Wilhelm Hartnacke

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Wilhelm Hartnacke (* 7. November 1878 in Altena im Sauerland; † 13. September 1952 in Schwefe bei Soest) war ein deutscher Pädagoge und von 1933 bis 1935 Minister für Volksbildung von Sachsen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Sohn eines Postbeamten studierte neuere Sprachen in Halle und Berlin und promovierte 1901. Danach arbeitete er als Lehrer in Bremen, ab 1910 als Schulinspektor. 1919 wurde er Stadtschulrat in Dresden. Als Stadtschulrat führte er scharfe Auseinandersetzungen mit der sich radikalisierenden Lehrervereinsbewegung. Er wandte sich schon früh gegen die Einheitsschule und trat für die Beibehaltung des höheren Schulwesens sowie des gegliederten Schulwesens ein. Seine Anschauungen in der Begabtenfrage suchte er durch erbbiologische und statistische Untersuchungen zu untermauern.

Von März 1933 bis 1935 war Hartnacke Kultusminister von Sachsen. Er versuchte als Staatsminister, seine bildungspolitischen Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Er setzte in Sachsen einen besonders rigorosen Numerus clausus durch, der alle ähnlichen NS-Maßnahmen im Reich an Schärfe übertraf,[1] und führte Zugangsbegrenzungen zur Oberstufe der höheren Schule ein.

Als ihm vor allem Ernst Krieck öffentlich vorwarf, Hartnackes Bildungstheorie sei „erzreaktionär“ und ein „Hohn auf die nationalsozialistische Volksgemeinschaft“, denn sie laufe darauf hinaus, den Monopolanspruch des Besitzbürgertums zu verteidigen und die Arbeiterkinder von höherer Bildung fernzuhalten, konnte sich Hartnacke in der Sache nur scheinbar behaupten und wurde schließlich entlassen. In der Auseinandersetzung vertrat Hartnacke einen in den damaligen Naturwissenschaften verbreiteten Rassebegriff, während Krieck ausschließlich ideologisch argumentierte.

Ursprünglich Mitglied der DVP, ab 1931 der DNVP, trat Hartnacke 1933 der NSDAP bei, seine Parteimitgliedschaft wurde jedoch nach seiner Entlassung für ungültig erklärt. Seinem Sohn verbot er während seiner Amtszeit als Minister den Beitritt zur NSDAP. Bis 1935 war Hartnacke Mitherausgeber der Zeitschrift Volk und Rasse.

Im Zusammenhang mit dem Röhmputsch und der Entmachtung von Manfred von Killinger als sächsischer Ministerpräsident wurde Hartnacke 1934 von seinem Ministeramt beurlaubt und 1935 als Staatsminister a. D. entlassen.

Danach arbeitete Hartnacke als Lehrer am Kreuzgymnasium, im Krieg war er als Kriegsverwaltungsrat tätig. Am Kriegsende floh er in Richtung Westen. Er setzte seine erbbiologischen Forschungen als Privatmann fort.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Standesschule – Leistungsschule; in: Die Erziehung 3 (1928), Heft 8, S. 415–432 und 480–498. Sonderdruck: Leipzig: Quelle & Meyer, 1929
  • Naturgrenzen geistiger Bildung. Inflation der Bildung – Schwindendes Führertum – Herrschaft der Urteilslosen; Leipzig: Quelle & Meyer, 1930.
  • Geist und Torheit auf Primanerbänken. Bericht über die sächsischen Maßnahmen zur Begrenzung des Hochschulzuganges; mit Erich Wohlfahrt; Radebeul, Dresden: Kupky & Dietze, 41934.
  • Mengenverhältnis von Begabten und Unbegabten; in: Hans Harmsen, Franz Lohse (Hrsg.): Bevölkerungsfragen; München 1936, S. 547–554.
  • Stammt der Großteil der Begabten aus dem Volk oder aus der Auslese? In: Volk und Rasse 12, H. 3 (1937), S. 107–111.
  • Die Selbstausrottung der begabten Stämme; in: Volk und Rasse 13, H. 10 (1938), S. 337–351.
  • Seelenkunde vom Erbgedanken aus. Dritte Auflage. J. F. Lehmanns Verlag, München 1944.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Herbert Schönebaum: Hartnacke, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 7 f. (Digitalisat).
  • Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik (= Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte. Band 6). Synchron, Heidelberg 2004, ISBN 3-935025-68-8, S. 70.
  • Gisela Hoppe: Die Dresdner Stadtverwaltung in der Zeit der Weimarer Republik 1919 bis 1933. In: Stadtmuseum Dresden (Hrsg.): Dresdner Geschichtsbuch 8, Altenburg 2002, S. 163–180.
  • Peter Drewek: Begabungstheorie, Begabungsforschung und Bildungssystem in Deutschland 1890-1918. In: Jeismann, Karl-Ernst (Hrsg.): Bildung, Staat, Gesellschaft im 19. Jahrhundert. Mobilisierung und Disziplinierung; Nassauer Gespräche 2; Stuttgart 1989, S. 387–412.
  • Andreas Wagner: „Machtergreifung“ in Sachsen. NSDAP und staatliche Verwaltung. Köln: Böhlau, 2004. ISBN 3-412-14404-5 (Reihe: Geschichte und Politik in Sachsen, Bd. 22).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wilhelm Hartnacke, Erich Wohlfahrt: Geist und Torheit auf Primanerbänken. Bericht über die sächsischen Maßnahmen zur Begrenzung des Hochschulzuganges. 4. Auflage, Radebeul 1934