Marjoß

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Marjoß
Koordinaten: 50° 15′ N, 9° 31′ OKoordinaten: 50° 15′ 27″ N, 9° 30′ 56″ O
Höhe: 250 m ü. NHN
Fläche: 5,56 km²[1]
Einwohner: 740 (31. Dez. 2020)[2]
Bevölkerungsdichte: 133 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 36396
Vorwahl: 06660
Marjoß (2017)
Marjoß (2017)

Marjoß ist ein Stadtteil von Steinau an der Straße im osthessischen Main-Kinzig-Kreis.

Geografische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marjoß liegt an der Jossa, einem Zufluss der Sinn, auf einer Höhe von 253 m über NN im Nordosten des Main-Kinzig-Kreises, etwa 7 km südöstlich des Zentrums von Steinau, an der Grenze zu Bayern.

Weitere Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung von Marjoß sind die Barackenhöfe und der Rohrbacherhof.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Namensformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In erhaltenen Urkunden wurde Marjoß unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]

  • Jazaha (1167)
  • Jazah (1270)
  • Jazza (1311)
  • Mergenjossa (1422)
  • Margasza (1443)
  • Marjoß (1587)

Auch wird vertreten, dass der Name eine Kurzform von Marienjossa sei.[3]

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die älteste erhaltene Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahr 1167.[1] Damals besaß das Kloster Schlüchtern in Marjoß die Kirche mit dem Zehnten und alle Besitzungen, mit Wiesen, Wald, Gewässern und allen Rechten. Das Kloster Schlüchtern gehörte im Spätmittelalter zum Einflussbereich der Herrschaft Hanau (ab 1429: Grafschaft Hanau). 1311 wurde ein Gemeindepfarrer von Marjoß erwähnt. Die Kirche gehörte zum Bistum Würzburg. Kirchliche Mittelbehörde war das Archidiakonat Karlstadt. 1422 stritten die von Hutten erfolgreich mit denen von Thüngen um Marjoß. Das Kloster Schlüchtern begab sich 1457 endgültig in die Schutzherrschaft der Grafschaft Hanau (seit 1458: Grafschaft Hanau-Münzenberg). Dort war Marjoß dem Amt Schlüchtern zugeordnet, einem Lehen des Bischofs von Würzburg.

Frühe Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grafschaft Hanau-Münzenberg schloss sich in der Reformation zunächst der lutherischen Konfession an, ab 1597 war sie reformiert. Die Kirche von Marjoß gehört jetzt zum Dekanat Schlüchtern. Die Eigenschaft als Würzburger Lehen führte nach der Reformation zu Spannungen zwischen der nun evangelischen Grafschaft Hanau-Münzenberg und dem weiter römisch-katholischen Bistum Würzburg. Ein langjähriger Prozess vor dem Reichskammergericht dauerte von 1571 bis 1624 und endete mit einem Restitutionsmandat über das Amt Schlüchtern zugunsten Würzburgs. 1628–1631 war es deshalb von Würzburg besetzt, im Zuge des Dreißigjährigen Krieges 1631–1637 wieder von Hanau und ab 1637 erneut von Würzburg. 1656 kam es zu einem Vergleich zwischen Hanau und Würzburg, wobei Hanau das Amt Schlüchtern – und damit auch Marjoß – erhielt und dem Bistum dafür Orb überließ.[4]

Mit dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., fiel Marjoß 1736 mit der ganzen Grafschaft Hanau-Münzenberg an die Landgrafschaft Hessen-Kassel, aus der 1803 das Kurfürstentum Hessen wurde.

Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der napoleonischen Zeit stand Marjoß ab 1806 unter französischer Militärverwaltung, gehörte 1807–1810 zum Fürstentum Hanau und dann von 1810 bis 1813 zum Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau. Anschließend fiel es wieder an das Kurfürstentum Hessen zurück. Nach der Verwaltungsreform des Kurfürstentums Hessen von 1821, im Rahmen derer Kurhessen in vier Provinzen und 22 Kreise eingeteilt wurde, gehörte Marjoß zum Landkreis Schlüchtern. 1866 wurde das Kurfürstentum nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg von Preußen annektiert. Marjoß wurde preußisch und nach dem Zweiten Weltkrieg Bestandteil des neu formierten Bundeslandes Hessen.

