Benutzer:SCENOR/Extremismus in Österreich

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Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im zeitgenössischen politischen Kontext werden Gruppierungen beziehungsweise Ideologien als extrem bezeichnet, welche den demokratischen Rechtsstaat, seine Grundwerte und Regeln und das Pluralismusprinzip ablehnen. Das beinhaltet zum Beispiel nicht nur die Ablehnung von Wahlen oder ähnlichen partizipativen Mechanismen, sondern auch von Grundrechten. Die wichtigsten Merkmale des gegenwärtigen Extremismus sind

(1) der Anspruch auf einen exklusiven Zugang zur historisch-politischen Wahrheit;

(2) eine fanatische Entschlossenheit, die aus der Überzeugung der absoluten Gültigkeit der eigenen Visionen stammt und die den Einsatz jeglicher Mittel rechtfertigt, und

(3) das Ziel, die Welt - nach den eigenen ideologischen Vorstellungen - „wieder in Ordnung zu bringen“.[1]

Auch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist eine wichtige Charakteristik von Extremismus:

Das Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) beschreibt die Abwertung von Menschen aufgrund einer Gruppenzugehörigkeit. Wesentlich ist dabei die Zugehörigkeit zu einer Gruppe und nicht das Individuum. Grundlage für die Abwertung ist eine Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen.” (Leuchtlinie o.J.).

Das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (IDA) aus Düsseldorf führt hierzu aus: „Das Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) lag einem zehnjährigen Forschungsprojekt des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld zugrunde, das von 2002 bis 2012 durchgeführt worden ist. Seit 2014 wird das Konzept in den alle zwei Jahre erscheinenden „Mitte-Studien“ der Friedrich-Ebert-Stiftung fortgeführt. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie Menschen mit unterschiedlicher sozialer, religiöser und ethnischer Herkunft sowie mit verschiedenen Lebensstilen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen werden und Projektionsfläche für feindselige Einstellungen sind. Gemeinsames Merkmal der untersuchten, anfänglich sieben, inzwischen 13 Facetten offener oder verdeckter Menschenfeindlichkeit ist die gesellschaftliche Konstruktion von Ungleichwertigkeit.“ (IDA) Die „Österreichische Strategie Extremismusprävention und Deradikalisierung“ definiert Extremismus als

“eine “zum Äußersten“ hin gerichtete politische, religiöse oder weltanschauliche Einstellung. Eine totale Veränderung des gesellschaftlichen Ordnungssystems wird angestrebt. Dabei ist die Anwendung von Gewalt und Zwang im Extremismus ein legitimes Mittel zur Zielerreichung. Die vorliegende Strategie verzichtet auf die Nennung einzelner Extremismusformen und unterstreicht damit die Notwendigkeit bei der Umsetzung von Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen nicht allein auf einzelne Formen des Extremismus zu fokussieren, sondern stets Extremismus in all seinen Erscheinungsformen im Blick zu haben.”[2]

Rechtliche Grundlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geltendes österreichisches Recht definiert folgende Straftaten in Bezug auf (gewalttätigen) Extremismus und Terrorismus:

§ 278b Strafgesetzbuch (StGB) - Terroristische Vereinigung:[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„(1) Wer eine terroristische Vereinigung (Abs. 3) anführt, ist mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen.

(2) Wer sich als Mitglied (§ 278 Abs. 3) an einer terroristischen Vereinigung beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

(3) Eine terroristische Vereinigung ist ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten (§ 278c) ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d) betrieben wird.“

§ 107 StGB - Gefährliche Drohung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„(1) Wer einen anderen gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Wer eine gefährliche Drohung begeht, indem er mit dem Tod, mit einer erheblichen Verstümmelung oder einer auffallenden Verunstaltung, mit einer Entführung, mit einer Brandstiftung, mit einer Gefährdung durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel oder mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung droht oder den Bedrohten oder einen anderen, gegen den sich die Gewalt oder gefährliche Drohung richtet, durch diese Mittel längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(3) In den im § 106 Abs. 2 genannten Fällen ist die dort vorgesehene Strafe zu verhängen.“

§ 278e StGB - Ausbildung für terroristische Zwecke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„(1) Wer eine andere Person in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoff, Schuss- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder in einer anderen ebenso schädlichen oder gefährlichen spezifisch zur Begehung einer terroristischen Straftat nach § 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10 geeigneten Methode oder einem solchen Verfahren zum Zweck der Begehung einer solchen terroristischen Straftat unterweist, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen, wenn er weiß, dass die vermittelten Fähigkeiten für diesen Zweck eingesetzt werden sollen.

(2) Wer sich in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoff, Schuss- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder in einer anderen ebenso schädlichen oder gefährlichen spezifisch zur Begehung einer terroristischen Straftat nach § 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10 geeigneten Methode oder einem solchen Verfahren unterweisen lässt, um eine solche terroristische Straftat unter Einsatz der erworbenen Fähigkeiten zu begehen, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Die Strafe darf jedoch nach Art und Maß nicht strenger sein, als sie das Gesetz für die beabsichtigte Tat androht.“

§ 278f StGB - Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„(1) Wer ein Medienwerk, das nach seinem Inhalt dazu bestimmt ist, zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10) mit den im § 278e genannten Mitteln anzuleiten, oder solche Informationen im Internet in einer Art anbietet oder einer anderen Person zugänglich macht, um zur Begehung einer terroristischen Straftat aufzureizen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer sich ein Medienwerk im Sinne des Abs. 1 oder solche Informationen aus dem Internet verschafft, um eine terroristische Straftat (§ 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10) zu begehen.“

