Erich Drechsler (Künstler)

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Erich Drechsler (* 10. Juni 1903 in Gera ; † 21. November 1979 ebenda) war ein deutscher Maler, Grafiker, Nervenarzt, Direktor eines Psychiatrischen Krankenhauses und Gewerkschaftsfunktionär.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Drechsler wurde in einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie geboren. Sein Vater Hermann Drechsler war gelernter Weber, später Redakteur einer Arbeiterzeitung und Landrat mit dem Mandat der USPD. Drechsler absolvierte nach dem Besuch der Volksschule eine Lehre als Dekorationsmaler. Von 1919 bis 1921 studierte er Malerei und Grafik an der Akademie für Kunstgewerbe in Dresden bei Richard Müller und betätigte sich in den folgenden Jahren freischaffend. Das zeichnerische, malerische und pressegrafische Werk von Erich Drechsler entstand zwischen 1918 und 1928. Sein Schaffen umfasste ein Spannungsfeld von allegorischem Symbolismus, visionärem Expressionismus, sozialkritischem Verismus und neusachlichen Bilderwelten. Von 1919 bis 1924 schuf er über 50 Zeichnungen, in denen er den Ersten Weltkrieg und seine Folgen darstellte. Nachgewiesen sind sechs inhaltlich aufeinander aufbauende Weltkriegszyklen.[1]

Das Städtische Museum Gera erwarb mehrere Arbeiten Drechslers, u. a. einen der Weltkriegszyklen. Drechsler hatte von 1919 bis 1927 und in der DDR ab 1960 mehrere Einzelausstellungen und war an weiteren Ausstellungen beteiligt.

Sein politisches Engagement begann 1917 mit dem Beitritt zur Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ), es folgte 1924 die Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Von 1931 bis 1936 studierte er in Jena Medizin, promovierte 1937 zum Doktor der Medizin und war bis 1945 Assistenzarzt unter dem Direktor Berthold Kihn an der Jenaer Universitäts-Nervenklinik.

Drechsler war Beisitzer am Erbgesundheitsgericht Jena und entschied in diesem Rahmen mit über die Vornahme von Zwangssterilisationen.[2] Aus Akten der Gauck-Behörde geht hervor, dass er 1964 einem Vertreter des MfS eine Meldung übergab, wonach in der NS-Zeit unter seinem Vorgänger Prof. Gerhard Kloos Euthanasieverbrechen begangen worden sind.[3]

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war Drechsler für zwei Jahre Sanitätssoldat der Wehrmacht in Erfurt und Kassel.

1937 wurde in der Aktion „Entartete Kunst“ die Werke Drechslers aus dem Städtischen Museum Gera beschlagnahmt.[4]

1945 ging Drechsler gleich seinem Vater in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und wurde 1946 Mitglied der SED. Von Juli 1945 bis Mai 1946 war er Leiter des Landesgesundheitsamtes und in der Hauptabteilung Gesundheit im Thüringer Innenministerium. 1947 wurde er Minister für Arbeit. Vom Mai 1949 bis April 1974 war er Leiter bzw. Ärztlicher Direktor des Fachkrankenhauses für Neurologie und Psychiatrie Stadtroda und er erhielt den Professoren-Titel. Er war von 1954 bis 1958 Mitglied der SED-Kreisleitung Stadtroda und in den 1960er Jahren Mitglied des FDGB-Bundesvorstands. 1973 wurde ihm der Vaterländische Verdienstorden in Gold verliehen.[5]

Ab 1965 betätigte er sich neben seiner beruflichen Arbeit wieder künstlerisch.

