Manheim

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Manheim
Stadt Kerpen
Wappen Manheim
Koordinaten: 50° 53′ N, 6° 36′ OKoordinaten: 50° 52′ 55″ N, 6° 35′ 59″ O
Höhe: ca. 90 m
Fläche: 11,74 km²
Einwohner: 41 (31. Dez. 2021)[1]
Bevölkerungsdichte: 3 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1975
Postleitzahl: 50170
Vorwahl: 02275
Karte
Lage von Manheim und Manheim-neu im Rheinischen Braunkohlerevier

Manheim war ein Stadtteil von Kerpen im Rhein-Erft-Kreis in Nordrhein-Westfalen. Manheim liegt in der Abbauzone des Tagebaus Hambach und soll diesem nach den Plänen von RWE bis zum Jahr 2024 weichen. Als Ersatz entstand der Umsiedlungsort Manheim-neu[2][3] westlich von Kerpen.

Inzwischen (Stand: Juli 2023) ist ein großer Teil der Häuser abgerissen worden und die Kirche soll als einziges Gebäude erhalten bleiben. Einige Bewohner wohnen weiterhin im Ort und wehren sich gehen die Umsiedlung. Sie argumentieren, dass unter dem Ort gar keine Braunkohle gewonnen werden soll, sondern lediglich Kies und Sand zur Verwendung im Tagebau, die jedoch auch an einem anderen Ort gewonnen werden könnten. RWE widerspricht, dass es keine Alternative gebe.[4]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manheim liegt in der Jülich-Zülpicher Börde zwischen der Steinheide und dem Bürgewald. Nachbarorte sind südlich Buir und Blatzheim, und westlich Morschenich. Die Siedlung Tanneck (Stadt Elsdorf) befand sich im Norden des Ortes, diese wurde bereits abgebaggert. Zu Manheim gehört das Haus Forst, welches nicht abgebaggert wurde, sowie Haus Bochheim und die Waldhöfe. Bis zur Verlegung der Bundesautobahn 4 verlief diese zwischen Haus Bochheim und Manheim, seit der Verlegung verläuft sie südlich der Ortslage.

Kerpen-Manheim vor dem Abriss im September 2015

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursprünge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manheim wurde das erste Mal urkundlich im Jahre 898 erwähnt. Dabei handelt es sich um eine Schenkungsurkunde, mit der König Zwentibold dem Stift Essen Besitz unter anderem im Ort Manheim (damals Mannunhem) überträgt.

1027 ging die Grundherrschaft an das Erzbistum Köln über.

Beteiligung am Bürgewald[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manheim gehörte zu den am Bürgewald beteiligten Orten, die Rechte am Wald besaßen. Der Legende nach schenkte der hl. Arnold von Arnoldsweiler den umliegenden Gemeinden den Wald, der vorher unter kaiserlichem Wildbann stand. Als Dank mussten die Gemeinden jährlich am Pfingstdienstag den Wachszins an die Pfarrkirche von Arnoldsweiler abliefern. Eine Urkunde vom 18. März 1360, die Herzog Wilhelm I. von Jülich unterschrieb, bestätigte den Wachszins. Manheim wird hierin nicht explizit erwähnt, jedoch alle umliegenden Dörfer. In der Urkunde steht, dass dat kerspel von Blaitzheim mit seinem Zubehoer eine Kerze von 12 Pfund Wachs abliefern musste. Manheim gehörte damals zur Pfarre Blatzheim, mit Zubehoer wird also auch Manheim gemeint sein. Dafür spricht auch, dass Manheim im Jahr 1775, als der bislang gemeinschaftlich genutzte Bürgewald unter den Gemeinden aufgeteilt wurde, ebenfalls mit der Manheimer Bürge einen Teil des Waldes erhielt.[5]

Nach 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1954 bildeten die Gemeinden Buir und Manheim einen gemeinsamen Amtsbezirk.

Bis 1974 war Manheim eine eigenständige Gemeinde, bevor der Ort dann durch das Köln-Gesetz mit Wirkung vom 1. Januar 1975 der neuen Stadt Kerpen zugeordnet wurde.[6]

Umsiedlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Katholische Pfarrkirche St. Albanus und St. Leonhardus
Wohnhaus im Ortskern
Anwesen im Ortskern
Gasthof im Ortskern
Manheim im Februar 2022

Seit Ende der 1970er war bekannt, dass Manheim dem Braunkohletagebau Hambach weichen muss.[4]

Dazu wurde 2007 der Antrag auf Aufstellung des Braunkohlenplans Hambach, sachlicher Teilabschnitt Umsiedlung Manheim erstellt und beim Bergamt eingereicht. Die Genehmigung wurde am 8. Juni 2011 von der Landesregierung NRW erteilt.

Für die Umsiedlung hatten die Manheimer Einwohner drei mögliche Standorte für (Neu-)Manheim zur Wahl; Kerpen-West, Kerpen-Dickbusch und den Südwestteil Buirs. Bei einer Abstimmung am 16. Dezember 2007 entschieden sie sich bei einer Wahlbeteiligung von 71,75 % und nur einer ungültigen Stimme mit 81,05 % für Kerpen-Dickbusch, nordwestlich von Langenich. Der Bebauungsplan sieht überwiegend freistehende Einfamilienhäuser vor.[7]

In einer weiteren Befragung vom 11. Februar bis 16. März 2008 konnten die Manheimer Bürger angeben, wie groß der Bedarf an Grundstücken ist. Daraus wurde die Größe Manheims am neuen Standort in Kerpen-Dickbusch ermittelt. Am 18. März 2010 fand eine Informationsveranstaltung zur Grundstücksbefragung statt.[8]

Manheim wird seit 2012 sukzessive umgesiedelt.