§ 282a StGB - Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„(1) Wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder sonst öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10) auffordert, ist, wenn er nicht als an dieser Handlung Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer auf die im Abs. 1 bezeichnete Weise eine terroristische Straftat (§ 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10) in einer Art gutheißt, die geeignet ist, die Gefahr der Begehung einer oder mehrerer solcher Straftaten herbeizuführen.“

VerbotsG (Verbotsgesetz 1947) §§ 3a-3j - Art. I: Verbot des NSDAP (Auszug)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

§ 3 d. Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken, verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen zu einer der nach § 1 oder § 3 verbotenen Handlungen auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, insbesondere zu diesem Zweck die Ziele der NSDAP, ihre Einrichtungen oder Maßnahmen verherrlicht oder anpreist, wird, sofern sich darin nicht ein schwerer verpöntes Verbrechen darstellt, mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu zwanzig Jahren, bestraft.

§ 3g. Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, wird, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20 Jahren bestraft.

§ 3h. Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.“

Symbole-Gesetz § 1 - 2 – Anwendungsbereich & Verwendungsverbot[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

㤠1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verbot der Verwendung von Symbolen

1.     der Gruppierung Islamischer Staat (IS);

2.     der Gruppierung Al-Qaida;

3.     der Gruppierung Muslimbruderschaft;

4.     der Gruppierung Graue Wölfe;

5.     der Gruppierung Kurdische Arbeiterpartei (PKK);

6.     der Gruppierung Hamas;

7.     der Gruppierung Hisbollah;

8.     von sonstigen Gruppierungen, die in Rechtsakten der Europäischen Union als terroristische Vereinigungen, Körperschaften oder sonstige Organisationen angeführt werden;

9.     der Gruppierung Ustascha;

10.  der Gruppierung Identitäre Bewegung Österreich (IBÖ);

11.  der Gruppierung Die Österreicher (DO5);

12.  der Gruppierung Hizb ut-Tahrir (HuT);

13.  der Gruppierung Kaukasus-Emirat;

14.  der Gruppierung Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front (DHKP-C);

15.  von Gruppierungen, die Teil- oder Nachfolgeorganisationen der in Z 1 bis 14 genannten Gruppierungen oder diesen zuzurechnen sind.

§ 2. (1) Es ist verboten, Symbole einer in § 1 genannten Gruppierung in der Öffentlichkeit einschließlich unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel darzustellen, zur Schau zu stellen, zu tragen oder zu verbreiten. Als Symbole sind auch Abzeichen, Embleme und Gesten anzusehen.

(2) Die Benennung von Gruppierungen nach § 1 Z 8 und 15 erfolgt durch Verordnung der Bundesregierung. Der Bundesminister für Inneres bezeichnet durch Verordnung die Symbole im Sinne des Abs. 1, wobei auch grafisch veränderte Darstellungen von bezeichneten Symbolen, wie insbesondere farbliche Abweichungen, vom Verwendungsverbot umfasst sind.

(3) Die Verbote des Abs. 1 sind nicht anzuwenden auf

1.     Druckwerke und periodische Medien,

2.     Gesten und bildliche Darstellungen,

3.     Aufführungen von Bühnen- und Filmwerken sowie

4.     Ausstellungen, bei denen Ausstellungsstücke, die unter Abs. 1 fallen, keinen wesentlichen Bestandteil der Ausstellung darstellen, wenn nicht das Ideengut einer in § 1 genannten Gruppierung gutgeheißen oder propagiert wird.

(4) Auf sonstige Ausstellungen finden die Verbote des Abs. 1 dann keine Anwendung, wenn sich die Ausstellung und deren Zweckbestimmung eindeutig gegen das Ideengut der betreffenden Gruppierung richten.“

§ 246 StGB - Staatsfeindliche Verbindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„(1) Wer eine Verbindung gründet, deren wenn auch nicht ausschließlicher Zweck es ist, auf gesetzwidrige Weise die Unabhängigkeit, die in der Verfassung festgelegte Staatsform oder eine verfassungsmäßige Einrichtung der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer zu erschüttern, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer sich in einer solchen Verbindung führend betätigt, für sie Mitglieder wirbt oder sie mit Geldmitteln oder sonst in erheblicher Weise unterstützt.

(3) Wer an einer solchen Verbindung sonst teilnimmt oder sie auf eine andere als die im Abs. 2 bezeichnete Weise unterstützt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.“

§ 247a StGB - Staatsfeindliche Bewegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„(1) Wer eine staatsfeindliche Bewegung gründet oder sich in einer solchen führend betätigt, ist, wenn er oder ein anderer Teilnehmer eine ernstzunehmende Handlung ausgeführt oder zu ihr beigetragen hat, in der sich die staatsfeindliche Ausrichtung eindeutig manifestiert, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Wer an einer solchen Bewegung mit dem Vorsatz teilnimmt, dadurch die Begehung von staatsfeindlichen Handlungen zu fördern, oder sie mit erheblichen Geldmitteln oder sonst in erheblicher Weise unterstützt, ist unter der Bedingung des Abs. 1 mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(3) Eine staatsfeindliche Bewegung ist eine Gruppe vieler Menschen, die darauf ausgerichtet ist, die Hoheitsrechte der Republik Österreich (Bund, Länder, Gemeinden oder sonstige Selbstverwaltung) rundweg abzulehnen oder sich fortgesetzt die Ausübung solcher oder behaupteter Hoheitsrechte selbst anzumaßen, und deren Zweck es ist, fortgesetzt auf eine Weise, durch die sich die staatsfeindliche Ausrichtung eindeutig manifestiert, gesetzwidrig die Vollziehung von Gesetzen, Verordnungen oder sonstigen hoheitlichen Entscheidungen der Behörden zu verhindern oder die angemaßten oder behaupteten Hoheitsrechte durchzusetzen.

