Fatih Akin

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Fatih Akin, 2024

Fatih Akin (türkisch Fatih Akın, Aussprache [faːtɪç ˈaːkɪn],[1] * 25. August 1973 in Hamburg) ist ein deutscher Filmregisseur, Drehbuchautor, Darsteller und Produzent. Für seinen vierten Spielfilm Gegen die Wand mit Birol Ünel und Sibel Kekilli in den Hauptrollen wurde er 2004 mit dem Goldenen Bären, dem Deutschen Filmpreis und dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet. 2018 erhielt sein Spielfilm Aus dem Nichts den Golden Globe.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fatih Akin ist der Sohn türkischer Einwanderer.[2] Sein aus Çaycuma in der Provinz Zonguldak stammender Vater Enver siedelte 1966 nach Deutschland über, weil er sich Geld für einen Motor für sein Fischerboot verdienen wollte.[3] Seine Mutter, eine Lehrerin aus Istanbul[4], folgte drei Jahre später und arbeitete später als Grundschullehrerin an einer Schule in Hamburg.[3] Geboren und aufgewachsen ist Akin im Hamburger Stadtteil Altona, wo er das Gymnasium Allee besuchte und das Abitur ablegte.[5] Zeitweise war er Mitglied in einer Jugendbande.[6] Bereits in der Schulzeit schrieb er Kurzgeschichten und kurze Drehbücher, machte erste Filmversuche mit einer Super-8-Kamera und wurde Mitglied einer Off-Theatergruppe am Hamburger Thalia-Theater.

Akin studierte visuelle Kommunikation an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und schloss das Studium 2000 mit einem Diplom ab.[7]

Fatih Akin lebt in Hamburg-Ottensen und ist mit der Deutsch-Mexikanerin Monique Akin verheiratet. Sie haben zwei Kinder.[8] Seit 2009 unterstützt er gemeinsam mit Freunden den Verein Soul kids.[9] Aus Protest gegen das Schweizer Bauverbot für Minarette sagte Akin die Teilnahme an der Schweiz-Premiere von Soul Kitchen ab.[10]

Wegen der bei den Protesten in der Türkei 2013 verübten Polizeigewalt und der Medienzensur in der Türkei schrieb Akin einen offenen Brief an den türkischen Staatspräsidenten Gül[11] und unterstützte eine Initiative von Kulturschaffenden, die Angela Merkel und andere europäische Politiker aufforderte, sich für ein Ende der Gewalt gegen die türkische Bevölkerung einzusetzen.[12] „Ich appelliere an Ihr Gewissen: Stoppen Sie diesen Irrsinn!“ schrieb er in dem in deutscher und türkischer Sprache verfassten Schreiben.[13] Akin und die Theatermacherin Shermin Langhoff starteten auch die Kampagne What Did Kavala Do, in der sich Prominente unterstützend zu dem in der Türkei in Haft sitzenden Osman Kavala äußern.[14]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fatih Akin, 2019

1993 begann Akin mit Aushilfstätigkeiten vor und hinter den Filmkulissen bei der Wüste Filmproduktion der Hamburger Produzenten Stefan Schubert und Ralph Schwingel und arbeitete zunehmend als Autor, Regisseur und Schauspieler. Er absolvierte von 1994 bis 2000 das Studium Visuelle Kommunikation an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HfbK). Aus der Zusammenarbeit mit Schwingel gingen zunächst zwei Kurzfilme hervor, Sensin (1995) und Getürkt (1996). 1998 debütierte Akin als Spielfilmregisseur mit Kurz und schmerzlos, danach folgten mit Im Juli (2000) und Solino (2002) weitere Regiearbeiten, in denen er jeweils Moritz Bleibtreu die männliche Hauptrolle anvertraute.

2004 gründete Akin zusammen mit Andreas Thiel und Klaus Maeck die Filmproduktionsfirma Corazón International. Im selben Jahr realisierte er mit dem Spielfilm Gegen die Wand den ersten Teil einer geplanten Trilogie über Liebe, Tod und Teufel und verfilmte Heinrich Heines Lied Die alten, bösen Lieder als deutschen Beitrag für den von Lars von Trier produzierten Episodenfilm Europäische Visionen. Für Gegen die Wand erhielt Akin den Goldenen Bären auf der Berlinale 2004, später den Deutschen Filmpreis und den Europäischen Filmpreis.

