Chayesit

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Chayesit
Brauner Chayesitkristall in Matrix aus der Sierra de las Cabras bei Cancarix, Provinz Albacete (Castilla La Mancha), Spanien
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1987-059[1]

IMA-Symbol

Cys[2]

Chemische Formel
  • KMg4Fe3+[Si12O30][3][4]
  • K(Mg,Fe2+)4Fe3+[Si12O30][5]
  • K[12]2[9]Mg2[6](Mg,Fe2+,Fe3+)3[4][Si12O30][6]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ringsilikate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.22-050

9.CM.05
63.02.01a.02
Ähnliche Minerale Cordierit, Osumilith, Roedderit
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal[3]
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m
Raumgruppe P6/mcc (Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192[3]
Gitterparameter a = 10,153 Å; c = 14,388 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen {0001}, {1012}, {1120}, {1010}[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6,5[5]
Dichte (g/cm3) berechnet: 2,68[3]
Spaltbarkeit keine[3]
Bruch; Tenazität spröde[7]
Farbe farblos bis dunkelblau,[3] bräunlich durch Hämatiteinschlüsse
Strichfarbe weiß[3]
Transparenz durchsichtig[3]
Glanz Glasglanz[3]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,575[3]
nε = 1,578[3]
Doppelbrechung δ = 0,003[3]
Optischer Charakter einachsig positiv[3]
Pleochroismus stark: dunkelblau – farblos[3]

Das Mineral Chayesit ist ein sehr selten vorkommendes Ringsilikat aus der Milaritgruppe innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung KMg4Fe3+Si12O30 und damit chemisch gesehen ein Kalium-Magnesium-Eisen-Silikat.

Chayesit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und entwickelt tief blaue[8] oder durch Hämatit braun gefärbte, tafelige Kriställchen von meist unter einem Millimeter Größe mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen.[3] Das Mineral ist im Normalfall durchsichtig, kann aber durch Gitterfehler, polykristalline Ausbildung oder Fremdeinschlüsse auch nur durchscheinend sein.

Chayesit findet sich in der feinkristallinen Grundmasse von Lamproiten und in Fremdgesteinseinschlüssen in basaltischen Magmen. Neben seiner Typlokalität, einem Lamproit vom Moon Canyon, Utah, USA[3], ist Chayesit bisher nur an wenigen weiteren Lokalitäten nachgewiesen worden: Im Lamproit aus Cancarix, Spanien[9] sowie in Fremdgesteinseinschlüssen in basaltischen Magmen vom Ettringer Bellerberg in der Vulkaneifel, Deutschland[10], dem Pauliberg im Burgenland, Österreich[11][12] und dem Mont Denise in der Auvergne, Frankreich.[13]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entdeckt wurde Chayesit 1986 von Christiane Wagner und Danielle Velde im Lamproit vom Moon Canyon, Utah und zunächst als Roedderit-artige Phase bezeichnet.[14] Eine genauere Untersuchung, an der außer Wagner und Velde noch Olaf Medenbach und Werner Schreyer beteiligt waren, führte drei Jahre später zur Beschreibung des neuen Minerals Chayesit als Leerstellen(□)-Fe3+-Analog von Roedderit. Benannt wurde es nach dem Petrologen und ehemaligen Präsidenten der "Mineralogical Society of America" Dr. Felix Chayes.[3]

Das Typmaterial des Minerals wird an der Ruhr-Universität Bochum (RUB, Holotyp ca. 50 g) und am National Museum of Natural History Washington (NMNH, Cotyp-Nr.: 165807) aufbewahrt.[15]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da der Chayesit erst 1987 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde,[4] ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/E.22-50. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort der Abteilung „Ringsilikate“, wo Chayesit zusammen mit Agakhanovit-(Y), Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Emeleusit, Faizievit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Lipuit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit, Yagiit und Yakovenchukit-(Y) die „Milarit-Osumilith-Gruppe“ (VIII/E.22) mit der Struktur doppelter Sechseringe [Si12O30]12- bildet (Stand 2018).[5]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[16] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Chayesit ebenfalls in die Abteilung der „Ringsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Ringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Doppelringe“ zu finden ist, wo es zusammen mit Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit und Yagiit die „Milaritgruppe“ mit der System-Nr. 9.CM.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Chayesit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Ringsilikate: Kondensierte Ringe“ ein. Hier ist er in der „Milarit-Osumilith-Gruppe (Milarit-Osumilith-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 63.02.01a innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Kondensierte, 6-gliedrige Ringe“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chayesit ist das □-Fe3+-Endglied einer Mischkristallreiche von Roedderit zu Chayesit, der die Austauschreaktionen

  • [B]Na + [T2]Mg2+ = [B]□ + [T2]Fe3+

zugrunde liegt.[3][9]

Die gemessene Zusammensetzung aus der Typlokalität ist [C,B](K1,14Na0,1)[A,T2](Mg3,29Fe2+0,96Mn2+0,04Fe3+0,64Ti0,03Al0,04)[T1][Si12O30], wobei in den eckigen Klammern die Positionen in der Kristallstruktur angegeben sind.[3]

Seit 2019 wird die chemische Zusammensetzung nach Beschluss durch die IMA/CNMNC in der Reinform mit KMg4Fe3+[Si12O30] angegeben.[17][4]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chayesit kristallisiert in der hexagonalen Raumgruppe P6/mcc (Raumgruppen-Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192 mit den Gitterparametern a = 10,153 Å und c = 14,388 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Chayesit ist isotyp zu Milarit, d. h., es kristallisiert mit der gleichen Struktur wie Milarit.