(4) Der Täter ist nach Abs. 1 und 2 nicht zu bestrafen, wenn die Tat nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist.

(5) Nach Abs. 1 und 2 ist nicht zu bestrafen, wer sich freiwillig und bevor die Behörde von seinem Verschulden erfahren hat, aus der Bewegung in einer Weise zurückzieht, die eindeutig zu erkennen gibt, dass die staatsfeindliche Ausrichtung nicht mehr unterstützt wird.“

§ 283 StGB - Verhetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„(1) Wer öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird,

1.      zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den vorhandenen oder fehlenden Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder zu Hass gegen sie aufstachelt,

2.      eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen oder eine Person wegen der Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe in der Absicht, die Menschenwürde der Mitglieder der Gruppe oder der Person zu verletzen, in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, die Gruppe oder Person in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, oder

3.      Verbrechen im Sinne der §§ 321 bis 321f sowie § 321k, die von einem inländischen oder einem internationalen Gericht rechtskräftig festgestellt wurden, billigt, leugnet, gröblich verharmlost oder rechtfertigt, wobei die Handlung gegen eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe gerichtet ist und in einer Weise begangen wird, die geeignet ist, zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe aufzustacheln,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Wer die Tat nach Abs. 1 in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise begeht, wodurch die in Abs. 1 bezeichneten Handlungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(3) Wer durch eine Tat nach Abs. 1 oder 2 bewirkt, dass andere Personen gegen eine in Abs. 1 Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Gewalt ausüben, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(4) Wer, wenn er nicht als an einer Handlung nach den Abs. 1 bis 3 Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist, schriftliches Material, Bilder oder andere Darstellungen von Ideen oder Theorien, die Hass oder Gewalt gegen eine in Abs. 1 Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe befürworten, fördern oder dazu aufstacheln, in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise, wodurch diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, in gutheißender oder rechtfertigender Weise verbreitet oder anderweitig öffentlich verfügbar macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.“

Rechtsextremismus in Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rechtsextremismus ist ein Sammelbegriff für mehrere Ideologien beziehungsweise Gruppierungen.[3] Die österreichische Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) versteht Rechtsextremismus als

“eine Sammelbezeichnung für politische Auffassungen und Bestrebungen – von fremdenfeindlich/ rassistisch bis hin zur nationalsozialistischen Wiederbetätigung –, die im Namen der Forderung nach einer von sozialer Ungleichheit geprägten Gesellschaftsordnung die Normen und Regeln eines modernen demokratischen Verfassungsstaates ablehnen und diesen mit Mitteln beziehungsweise  Gutheißung oder Inkaufnahme von Gewalt bekämpfen.”[4]

Im akademischen Bereich existieren weitere Definitionsversuche. Jaschke definiert Rechtsextremismus als

“die Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen, organisiert oder nicht, die von der rassisch oder ethnisch bedingten sozialen Ungleichheit der Menschen ausgehen, nach ethnischer Homogenität von Völkern verlangen und das Gleichheitsgebot der Menschenrechts-Deklarationen ablehnen, die den Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum betonen, von der Unterordnung des Bürgers unter die Staatsräson ausgehen und die den Wertepluralismus einer liberalen Demokratie ablehnen und Demokratisierung rückgängig machen wollen. Unter „Rechtsextremismus“ verstehen wir insbesondere Zielsetzungen, die den Individualismus aufheben wollen zugunsten einer völkischen, kollektivistischen, ethnisch homogenen Gemeinschaft in einem starken Nationalstaat und in Verbindung damit den Multikulturalismus ablehnen und entschieden bekämpfen. Rechtsextremismus ist eine antimodernistische, auf soziale Verwerfungen industriegesellschaftlicher Entwicklung reagierende, sich europaweit in Ansätzen zur sozialen Bewegung formierende Protestform“.[5]

AUSPRÄGUNGEN[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rechtsextremismus hat aufgrund seiner ideologischen Vagheit vielerlei Ausprägungen. Die rechtsextreme Szene in Österreich kann grob in vier Bereiche beziehungsweise  Milieus aufgeteilt werden: die Neue Rechte, (einige) Burschenschaften, Graue Wölfe und Neo-Nazis (inklusive white supremacy und Akzelerationismus). Die Grenzen zwischen den jeweiligen Szeneteilen gestalten sich fließend und sind überlappend.[4] Seitens der Neuen Rechten gab es zwar mehrere Versuche in der jungen Vergangenheit, verstärkt junge Frauen einzubeziehen (auch bei neonazistischen Gruppierungen gibt es eine kleine Anzahl an weibliche Mitglieder), die rechtsextreme Szene in Österreich besteht aber immer noch überwiegend aus Männern. Laut dem Verfassungsschutzbericht 2020 waren von 731 Angeklagten wegen Rechtsextremismus nur 62 (8,5%) weiblich (vgl. 2019: 7,3% weiblich). Mehr als jede vierte Angeklagte (27,4%) war unter 18 Jahre alt. Wie Europol berichtete,