Als Anerkennung seines Filmschaffens wurde Akin 2005 in die Jury der Filmfestspiele von Cannes eingeladen. Im Wintersemester 2005/06 erhielt er einen Lehrauftrag an der Hochschule für bildende Künste Hamburg.[15] Im selben Jahr veröffentlichte Akin seinen ersten abendfüllenden Dokumentarfilm Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul, in dem er über die musikalische Vielfalt Istanbuls berichtet, und wirkte am Drehbuch der interkulturellen Komödie Kebab Connection mit.

2007 wurde Akin Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg. Im selben Jahr realisierte er mit Auf der anderen Seite den zweiten Teil seiner Liebe, Tod und Teufel-Trilogie. Das Drama wurde im Wettbewerb des 60. Filmfestivals von Cannes uraufgeführt und Akin dort für sein Drehbuch und mit dem Sonderpreis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet. Neben weiteren Preisen erhielt Auf der anderen Seite den Deutschen Filmpreis in den Kategorien Film, Regie und Drehbuch sowie den Drehbuchpreis des Europäischen Filmpreises 2007.

Während seiner Arbeit zu Auf der anderen Seite startete Akin ein dokumentarisches Langzeitfilmprojekt mit dem Titel Müll im Garten Eden über eine geplante Mülldeponie in Çamburnu, dem Heimatdorf seiner Großeltern. Der Film wurde 2012 während einer Sonderaufführung beim 65. Filmfestival von Cannes uraufgeführt.[16] Zum Episodenfilm Deutschland 09 – 13 kurze Filme zur Lage der Nation steuerte Akin das Stück Der Name Murat Kurnaz bei.

Vor der Herstellung seines mit 15 Millionen Euro teuersten Projektes The Cut wurde die Produktionsfirma Corazón International aufgelöst; Akin gründete die eigene Produktionsfirma Bombero International.[17] The Cut, der dritte und letzte Teil seiner Liebe, Tod und Teufel-Trilogie, spielt vor dem Hintergrund des Völkermords an den Armeniern. Der Film wurde in den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele Venedig 2014 eingeladen, floppte jedoch nach schlechten Kritiken an den deutschen Kinokassen.[18]

Akin wurde wegen des Projekts von türkischen Rechtsextremen bedroht;[19] Anfang 2015 besuchte er das Völkermordmuseum Zizernakaberd in der armenischen Hauptstadt Jerewan. Ende 2015 drehte Akin nach einem Drehbuch, das er zusammen mit Hark Bohm und Lars Hubrich verfasst hatte,[20] die Verfilmung von Wolfgang Herrndorfs Roman Tschick.[21] Der Film kam am 15. September 2016 in die deutschen Kinos.[22]

Während der Filmfestspiele in Cannes 2016 wurde Akins nächster Film Aus dem Nichts angekündigt, den er als deutsch-französische Koproduktion mit Diane Kruger in der Hauptrolle drehte.[23] Der Thriller wurde im Mai 2017 im Rahmen des 70. Filmfestivals von Cannes uraufgeführt, wo er um die Goldene Palme konkurrierte. Für ihre Hauptrolle wurde Diane Kruger mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet, während der Film Aus dem Nichts 2018 den Golden Globe Award und den Critics’ Choice Movie Award jeweils als bester fremdsprachiger Film erhielt. Im Juli 2016 drehte Akin in der Berliner Volksbühne ein MTV Unplugged mit Marius Müller-Westernhagen.[24] In der achten Staffel von Circus HalliGalli hatte er 2016 in der Rubrik „Das schnellste Interview der Welt“, in der ihn Klaas Heufer-Umlauf interviewte, einen Gastauftritt.

2017 wurde er in die Academy of Motion Picture Arts and Sciences aufgenommen, die jährlich die Oscars vergibt.[25] Im Herbst 2022 erschien Akins Spielfilm Rheingold, in dem Emilio Sakraya die Rolle des Gangsta-Rappers Xatar übernahm.

