Vierschanzentournee 1960/61

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9. Vierschanzentournee
Sieger
Tourneesieger Deutschland Demokratische Republik 1949 Helmut Recknagel
Oberstdorf Finnland Juhani Kärkinen
Garmisch-Partenkirchen Sowjetunion 1955 Koba Zakadse
Innsbruck Finnland Kalevi Kärkkinen
Bischofshofen Deutschland Demokratische Republik 1949 Helmut Recknagel
Teilnehmer
Nationen 12 (AUT, FIN, FRA, FRG, GDR, ITA,
NOR, SUI, SWE, TCH, URS, YUG)
Sportler 73
1959/60 1961/62

Die 9. Vierschanzentournee 1960/61 begann am 30. Dezember mit dem Auftakt in Oberstdorf. Nach dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen folgte erst am Dreikönigstag, dem 6. Januar das Springen am Bergisel in Innsbruck. Das abschließende Springen in Bischofshofen wurde am 8. Januar durchgeführt. Nach den politischen Querelen bei der letzten Tournee im sogenannten Flaggenstreit, infolge dessen die Springer aus der DDR und anderen Ostblockländern nicht antraten, wurde diesmal von den Veranstaltern alles vermieden, was für einen neuerlichen Eklat hätte sorgen können. Zwar blieb die Regierung der Bundesrepublik Deutschland in der Flaggenfrage hart, doch die Veranstalter fanden eine Ausweichlösung. Bei Siegerehrungen wurden gar keine Landesflaggen gehisst, sondern nur die Vereinsflaggen der Athleten. Mit diesem Kompromiss konnte die sportliche Leitung der DDR-Mannschaft leben und somit war auch der frischgebackene Olympiasieger von Squaw Valley, Helmut Recknagel, als großer Tourneefavorit am Start. Neben ihm zählten auch die Finnen, Österreicher und die Springer aus der Sowjetunion zum Favoritenkreis. Am Ende gewann Helmut Recknagel als erster Springer überhaupt zum dritten Mal die Tournee vor dem Österreicher Otto Leodolter und dem Finnen Kalevi Kärkinen.

Nominierte Athleten 60/61[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Nikolai Kamenski, Max Bolkart und dem bis dahin zweifachen Tourneegewinner und Olympiasieger Helmut Recknagel waren drei Tourneesieger am Start. Dazu gesellte sich noch der amtierende Weltmeister Juhani Kärkinen.

Nation Athleten
Deutschland BR BR Deutschland Max Bolkart, Helmut Kurz, Hermann Anwander, Hubert Witting, Georg Thoma, Helmut Wegscheider, Wolfgang Happle, Alois Haberstock, Axel Zerlaut, Rudi Duffke, Heini Ihle, Edi Lengg, Josef Pichler, Arthur Bodenmüller, Wolfgang Schüller, Hias Winkler
Deutschland BR DDR Helmut Recknagel, Veit Kührt, Günter Oettel, Willi Wirth, Werner Lesser, Kurt Schramm, Peter Lesser, Günther Pollmer, Lothar Heyer, Siegbert Münch
Osterreich Österreich Willi Egger, Walter Habersatter, Otto Leodolter, Gerhard Niederhammer, Walter Steinegger, Albin Plank, Peter Müller, Ferdl Wallner, Baldur Preiml, Willi Köstinger, Horst Moser, Ernst Kröll, Max Golser, Ernst Kopp, Alfred Brunner, Georg Lackner, Sepp Lichtenegger
Finnland Finnland Juhani Kärkinen, Kalevi Kärkinen, Veikko Kankkonen
Frankreich Frankreich Robert Rey, Phil Devouassoux
Jugoslawien Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien Marjan Pečar, Jože Šlibar, Miro Oman, Peter Eržen
Italien Italien Nilo Zandanel, Dino De Zordo, Giacomo Aimoni, Bruno De Zordo
Norwegen Norwegen Ole Tom Nord, Olaf Solli, Gunnar Lie
Schweden Schweden Kjell Sjöberg, Gösta Nordin, Harry Bergqvist
Schweiz Schweiz Toni Cecchinato, Peter Wenger, Ueli Scheidegger
Sowjetunion 1955 Sowjetunion Nikolai Kamenski, Nikolai Schamow, Koba Zakadse, Juri Subarew, Wjatscheslaw Iwannikow
Tschechoslowakei Tschechoslowakei Jaromír Novlud, Drahomír Jebavý, Dalibor Motejlek

Oberstdorf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Auftaktspringen in Oberstdorf ließ der Skisprungweltmeister von 1958, Juhani Kärkinen, den amtierenden Weltmeister und Olympiasieger Helmut Recknagel mit zehn Punkten Vorsprung hinter sich. Recknagel hatte im ersten Durchgang Mühe, seinen Sprung zu stehen und bekam auch schlechte Haltungsnoten, so dass es am Ende nur für Platz 6 reichte. Für eine Überraschung sorgte der Schwede Kjell Sjöberg, der den zweiten Platz belegte. Der Olympiadritte von Squaw Valley, Otto Leodolter aus Österreich, belegte Platz 3.