„scheint das Wachstum rechtsextremer und terroristischer Gruppen im Allgemeinen von einer jungen Bevölkerungsgruppe angetrieben zu werden, die Personen in einem ähnlichen Alter für die Rekrutierung anvisiert“.[6]

STRUKTUR[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Idelogisch und strukturell ist die österreichische Szene höchst divers. Die Neue Rechte ist vor allem als eine Bewegung organisiert in der Kampagnen die Hauptstrategie sind, oft in Kooperation mit anderen Milieus der Szene. Burschenschaften sowie Neonazis sind hingegen eher traditionell hierarchisch in Gruppen organisiert, mit klarer Rollenverteilung. Die neurechte Szene zieht vor allem junge Leute an und ist international gut vernetzt. Diese Tendenz führt zu umfangreichen Netzwerken, die auf losen persönlichen Verbindungen basieren und hauptsächlich über soziale Medien gepflegt werden. Aufgrund der gemeinsamen Sprache sind die Verbindungen zwischen österreichischen und deutschen neurechten Gruppen und Einzelpersonen tendenziell besonders stark. Eng verbunden mit dem neuen rechten Milieu sind auch die Burschenschaften mit erheblichen personellen Überschneidungen. Mehrere neurechte Führungspersönlichkeiten in Österreich haben eine nachgewiesene Vorgeschichte als Mitglied einer schlagenden Burschenschaft. Seit dem Ausbruch der COVID-19 Pandemie bemüht sich die Neue Rechte um den Aufbau weiterer Verbindungen zu anderen Teilen der rechtsextremen Szene. So kam es bei Demonstrationen gegen Maßnahmen der österreichischen Regierung zur Zusammenarbeit zwischen bekannten Neonazis, der Neuen Rechten und neuen Bewegungen – die sogenannten Querdenker –, die thematisch vor allem Verschwörungstheorien bedienen.[7]

Trotz der ideologischen und strukturellen Vielfalt der rechtsextremen Szene in Österreich sind die häufig bedienten Narrative ähnlich, obgleich es wesentliche stilistische und strategische Unterschiede in Bezug auf die Verbreitung dieser Narrative gibt. Das neurechte Netzwerk achtet besonders darauf, innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu bleiben. Daher sind dessen Narrative nicht sofort als extremistisch erkennbar. Stattdessen werden Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit oder antimuslimische Gefühle durch Codewörter und andere Konstrukte ausgedrückt, wie zum Beispiel durch das Ersetzen von “Rasse” durch “Kultur”. Die “Feinde” der Szene, worauf die meisten rechtsextremistischen Erzählungen abzielen, haben sich jedoch seit Jahrzehnten nicht verändert: Juden und Muslime, der Islam als Religion, Minderheiten (insbesondere Roma und Sinti), Flüchtlinge und Migranten (sowie ihnen helfende Organisationen), „Ausländer“ (und alle, die als solche wahrgenommen werden), Linke und Linksextremisten, Mainstream-Medien, EU, Demokratie und Polizei (beziehungsweise staatliche Stellen im Allgemeinen).[8]

Es gibt zwar eine Reihe verschiedener Rahmen diesbezüglich, die wichtigsten Narrative der letzten Jahre können aber in vier große Themenbereiche eingeteilt werden:

(1)  “Kulturkriege” und “Anti-Wokeness”: LGBTQ, soziale Gerechtigkeit, Progressivismus,

(2)  Anti-Migration,

(3)  apokalyptische Verschwörungstheorien (Great Replacement, Great Reset, wahrgenommene Opferrolle aufgrund von Rasse und ethnischer Zugehörigkeit, Verschwörungen in Bezug auf die Pandemie beziehungsweise Impfung),

(4)  Diskreditierung politischer Feinde (siehe die Liste der Feinde oben).

Oft werden diese Themen gemischt, da die Grenzen zwischen ihnen zumeist verschwommen sind.[8]

Rechtsextremer Terrorismus in Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl es in den letzten Jahren keinen wesentlichen rechtsextremen Terroranschlag in Österreich gab, gibt es mehrere Anzeichen, dass die Szene dennoch gefährlich ist. Waffenfunde nach Hausdurchsuchungen bei amtsbekannten Rechtsextremisten sowie bei Personen mit rechtsextremer Gesinnung häufen sich seit Jahren, und sogar spezifische Terrorplots wurden von den Behörden vereitelt.[9][10]

Laut der Pressemitteilung des österreichischen Bundesministeriums für Inneres hatte 2022 ein 78-jähriger österreichischer Rechtsextremist in Eisenstadt (Burgenland) eine rechtsterroristische Straftat geplant. Bei einer Hausdurchsuchung wurden über Suchtmittel hinaus Schusswaffen, Munition, Kriegsmaterial sowie Bestandteile für die Herstellung von Rohrbomben gefunden. Zusätzlich fanden die Behörden auch verschiedene Objekte der rechtsextremen Gruppe „Identitäre Bewegung Österreich“ (IBÖ) beziehungsweise deren Nachfolgeorganisation „Die Österreicher“ (DO5), aber auch NS-Devotionalien sowie eingerahmte Portraitbilder von Rechtsextremisten. Weiters wurden “handschriftliche Skizzen mit maßstabsgetreuen Bauanleitungen für Rohrbomben und weitere für die Vorbereitung einer rechtsterroristischen Straftat notwendige Mittel beschlagnahmt”, was zu der — im Jänner 2023 noch nicht rechtskräftigen — Verurteilung der Person geführt hat.[11]

