrennen auf Sizilien und fand am 25. April 1926 statt.

Das Rennen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Teams, Hersteller und Fahrer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den frühen 1920er-Jahren begann der Aufstieg des französischen Kraftfahrzeugherstellers Bugatti zum namhaften Produzenten von Rennwagen. Neben dem Verkauf der Fahrzeuge etablierte Ettore Bugatti eine erfolgreiche eigene Rennabteilung. 1925 gelang Meo Constantini mit seinem Gesamtsieg im Bugatti Type 35 bei der Targa einer der ersten Erfolge für das Bugatti-Team. 1926 kam die Mannschaft erneut mit drei Werkswagen nach Palermo. Der T 35 T war ein speziell für dieses Rennen weiterentwickelter T 35 (das T stand für Targa Florio) mit mehr Hubraum, Motorleistung und Gleitlager anstelle der bisher üblichen Rollenlager. Neben Meo Constantini fuhren Jules Goux und Ferdinando Minoia die Werkswagen. Jules Goux war ein etablierter Rennfahrer der neben seinem Sieg beim 500-Meilen-Rennen von Indianapolis 1913 wenige Wochen nach der Targa Florio den Großen Preis von Frankreich gewann. Ferdinando Minoia war ein Targa-Florio-Veteran. 1907 hatte er als 21-Jähriger sein Debüt gegeben und kam 1923 im Steyr 3.0 Sport der Österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft als Dritter ins Ziel.

Starke Konkurrenz erwuchs Bugatti durch zwei weitere französische Werksmannschaften. Bei Peugeot gab es mit dem 174S ein erfolgreiches und ausgereiftes Rennfahrzeug, das auch 1926 wieder zum Einsatz kam. Auch die beiden Peugeot-Piloten waren arrivierte und erfolgreiche Rennfahrer. André Boillot, der die Targa 1919 für Peugeot gewonnen hatte, ging zum fünften Mal an den Start. Louis Wagner war ein Pionier des Rennsports, mit Siegen beim Vanderbilt Cup 1906 und dem Großen Preis von Amerika 1908. Wenige Wochen nach der Targa Florio gewann er den ersten Großen Preis von Großbritannien der Motorsportgeschichte. Ein Targa-Florio-Neuling war Delage. Da der 1,5-Liter-Type 15 S 8 noch nicht einsatzbereit war, griff die Teamleitung auf die Vorjahres-Grand-Prix-Wagen zurück. Vier Type 2 LCV bereiteten Mechaniker in den Fabrikhallen am Standort Levallois-Perret für das Rennen vor, die wegen der fehlenden Lichtanlagen mit Lastwagen nach Sizilien transportiert wurden. Drei Fahrzeuge gab es für die Werksfahrer Albert Divo, René Thomas und Robert Benoist. Den vierten Delage erhielt der zweimalige Targa-Sieger Giulio Masetti, der den Wagen privat meldete.

Da die italienischen Hersteller erneut fernblieben, war es den Privatfahrern vorbehalten ihr Land zu vertreten. Eine Ausnahme war Alfieri Maserati, der einen Werkswagen seines Unternehmens fuhr. Emilio Materassi betrieb in seiner Heimatstadt Borgo San Lorenzo eine Itala-Vertretung. In seiner Werkstatt baute er einen 5,8-Liter-Isotta-Fraschini-Flugmotor in ein altes Itala-Rennwagen-Fahrgestell ein und meldete den zwei Tonnen schweren Wagen zum Rennen.

Der Rennverlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwanzig Jahre waren Vincenzo Florio und das Veranstaltungskomitee der Targa Florio von tödlichen Unfällen verschont geblieben (ungewöhnlich für diese Ära des Motorsports). Das änderte sich 1926 mit dem Todessturz des populären Giulio Masetti. Wie üblich gingen die Fahrer am Sonntag mit einem Intervallstart von fünf Minuten ab sieben Uhr in der Früh ins Rennen. Menschenmassen säumten den Medio circuito delle Madonie. Viele Zuschauer hatten die Nacht in ihren Fahrzeugen verbracht, um bei Tagesanbruch die Plätze mit der besten Sicht auf die Fahrbahn besetzen zu können.

