Adtranz

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ABB Daimler Benz Transportation / DaimlerChrysler Rail Systems (ab 1999)

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Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 1. Januar 1996 (Zusammenschluss der Verkehrstechnik-Sparten von ABB und Daimler-Benz)
Auflösung 2001
Auflösungsgrund Zerschlagung nach Übernahme durch Bombardier Transportation, Stadler Rail und Balfour Beatty Rail
Sitz Berlin, Deutschland
Mitarbeiterzahl 22.715 (1997)
Branche Schienenverkehr

ABB Daimler Benz Transportation und ihr Nachfolger DaimlerChrysler Rail Systems waren Bahntechnik-Firmen, die unter dem Markennamen Adtranz bekannt waren. ABB Daimler Benz Transportation entstand 1996 durch den Zusammenschluss der Verkehrstechnik-Sparten von ABB und Daimler-Benz. Nach dem vollständigen Rückzug von ABB wurde die Firma 1999 zu DaimlerChrysler Rail Systems umbenannt und schließlich 2001 an Bombardier verkauft. Deren Sparte Bombardier Transportation wurde 2021 von Alstom übernommen.

Adtranz Peoplemover CX-100 (Bukit Panjang LRT, Singapur)
Adtranz Straßenbahnwagen Incentro (Nantes)
Adtranz Regionalverkehrszug Itino (Erfurter Bahn)
Adtranz Fernverkehrszug Crusaris (Regina, Schweden)
Adtranz Elektrolokomotive Octeon (MTAB IORE, Schweden)
Adtranz Diesellokomotive Blue Tiger (Prototyp)

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgänger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte von ABB Daimler Benz Transportation ist eng mit der Konzentration der Bahntechnik-Industrie in Europa verbunden:

ABB Verkehrssysteme wurde 1990 aus der Verkehrstechnik-Sparte von ABB gegründet, die 1988 aus der Fusion der schwedischen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA) und der schweizerischen Brown, Boveri & Cie. (BBC) hervorging und auch den Bahnbau von Henschel übernommen hatte. BBC hatte bereits 1967 die Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) übernommen.

Die Verkehrstechniksparten der seit 1985 Daimler-Benz gehörenden AEG Aktiengesellschaft hießen AEG Schienenfahrzeuge, zuletzt mit Sitz in Hennigsdorf bei Berlin, und AEG Bahnfahrwegsysteme. Die AEG Schienenfahrzeuge ging 1992 aus der Zusammenlegung der ehemals westdeutschen AEG Westinghouse Transport-Systeme mit der nach dem Zweiten Weltkrieg durch die sowjetische Besatzung von AEG enteigneten LEW Hennigsdorf hervor. Die AEG Bahnfahrwegsysteme war eine 1994 aus den Bereichen Bahnstromversorgung und Bahnleitungen der AEG Aktiengesellschaft gegründete Gesellschaft.

Adtranz Baureihe 357 Electrostar bei Southend Central (London)

Die AEG Westinghouse Transport-Systeme bestand aus der Bahntechniksparte der AEG Aktiengesellschaft, die 1988 mit derjenigen von Westinghouse zur AEG Westinghouse Transport-Systeme fusionierte. AEG Westinghouse Transport-Systeme verfügte über das von AEG eingebrachte Werk im damaligen West-Berlin an der Nonnendammallee, wo elektrische Ausrüstungen für Schienenfahrzeuge gebaut wurden und auch die M-Bahn entwickelt wurde. Westinghouse war hauptsächlich im Bereich der Peoplemover tätig. AEG Westinghouse Transport-Systeme übernahm 1990 die unter MAN Gutehoffnungshütte Schienenverkehrstechnik firmierende Sparte von MAN und 1993 den Einschienenbahnbereich der schweizerischen von Roll.[1]

ABB Daimler Benz Transportation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Zusammenschluss von ABB Verkehrssysteme und der Verkehrstechniksparten von Daimler-Benz, die immer noch unter AEG firmierten, wurde 1995 vereinbart und am 1. Januar 1996 vollzogen. Die Aktien von ABB Daimler Benz Transportation gehörten zu gleichen Teilen den Gründungsunternehmen. Mit 22.000 Beschäftigten in 40 Ländern wurde ABB Daimler Benz Transportation zum weltgrößten Anbieter von Schienenverkehrstechnik.[2] Die Europäische Union stimmte dem Firmenzusammenschluss nur zu unter der Bedingung, dass AEG die Firma Kiepe verkauft, die elektrische Ausrüstungen für leichte Schienenfahrzeuge und O-Busse herstellte.[3]

1996 übernahm ABB Daimler Benz Transportation den Softwarebereich von der Ingenieurgesellschaft für Verkehrsplanung und Verkehrssicherung (IVV) in Braunschweig, der später Adtranz Signal genannt wurde.

1998 bildete Adtranz mit Thyssenkrupp und Siemens die Transrapid International GmbH & Co. KG, welche die Entwicklung und Vermarktung der Magnetschwebebahn Transrapid übernahm.[4]

Rolf Eckrodt übernahm 1998 den Vorsitz von ABB Daimler Benz Transportation, die noch im gleichen Jahr sieben Produktreihen vorstellte, mit denen die Produktionskosten für Schienenfahrzeuge gesenkt werden sollen. Es sind dies

Im November 1999 kündigte das Unternehmen an, die Produktion in seinen beiden Schweizer Werken (in Pratteln und Zürich Oerlikon) zu beenden. Nach öffentlichen Protesten wurde ein Teil der Mitarbeiter in die 2001 neu gegründete Nachfolgegesellschaft Railcor übernommen.[6]

DaimlerChrysler Rail Systems[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch den vollständigen Rückzug der ABB aus der Verkehrstechnik-Branche wurde aus ABB Daimler Benz Transportation am 1. Juli 1999 die Firma DaimlerChrysler Rail Systems, die eine 100-%-Tochter der heutigen Daimler AG war.

