Liste der Stolpersteine in Sangerhausen

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Die Liste der Stolpersteine in Sangerhausen enthält alle Stolpersteine, die im Rahmen des gleichnamigen Kunst-Projekts von Gunter Demnig in Sangerhausen verlegt wurden. Mit ihnen soll Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden, die in Sangerhausen lebten und wirkten. Zwischen 2012 und 2015 wurden insgesamt 17 Steine an zwölf Adressen verlegt.

Verlegungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 5. November 2012: fünf Steine an zwei Adressen
  • 8. November 2013: vier Steine an drei Adressen
  • 10. Oktober 2014: drei Steine an drei Adressen
  • 2. Oktober 2015: fünf Steine an vier Adressen

Liste der Stolpersteine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

f1 Karte mit allen Koordinaten: OSM | WikiMap

Adresse Datum der Verlegung Person Inschrift Bild Bild des Hauses
Alte Magdeburger Straße 2
10. Okt. 2014[1] Franz Heymann (1875–1945)

Franz Heymann war Mitglied der SPD und Mitbegründer des Sangerhäuser Konsumvereins, der nach 1933 zwangsaufgelöst wurde. 1944 wurde Heymann verhaftet und ins KZ Sachsenhausen deportiert. Im Januar 1945 wurde er ins KZ Buchenwald verlegt. Auf dem Transport erkrankte er und starb in Buchenwald im März 1945.[2]

Hier wohnte
FRANZ HEYMANN
Jg. 1875
im Widerstand/SPD
verhaftet 1944
‘Aktion Gitter’
Sachsenhausen
tot 1945
Transport Buchenwald
Alter Markt 14
8. Nov. 2013[3] Edith Große (1926–1940)

Edith Große war seit 1936 Patientin in der Heilanstalt Uchtspringe. Am 28. August 1940 wurde sie in die Tötungsanstalt Brandenburg verlegt, wo sie im Rahmen der Aktion T4 noch am selben Tag ermordet wurde.[3]

Hier wohnte
EDITH GROSSE
Jg. 1926
eingewiesen 21.1.1936
Heilanstalt Uchtspringe
‘verlegt’ 28.8.1940
Landes-Pflegeanstalt
Brandenburg
ermordet 28.8.1940
Aktion T4
Bahnhofstraße/Marienanlage
10. Okt. 2014[1] Paul Beck (1900–1940)

Paul Beck stammte aus Kindelbrück und war gelernter Modellschlosser. Im Ersten Weltkrieg zog er sich eine Verwundung zu, durch die sein Unterkörper jahrelang gelähmt blieb. 1928 wurde er Mitglied der KPD und arbeitete in Sangerhausen für eine Zeitung der Partei. 1933 wurde er verhaften und im KZ Lichtenburg interniert. Nach seiner Freilassung nahm er seine Tätigkeit bei der Zeitung zunächst wieder auf, wurde aber verraten und erneut verhaftet. Er wurde am 20. Mai 1935 zur Verbüßung einer fünfjährigen Haftstrafe im Zuchthaus Kassel-Wehlheiden interniert und dort am 26. Februar 1940 ermordet.[2]

Huettenstrasse 97
wohnte
PAUL BECK
Jg. 1900
im Widerstand/KPD
‘Schutzhaft’ 1933
Lichtenburg
denunziert
verhaftet 1935
Zuchthaus Wehlheiden
ermordet 26.2.1940
Bahnhofstraße 21
10. Okt. 2014[1] Walter Telemann (1906–1944)

Der Sozialist Walter Telemann wurde 1940 zum Kriegsdienst eingezogen und diente als Panzergrenadier an der Ostfront. Im Mai 1943 wurde er schwer verwundet. 1944 wurde sein Regiment zerschlagen und zog sich nach Ostpreußen zurück. Telemann entschied sich zu dieser Zeit, keinen weiteren Kriegsdienst zu leisten und setzte sich von seinem Regiment ab. Am 4. August wurde er bei Sparken gestellt und standrechtlich erschossen.[2]