Ende September 2022 feierte Rheingold, Akins Verfilmung der Biographie des Rappers Xatar, auf dem Filmfest Hamburg seine Premiere.[26]

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fatih Akin (2009)

Kurzfilme

Spielfilme

Dokumentarfilme

Musikvideos

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Akin auf der Berlinale 2011
Akins Stern auf dem Boulevard der Stars (2011)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Fatih Akın – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikinews: Fatih Akin – in den Nachrichten

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Aussprachedatenbank des ARD: adbmobile.hr-online.de
  2. Fatih Akin im Munzinger-Archiv, abgerufen am 23. August 2015 (Artikelanfang frei abrufbar)
  3. a b Regisseur Fatih Akin: "Der Xatar-Film war total wichtig für mich". In: YouTube. ZDF Germania, 19. Oktober 2022, abgerufen am 10. September 2023.
  4. Claudia Voigt: Der Traumfabrikant. In: Der Spiegel. 6. Dezember 2009, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 10. September 2023]).
  5. Fatih Akin. Abgerufen am 11. Mai 2022.
  6. Hexenkessel Hamburg-Altona. In: Kultur-Spiegel, 28. September 1998, L 10, S. 18.
  7. Patricia Batlle, Danny Marques Marcalo: Fatih Akin: Der Regisseur des Rauen ist 50. In: Norddeutscher Rundfunk. 26. August 2023, abgerufen am 12. September 2023.
  8. Patricia Raue: Fatih Akin: Der Regisseur des Rauen wird 40. In: NDR.de. Aufgerufen am 25. August 2013.
  9. Vereinswebsite soul kids e. V. (Memento des Originals vom 8. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.soul-kids.de
  10. Akin protestiert gegen Minarett-Bauverbot in der Schweiz (Memento vom 6. Dezember 2009 im Internet Archive) In: Tagesschau.de. 3. Dezember 2009.
  11. Offener Brief: Hamburger Regisseur Fatih Akin fordert ein Ende der Gewalt. In: Hamburger Abendblatt. 16. Juni 2013.
  12. Offener Brief deutscher Kulturschaffender wegen Gewalt in Türkei. (Memento des Originals vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.zeit.de In: Zeit Online. 16. Juni 2013.
  13. Fatih Akin appelliert an Abdullah Gül. In: Der Tagesspiegel. 16. Juni 2013.
  14. Türkische Regierungskritiker in Deutschland – Politik aus dem Exil. Abgerufen am 2. März 2021.
  15. Fatih Akin wird Professor. In: Hamburger Abendblatt. 11. Oktober 2005.
  16. Fatih Akin – unser Mann für Cannes. In: Hamburger Abendblatt. 16. Mai 2012.
  17. Bombero International. In: Filmportal.de.
  18. Fatih Akins „The Cut“ floppt an deutschen Kinokassen. In: Hamburger Abendblatt. 11. November 2014.
  19. Hasnain Kazim: Fatih Akin: Türkische Rechtsextreme bedrohen Filmemacher. In: Spiegel Online. 5. August 2014.
  20. Wolfgang Höbel: Streit um Herrndorf-Verfilmung: Mein „Tschick“, dein „Tschick“. In: Spiegel Online. 14. Oktober 2015.
  21. Hanns-Georg Rodek: Fatih Akin springt ein und verfilmt „Tschick“. In: Welt Online. 25. Juli 2015.
  22. Tschick. In: Filmstarts.de. Abgerufen am 5. Juni 2016.
  23. Rebecca Ford, Rhonda Richford: Cannes: Diane Kruger to Star in German-Language Film ‘In the Fade’. In: The Hollywood Reporter. 13. Mai 2016 (englisch).
  24. Fatih Akin dreht Konzertfilm von Marius Müller-Westernhagen. In: Hamburger Abendblatt. 16. Juni 2016.
  25. Class of 2017. In: Oscars.org. Abgerufen am 30. Juni 2017 (englisch).
  26. Süddeutsche Zeitung: "Rheingold"-Premiere in Hamburg: Diane Kruger lobt Regisseur. Abgerufen am 28. Oktober 2022.
  27. „Soul Kitchen“ – Jasmin Ramadans Roman zum Film von Fatih Akin. In: Website des Goethe-Instituts, November 2009.
  28. Verdienstorden für Fatih Akin. In: MiGAZIN. 5. Oktober 2010.
  29. FFTD.net. Abgerufen am 18. März 2011.
  30. Filmemacher Fatih Akin bekommt Bochumer Peter-Weiss-Preis (Memento vom 12. Dezember 2013 im Internet Archive). In: MV-online.de. 28. August 2012.
  31. Silvia Hallensleben: Ein Werk voller Toleranz und Mitgefühl. In: Der Tagesspiegel. 5. Juni 2016.
  32. Das sind die Gewinner des Bayerischen Filmpreises