Willingshausen (Ortsteil)

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Willingshausen
Koordinaten: 50° 51′ N, 9° 12′ OKoordinaten: 50° 51′ 2″ N, 9° 11′ 51″ O
Höhe: 248 m ü. NHN
Fläche: 12,51 km²[1]
Einwohner: 741 (1. Jan. 2015)[2]
Bevölkerungsdichte: 59 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Eingemeindet nach: Antrefftal
Postleitzahl: 34628
Vorwahl: 06697

Willingshausen ist der namensgebende und mit rund 750 Einwohnern viertgrößte Ortsteil der Gemeinde Willingshausen im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ort liegt im südwestlichen Teil der Gemeinde am Unterlauf der Antreff. Durch Willingshausen führt die Landesstraße 3145, welche Treysa (7 km nördlich) mit Alsfeld (13 km südöstlich) verbindet. Nachbarorte sind Merzhausen im Osten, Wasenberg im Norden, Neustadt im Westen, Bernsburg im Südwesten und Fischbach im Südosten.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schloss Willingshausen
Die Kirche von Willingshausen

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Willingshausen erfolgte unter dem Namen Willichashuson und wird in die Zeit um 1080 datiert.[1] Weitere Erwähnungen des Orts erfolgten unten den Ortsnamen (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] de Willingeshusun (1106) Willingeshusen major (1262) zur Unterscheidung von Willingeshusen minor, dem früheren Namen von Gilserberg. 1585 trat erstmals die Schreibweise Willingshausen auf.

Die Herren von Schwertzell wurden erstmals im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Sie wurden früh in Willingshausen sesshaft und erwarben 1489 die dortige Gerichtsbarkeit von Damian (Thamme) von Weitershausen aus Merzhausen,[3] der sie de jure als hersfeldisches, de facto als landgräflich-hessisches Lehen innegehabt hatte.[4] Sie wohnten anfangs auf einer kleinen Burg im heutigen Schlosspark und erbauten um die Mitte des 16. Jahrhunderts das Schloss Willingshausen.

Die Kirche in Willingshausen befindet sich neben dem Schloss der Patronatsfamilie von Schwertzell. Sie stammt aus dem Jahre 1511, geht aber in Teilen auf einen kleineren Vorgängerbau aus dem 12. Jahrhundert zurück. Sie wurde, wie auch das Schloss, im Dreißigjährigen Krieg durch Brände teilweise zerstört, aber danach mit barocken Veränderungen wieder hergestellt. Sehenswert sind die Patronatsempore mit den Wappen des hessischen Adels und die Altardecke mit Schwälmer Weißstickerei. Hörenswert ist die barocke Orgel von Johannes Schlottmann aus dem Jahre 1764, 1765 von ihm um zwei Register erweitert.

Im Schloss Willingshausen trafen sich erstmals 1824 der Maler Gerhardt Wilhelm von Reutern, der 1820 Charlotte von Schwertzell geheiratet hatte, und der Kunstprofessor Ludwig Emil Grimm und begründeten die Willingshäuser Malerkolonie. In der Folgezeit kamen zahlreiche weitere Künstler und machten das Schwälmer Malerdorf im 19. und 20. Jahrhundert überregional bekannt.

Der bis zu diesem Zeitpunkt separate Gutsbezirk Rittergut Willingshausen, der 1885 94 Hektar Ackerland, 38 Hektar Wiesen und 641 Hektar Wald umfasste, wurde 1928 aufgelöst und nach Willingshausen eingemeindet.

Zum 31. Dezember 1971 fusionierten im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbständigen Gemeinden Zella, Willingshausen und Merzhausen freiwillig zur neuen Gemeinde Antrefftal.[5] Antrefftal wurde am 1. Januar 1974 mit fünf weiteren Orten zu einer größeren Gemeinde vereinigt wurde.[6] Die neue Gemeinde gab sich den Namen Willingshausen, die Gemeindeverwaltung wurde jedoch im Ortsteil Wasenberg angesiedelt. Für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Willingshausen wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 im Ortsteil Willingshausen 795 Einwohner. Darunter waren 18 (2,3 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 120 Einwohner unter 18 Jahren, 339 zwischen 18 und 49, 174 zwischen 50 und 64 und 156 Einwohner waren älter.[8] Die Einwohner lebten in 333 Haushalten. Davon waren 84 Singlehaushalte, 90 Paare ohne Kinder und 126 Paare mit Kindern, sowie 30 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 66 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 219 Haushaltungen lebten keine Senioren.[8]