Islamistischer Extremismus in Österreich[12][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff Islamistischer Extremismus bezeichnet islamistische Bewegungen, Ideologien beziehungsweise Gruppierungen, „die danach streben, eine Art „islamische Ordnung“ zu errichten – einen religiösen Staat, die Scharia und Moralkodizes in muslimischen Gesellschaften und Gemeinschaften.“[13] Die Kategorie Islamismus hingegen ist breiter und kann unter Umständen sogar demokratische Bewegungen beinhalten. Die österreichische DSN definiert Islamismus als “ein Sammelbegriff für unterschiedliche politische Ideologien, die sich vorgeblich auf Ideen oder eine spezifische Interpretation des Islam stützen. All diesen Strömungen liegt die Ansicht zu Grunde, dass der Islam nicht nur als Religion, sondern als ganzheitliches System, das sowohl soziale, juristische, politische und wissenschaftliche Dimensionen beinhaltet, betrachtet werden muss und in dieser Form die einzige Quelle für eine politische Ordnung sein kann und sogar sein muss. Der islamistische Extremismus und Terrorismus ist stets von der Ideologie des „Islamismus“ getrieben, wodurch er sich von anderen Formen extremistischer und terroristischer Kriminalität unterscheidet.[14]

Obwohl es keine genauen Zahlen zur Größe der österreichischen Szene beziehungsweise zu den Verhaftungen und Anklagen gegen islamistische ExtremistInnen in Österreich gibt (Stand: Mai 2023), ist das Gefahrenpotenzial, das von islamistischem Extremismus ausgeht, im Verfassungsschutzbericht 2022 als “konstant erhöht” bezeichnet.[4] Nach Einschätzungen des deutschen Experten Guido Steinberg gab es 2021 ca. 70-150 jihadistische Gefährder in Österreich.[15]

AUSPRÄGUNGEN[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Österreich hat sich im letzten Jahrzehnt der Salafismus als dominante Strömung innerhalb des islamistischen Extremismus durchgesetzt und ist mittlerweile zu einer jugendlichen Subkultur geworden (Abou-Taam 2012). Bei Salafismus

„handelt [es] sich um Ausrichtungen an den angeblichen oder tatsächlichen Gesellschafts- und Religionsvorstellungen der Frühgeschichte des Islam, welche Abweichungen oder Neuerungen kaum beziehungsweise nicht zulassen. Demnach sollen die "heiligen Schriften" des Koran und der Sunna nicht neu interpretiert, sondern ahistorisch wortwörtlich genommen werden” (Pfahl-Traughber 2015).[16]

Salafismus ist eine heterogene Bewegung bzw. Erscheinung mit verschiedenen Strömungen, die — vor allem aus strategischer Sicht — unterschiedlich agieren, jedoch ähnliche bzw. identische Ziele erreichen möchten: “eine Rückkehr zu den Ursprüngen des Islams, oder eine Purifizierung des Islams als eine Lösung für politische und soziale Probleme“.[17] Gewöhnlich wird zwischen drei Strömungen innerhalb des Salafismus unterschieden: Puristen, Politicos und Jihadisten.[18] Diese Kategorisierung ist jedoch nicht unumstritten. Mehrere WissenschaftlerInnen kritisieren die klare Unterscheidung zwischen den Strömungen, da Salafismus ein eher fluides Spektrum habe.[19] Jihad bedeutet wortwörtlich Bemühung bzw. Anstrengung. Der Jihadismus (auf Deutsch oft auch Dschihadismus) ist jedoch ein ”modernes, fundamentalistisches und transnationales Phänomen, in dem der Dschihad als bewaffneter Kampf verstanden wird und die Anwendung von Gewalt ein zentrales Element der Selbstdefinition ist.”[20] In der westlichen Welt wird der Begriff meistens für jihadistischen Salafismus verwendet, d.h. eine gewalttätige extremistische Strömung, die innerhalb des Salafismus zu verorten ist:

“Der dschihadistische Salafismus hat seine Wurzeln in einer extremistischen, partikularen, theologisch vormodernen Interpretation der islamischen Schriften. Dschihadistische Salafisten betrachten sich als die einzigen wahren Muslime und jene, die nicht wie sie sind, als Ungläubige“.[17]

Beim Takfirismus “handelt es sich […] um die religiöse Rechtfertigung für die Abgrenzung der Jihadisten von ihrer Umwelt und den Kampf gegen die nominell islamischen Regime in der arabischen Welt”[21] und zwar auf Basis einer ”Neuinterpretation des Konzepts von der »Loyalität (gegenüber Gott und den Muslimen) und der Lossagung (vom Unglauben und seinen Anhängern)« (al-wala’ wa-l-bara’)” (Steinberg 2021).[21] Weiters ist für Takfiristen charakteristisch, dass “sie keine oder nur sehr wenige »Entschuldigungsgründe« (mawani’ at-takfir) für vermeintlichen Unglauben akzeptieren”.[21] “Takfiris erklären […] alle MuslimInnen, die nicht der eigenen Interpretation des Islam folgen, zu NichtmuslimInnen, wodurch für viele die Mehrheit der MuslimInnen zu ApostatInnen (Abtrünnigen) wird, die zu bekämpfen sind.”[22]