Die T1-Position, die die 6er-Doppelringe aufbaut, enthält nur Silicium (Si4+).[3][9]

Die 12-fach koordinierte C-Position ist voll besetzt mit Kalium und etwas Natrium, die 9-fach koordinierte B-Position ist leer oder enthält nur geringe Mengen Na. Die T2-Position enthält Magnesium und bis zu 1 apfu (Atome pro Formeleinheit) Eisen, die oktaedrisch besetzte A-Position ist fast vollständig mit Magnesium besetzt mit geringen Mengen Eisen.[9]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chayesit bildet sich bei sehr hohen Temperaturen um 1000 bis 1100 °C und niedrigem Druck unter oxidierenden Bedingungen und ist bisher weltweit von sechs verschiedenen Fundstellen dokumentiert worden (Stand 2020).[18]

In Lamproiten tritt Chayesit in der feinkristallinen Grundmasse dieser Magmatite auf, wo sie sich in der Spätphase der Kristallisation direkt aus der kaliumreichen Schmelze abscheiden. Zu diesem Typ gehört die Typlokalität, einem Lamproit vom Moon Canyon bei Woodland im Summit County des US-Bundesstaates Utah, wo Chayesit zusammen mit Olivin, Klinopyroxen, Phlogopit, K-Richterit, Kalifeldspat, Apatit, Ilmenit, Pseudobrookit Cr-Spinell und Glas auftritt.[14] In einem Lamproit aus einem Aufschluss in der Sierra de las Cabras nahe am Cancarix-Vulkan in Spanien tritt Chayesit mit Aegirin, Apatit, Rutil und Calcit[14] sowie Dalyit[9] auf.

Neben diesen magmatischen Vorkommen bildet sich Chayesit auch bei der Kontaktmetamorphose aluminiumarmer Xenolithe in basaltischen Magmen. Zu diesem Typ zählen die anderen dokumentierten Fundorte am Ettringer Bellerberg in der Vulkaneifel in Deutschland[10], am Pauliberg im Burgenland[11][12] und am Stradner Kogel bei Wilhelmsdorf in der Steiermark[19] in Österreich sowie am Mont Denise bei Espaly-Saint-Marcel in der französischen Landschaft Auvergne.[13]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Danielle Velde, Olaf Medenbach, Christiane Wagner, Werner Schreyer: Chayesite, K(Mg,Fe2+)4Fe3+[Si12O30]: A new rock-forming silicate mineral of the osumilite group from the Moon Canyon (Utah) lamproite. In: American Mineralogist. Band 74, 1989, S. 1368–1373 (online verfügbar bei minsocam.org [PDF; 489 kB; abgerufen am 9. März 2019]).
  • E. Alietti, M. F. Brigatti, S. Capedri, L. Poppi: The roedderite-chayesite series from Spanish lamproites: crystal chemical characterization. In: Mineralogical Magazine. Band 58, 1994, S. 655–662 (englisch, rruff.info [PDF; 557 kB; abgerufen am 20. September 2020]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Chayesite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w Danielle Velde, Olaf Medenbach, Christiane Wagner, Werner Schreyer: Chayesite, K(Mg,Fe2+)4Fe3+[Si12O30]: A new rock-forming silicate mineral of the osumilite group from the Moon Canyon (Utah) lamproite. In: American Mineralogist. Band 74, 1989, S. 1368–1373 (online verfügbar bei minsocam.org [PDF; 489 kB; abgerufen am 9. März 2019]).
  4. a b c Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2020, abgerufen am 20. September 2020 (englisch, Interne Eingangs-Nr. der IMA: 987-059).
  5. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 614 (englisch).
  7. Chayesite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 70 kB; abgerufen am 20. September 2020]).
  8. Bildbeispiel einer Kristallgruppe aus blauem Chayesit. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  9. a b c d e E. Alietti, M. F. Brigatti, S. Capredi AND L. Poppi: The roedderite-chayesite series from Spanish lamproites: crystal-chemical characterization. In: Mineralogical Magazine. Band 58, Dezember 1994, S. 655–662 (online verfügbar bei rruff.info [PDF; 556 kB; abgerufen am 9. März 2019]).
  10. a b Typlokalität Caspar quarry, Bellerberg volcano, Ettringen, Mayen, Eifel, Rhineland-Palatinate, Germany. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  11. a b Karl Ettinger, Walter Postel, Josef Taucher, Franz Walter: Minerale der Osumilith-Gruppe (Roedderit, Merrihueit, Chayesit und Osumilith) aus dem steirisch-burgenländischen Vulkangebiet, Osterreich. In: Tschermaks mineralogische und petrographische Mitteilungen. Band 31, 1996, S. 215–234 (zobodat.at [PDF; 3,0 MB; abgerufen am 9. März 2019]).
  12. a b Typlokalität Basalt quarry, Pauliberg, Kobersdorf, Oberpullendorf, Burgenland, Austria. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  13. a b Typlokalität Mont Denise, Espaly-Saint-Marcel, Le Puy-en-Velay, Haute-Loire, Auvergne, France. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  14. a b c C. Wagner, D. Velde: The mineralogy of K-richterite-bearing lamproite. In: American Mineralogist. Band 71, 1986, S. 17–37 (online verfügbar bei minsocam.org [PDF; 2,5 MB; abgerufen am 9. März 2019]).
  15. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 131 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 20. September 2020.
  16. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  17. Ritsuro Miyawaki, Frédéric Hatert, Marco Pasero, Stuart J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) Newsletter 50. New minerals and nomenclature modifications approved in 2019. In: Mineralogical Magazine. Band 83, 2019, S. 615–620 (englisch, rruff.info [PDF; 127 kB; abgerufen am 20. September 2020]).
  18. Localities for Chayesite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  19. Typlokalität Stradner Kogel, Wilhelmsdorf, Bad Gleichenberg, Südoststeiermark District, Styria, Austria. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).