Verkauf an Bombardier[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 4. August 2000 gab DaimlerChrysler die Absicht bekannt, den Adtranz-Konzern an das kanadische Unternehmen Bombardier Transportation zu verkaufen. Die Übernahme wurde am 3. April 2001 durch die Europäische Kommission unter Auflagen genehmigt[7] und im gleichen Jahr vollzogen, davon ausgenommen blieben der Standort Berlin-Pankow, der von Stadler Rail vollständig (davor 50-%-Joint-Venture) übernommen wurde sowie der Geschäftsbereich Fixed Installations (Bahnenergieversorgungsanlagen), der von der Balfour Beatty plc gekauft wurde und seitdem als Balfour Beatty Rail GmbH als eigenständiger Bereich innerhalb der Balfour-Beatty-Rail-Gruppe agiert.

Mitte Dezember 2000 wurde die Niederlassung in Donauwörth geschlossen. Zuletzt arbeiteten dort noch 41 Beschäftigte. Der Standort war 54 Jahre zuvor als Waggon- und Maschinenbau GmbH Donauwörth (WMD) aufgebaut worden. Später ging das Unternehmen an Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) über. Bereits 1991 war der Schienenfahrzeugbau eingestellt worden, die Konstruktionsabteilung blieb zunächst erhalten.[8]

In der ersten Jahreshälfte 2001 endete mit 423/433 084 die Fertigung im Adtranz-Werk Nürnberg.[9]

Im Jahr 2021 wurde Bombardier Transportation wiederum von Alstom übernommen, so dass die restlichen Teile des ehemaligen Adtranz-Konzerns nun dort angesiedelt sind.

Marke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Firmenschilder in einem SEPTA-Wagen. In der Mitte ist das Logo von Adtranz zu erkennen.

ABB Daimler Benz Transportation nutzte als Teil der Corporate Identity die von Landor Associates entwickelte Wortmarke Adtranz[10], die sowohl die Anfangsbuchstaben A und D der beiden Gründungsunternehmen sowie auch mit A und z einen Hinweis auf das Angebot von Komplettlösungen enthielt.[11] In ihren öffentlichen Auftritten haben die Firmen die Marke mit den Firmennamen gleichgestellt.[12]

Die Marke wird nach journalistischer Schreibung Adtranz mit kleinem d geschrieben, weil die Abkürzung mehr als vier Buchstaben hat, die offizielle Schreibweise war aber ADtranz mit großem D. Neben ADtranz war auch der Slogan ADtranz – we speak railways eine eingetragene Wortmarke.[13] Die Rechte am Slogan wurden 2007, an Adtranz 2008 gelöscht.

Liste der früheren Einzelfirmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verkehrstechniksparte ABB[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verkehrstechniksparte AEG[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

ABB Daimler Benz Transportation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von ABB Daimler Benz Transportation übernommene Firmen:

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Adtranz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Railway Age, Januar 1993: AEG Westinghouse buying Swiss system – monorail business of Von Roll AG (Memento vom 9. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
  2. Meldung ABB Daimler-Benz heißt Adtranz. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 45, Nr. 1/2, 1996, S. 1.
  3. 97/25/EG: Entscheidung der Kommission vom 18. Oktober 1995 über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und der Funktionsfähigkeit des EWR-Abkommens in einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Sache IV/M.580 – ABB/Daimler-Benz) (PDF; 135 kB), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 011 vom 14. Januar 1997, S. 0001–0029.
  4. Chronologie: Das Hickhack um den Transrapid. In: Der Spiegel. 17. September 1999, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 17. Dezember 2023]).
  5. Adtranz: restructuring based on seven product lines (Memento vom 29. Mai 2012 im Webarchiv archive.today) in Railway Age, April 1998.
  6. Von Adtranz Pratteln zu Railcor AG. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 4/2001, S. 168/169.
  7. EU-Kommission genehmigt Adtranz-Übernahme unter Vorbehalten. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2001, S. 228.
  8. Meldung „Aus“ für Standort Donauwörth. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 2/2001, S. 57.
  9. Meldung Aktuelles in Kürze. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 7/2001, S. 292/293.
  10. Registerauskunft des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) für Adtranz
  11. ADtranz – Neue Corporate Identity und Namensentwicklung für ein führendes Bahntechnik-Unternehmen (Memento vom 13. Juli 2011 im Internet Archive) (PDF; 180 kB)
  12. Adtranz in brief. Archiviert vom Original am 28. Dezember 1996; abgerufen am 23. Januar 2011: „The international railway group Adtranz is the world’s most complete provider of railway systems. The group was legally formed on January 1, 1996 by merging the respective railway activities of Swiss-Swedish electrical engineering group ABB, Zurich, Switzerland, and Daimler-Benz AG, Stuttgart, Germany.“
  13. Registerauskunft des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) für den Slogan Adtranz – we speak railways
  14. Daimler-Benz Aktiengesellschaft: Annual Report 1997 (Memento vom 23. September 2015 im Internet Archive) (PDF; 6,9 MB) S. 40.