Erich Drechsler wurde auf dem Ostfriedhof von Gera begraben.[6]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1937 als „entartet“ aus dem Städtischen Museum Gera beschlagnahmte Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der arme Geiger (Tafelbild. 1938 in Berlin in der Ausstellung „Entartete Kunst“ vorgeführt. Zerstört.)
  • Der Totentanz (Mappe mit neun Zeichnungen. 1938 in Düsseldorf in der Ausstellung „Entartete Kunst“ vorgeführt. Verbleib ungeklärt.)
  • Alpenlandschaft (Pastell. Zerstört.)
  • Gipfel des Großvenediger (Pastell. Zerstört)

Weitere Bilder (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Streikposten während des Kapp-Putsches (Öl, 1923)[7]

Buchillustration[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hermann Drechsler: Nickelmann: Heitere Tierfabeln. Thüringer Verlagsanst. u. Druckerei, Jena, 1925[8]

Fachpublikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausstellungen (unvollständig)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1963: Greiz, Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung, und Gera, Museum für Kulturgeschichte
  • 1970: Dresden, Kunstausstellung Kühl (Gemälde und Grafik; mit Margarete Klopffleisch)

Postum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1999: Gera, Orangerie (Gemälde, Pastelle, Zeichnungen)

Ausstellungsbeteiligungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1974: Gera, Bezirkskunstausstellung
  • 1978/1979: Berlin, Altes Museum („Revolution und Realismus. Revolutionäre Kunst in Deutschland 1917 bis 1933“)

Postum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1986: Leipzig, Museum der bildenden Künste („Worin unsere Stärke besteht. Kampfaktionen der Arbeiterklasse im Spiegel der bildenden Kunst.“)
  • 2008: Bad Klosterlausnitz, Moritz-Klinik („Ärzte als Künstler“)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Drechsler, Erich. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010. ISBN 978-3-355-01761-9, S. 164
  • Erich Drechsler. In: Birgit Dalbajewa (Hrsg.): Neue Sachlichkeit in Dresden. Sandstein Verlag, Dresden 2011, ISBN 978-3-942422-57-4, S. 200.
  • Werner Becker: März 1920. Ein Künstler ergreift Partei. Staatliche Museen Greiz, 1982 (Rote Reihe)
  • Kirsten Fitzke: „Hier ist der Tod der Würger“. Die Arbeiten Erich Drechslers zum Ersten Weltkrieg, Marburg 2011.
  • Kirsten Fitzke: Wiederentdeckte Totentanzzeichnungen Erich Drechslers – Überlegungen zu einem bisher unbekannten Totentanzzyklus zum Ersten Weltkrieg, in: L‘Art Macabre 7 (2006), S. 53–67.
  • Kirsten Fitzke: Die Abiturklausur von Erich Drechsler: Eine Betrachtung zu seinen Totentanzzyklen zum Ersten Weltkrieg, in: Der Heimatbote. Beiträge aus dem Landkreis Greiz und Umgebung 51 (2005), S. 6–9.
  • Erich Drechsler. 1903–1979 ; Gemälde, Pastelle, Zeichnungen ; Kunstsammlung Gera, Orangerie, Ausstellung vom 5. September bis 14. November 1999 / [Hrsg.: Kunstsammlung Gera. Katalog Red.: Holger Peter Saupe. Textautoren: Ulrike Rüdiger …]
  • Steffen Kachel: Ein rot-roter Sonderweg? Sozialdemokraten und Kommunisten in Thüringen 1919 bis 1949. In: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe Band 29, ISBN 978-3-412-20544-7, S. 544.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Bernhard Post, Volker Mahl, Dieter Marek: Thüringen-Handbuch – Territorium, Verfassung, Parlament, Regierung und Verwaltung in Thüringen 1920 bis 1995. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1999, ISBN 3-7400-0962-4, S. 571.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rezension: Kirsten Fitzke: "Hier ist der Tod der Würger". In: arthistoricum.net. Abgerufen am 2. Oktober 2022.
  2. Peter Reif-Spirek, Annette Leo: Vielstimmiges Schweigen, Metropol, 2001, S. 35
  3. Jachertz, Norbert: Jena und der „Fall Albrecht“: Eine finstere Geschichte. In: aerzteblatt.de. 10. Oktober 2003, abgerufen am 21. Februar 2024.
  4. Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin
  5. Berliner Zeitung, 21. September 1973, S. 2
  6. https://gera.de/sixcms/detail.php?id=49711&_page=1&_stadtteil=62873&_kategorie=62888&_behinderung=&_anzahl_liste=2 Abgerufen am 18. Mai 2011
  7. Regine; Drechsler Richter: Streikposten während des Kapp-Putsches. 1923, abgerufen am 2. Oktober 2022.
  8. DNB 574686495