Hier wohnte
WALTER TELEMANN
Jg. 1906
desertiert 1944
verhaftet 3.8.1944
standrechtlich erschossen
4.8.1944
Sparken
Johannesburger Heide
Göpenstraße 10
5. Nov. 2012[4] Adele Hampel geb. Gosler (Gosslar) (1874–1942)

Adele Hampel stammte aus Wippra. Im benachbarten Sangerhausen betrieb sie mit ihrem Mann Paul ein Spielwarengeschäft. Am 19. September 1942 wurde sie über Halle (Saale) ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 22. November 1942 starb.[4][5]

Hier wohnte
ADELE HAMPEL
geb. Gossler
Jg. 1874
deportiert 1942
Theresienstadt
tot 22.11.1942
Göpenstraße 13
8. Nov. 2013[3] Ernst Ludwig Ikenberg (1901–1944)

Ernst Ikenberg wurde als jüngerer von zwei Söhnen in Sangerhausen als Sohn des Kaufmanns Bendix Ikenberg und dessen Frau Sophie geboren. Seine Eltern mussten Anfang der 1930er Jahre ihr Geschäft aufgeben und zogen nach Bad Frankenhausen. Ernst Ikenberg begleitete sie. Am 20. September 1942 wurde er über Leipzig ins Ghetto Theresienstadt deportiert und von dort am 18. Mai 1944 weiter ins KZ Auschwitz, wo er noch im selben Jahr ermordet wurde. Seinem älteren Bruder Paul gelang die Emigration nach Palästina.[6]

Hier wohnte
ERNST IKENBERG
Jg. 1901
deportiert 1942
Theresienstadt
ermordet 1944
Auschwitz
Göpenstraße 21
8. Nov. 2013[3] Henrietta Loewe geb. Cohn (um 1870?–nach 1945?)

Henrietta Loewe geb. Cohn entstammte einer Kaufmannsfamilie aus Sangerhausen. Sie und ihr Mann Moritz hatten zwei Söhne und drei Töchter. Der Judenboykott nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten führte bereits 1933 dazu, dass die Familie ihr Geschäft sowie zahlreiche private Besitztümer unter Wert verkaufen und ihr Haus verlassen musste. Die Loewes kamen zunächst in den Kellerräumen einer Brauerei unter. Im Dezember 1933 emigrierte die gesamte Familie nach Palästina.[7][8]

Hier wohnte
HENRIETTA LOEWE
geb. Cohn
Jg. 1870
gedemütigt/drangsaliert
'Judenboykott’ 1933
Flucht 1933
Palästina
überlebt
Moritz Loewe (1867–1945)

Moritz Loewe wurde in Klein Wanzleben geboren. Einer seiner Brüder war Heinrich Loewe. Moritz Loewe übernahm das Geschäft seines verstorbenen Schwiegervaters und gelangte zu beträchtlichem Wohlstand. Der Judenboykott nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten führte bereits 1933 dazu, dass die Familie ihr Geschäft sowie zahlreiche private Besitztümer unter Wert verkaufen und ihr Haus verlassen musste. Die Loewes kamen zunächst in den Kellerräumen einer Brauerei unter. Im Dezember 1933 emigrierte die gesamte Familie nach Palästina. Dort starb Moritz Loewe 1945, seine Frau hat ihn wohl überlebt.[7][8]

Hier wohnte
MORITZ LOEWE
Jg. 1867
gedemütigt/drangsaliert
'Judenboykott’ 1933
Flucht 1933
Palästina
überlebt
Hüttenstraße 26
5. Nov. 2012[4] Eva Miriam Bernstein (1938–1942)

Eva Bernstein kam in Berlin als Tochter von Jutta Bernstein zur Welt. Sie und ihre Mutter kehrten 1939 zu deren Eltern nach Sangerhausen zurück. Die Familie musste später nach Halle (Saale) in ein „Judenhaus“ umziehen. Am 1. Juni 1942 wurden alle vier ins Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo sie gleich nach ihrer Ankunft zwei Tage später ermordet wurden.[4][9]