Giulio Masetti, der Favorit der Buchmacher, startete um 07:36 Uhr. Am Delage prangte in roter Farbe die Startnummer 13. Vor und hinter ihm gingen die Delage-Markenkollegen Albert Divo und René Thomas ins Rennen. Mit dem Ablauf der Saison 1925 fiel die Vorschrift der beifahrenden Mechaniker, die jetzt nicht mehr zwingend mitfahren mussten. Wie die meisten seiner Fahrerkollegen verzichtete Masetti auf einen Co-Piloten. Nach einer Stunde Fahrzeit, ca. 30 Kilometer nach Cerda – dem Start-und-Ziel-Ort – verunglückte Masetti. Ein Polizist schilderte als Augenzeuge den Vorgang. Nach einer Brücke, in einer Linkskurve, schlingerte der Delage so stark, dass er rechts an einer steilen Böschung hängenblieb, umstürzte und mit den Rädern nach oben über die Straße rutschte. Der nachfolgende René Thomas hatte angehalten (nach Thomas blieben auch Robert Benoist und Alfieri Maserati an der Unfallstelle stehen) und versuchte gemeinsam mit dem Polizisten den noch lebenden Masetti aus dem umgestürzten Fahrzeug zu befreien. Obwohl dies schnell gelang, starb Masetti neben seinem Wagen an den schweren Verletzungen am Brustkorb, die ihm sein Lenkrad beigefügt hatte. Rettungskräfte brachte ihn noch in das Krankenhaus von Termini Imerese, wo nur mehr sein Tod festgestellt wurde.

Schnell sprach sich der Unfall in den Zuschauerreihen herum. Der Tod von Masetti wurde allerdings erst publik gemacht, als Thomas und Benoist nach der ersten Runde zum Reifenwechsel anhielten und über den Unfallhergang berichteten. Vinzenzo Florio hatte die leidvolle Aufgabe, Masettis Ehefrau, die auf der Haupttribüne saß, vom Tod seines engen Freundes zu unterrichten. Aus Respekt vor der Familie Masetti zog die Delage-Rennleitung die drei verbliebenen Wagen zurück.

Durch den Unfall geriet der restliche Rennverlauf völlig in den Hintergrund. Kaum jemand interessierte sich für den zweiten Targa-Sieg von Meo Constantini, der einen Bugatti-Dreifachsieg anführte. Eine Folge des Unfalls war das Ende der Startnummer 13 im italienischen Motorsport, die nach dem Unfall als Unglücksnummer galt.

Das Rennen der 1,1-Liter-Klasse, das wie im Vorjahr nach drei Runden zu Ende ging, gewann Baconin Borzacchini im Salmson GP.

Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schlussklassement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Fahrzeug Fahrzeit
1 Kategorie IV 27 Dritte Französische Republik Automobiles Ettore Bugatti Italien 1861 Meo Constantini Bugatti T35T 7:20:45,000
2 Kategorie IV 21 Dritte Französische Republik Automobiles Ettore Bugatti Italien 1861 Ferdinando Minoia Bugatti T35T 7:30:49,000
3 Kategorie IV 18 Dritte Französische Republik Automobiles Ettore Bugatti Dritte Französische Republik Jules Goux Bugatti T35T 7:35:46,400
4 Kategorie IV 19 Italien 1861 Emilio Materassi Italien 1861 Emilio Materassi Itala-Isotta Fraschini Speciale 7:44:26,600
5 Kategorie III 15 Dritte Französische Republik André Dubonnet Dritte Französische Republik André Dubonnet Bugatti T35 7:44:58,000
6 Kategorie IV 22 Dritte Französische Republik Automobiles Peugeot Dritte Französische Republik Louis Wagner Peugeot 174S 7:52:25,200
7 Kategorie IV 25 Italien 1861 Renato Balestrero Italien 1861 Renato Balestrero OM 665 8:20:35,000
8 Kategorie II 5 Italien 1861 Officine Alfieri Maserati Italien 1861 Alfieri Maserati Maserati 26 8:37:11,000
9 Kategorie II 8 Italien 1861 Pasquale Croce Italien 1861 Pasquale Croce Bugatti T37 8:45:21,800
10 Kategorie II 6 Italien 1861 Antonio Caliri Italien 1861 Antonio Caliri Bugatti T37 8:50:46,600
11 Kategorie III 9 Italien 1861 Supremo Montanari Italien 1861 Supremo Montanari Bugatti T35A 8:59:21,400
12 Kategorie IV 23 Italien 1861 Saverio Candrilli Italien 1861 Saverio Candrilli Steyr VI 9:35:55,000
Ausgefallen
13 Kategorie IV 20 Italien 1861 Diego de Sterlich Italien 1861 Diego de Sterlich Diatto 3000
14 Kategorie II 1 Tschechoslowakei 1920 Edgar Morawitz Tschechoslowakei 1920 Edgar Morawitz Bugatti T39A
15 Kategorie II 3 Italien 1861 Pietro Mucera Italien 1861 Pietro Mucera Ceirano N150
16 Kategorie III 12 Dritte Französische Republik Automobiles Delage Dritte Französische Republik Albert Divo Delage 2LCV
17 Kategorie III 10 Schweiz Mario Lepori Schweiz Mario Lepori Bugatti T35
18 Kategorie III 17 Dritte Französische Republik Automobiles Delage Dritte Französische Republik Robert Benoist Delage 2LCV
19 Kategorie II 4 Italien 1861 Silvio de Vitis Italien 1861 Silvio de Vitis Bugatti T22
20 Kategorie IV 28 Italien 1861 Amedeo Sillitti Italien 1861 Amedeo Sillitti Alfa Romeo RLTF
21 Kategorie III 14 Dritte Französische Republik Automobiles Delage Dritte Französische Republik René Thomas Delage 2LCV
22 Kategorie IV 26 Italien 1861 Giuseppe Vittoria Italien 1861 Giuseppe Vittoria Diatto 3000
23 Kategorie IV 24 Dritte Französische Republik Automobiles Peugeot Dritte Französische Republik André Boillot Peugeot 174S
24 Kategorie III 11 Italien 1861 Lorenzo Messeri Italien 1861 Lorenzo Messeri Bugatti T30
25 Kategorie III 13 Italien 1861 Giulio Masetti Italien 1861 Giulio Masetti Delage 2LCV
25 Kategorie II 7 Italien 1861 Nicolò Maraini Italien 1861 Nicolò Maraini Bugatti T13