Pos. Springer Land Punkte[2]
01 Juhani Kärkinen Finnland Finnland 227,0
02 Kjell Sjöberg Schweden Schweden 223,0
03 Otto Leodolter Osterreich Österreich 220,0
03 Kalevi Kärkinen Finnland Finnland 220,0
05 Koba Zakadse Sowjetunion 1955 Sowjetunion 218,0
06 Helmut Recknagel Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 217,0
07 Veit Kührt Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 215,0
08 Nikolai Schamow Sowjetunion 1955 Sowjetunion 213,5
09 Walter Habersatter Osterreich Österreich 212,5
10 Ole Tom Nord Norwegen Norwegen 211,0

Garmisch-Partenkirchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Neujahrstag hieß der Sieger vor 35.000 Zuschauern Koba Zakadse. Der Georgier konnte nach 1956 in Innsbruck wieder einen Tagessieg feiern. Den Grundstein dafür legte er im ersten Durchgang, als er Tagesbestweite mit 84 m sprang. Dazu kamen gute Haltungsnoten, für ihn auch nicht immer selbstverständlich. Auch den zweiten Sprung stand er sicher und somit war ihm der Sieg nicht mehr zu nehmen. Dahinter belegte Helmut Recknagel den zweiten Platz. Nach dem ersten Durchgang noch Neunter, gelang ihm mit der Bestweite im zweiten Durchgang von 77,5 m noch der Sprung aufs Treppchen. Der Italiener Nilo Zandanel belegte mit einem Punkt Rückstand auf den Olympiasieger den dritten Platz. Dies war die erste Podiumsplatzierung für einen italienischen Springer bei der Tournee. In der Gesamtwertung führte nach zwei Springen der Finne Juhani Kärkinen vor Zakadse und dem beständigen Schweden Sjöberg. Helmut Recknagel und der Österreicher Leodolter lagen aber gemeinsam schon auf Platz vier mit nur fünf Punkten Rückstand auf den Gesamtführenden.

Zwischenstand nach 2 Springen
Pos. Springer Punkte
01. J. Kärkinen 440,0
02. Zakadse 438,5
03. Sjöberg 436,5
Pos. Springer Land Punkte[4]
01 Koba Zakadse Sowjetunion 1955 Sowjetunion 220,5
02 Helmut Recknagel Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 218,0
03 Nilo Zandanel Italien Italien 217,0
04 Otto Leodolter Osterreich Österreich 215,0
05 Nikolai Kamenski Sowjetunion 1955 Sowjetunion 214,0
06 Kjell Sjöberg Schweden Schweden 213,5
07 Juhani Kärkinen Finnland Finnland 213,0
08 Juri Subarew Sowjetunion 1955 Sowjetunion 212,0
09 Kurt Schramm Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 209,5
09 Nikolai Schamow Sowjetunion 1955 Sowjetunion 209,5

Innsbruck[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der Baustelle am Bergisel, man baute für Olympia 64 um, kam es vor 15.000 Zuschauern zu einem spannenden Wettkampf mit einem dramatischen Finale. Nach dem ersten Durchgang führte der vielumjubelte Österreicher Otto Leodolter. Vor Beginn des zweiten Durchganges wurde von der Jury der Anlauf verkürzt, da bis dahin auch schwächere Springer recht hohe Weiten erreicht hatten. Zudem erschwerte böiger Wind den Wettbewerb. Nachdem Otto Leodolter lange in Führung lag, Mitfavoriten wie Juhani Kärkinen, Zakadse oder Sjöberg nicht in die Entscheidung eingreifen konnten, stand Helmut Recknagel als vorletzter Springer seine Weite von 81,5 m sicher, übernahm die Führung und wurde schon als Sieger gefeiert. Doch mit einem Satz von 84,5 m entriss der Finne Kalevi Kärkinen dem Olympiasieger noch den Sieg mit hauchdünnen 0,9 Punkten Vorsprung. In der Gesamtwertung jedoch lag nun Recknagel vor dem Österreicher Leodolter in Führung. Da beide nur 4,2 Punkte voneinander trennten, machten sich die Gastgeber in Bischofshofen noch Hoffnung auf einen österreichischen Gesamtsieg.

Zwischenstand nach 3 Springen
Pos. Springer Punkte
01. Recknagel 652,6
02. Leodolter 648,4
03. Zakadse 614,2
Pos. Springer Land Punkte[6]
01 Kalevi Kärkkinen Finnland Finnland 218,5
02 Helmut Recknagel Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 217,6
03 Otto Leodolter Osterreich Österreich 213,4
04 Olaf Solli Norwegen Norwegen 212,2
05 Veikko Kankkonen Finnland Finnland 211,6
06 Wolfgang Happle Deutschland BR BR Deutschland 211,0
07 Nikolai Kamenski Sowjetunion 1955 Sowjetunion 210,4
08 Helmut Wegscheider Deutschland BR BR Deutschland 209,2
09 Albin Plank Osterreich Österreich 207,7
10 Kjell Sjöberg Schweden Schweden 207,0

