Armenit

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Armenit
Armenit aus Isenwegg, Wasenalp, Ganter Tal, Brig, Wallis, Schweiz
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Amn[1]

Andere Namen

Calciocelsian

Chemische Formel BaCa2Al3[Al3Si9O30]·2H2O
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.22
VIII/E.22-150

9.CM.05
63.02.01b.01
Ähnliche Minerale Milarit, Apatit, Quarz, farbloser Beryll
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m
Raumgruppe Pnna (Nr. 52)Vorlage:Raumgruppe/52
Gitterparameter a = 13,874(2) Å; b = 18,660(2) Å; c = 10,697(1) Å
α = 90°; β = 90°; γ = 90°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Häufige Kristallflächen {100}, {001}, {112}, {110}, {102}[2]
Zwillingsbildung Durchdringungszwillinge[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7 bis 8[3]
Dichte (g/cm3) 2,76[3]
Spaltbarkeit gut bis vollkommen parallel zu den pseudohexagonalen Prismenflächen
Farbe farblos, grün[3]
Strichfarbe weiß[3]
Transparenz durchscheinend bis trüb
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,551(2)[3]
nβ = 1,559(2)[3]
nγ = 1,562(2)[3]
Doppelbrechung δ = 0,008 bis 0,011[3]
Optischer Charakter negativ[3]
Achsenwinkel 2V = 60° (2)[3]
Pleochroismus -
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten entwässert ab ≈ 500 °C[3]

Das Mineral Armenit (Calciocelsian) ist ein seltenes Ringsilikat aus der Milaritgruppe und hat die chemische Zusammensetzung Ba0,991K0,029Na0,082Ca2,016Al5,864Si9,054O30· 2H2O.[3]

Armenit kristallisiert mit orthorhombischer Symmetrie und bildet pseudohexagonale, prismatische Kristalle. Armenit ist meist farblos oder blass grün mit glasähnlichem Glanz und guter Spaltbarkeit parallel zu den Prismenflächen. Mit einer Mohshärte von 7 bis 8 ist Armenit etwas härter als Quarz.[3]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Beschreibung als eigenständiges Mineral erfolgte 1939 durch Henrich Neuman an der Universität Oslo in Norwegen, nachdem die Probe seit 1877, vom Mineralogiestudenten O. A. Corneliussen in der Armen Mine bei Kongsberg gesammelt und als „Epidot?“ beschriftet, in der Sammlung des Osloer Institutes für Mineralogie lag. Der Name Armenit geht auf den Fundort, die Armen-Mine, zurück.[4]

In einer weiteren Publikation zwei Jahre später zeigte Neuman die Verwandtschaft von Armenit mit Milarit auf und stellte die Einordnung als Zeolith in Frage – die Entwässerungstemperatur ist mit 500 bis 600 °C für zeolithisches Wasser zu hoch.[3]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehört der Armenit zur allgemeinen Abteilung der „Ringsilikate (Cyclosilikate)“, wo er zusammen mit Almarudit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Emeleusit, Faizievit, Merrihueit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit, Yagiit und Yakovenchukit-(Y) die „Milarit-Osumilith-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/E.22 bildet.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Armenit ebenfalls in die Abteilung der „Ringsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Ringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Doppelringe“ zu finden ist. Darin gehört es mit Almarudit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit und Yagiit zur „Milaritgruppe“ mit der System-Nr. 9.CM.05.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Armenit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Ringsilikate: Kondensierte Ringe“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der „Milarit-Osumilitgruppe“ mit der System-Nr. 63.02.01b innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Kondensierte, 6-gliedrige Ringe“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Armenit kristallisiert in der Struktur von Milarit. Die Verteilung des Aluminium in den Silikat-6er-Doppelringen ist vollkommen geordnet. Die 9-fach koordinierte B-Position ist vollständig mit H2O besetzt, das ebenfalls geordnet auf einer Unterposition der aufgespaltenen B-Position eingebaut wird. Das Sauerstoffion des H2O-Moleküls erhöht die Koordination des benachbarten Ca-Ions auf der A-Position auf 7, d. h., es bildet auch eine schwache Bindung mit Ca. Diese drei Faktoren, Al-Si-Ordnung, H2O auf B'-Unterposition und Erhöhung der Ca-Koordination, führen zu einer Erniedrigung der Symmetrie von Armenit von hexagonal auf orthorhombisch mit der Raumgruppe

mit 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Armenit bildet sich in Barium-reichen Umgebungen bei niedrigem Druck und Temperaturen unter 400 °C. Dies sind meist spätmagmatische hydrothermale, sulfidische Mineralisationen wie die Typlokalität bei Kongsberg, Norwegen[4] oder von hydrothermalen Lösungen veränderte sulfidhaltige Gesteine. Aus der Lagerstätte Broken Hill, New South Wales, Australien, ist ein mit Gneis assoziiertes Auftreten von Armenit dokumentiert, dass auf deutlich höhere Bildungstemperaturen schließen lässt.[7] Der auf der Wasenalp nördlich des Wasenhorns im Simplongebiet bei Brig, Wallis, Schweiz, auftretende Augengneis führt verschiedene gesteinsbildende Bariumminerale und enthält in Hohlräumen in alpinen Zerrklüften bis zu 2,5 cm große Armenitkristalle, die als die weltweit größten und besten Vertreter dieser Mineralart gelten.[2]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b Hans Anton Stalder, Albert Wagner, Stefan Graeser, Peter Stuker: Mineralienlexikon der Schweiz. 1. Auflage. Wepf & Co., Basel 1998, ISBN 3-85977-200-7, S. 50.
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p H. Neumann (1941): Armenite, a water-bearing barium-calcium-alumosilicate, In: Norsk Geologisk Tidsskrift, 21, S. 19–24 (PDF, 683 kB)
  4. a b H. Neumann (1939): Armenite, a new mineral, In: Norsk Geologisk Tidsskrift, 19, S. 312–313 (PDF, 55 kB)
  5. T. Armbruster, M. Czank (1992): H2O ordering and superstructures in armenite, BaCa2AlSi9O30·2H2O: A single-crystal X-ray and TEM study, In: American Mineralogist, Band 77, S. 422–430 (PDF, 2,0MB)
  6. T. Armbruster (1999): Si, Al ordering in the double-ring silicate armenite, BaCa2Al6Si9O30·2H2O: A single-crystal X-ray and 29Si MAS NMR study, In: American Mineralogist, Band 84, S. 92–101 (PDF, 338kB)
  7. F. C. Hawthorne, M. Kimata, P. Černý, N. Ball, G. R. Rossman, J. D. Grice (1991): The crystal chemistry of the milarite-group minerals, In: American Mineralogist, Band 76, S. 1836–1856 (PDF, 2,6MB)