Ute Wardenga

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Ute Wardenga (* 6. Mai 1957 in Geislingen an der Steige)[1] ist eine deutsche Geographin. Wardenga arbeitet zur Geschichte und Theorie der Geographie und Kartographie und im Feld der Global Studies. Gleichermaßen von Bedeutung für die Geographie als Wissenschaft wie für den Geographieunterricht sind Wardengas Beiträge zu den Raumkonzepten in der Geographie.[2] Vor allem hat sie zu einer Ausdifferenzierung der Kategorie „Konstruktivismus“ mit Blick auf räumliche Konzepte beigetragen.[3]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einem Studium der Fächer Geographie, Geschichte, Pädagogik an der Universität Frankfurt/Main und an der Universität Münster schloss Ute Wardenga mit einem Staatsexamen ab und arbeitete im Anschluss bis 1996 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Münster. 1991 promovierte sie dort zum Thema „Geographie als Chorologie: zur Genese und Struktur von Alfred Hettners Konstrukt der Geographie“. 1996 wechselte sie an das Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) in Leipzig. Dort ist sie seit 2001 Leiterin der Abteilung Theorie, Methodik und Geschichte der Geographie und des Forschungsbereiches Historische Geographien. Seit März 2012 ist sie außerdem Honorarprofessorin für Global Studies an der Universität Leipzig.[4] 2021 wurde sie als erste Frau zur neuen Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG) gewählt.[5]

Forschungsfelder (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichte und Theorie der Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Rahmen ihrer Forschung zur Geschichte und Theorie der Geographie und Kartographie hat Wardenga Beiträge geleistet, die im Kontext der Postcolonial Studies stehen, u. a. in folgenden Projekten:

  • Europäisches und Afrikanisches Raumwissen: Auswertung von Schriften und anderen Archivdaten mit dem Ergebnis, dass die „moderne“ Karte von Afrika nicht allein auf europäischen Beobachtungen und Techniken, sondern in erheblichem Umfang auf afrikanischem Wissen beruht. Die meisten europäischen Afrikareisenden teilten dabei die Vorstellung von Afrika als einem „leeren“ Raum und glaubten, der Kontinent könne erst durch europäische „Entdeckung“ zur Existenz gebracht werden.[6][7]
  • Digitaler Atlas politischer Raumbilder zu Ostmitteleuropa im 20. Jahrhundert – DAPRO: Untersuchung der Wirksamkeit von Raumbildern für politisches Urteilen und Handeln in Bezug auf die Region Ostmitteleuropa, das durch Grenzverschiebungen, ethnische und konfessionelle Gemengelagen, Minderheitenkonflikte, konkurrierende Raumvorstellungen, raumwirksame ideologische Bruchlinien sowie durch die dynamische Neukonfigurierung der räumlichen Verhältnisse seit 1989 vielfältig geprägt wurde, mit Blick auf die Visualisierung von Raumbildern in transnationalen Zusammenhängen.[8]

Raumbegriffe der Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Geographiehistorikerin hat Wardenga wesentlich dazu beigetragen, die vier Raumbegriffe „Raum als Container“, „Raum als System von Lagebeziehungen“, „Raum als Kategorie der Sinneswahrnehmung“ und „Raum als Konstruktion“[9] im Verlauf ihrer Entstehung, der Verwendung und der Auswirkungen auf Raumentscheidungen zu rekonstruieren innerhalb verschiedener Projekte, u. a.:

  • Raumsemantiken im 19. und 20. Jahrhundert: Auswertungen der Zeitschriften von rund 30 Geographischen Gesellschaften an, die zwischen 1821 und 1914 in Europa, Nord- und Südamerika, Ostasien, Nordafrika und Australien erschienen sind.[10][11]
  • „Unser Feld ist die Welt“: Geographische Gesellschaften 1821–1914 im internationalen Vergleich: Untersuchung, wie und warum Geographische Gesellschaften zur Konfiguration neuer Raumformate und Raumordnungen beitrugen und so die Art und Weise, wie raumbezogenes Wissen gewonnen und vermittelt wurde, beeinflussten.[12][13]

Gremienarbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monographien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wardenga, Ute (1995): Geographie als Chorologie. Zugl. Diss., 1991, Univ. Münster (Westfalen). Steiner: Stuttgart.
  • Grimm, Frank-Dieter; Wardenga, Ute (2001): Zur Entwicklung des länderkundlichen Ansatzes. Leipzig: Inst. für Länderkunde: Leipzig.
  • Wardenga, Ute, Norman Henniges, Heinz Peter Brogiato und Bruno Schelhaas (2011): Der Verband deutscher Berufsgeographen 1950–1979: Eine sozialgeschichtliche Studie zur Frühphase des DVAG. Leibniz-Inst. für Länderkunde: Leipzig.

Aufsätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wardenga, Ute (2002): Räume in der Geographie. Zu Raumbegriffen im Geographieunterricht. In: Wissenschaftliche Nachrichten 120, S. 47–52.
  • Wardenga, Ute (2005): Die Erde im Buch: geographische Länderkunde um 1900. In: Schröder, Iris und Sabine Höhler (Hg.): Welt-Räume: Geschichte, Geographie und Globalisierung seit 1900. Campus Verl.: Frankfurt [u. a.], S. 120–144.
  • Wardenga, Ute (2006): Raum- und Kulturbegriffe in der Geographie. In: Dickel, Mirka und Detlef Kanwischer (Hg.): TatOrte: neue Raumkonzepte didaktisch inszeniert. LIT: Münster, S. 21–47.
  • Wardenga, Ute (2007): Ferdinand von Richthofen and the development of German geography. In: Die Erde 138 (4), S. 313–332.
  • Georg, Maximilian; Wardenga, Ute (2020): “Our Field Is the World”: Geographical Societies in International Comparison, 1821–1914. In: Bruno Schelhaas, Federico Ferretti, André Reyes Novaes und Marcella Di Schmidt Friedberg (Hg.): Decolonising and Internationalising Geography. Cham: Springer International Publishing, S. 67–79.
  • Wardenga, Ute (2019): Geographische Gesellschaften als Pioniere nationaler und kolonialer Raumordnungen. In: Geographische Rundschau / Deutscher Kolonialismus, S. 10–14.
  • Wardenga, Ute (2021): Kiel 1969: Ein quellenkritischer Blick auf Tradierungsprozesse als „Arbeit am Mythos“. In: Geographica Helvetica 76 (3), S. 299–303. DOI:10.5194/gh-76-299-2021.

Herausgeberschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wardenga, Ute (Hg.) (1995): Kontinuität und Diskontinuität der deutschen Geographie in Umbruchphasen. Studien zur Geschichte der Geographie. Münster: Inst. für Geographie.
  • Wardenga, Ute (Hg.) (2010): Demographischer Wandel und Stadtentwicklung. Leipzig: Selbstverl. Dt. Akad. für Landeskunde.
  • Wardenga, Ute (Hg.) (2010): Junge Menschen und Raum. Leipzig: Selbstverl. Dt. Akad. für Landeskunde.
  • Wardenga, Ute (Hg.) (2011): Geschlechtsspezifische Migration. Leipzig: Selbstverl. Dt. Akad. für Landeskunde.
  • Wardenga, Ute (Hg.) (2012): Netzwerkanalyse Humangeographie. Leipzig: Dt. Akad. für Landeskunde.
  • Kenkmann, Alfons; Sander, Wolfgang; Wardenga, Ute (Hg.) (2017): Zwischenberichte der Deutsch-Israelischen Schulbuchkommission. Braunschweig: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung.
  • Möhring, Maren; Wardenga, Ute; Pisarz-Ramírez, Gabriele (Hg.) (2019): Imaginationen. De Gruyter Oldenbourg. Berlin: De Gruyter Oldenbourg.
  • Rückert, Peter; Höhnke M.A, Claudia; Kleefeld, Klaus-Dieter; Burggraaff, Peter; Gringmuth-Dallmer, Eike; Augstein, Melanie et al. (2021): Landschaft, Region, Identität. Hg. v. Ulrich Harteisen, Matthias Hardt, Andreas Dix, Haik Thomas Porada und Ute Wardenga. Darmstadt: wbg Academic.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Andreas Dittmann (Hrsg.): Geographisches Taschenbuch. Band 32. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-515-10256-8, S. 372.
  2. Ute Wardenga: Räume der Geographie – zu Raumbegriffen im Geographieunterricht. In: Geographiedidaktik aktuell. Band 23, Nr. 200, 2002, S. 8–11.
  3. Ute Wardenga: Räume der Geographie und zu Raumbegriffen im Geographieunterricht. In: Wolfgang Sitte, Christian Sitte (Hrsg.): Wirtschafts- und Sozialgeographie (=Wissenschaftliche Nachrichten). Band 120, 2002, S. 47–52.
  4. Wardenga, Ute. Leibniz-Institut für Länderkunde, abgerufen am 30. März 2022 (deutsch).
  5. Ab Januar 2022 ist Ute Wardenga neue DGfG-Präsidentin | DGfG. 14. Oktober 2021, abgerufen am 30. März 2022 (deutsch).
  6. Ute Wardenga: Kartenkonstruktion und Kartengebrauch im Spannungsfeld von Kartentheorie und Kartenkritik. In: Armin Hüttermann u. a. (Hrsg.): Räumliche Orientierung. Räumliche Orientierung, Karten und Geoinformation im Unterricht. Tagungsband zum HGD-Symposium in Ludwigsburg, 19. HGD-Symposium vom 6. bis 9. April 2011 (=Geographiedidaktische Forschungen). Nr. 49. Westermann, Braunschweig 2012, S. 370–371.
  7. Europäisches und Afrikanisches Raumwissen. In: Institut für Länderkunde Leipzig. 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  8. Digitaler Atlas politischer Raumbilder zu Ostmitteleuropa im 20. Jahrhundert – DAPRO. In: Institut für Länderkunde Leipzig. 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  9. Ute Wardenga: Räume der Geographie – zu Raumbegriffen im Geographieunterricht. In: Institut für Geographie der Universität Wien. 2002, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  10. Ute Wardenga: Raumbegriffe der Kulturlandschaftsforschung. In: Haik Thomas Porada, Matthias Hardt, Ulrich Harteisen, Andreas Dix, Andreas, Ute Wardenga (Hrsg.): Archäologie, Geschichte und Geographie im Gespräch. Band 39. Darmstadt 2021, S. 49–72.
  11. Raumsemantiken der Geographie im 19. und 20. Jahrhundert. In: Institut für Länderkunde Leipzig. 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  12. Ute Wardenga, Maximilian Georg: “Our Field Is the World”: Geographical Societies in International Comparison, 1821-1914. In: Bruno Schelhaas, Federico Ferretti, André Reyes Novaes, Marcella Schmidt die Friedberg (Hrsg.): Decolonising and Internationalising Geography. Essays in the History of Contested Science (=Historical Geography and Geoscience). Springer Nature Switzerland AG, Cham 2020, S. 67–79.
  13. „Unser Feld ist die Welt“: Geographische Gesellschaften 1821–1914 im internationalen. In: Institut für Länderkunde Leipzig. 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.