Daneben existiert eine Strömung, die zumeist legalistischer Islamismus genannt wird. Als legalistischer Islamismus werden verschiedene Formen des islamistischen Extremismus bezeichnet, die zwar ideologisch als extremistisch einzuordnen sind, jedoch nicht gewaltorientiert sind und sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegen. Beispiele für diese Erscheinungsform des islamistischen Extremismus in Österreich sind die Gruppen Millî Görüş, IMAN und Fitrah (vgl. Schmidinger 2020; Hildmann/Schmid 2020).[23]

STRUKTUR[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Netzwerke beziehungsweise Strukturen von Salafisten und salafistischen Jihadisten in Österreich verändern sich laufend. Einerseits sind Führungspersönlichkeiten (zum Beispiel Prediger, “Influencer”) weiterhin zentraler Teil der Szene, da sich sowohl lokale als auch internationale Gruppierungen rund um Einzelpersonen bilden (vgl. Saal 2021). Andererseits nimmt die Rolle eines dezentralisierten Online-Netzwerks rasant zu, das eher unstrukturiert ist und meistens anonyme MitwirkerInnen involviert (vgl. Ayad et al. 2021). In beiden Fällen kann eine starke Internationalisierung beobachtet werden, die weit über Österreich hinausgeht und teilweise bis in die Türkei, Belgien, Südosteuropa oder in den Nahen Osten reicht (vgl. Ayad et al. 2021, Flade 2021).[24]

Jihadistischer Terrorismus in Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 2. November 2020 hat ein jihadistischer Attentäter einen Anschlag in der Wiener Innenstadt verübt, in dem vier Personen getötet und 23 weitere Personen verletzt wurden.

Linksextremismus in Österreich[25][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) versteht Linksextremismus als “Sammelbezeichnung für alle politischen Auffassungen und Bestrebungen (von marxistisch bis autonom) […], die im Namen der Forderung nach einer von sozialer Gleichheit geprägten Gesellschaftsordnung die Normen und Regeln eines modernen demokratischen Verfassungsstaates ablehnen und diesen mit Mitteln beziehungsweise Gutheißung oder Inkaufnahme von Gewalt bekämpfen.”[26]

Die linksextreme Szene in Österreich ist im Vergleich zu anderen extremistischen Szenen relativ klein. Im Jahr 2020 ordneten die Behörden 167 extremistische Taten (2019: 218/-23,4 %) der linksextremen Szene zu. Daraus resultierten 257 Strafanzeigen (2019: 311 / -17,4%) und 38 Anklagen (2019:72), davon 8 (2019: 29) Frauen und 5 (2019: 3) Minderjährige.[4]

AUSPRÄGUNGEN[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die österreichische linksextreme Szene lässt sich in vier Milieus unterteilen: marxistische, leninistische und trotzkistische Fraktionen sowie das autonom-anarchistische Spektrum. Alle streben ein gemeinsames Ziel an, das darin besteht, das bestehende kapitalistische System abzuschaffen und durch einen sozialistischen Staat oder eine anarchistische Gesellschaft zu ersetzen sowie demokratische und rechtsstaatliche Regeln einzuschränken. Trotz der verschiedenen Fraktionen teilen sie meist das gleiche Ziel: „dem gegenwärtigen bürgerlich-kapitalistischen System ein Ende zu bereiten. Dabei soll die demokratische Herrschaft ersetzt werden, entweder durch neue Normen, die individuelle Freiheiten einschränken, oder – dem anarchischen Prinzip folgend – durch eine Regierung von niemandem. Letzteres würde Autoritätsbeziehungen und Regeln insgesamt eliminieren.“[27]

Marxistisch-leninistische Gruppen konzentrieren sich darauf, eine Revolution herbeizuführen, um ihre sozialen Ziele zu erreichen. Eine wesentliche Annahme dieses Plans ist, dass die Revolution die Unterstützung und Mobilisierung eines großen Teils der Gesellschaft erfordert. Diese Fraktionen sind zumeist als Kaderpartei mit strenger Hierarchie strukturiert, mit einem Leitungsgremium beziehungsweise Zentralkomitee, das Befehle erteilt.[27] [4]Trotzkistische Fraktionen hingegen sehen sich in einer permanenten Revolution, die sich in der kontinuierlichen Entwicklung des Sozialismus manifestiert. Sie versuchen, demokratische Institutionen (Parteien, Gewerkschaften) zu infiltrieren. Diese drei Fraktionen wenden nicht unbedingt Gewalt an, sind aber auch nicht strikt dagegen und können sie als legitimes Instrument des politischen Kampfes in der Revolution wahrnehmen.[4] Marxistische/leninistische/trotzkistische Fraktionen stellten 2020 laut Behörden kaum eine Sicherheitsbedrohung in Österreich dar. Ihre Aktionen konzentrierten sich auf „Antifaschismus“, Flüchtlinge und Asylsuchende, Kapitalismuskritik, Globalismus und soziale Themen.[4]

