Heinrich Schurtz

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Heinrich Schurtz (* 11. Dezember 1863 in Zwickau; † 2. Mai 1903 in Bremen) war ein deutscher Ethnologe und Historiker. Bis heute zitiert wird sein Werk Altersklassen und Männerbünde von 1902, in dem er erstmals die zentrale Bedeutung von Bünden für die Sozialordnung außereuropäischer Völker herausstellt.[1]

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schurtz habilitierte sich als Schüler Friedrich Ratzels 1891 in Leipzig und wurde 1893 ethnographischer Assistent[2] am Museum für Natur-, Völker- und Handelskunde in Bremen.[3]

Als Reaktion und Abgrenzung zu der These des Schweizer Historikers Johann Jakob Bachofen von einem matriarchalischen Ursprung der Menschheit, führte Schurtz mit seinem Werk Altersklassen und Männerbünde den Begriff des Männerbundes in die völkerkundliche Literatur ein und setzte Bachofens entworfener Geschlechter-Dichotomie eine Dichotomie von Männerbund und Familie entgegen, die den Prozess der Kulturschaffung in Gang gesetzt hätte.[4] Dabei befasste er sich allerdings kaum mit europäischen Verhältnissen, aber machte, vom ethnologischen Objekt des Männerhauses bei so genannten „primitiven Völkern“ ausgehend, als Ursprung der Männerbünde den „reinen Gesellungstrieb“ des Mannes – im Gegensatz zum „unbeweglich-familienzentrierten Weib“ – aus, die daher die eigentlichen Träger fast aller höheren gesellschaftlichen Entwicklung seien.[5]

Heinrich Schurtz starb im Alter von 39 Jahren nach kurzer Krankheit an Blinddarmentzündung.[6]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Grundzüge einer Philosophie der Tracht: (mit besonderer Berücksichtigung der Negertrachten). Cotta, Stuttgart 1893.
  • Katechismus der Völkerkunde. J. J. Weber, Leipzig 1893. (Online, Internet Archive)
  • Grundriß einer Entstehungsgeschichte des Geldes. Felber, Weimar 1898.
  • Urgeschichte der Kultur. Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1900. (Online, Internet Archive)
  • Altersklassen und Männerbünde: Eine Darstellung der Grundformen der Gesellschaft. Reimer, Berlin 1902. (Online, Internet Archive)
Beiträge
  • Das Wurfmesser der Neger: Ein Beitrag zur Ethnographie Afrikas. In: Internationales Archiv für Ethnographie. Trap, Leiden u. a., Band 2, 1889, S. 9–31 (Online; auch PDF, 21,6 MB).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thomas Ducks: Heinrich Schurtz (1863–1903) und die deutsche Völkerkunde, Diss. Freiburg im Breisgau 1996.
  • Helmut Blazek: Männerbünde: eine Geschichte von Faszination und Macht. Ch. Links Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-86153-177-1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wikisource: Heinrich Schurtz – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Martin Rössler: Die deutschsprachige Ethnologie bis ca. 1960: Ein historischer Abriss. Kölner Arbeitspapiere zur Ethnologie. Nr. 1
  2. Veröffentlichungen aus dem Übersee-Museum in Bremen, Band 2. Übersee-Museum Bremen, 1957. S. 30
  3. http://www.ich-sciences.de/ichs/en/kurzbio_sz.htm
  4. Claudia Bruns: Politik des Eros. Der Männerbund in Wissenschaft, Politik und Jugendkultur (1880–1934).Böhlau 2007. ISBN 3-412-14806-7. S. 95, 98.
  5. Blazek: Männerbünde: eine Geschichte von Faszination und Macht. S. 17f.
  6. Veröffentlichungen aus dem Übersee-Museum in Bremen, Band 2. Übersee-Museum Bremen, 1957. S. 30