Hier wohnte
EVA MIRIAM
BERNSTEIN
Jg. 1938
deportiert 1942
Sobibor
ermordet 3.6.1942
Jutta Bernstein geb. Fleischmann (1911–1942)

Jutta Bernstein geb. Fleischmann kam 1911 als Tochter von Otto und Rosa Fleischmann zur Welt. Sie lebte zeitweilig mit ihrem Mann in Berlin, wo 1938 ihre Tochter Eva geboren wurde. Jutta Bernsteins Ehemann gelang 1939 mithilfe der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland die Emigration nach England. Jutta Bernstein kehrte daraufhin mit ihrer Tochter zu den Eltern zurück. Die Familie musste später nach Halle (Saale) in ein „Judenhaus“ umziehen. Am 1. Juni 1942 wurden alle vier ins Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo sie gleich nach ihrer Ankunft zwei Tage später ermordet wurden.[4][10]

Hier wohnte
JUTTA BERNSTEIN
geb. Fleischmann
Jg. 1911
deportiert 1942
Sobibor
ermordet 3.6.1942
Otto Fleischmann (1879–1942)

Otto Fleischmann stammte aus Prichsenstadt und betrieb in Sangerhausen eine Vieh- und Pferdehandlung. Er und seine Familie mussten später nach Halle (Saale) in ein „Judenhaus“ umziehen. Am 1. Juni 1942 wurden alle vier ins Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo sie gleich nach ihrer Ankunft zwei Tage später ermordet wurden.[4][11]

Hier wohnte
OTTO FLEISCHMANN
Jg. 1879
deportiert 1942
Sobibor
ermordet 3.6.1942
Rosa Fleischmann geb. Friedmann (1878–1942)

Rosa Fleischmann geb. Friedmann stammte aus Köditz. Sie und ihre Familie mussten später nach Halle (Saale) in ein „Judenhaus“ umziehen. Am 1. Juni 1942 wurden alle vier ins Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo sie gleich nach ihrer Ankunft zwei Tage später ermordet wurden.[4][12]

Hier wohnte
ROSA FLEISCHMANN
geb. Friedmann
Jg. 1878
deportiert 1942
Sobibor
ermordet 3.6.1942
Kylische Straße 9
2. Okt. 2015[13] Erhard Meyerstein (1898–1982)

Erhard Meyerstein war der Sohn von Matthias und Therese Meyerstein. Von Frankfurt am Main aus wurde er am 18. Februar 1945 ins KZ Theresienstadt deportiert. Nach dessen Befreiung kehrte er nach Sangerhausen zurück, wo er bis zu seinem Tod am 14. Dezember 1982 lebte.[13]

Hier wohnte
ERHARD
MEYERSTEIN
Jg. 1898
deportiert 1944
Theresienstadt
befreit
Therese Meyerstein geb. Flatow (1874–1946)

Therese geb. Flatow war mit Matthias Meyerstein verheiratet und hatte mit ihm einen Sohn namens Erhard. Nach dem Tod ihres Mannes wurde Therese Meyerstein am 20. September 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert. Sie überlebte ihre Haft und kehrte nach der Befreiung Theresienstadts nach Sangerhausen zurück, wo sie 1946 starb.[13]

Hier wohnte
THERESE
MEYERSTEIN
geb. Flatow
Jg. 1874
deportiert 1942
Theresienstadt
befreit
Kylische Straße 31
2. Okt. 2015[13] Alban Heß (1891–1970)

Alban Heß war ein christlicher Buchhändler und entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Er war Mitglied der Bekennenden Kirche und weigerte sich, in seiner Buchhandlung Mein Kampf zu verkaufen. Wegen seiner regimekritischen Aktivitäten wurde er ab 1941 mehrfach verhaftet und 1944 im KZ Buchenwald interniert. Im April 1945 wurde er befreit. Alban Heß starb 1970. In Sangerhausen ist eine Straße nach ihm benannt.[13]