In Manheim wohnten in den Jahren 2016 bis 2018 übergangsweise bis zu 400 Flüchtlinge.[9]

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zentrum des Ortes steht die ehemalige römisch-katholische Pfarrkirche St. Albanus und Leonhardus. Sie wurde zwischen 1898 und 1900 nach Plänen von Franz Statz erbaut. Die Kirche wurde am 18. Mai 2019 profaniert. Die Kirche wird voraussichtlich als einziges Gebäude Manheims erhalten bleiben.

Bevölkerungsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerentwicklung von Manheim von 1816 bis 2017

Die Einwohnerzahl von Manheim war zwischen 1974 und dem Beginn der Umsiedlung 2012 nur leicht rückgängig (−12 %). Wegen des näher rückenden Tagebaus Hambach ist die gegenwärtige Entwicklung durch die Umsiedlung von Manheim-alt nach Manheim-neu bzw. Wegzüge begründet.

Jahr 1816 1867 1910 1939 1956 1974 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Ew 0517 0821 0952 1198 1598 1761 1754 1741 1711 1693 1647 1659 1648 1600 1586
Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
Ew 1576 1578 1454 1189 0862 0702 0588 0359 0187 050 039 041

Zukunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 2024 soll die Ortsfläche bergbaulich in Anspruch genommen werden.

Als einziges Gebäude soll die Kirche erhalten bleiben. Sie soll in 50 Jahren (Stand: 2023) am Ufer der nach dem Ort benannten Manheimer Bucht des Freizeitsees stehen, der nach der Beendigung des Tagebaus auf dessen Gelände entstehen soll, siehe Tagebau Hambach#Mögliche Folgenutzung.[4]

Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manheim-alt lag zwischen der ehemaligen A4 und der im September 2014 freigegebenen neuen A4 in direkter Nähe der ehemaligen Autobahnabfahrt Buir (8), westlich der Kreisstraße 53 (ehemalige B 477) und nördlich der Bahnlinie Köln-Aachen.

Der Ort verfügte über folgende öffentliche Einrichtungen:

Ortsgemeinschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Aktivitäten der Ortsgemeinschaft finden am Umsiedlungsort in Manheim-neu statt. Verblieben ist der Kartclub Rennsportfreunde Wolfgang Graf Berghe von Trips e. V., Kart-Club Kerpen-Manheim.

Besondere Ereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Nacht vom 30. auf den 31. Juli 1943 stürzte eine Short Stirling, die EF 427 'A Apple', am Ortsrand von Manheim ab. Nur ein Bordschütze überlebte den Absturz und landete am Fallschirm im Garten eines Einwohners.

Am 1. August 1995 fand im Gemeindehaus des Ortes die standesamtliche Trauung von Michael Schumacher und Corinna Betsch statt. Ursprünglich war die Trauung im Standesamt Kerpen geplant. Wegen des unerwünschten großen Medienrummels wurde sie kurzfristig nach Manheim verlegt.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Manheim lebten folgende Persönlichkeiten:

  • Ignaz Pfefferkorn (1726–1798), in Neuspanien tätiger Jesuit, Missionar und Naturforscher
  • Johannes F. Lambertz, ehem. Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG

Für die in Hürth geborenen Michael Schumacher und Ralf Schumacher sowie andere ehemalige Formel-1-Rennfahrer war der in Manheim gelegene Erftlandring die „Hausstrecke“.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Manheim – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Einwohner nach Ortsteil Stadt Kerpen 2021. In: kdvz Offene Daten. Abgerufen am 16. April 2024.
  2. Gestaltungsplan von Manheim-neu = Kerpen-Dickbusch, Maßstab 1:2000, Stand 14. Januar 2010 2,568 MB, abgerufen am 22. April 2011
  3. Stadt Kerpen Gutachterverfahren Umsiedlung Manheim, Stand September 2009 2,804 MB, abgerufen am 22. April 2011
  4. a b c Ralph Goldmann: Umsiedlungen im Braunkohlerevier:Ein Landwirt bietet RWE die Stirn. In: zdf.de. 14. Juli 2023, abgerufen am 13. Oktober 2023.
  5. Rudolf A. H. Wyrsch: Der heilige Arnold von Arnoldsweiler. Legende und Geschichte der Verehrung eines rheinischen Heiligen. In: Forum Jülicher Geschichte Heft 9, Jülich 1994, S. 18 f. und S. 73 f.
  6. Martin Bünermann, Heinz Köstering: Die Gemeinden und Kreise nach der kommunalen Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1975, ISBN 3-555-30092-X.
  7. Gestaltungsplan von Manheim-neu = Kerpen-Dickbusch, Maßstab 1:2000, Stand 14. Januar 2010 2,51 MB, abgerufen am 18. April 2010
  8. Seite der Stadt Kerpen zur Umsiedlung Manheims, abgerufen am 18. April 2010
  9. Niklas Maak: Wo Flüchtlinge wohnen. Neues Deutschland in FAZ vom 3. Februar 2016