Die anarchistische Szene ist ein Sammelbegriff für Bewegungen, die jede Art von Herrschaft über Menschen abschaffen wollen, insbesondere wenn sie von staatlicher Seite ausgeht. Die autonom-anarchistische Szene ist eher in lockeren Gruppen und Plattformen organisiert. Ihre Aktionen werden meist von spontan gebildeten „Bezugsgruppen“ organisiert. Diese verstoßen mitunter gegen Gesetze und sind gewalttätig. Gewalt im Allgemeinen wird unter dem Narrativ der Selbstverteidigung gegen das „repressive“ Gewaltmonopol des Staates unterstützt und akzeptiert. Die Autonomen Anarchisten waren 2020 die aktivste Szene in Österreich, die sich vor allem auf „Antifaschismus“, Anti-Repression, Flüchtlinge und Asylsuchende, Kapitalismus, Gesellschafts- und Wirtschaftskritik und die Etablierung von „Freiräumen“ konzentrierten.[4]

STRUKTUR[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die linksextreme Szene in Österreich ist zwar gespalten, durch lose Netzwerke verbunden, aufgrund ihres ideologischen Hintergrunds jedoch fast nie hierarchisch. Meist existieren „Plattformen“ für Kooperationen, die der Szene einen sozialen Bewegungscharakter verleihen. Laut Counter Extremism Project[28] „basieren Österreichs linksextreme Netzwerke auf Kontakten zwischen einzelnen Personen und gelten nicht als stabile oder strukturierte Verbindungen.“ Diese Kontakte schaffen jedoch ein loses Netzwerk von meist informellen und in einigen Fällen sogar formellen Gruppen. Ein gewisses Maß an organisatorischem Hintergrund ist eher charakteristisch für marxistische, leninistische und trotzkistische Fraktionen, aber selten für das autonom-anarchistische Spektrum. Bei ersteren gibt es meist interne Gremien und Arbeitsgruppen zu bestimmten Anliegen und Themen (zum Beispiel Feminismus, Klimawandel). Die linksextreme Szene in Österreich hat intensive Kontakte nach Deutschland, in geringerem Maß auch zu anderen europäischen Ländern, vor allem Griechenland, Italien und Polen. Allerdings gibt es keine stabilen Strukturen oder Netzwerke, da diese Kontakte in erster Linie auf den individuellen Kontakt angewiesen sind und sich online Solidarität bekunden.

Die autonome Szene manifestiert sich meist als Subkultur ohne Hierarchien. Sie kooperieren gelegentlich und spontan mit anderen linksextremen Gruppierungen im Land und lehnen Regeln und Normen des Rechtsstaats ab, beziehungsweise bekämpfen diese sogar mit Gewalt. Die Haupteinheit in dieser Szene ist das Individuum und seine Selbstverwirklichung. So wird zumeist kein konkretes Ziel definiert, außer dem Widerstand gegen die aktuelle Ordnung, das heißt die gesamte Szene wird durch „Anti-Ansichten“ organisiert und definiert. Im Gegensatz zu ihnen sind die marxistischen, leninistischen und trotzkistischen Fraktionen für ihre ideologischen Manifeste bekannt, welche die Ziele, Werte und Strategien der jeweiligen Gruppe definieren und dadurch zumindest eine gewisse Struktur für diese Fraktionen schaffen.der

Ein Großteil der linksextremen Erzählungen ist in kurze, eingängige Parolen verpackt. Die Themen mit dem höchsten Mobilisierungspotenzial in den letzten Jahren waren, laut Behörden, Antifaschismus sowie Aspekte der Flüchtlings-, Asyl- und Migrationspolitik. Weitere Themen im Jahr 2020 waren Klima und Umwelt sowie Black Lives Matter.[4] Österreichische linksextreme Gruppen sind auch für ihr lautstarkes Engagement für die Sache der Kurden, des Antikapitalismus und des Feminismus bekannt.[27]

Extremismusbekämpfung- und prävention in Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verantwortung für Extremismusbekämpfung in Österreich liegt derzeit bei der DSN, welche dem österreichischen Bundesministerium für Inneres zugeordnet ist. Der DSN ist die Nachfolgeorganisation des ehemaligen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), das nach dem jihadistischen Terroranschlag am 2. November 2020 in Wien grundlegend reformiert wurde. Der DSN funktioniert sowohl als polizeiliche Staatsschutzbehörde als auch als ziviler Inlandsnachrichtendienst und ist für den Verfassungsschutz in Österreich zuständig. In Bezug auf terroristisch, ideologisch oder religiös motivierte Kriminalitätsfelder führt der DSN Überwachungen und Ermittlungen durch und wird von den neun Landesämter für Verfassungsschutz unterstützt, um Bedrohungen rechtzeitig zu identifizieren, vorzubeugen und abzuwehren.[29]

Seit 2018 existiert darüber hinaus die „Österreichische Strategie Extremismusprävention und Deradikalisierung“.[30] Die Strategie wurde von „Bundesweites Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung“ (BNED)[31] erstellt, welches ExpertInnen aus verschiedenen Bereichen zusammenbringt – unter anderen VertreterInnen staatlicher Stellen, WissenschafterInnen und PraktikerInnen. Die Strategie setzt den Schwerpunkt auf den folgenden Handlungsfelder: Sicherheit, Politik und Demokratiekultur, Kooperation und Ressourcen, Bildung, Arbeitsmarkt und Resilienz, Soziale Verantwortung und Gesundheit, Wissenschaft und Forschung, Internet und Medien sowie Gender. Zusätzlich gibt es einen Aktionsplan für die Umsetzung der Strategie. Sowohl die Strategie als auch der Aktionsplan fokussieren derzeit überwiegend auf jihadistischen Terrorismus und Extremismus im Allgemeinen.