Einwohnerentwicklung

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1585: 85 Hausgesesse
• 1639: 45 Männer, 5 Witwen
• 1681: 42 Hausgesesse, drei Ausschuss, ein Junggeselle
• 1747: 49 Feuerstellen, 349 Einwohner
Ortsteil Willingshausen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2015
Jahr  Einwohner
1834
  
592
1840
  
645
1846
  
688
1852
  
709
1858
  
702
1864
  
703
1871
  
670
1875
  
640
1885
  
642
1895
  
645
1905
  
686
1910
  
648
1925
  
620
1939
  
691
1946
  
1.054
1950
  
1.035
1956
  
867
1961
  
851
1967
  
845
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
795
2015
  
741
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: Gemeinde Willingshausen[2]; Zensus 2011[8]

Historische Religionszugehörigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1861: 674 evangelisch-reformierte, 45 jüdische Einwohner
• 1885: 378 evangelische (= 100 %) Einwohner
• 1961: 546 evangelische (= 93,65 %), 4 anderes christliche-konfessionelle (= 0,9 %), 33 (= 5,66 %) jüdische Einwohner

Historische Erwerbstätigkeit

• 1747: 4 Schneider, zwei Schreiner, ein Schuster, ein Drechsler, 16 Leineweber, ein Wagner, ein Schmied, drei Handelsjuden, 13 Tagelöhner, 12 Tagelöhnerinnen
• 1838 Familien: 20 Ackerbau, 30 Gewerbe, 33 Tagelöhner
• 1961 Erwerbspersonen: 202 Land- und Forstwirtschaft, 154 produzierendes Gewerbe, 43 Handel und Verkehr, 37 Dienstleistungen und Sonstiges

Jüdische Einwohner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

in Willingshausen lebten spätestens im 18. Jahrhundert jüdische Familien. Sie gehörten zur jüdischen Gemeinde im benachbarten Merzhausen. 1842 waren 30 von insgesamt 645 Einwohnern des Dorfs 1842 jüdisch, 1861 waren es 45. Danach erfolgte eine allmähliche Abwanderung in die Städte und in die USA: 1905 waren es noch 25, 1924 noch 21 Personen und schließlich 1933 nur noch fünf Familien. Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Textil- oder Viehhandel. Von den in Willingshausen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen kamen zehn in der NS-Zeit ums Leben, der älteste 1873, der jüngste 1908 geboren.[9]

Eine Synagoge gab es nur in Merzhausen, ein einfaches Fachwerkgebäude. In der Reichspogromnacht im November 1938 wurde sie geschändet, ausgeraubt und teilweise zerstört. Der Bau wurde bis 1951 als Scheune genutzt und dann abgebrochen.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Willingshausen besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Willingshausen ohne einige Flurstücke die zum Ortsbezirk Merzhausen zählen) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern.[7] Bei der Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 59,75 %. Alle Kandidaten gehörten der „Gemeinschaftsliste Willingshausen“ an.[10] Der Ortsbeirat wählte Jörg Waldhelm zum Ortsvorsteher.[11]

Kulturdenkmäler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die unter Denkmalschutz stehenden Kulturdenkmäler des Ortes siehe die Liste der Kulturdenkmäler in Willingshausen (Ortsteil).

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Willingshausen, Schwalm-Eder-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 10. Juni 2016). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Wirtschaft und Verkehr. In: internetseite. Gemeinde Willingshausen, archiviert vom Original am 27. April 2017; abgerufen im September 2018.
  3. Der landgräflich-hessische Rat Thamme von Weitershausen war mit Lisa von Rückershausen zu Merzhausen verheiratet und erbte daher um 1470 den Ort Merzhausen.
  4. Im Jahre 1432 wurde Landgraf Ludwig I. von Hessen von Abt Albrecht von Hersfeld zum erblichen Schirmvogt der Abtei Hersfeld ernannt und im Jahre 1434 wurde er von Abt Albrecht mit den vier Schwalmdörfern Willingshausen, Merzhausen, Zella und Loshausen belehnt.
  5. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen in Hessen vom 14. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 01, S. 5, Punkt 8; Abs. 41 und 42. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,9 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 411 f.
  7. a b Hauptsatzung. (PDF; 3,64 mB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Willingshausen, abgerufen im März 2023.
  8. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 42 und 98, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  9. https://www.alemannia-judaica.de/merzhausen_synagoge.htm
  10. Ortsbeiratswahl Willingshausen. In: Votemanager. Kommunales Gebietsrechenzentrum, abgerufen im März 2023.
  11. Ortsbeirat Willingshausen. In: Webauftritt. Gemeinde Willingshausen, abgerufen im März 2023.