Hier wohnte
ALBAN HESS
Jg. 1891
im christlichen
Widerstand
seit 1941 mehrmals
verhaftet
1944 Buchenwald
befreit
Rudolf-Breitsteid-Straße 11
2. Okt. 2015[13] Sofie Luise Gorek geb. Schneider (1877–1944)

Sofie Luise Gorek war mit dem Konditormeister Johannes Gorek verheiratet. Da er kein Jude war, war sie vor Repressionen zunächst einigermaßen geschützt. Als ihr Mann aber am 11. Mai 1942 starb, wurde Sofie Luise Gorek zunächst nach Leipzig und am 13. Januar 1944 ins KZ Theresienstadt deportiert. Dort starb sie bereits am 16. Januar 1944. Ob sie ermordet wurde, oder an den Folgen der Deportation starb ist ungeklärt.[13]

Hier wohnte
SOFIE LUISE
GOREK
Jg. 1877
deportiert 1942
Theresienstadt
tot 16.1.1944
Schulgasse 4
2. Okt. 2015[13] Klara Merkelt (1901–1944)

Klara Merkelt war mit Paul Merkelt, dem Sohn eines Tischlermeisters, verheiratet und zog mit ihm nach Hamburg. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war sie wegen ihrer jüdischen Herkunft Anfeindungen ausgesetzt, wurde aber von ihrem Mann versteckt. Das Ehepaar adoptierte ein jüdisches Waisenkind namens Auguste. Im Juli 1943 wurde ihre Wohnung ausgebombt und sie zogen in eine Notunterkunft. Dort wurde ihnen ihre Tochter weggenommen und sie mussten nach Sangerhausen fliehen, um einer Verhaftung zu entkommen. Sie kamen bei Paul Merkelts Eltern unter. Da aber auch in Sangerhausen Klara Merkelts jüdische Abstammung bekannt wurde, wurde ihr während einer Abwesenheit ihres Mannes 1944 eine Ausweisung innerhalb von 24 Stunden angedroht, woraufhin sie sich das Leben nahm.[13]

Schulgasse 4 wohnte
KLARA MERKELT
Jg. 1901
verzogen Hamburg
ausgebombt 1943
versteckt gelebt
denunziert
Flucht in den Tod
10.1.1944

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Liste der Stolpersteine in Sangerhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Frank Schedwill: Drei neue Stolpersteine werden verlegt. Mitteldeutsche Zeitung, 24. September 2014. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  2. a b c Erinnern und Gedenken – Sozialisten (Memento des Originals vom 19. Oktober 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.erinnern-und-gedenken.de. Abgerufen am 15. Oktober 2014.
  3. a b c d Tina Edler: Neue Stolpersteine unter großer Anteilnahme gesetzt. Mitteldeutsche Zeitung, 8. November 2013.
  4. a b c d e f g Helga Koch: Stolperstein erinnert an Adele Hampel. Mitteldeutsche Zeitung, 5. November 2012. Abgerufen am 26. Juni 2021.
  5. Hampel, Adele. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 27. Januar 2014.
  6. Ansprache von Pfarrer Johannes Müller bei der Steinlegung für Ernst Ikenberg, 8. November 2013. (Memento des Originals vom 9. Februar 2015 im Internet Archive; PDF)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.erinnern-und-gedenken.de Abgerufen am 27. Januar 2014.
  7. a b Ansprache von Helmut Qual anlässlich der Steinverlegung für Moritz und Henriette Loewe am 8. November 2013. (Memento des Originals vom 16. März 2014 im Internet Archive; PDF)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.erinnern-und-gedenken.de Abgerufen am 27. Januar 2014.
  8. a b Moritz Loewe II. & Henrietta „Jettchen“ Cohn (Memento des Originals vom 16. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/erinnern-und-gedenken.de. Abgerufen am 27. Januar 2014.
  9. Bernstein, Eva. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 27. Januar 2014.
  10. Bernstein, Jutta. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 27. Januar 2014.
  11. Fleischmann, Otto. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 27. Januar 2014.
  12. Fleischmann, Rosa. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 27. Januar 2014.
  13. a b c d e f g h i Stolpersteine in Sangerhausen. Abgerufen am 11. April 2016.