Am 31. Dezember 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Marjoß im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis in die Stadt Steinau als Stadtteil eingemeindet.[5] Für den Stadtteil Marjoß wurde, wie für die anderen Stadtteile von Steinau, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[6] Mit der Hessischen Gebietsreform wurde der Landkreis Schlüchtern im Jahr 1974 aufgelöst und Marjoß liegt seit dem im Main-Kinzig-Kreis. Am 1. Januar 1978 wurde die Stadt Steinau amtlich in Steinau an der Straße umbenannt.[7]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Marjoß 798 Einwohner. Darunter waren 9 (1,1 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 138 Einwohner unter 18 Jahren, 363 waren zwischen 18 und 49, 162 zwischen 50 und 64 und 132 Einwohner waren älter.[8] Die Einwohner lebten in 285 Haushalten. Davon waren 60 Singlehaushalte, 78 Paare ohne Kinder und 117 Paare mit Kindern, sowie 27 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 51 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 192 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[8]

Einwohnerzahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1587: 18 Schützen, 11 Spießer
• 1632: 33 Dienstpflichtige
• 1753: 70 Haushaltungen mit 328 Personen
• 1812: 90 Feuerstellen, 489 Seelen
• 1821: 90 Häuser[9]
Marjoß: Einwohnerzahlen von 1812 bis 2020
Jahr  Einwohner
1812
  
489
1834
  
792
1840
  
806
1846
  
842
1852
  
832
1858
  
837
1864
  
859
1871
  
810
1875
  
779
1885
  
743
1895
  
689
1905
  
634
1910
  
673
1925
  
653
1939
  
658
1946
  
979
1950
  
937
1956
  
769
1961
  
728
1967
  
713
1970
  
750
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2009
  
898
2011
  
798
2015
  
832
2020
  
702
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Steinau[10][2]; Zensus 2011[8]

Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1885: 727 evangelische (= 97,85 %), 16 katholische (= 2,15 %) Einwohner
• 1961: 648 evangelische (= 89,01 %), 66 katholische (= 9,07 %) Einwohner

Wirtschaftsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Belege für das am Ort ansässige Töpferhandwerk stammen aus dem Jahre 1391.

Im südlichen Bereich des Ortes lag die Hintere (Henner) Mühle (stillgelegt 1968), am nordöstlichen Rand die Untere (Önner) Mühle (stillgelegt 1958). Beide Wassermühlen wurden durch einen von der Jossa abgeleiteten Betriebsgraben versorgt.

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Marjoß gibt es zahlreiche Vereine und Ortsgruppen, die zusammen die Arbeitsgemeinschaft Marjoßer Vereine bilden. Das sind die Freiwillige Feuerwehr Marjoß, der SV Marjoß, der Taubenverein, der Förderverein Kindergarten, die Wohnstätten (Behindertenheim Altes Forsthaus), der Dorfverein, Geselligkeitsverein Gut Schluck, den Angelverein und die Mitglieder des Ortsbeirates.

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Marjoß finden jedes Jahr Sommerbiathlonwettkämpfe im Rahmen des Hessencups statt. Dabei müssen die Läufer einen Naturpfad, der zum 25-jährigen Thronjubiläum Kaiser Wilhelms II. und des 100-jährigen Jubiläums der Völkerschlacht bei Leipzig 1913 angelegt wurde, bewältigen.

Naturräume[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Neben dem NaturschutzgebietKirschenwiesen“ ist ein als Bannwald ausgewiesenes Naturreservat – die Jossa-Aue zwischen Marjoß und Mernes mit schilfbestandenen Teichen – ein Lebensraum des Bibers. Im Rahmen von Exkursionen lassen sich mit etwas Glück diese Tiere beobachten.