Ein wichtiger, nicht-staatlicher Akteur in Österreich, der sich mit Extremismusbekämpfung und -prävention beschäftigt, ist das „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes“ (DöW). DöW ist eine staatlich finanzierte Organisation und sein Auftrag erschöpft sich auf die Erforschung und Aufarbeitung folgender Themen: “Widerstand und Verfolgung, Holocaust, Roma und Sinti, Exil, Medizin und Biopolitik im Nationalsozialismus, NS- und Nachkriegsjustiz, Rechtsextremismus nach 1945, Restitution und Entschädigung nach 1945”.[32]

Die Beratungsstelle Extremismus (BEX) des Bundesweiten Netzwerks offene Jugendarbeit[33] (bOJA) wiederum ist eine staatlich unterstützte Anlaufstelle für Angehörige und Bezugspersonen für Fragen in Bezug auf Radikalisierung und Extremismus.

Seit 2019 wird von der österreichischen Regierung das Ausstiegsprogramm „Kompass“ finanziert, das derzeit vom Verein NEUSTART, der Resozialisierungshilfe für Straffällige anbietet, umgesetzt wird.[34]

Weiterführende Weblinks:

Wikiquote: Extremismus – Zitate

Wiktionary: Extremismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Wiktionary: Extremist – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

www.dsn.gv.at – Direktion für Staatsschutz & Nachrichtendienst in Österreich

www.scenor.at – Öst. non-profit Organisation mit Forschungsschwerpunkt gewalttätiger Extremismus

www.doew.at – Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes


Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Extremismus. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  2. BMI. Abgerufen am 24. November 2023.
  3. Eckpunkte. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  4. a b c d e f g h i Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung: Verfassungsschutzbericht 2020. DSN Website, 16. Februar 2022, abgerufen am 24. November 2023.
  5. Hans-Gerd Jaschke: Grundbegriffe und Gegenstandsbereiche in der gegenwärtigen Diskussion. In: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit: Begriffe · Positionen · Praxisfelder. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2001, ISBN 978-3-322-80839-4, S. 22–84, doi:10.1007/978-3-322-80839-4_2 (doi.org [abgerufen am 24. November 2023]).
  6. Europol: EU Terrorism Situation & Trend Report (Te-Sat) 2020. In: EUROPOL website. EUROPOL, abgerufen am 24. November 2023 (englisch).
  7. Strukturen und Netzwerke. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  8. a b Strategien. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  9. derStandard.at. Abgerufen am 24. November 2023.
  10. ORF at/Agenturen red: Rechter Terror: Waffenlager in Österreich für deutsche Miliz. 12. Dezember 2020, abgerufen am 24. November 2023.
  11. Hohe Haftstrafen für rechtsextreme Straftäter. Abgerufen am 24. November 2023.
  12. Jihadistischer Terrorismus. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  13. Post-Islamism: The Changing Faces of Political Islam. Oxford University Press, 2013, ISBN 978-0-19-934513-7 (oup.com [abgerufen am 24. November 2023]).
  14. Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst: Verfassungsschutzbericht 2022. In: DSN Website. DSN, abgerufen am 24. November 2023.
  15. Dschihadismus in Österreich. 25. März 2021, abgerufen am 24. November 2023 (deutsch).
  16. Armin Pfahl-Traughber: Salafismus – was ist das überhaupt? 9. September 2015, abgerufen am 24. November 2023.
  17. a b Daniela Pisoiu: Islamismus und Terrorismus, Daesh, Europa. In: oiip Arbeitspapier. oiip, 1. Juni 2017, S. 21, abgerufen am 24. November 2023.
  18. Quintan Wiktorowicz: Anatomy of the Salafi Movement. Hrsg.: Studies in Conflict & Terrorism. 2006, S. 207–239.
  19. Theoretical Overview: Gen-Z & The Digital Salafi Ecosystem. Abgerufen am 24. November 2023 (britisches Englisch).
  20. Pawelz et al.: Pandora: Propaganda, Mobilisierung und Radikalisierung zur Gewalt in der virtuellen und realen Welt. In: Pandora Projekt Website. Pandora Projekt, August 2017, abgerufen am 24. November 2023.
  21. a b c Guido Steinberg: Die »Takfiristen«. Eine salafistisch-jihadistische Teilströmung gewinnt an Bedeutung. In: SWP-Aktuell. 9. Januar 2021, abgerufen am 24. November 2023.
  22. Jihadismus. Abgerufen am 24. November 2023.
  23. Eckpunkte. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  24. Eckpunkte. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  25. Eckpunkte. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  26. Linksextremismus. Abgerufen am 24. November 2023.
  27. a b c Linksextremismus. Abgerufen am 24. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  28. Home Page. Abgerufen am 24. November 2023 (englisch).
  29. Wer sind wir. Abgerufen am 24. November 2023.
  30. BMI. Abgerufen am 24. November 2023.
  31. Extremismusprävention und Deradikalisierung. Abgerufen am 24. November 2023.
  32. DÖW - WIR über UNS - Kurze Information. Abgerufen am 24. November 2023.
  33. bOJA - bundesweites Netzwerk Offene Jugendarbeit | bOJA. Abgerufen am 24. November 2023.
  34. Bundesministerium für Inneres: Ausstieg erleichtern. In: Öffentliche Sicherheit 11/12. 2020, abgerufen am 24. November 2023.

Kategorie:Österreich