Bischofshofen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das mit Spannung erwartete Duell zwischen Helmut Recknagel und Otto Leodolter geriet zunächst in den Hintergrund, als der erst 19-jährige Wolfgang Happle aus Neustadt im Schwarzwald mit 99 m einen neuen Schanzenrekord sprang. Helmut Recknagel aber konterte und übernahm mit stilistisch sauber gesprungenen 98,5 m nach dem ersten Durchgang die Führung. Otto Leodolter kam zunächst auf dem 5. Platz ein. Wegen dieser großen Weiten wurde vor Beginn des zweiten Durchgangs der Anlauf um 3 m verkürzt. Trotzdem sprang Leodolter 94 m weit, Bestweite im zweiten Durchgang. Allerdings gelang auch Helmut Recknagel diese Weite, so dass er sich mit 3,5 Punkten Vorsprung den Tagessieg, seinen insgesamt sechsten, holte. Für einen weiteren Achtungserfolg sorgten die Italiener, die zwei Springer unter den besten Zehn platzieren konnten.

Pos. Springer Land Punkte[8]
01 Helmut Recknagel Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 229,1
02 Otto Leodolter Osterreich Österreich 225,6
03 Kalevi Kärkinen Finnland Finnland 221,1
04 Nikolai Schamow Sowjetunion 1955 Sowjetunion 219,3
05 Wolfgang Happle Deutschland BR BR Deutschland 212,8
06 Olaf Solli Norwegen Norwegen 211,8
07 Nilo Zandanel Italien Italien 210,0
08 Kurt Schramm Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 209,7
09 Dino De Zordo Italien Italien 208,7
10 Koba Zakadse Sowjetunion 1955 Sowjetunion 207,7

Gesamtwertung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Helmut Recknagel gewann als erster Springer zum dritten Mal die Vierschanzentournee. Nach etwas holprigem Start steigerte er sich und machte mit seinem Tagessieg in Bischofshofen alles klar. Nach seinem dritten Platz bei der letzten Tournee belegte der Österreicher Otto Leodolter nun den zweiten Platz. Die finnischen Brüder Kärkinen kamen am Ende auf den Plätzen 3 und 5 ein. Bemerkenswert waren der 6. Platz des Schweden Sjöberg und der 7. Platz des Italieners Zandanel, die so einige starke Springer hinter sich ließen. Zu den Enttäuschungen gehörten die Mannschaften aus der BRD und Norwegen. Ihre Springer hatten mit dem Ausgang der Entscheidungen zu keiner Zeit etwas zu tun.

Rang Name Nation Gesamt-
wertung
[7]
Oberst-
dorf
Garmisch-
Partenk.-
Inns-
bruck
Bischofs-
hofen
01 Helmut Recknagel Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR 882,0 217,0 / 06. 218,0 / 02. 217,6 / 02. 229,1 / 01.
02 Otto Leodolter Osterreich Österreich 874,0 220,0 / 03. 215,0 / 04. 213,4 / 03. 225,6 / 02.
03 Kalevi Kärkinen Finnland Finnland 862,1 220,0 / 03. 202,5 / 20. 218,5 / 01. 221,1 / 03.
04 Koba Zakadse Sowjetunion 1955 Sowjetunion 851,9 218,0 / 05. 220,5 / 01. 205,7 / 11. 207,7 / 10.
05 Juhani Kärkinen Finnland Finnland 850,7 227,0 / 01. 213,0 / 07. 203,9 / 12. 206,8 / 11.
06 Kjell Sjöberg Schweden Schweden 848,2 223,0 / 02. 213,5 / 07. 207,0 / 10. 204,7 / 15.
07 Nilo Zandanel Italien Italien 839,6 209,5 / 11. 217,0 / 03. 203,1 / 14. 210,0 / 07.
08 Olaf Solli Norwegen Norwegen 829,5 205,5 / 20. 200,5 / 26. 212,2 / 04. 211,8 / 06.
09 Nikolai Schamow Sowjetunion 1955 Sowjetunion 827,9 213,5 / 08. 209,5 / 09. 185,1 / 36. 219,3 / 04.
10 Wolfgang Happle Deutschland BR BR Deutschland 826,8 194,5 / 39. 208,5 / 11. 211,0 / 06. 212,8 / 05.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kärkinen vor Sjöberg und Leodolter. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 31. Dezember 1960, S. 12.
  2. FIS-Resultatsliste
  3. Nur Otto Leodolter hat noch eine Chance. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 3. Jänner 1961, S. 12.
  4. FIS-Resultatsliste
  5. Otto Leodolter hat noch eine Chance. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 8. Jänner 1961, S. 28.
  6. FIS-Resultatsliste
  7. a b Der beste Springer gewann die Schanzentournee. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 10. Jänner 1961, S. 12.
  8. FIS-Resultatsliste

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Robert Kauer, Raymund Stolze, Klaus Taglauer: 50+1 Jahre Internationale Vierschanzentournee Fliegen & Siegen. 3. Auflage. wero press, Pfaffenweiler 2002, ISBN 3-9808049-0-9.