Radwanderwege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Infrastruktur und Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schulen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum Schuljahresbeginn 2019/2020 wurde die in Marjoß bis dahin bestehende Zwergschule, wegen zu geringer Schülerzahl geschlossen. Seitdem besuchen die Marjosser Kinder die Hans-Elm-Schule im Ortsteil Altengronau der Nachbargemeinde Sinntal. Es ist eine Grund-, Haupt- und Realschule[11][12].

Weiterführende Schulen gibt es in Schlüchtern mit dem Ulrich-von-Hutten-Gymnasium, in Wächtersbach mit der Friedrich-August-Genth-Schule (Kooperative Gesamtschule), in Gelnhausen dem Grimmelshausen-Gymnasium und in Bad Soden-Salmünster der Henry-Harnischfeger-Schule (Integrierte Gesamtschule).

Verkehrsanbindung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Straße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Landesstraße L 3197, durchquert den Ort und verbindet ihn mit Mernes im Südwesten und weiter über die Landesstraße L 3196 mit dem Hauptort Steinau im Norden.

Bahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der nächste Bahnhof befindet sich in Steinau an der Bahnstrecke Fulda–Frankfurt. Der nächste behindertengerechte Bahnhof liegt in Wächtersbach. Anschluss an Intercity (IC), Intercity-Express (ICE) gibt es in Fulda, Hanau und Frankfurt am Main.

Nahverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ganzjährig verkehrt in Seidenroth die Buslinie MKK-99 des KVG[13]. Sie schafft öffentliche Verkehrsanschlüsse zu allen Ortsteilen der Gemeinde Steinau an der Straße, aber auch zur Nachbargemeinde Bad Soden-Salmünster. Es gilt der Tarif des Rhein-Main-Verkehrsverbundes.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinz Lotz (* 1954), Politiker (SPD), Abgeordneter des Hessischen Landtags

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thomas Klein: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1845. Reihe A: Preußen. Band 11: Hessen-Nassau einschließlich Vorgängerstaaten. Marburg 1979.
  • Willi Klein: Zur Geschichte des Mühlenwesens im Main-Kinzig-Kreis = Hanauer Geschichtsblätter 40. Hanau 2003, S. 411f.
  • Matthias Nistahl: Studien zur Geschichte des Klosters Schlüchtern im Mittelalter. Diss. Darmstadt u. Marburg, 1986, S. 282 (Register).
  • Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. Marburg 1926, S. 263.
  • Literatur über Marjoß nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Marjoß – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Marjoß, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 24. Juni 2015). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Haushalt 2021. (pdf) In: Webauftritt. Stadt Steinau an der Straße, abgerufen im Februar 2021.
  3. Thomas Klein, S. 115.
  4. Dersch Wilhelm: Hessisches Klosterbuch. Quellenkunde zur Geschichte der im Regierungsbezirk Cassel, der Provinz Oberhessen und dem Fürstentum Waldeck gegründeten Stifter, Klöster und Niederlassungen von geistlichen Genossenschaften. Marburg 1915. S. 108f.
  5. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 29. November 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 48, S. 1917, Punkt 1571; Abs. 2. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,1 MB]).
  6. Ortsbeiräte. In: Webauftritt. Stadt Steinau, abgerufen im Februar 2021.
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 376, 277 und 385.
  8. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 30 und 84, archiviert vom Original am 11. Juli 2021;.
  9. Thomas Klein: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1845. Reihe A: Preußen. Band 11: Hessen-Nassau einschließlich Vorgängerstaaten. Marburg 1979, S. 115
  10. Übersicht, Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Steinau an der Straße, archiviert vom Original am 25. März 2016; abgerufen im Februar 2021.
  11. Grundschule Marjoß wird geschlossen - Vorsprung Online
  12. Hans-Elm-Schule, aufgerufen am 5. April 2022
  13. MKK-99, abgerufen am 30. März 2022