Schlussklassement Kategorie I[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Fahrzeug Fahrzeit
1 (26) Kategorie I 33 Italien 1861 Baconin Borzacchini Italien 1861 Baconin Borzacchini Salmson GP 5:14:40,400
2 (27) Kategorie I 32 Italien 1861 Ezio Rallo Italien 1861 Ezio Rallo Salmson 5:33:56,800
3 (28) Kategorie I 30 Italien 1861 Ignazio Zubiaga Italien 1861 Ignazio Zubiaga Austin 7 5:37:20,000
4 (29) Kategorie I 29 Italien 1861 Gino Geri Italien 1861 Gino Geri Salmson GP 5:47:42,400
5 (30) Kategorie I 35 Italien 1861 Francesco Starrabba Italien 1861 Francesco Starrabba Amilcar 6:04:29,800
6 (31) Kategorie I 34 Italien 1861 Claudio Sandonnino Italien 1861 Claudio Sandonnino Citroën C 6:30:25,000
Ausgefallen
7 (32) Kategorie I 31 Italien 1861 Salvatore Casano Italien 1861 Salvatore Casano Amilcar
8 (33) Kategorie I 36 Italien 1861 Salvatore Comella Italien 1861 Salvatore Comella Salmson GP

Nur in der Meldeliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hier finden sich Teams, Fahrer und Fahrzeuge, die ursprünglich für das Rennen gemeldet waren, aber nicht daran teilnahmen.

Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Chassis
34 Kategorie II 2 Italien 1861 Coccia Italien 1861 Coccia Bugatti T37
35 Kategorie III 16 Italien 1861 Domenico Antonelli Italien 1861 Domenico Antonelli Bugatti T35

Klassensieger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klasse Fahrer Fahrzeug Platzierung im Gesamtklassement
Kategorie II Italien 1861 Alfieri Maserati Maserati 26 Rang 8
Kategorie III Dritte Französische Republik André Dubonnet Bugatti T35 Rang 5
Kategorie IV Italien 1861 Meo Constantini Bugatti T35T Gesamtsieg

Klassensieger Kategorie I[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klasse Fahrer Fahrzeug Platzierung im Gesamtklassement
Kategorie I Italien 1861 Baconin Borzacchini Salmson GP Klassensieg

Renndaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gemeldet: 35
  • Gestartet: 33
  • Gewertet: 18
  • Rennklassen: 4
  • Zuschauer: unbekannt
  • Wetter am Renntag: kühl, wolkig und windig
  • Streckenlänge: 108,000 km
  • Fahrzeit des Siegerteams: 7:20:45,000 Stunden
  • Gesamtrunden des Siegerteams: 5
  • Gesamtdistanz des Siegerteams: 540,000 km
  • Siegerschnitt: 73,500 km/h
  • Schnellste Trainingszeit: keine
  • Schnellste Rennrunde: Meo Constantini – Bugatti T35T (#27) – 1:26:00,000 = 75,300 km/h
  • Rennserie: zählte zu keiner Rennserie

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Higham: The Guinness Guide to International Motor Racing. A complete Reference from Formula 1 to Touring Car. Guinness Publishing Ltd., London 1995, ISBN 0-85112-642-1.
  • Pino Fondi: Targa Florio – 20th Century Epic. Giorgio Nada Editore Vimodrone 2006, ISBN 88-7911-270-8.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Targa Florio 1926 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien