Reinalt Johannes Klein

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Reinalt Johannes Klein (* 22. Dezember 1958 in Konstanz) ist ein deutscher Orgelbauer.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reinalt Klein wuchs in einer musikalischen Familie auf und brachte sich autodidaktisch das Klavier- und Orgelspiel bei. Den Orgelbau erlernte er in den Jahren 1978 bis 1982 bei Mönch & Prachtel (Überlingen), wo er mit Claude Jaccard zusammenarbeitete und auf diese Weise den französischen Orgelbau kennen lernte.[1] Seine Gesellenzeit verbrachte er 1982 bei Mönch & Prachtel und 1983 bei Claude Jaccard in Frankreich und 1984/1985 bei Gebr. Späth Orgelbau sowie 1985–1988 bei Harald Rapp in Ennetach. Von 1988 bis 1992 studierte er Musikwissenschaft an der Freien Universität Berlin.[2] Seit 1993 war er als freischaffender Orgelbauer bei Bartelt Immer (Norden) und Uwe Knaak (Berlin) tätig. Sein Meisterstück 1994 war die Replik der Louis-Alexandre-Clicquot-Orgel (1734) in der Stapelmoorer Kirche. Ein Jahr später absolvierte er die Meisterprüfung. Bis 1998 war er weiterhin als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Projekten einbezogen, besonders im Bereich der historisch orientierten Bauweise und der Intonation. Neben Orgelneubauten und Restaurierungen vertiefte er sich in Projektabläufen und Teamführungen.

Im Mai 1998 eröffnete er eine eigene Werkstatt in Leipzig, wo er sich auf Tasteninstrumente in historischer Bauweise konzentrierte. Klein war 1999–2001 als technischer Projektleiter des Göteborg Organ Art Center für den Bau der norddeutschen Barockorgel im schwedischen Örgryte (Göteborg) zuständig und leitete zusammen mit Munetaka Yokota die Metallpfeifenwerkstatt.[2] Zudem wirkte er an der Intonation mit. Ende 2008 bezog Klein die ehemalige (entwidmete) St. Lazarus-Kapelle im Westen Lübecks nahe Stockelsdorf, in die er eine Orgelwerkstatt einbaute. Von 2007 bis 2011 arbeitete er im Bereich des historischen Metallpfeifenbaus mit Amadeus Junker (Meinersen) zusammen.[3]

Die Metallpfeifen werden durch Klein nach historischen Vorbildern gefertigt, das Orgelmetall auf Sand oder Lehm gegossen und mit der Hand gehobelt und alles in Eigenarbeit ohne Zulieferungen produziert. Ausschließlich kommen mechanische Trakturen zum Einsatz.[4] Klein untersuchte den historischen Pfeifenbestand der Orgel in Kappeln und verglich die Mensuren und Inskriptionen mit der Scherer-Orgel von St. Nicolai in Mölln. Der Befund ergab, dass acht Register ganz oder teilweise aus dem 16. Jahrhundert von Jacob Scherer und dessen Schwiegersohn Dirk Hoyer stammen. Aus stilistischen Gründen wurden diese Renaissancepfeifen aus Kappeln nicht, wie ursprünglich vorgesehen, integriert, da sich Kleins größter Neubau am spätbarocken Klang des 18. Jahrhunderts orientierte.[5]

Werkliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ für ein angehängtes Pedal.

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Anmerkungen
1987 Lübeck Privatbesitz R. J. Klein I 3 Prozessionsorgel
1993 Veenhusen Veenhuser Kirche
I/p 8 zusammen mit Bartelt Immer und Uwe Knaak Restaurierung der Orgel von Johann Gottfried Rohlfs (1801–1802)
1994 Stapelmoor Stapelmoorer Kirche III/P 23 zusammen mit Bartelt Immer und Claude Jaccard Replik der Louis-Alexandre-Clicquot-Orgel (1734),[6] Prospekt von Eike Schulte (1848) erhalten → Orgel
1999–2000 Göteborg Örgryte Nya Kyrka
IV/P 54 Mitarbeit beim Metallpfeifenbau und Vorintonation der norddeutschen Barockorgel von Munetaka Yokota, Mats Arvidsson und Henk van Eeken
2002 Bremen-Walle Waller Kirche II/P 26 Mitarbeit im Pfeifenbau und der Intonation des Neubaus von Winold van der Putten, Orgel im norddeutsch-niederländischen Stil des 17. Jahrhunderts[7]
2003 Marjoß Ev. Kirche I/P 7 Restaurierung der Orgel von Ratzmann (1887)
2004 Lübeck Haus Walter I/P 9 Restaurierung einer Salonorgel von Kemper (um 1935)
2005 Pellworm Alte Kirche
II/P 24 Überholung der Orgel von Arp Schnitger (1710–1711) → Orgel der Alten Kirche (Pellworm)
2006 Berlin-Spandau Jeremia-Kirche II/P 16 Sanierung der Walcker-Orgel (1966)
2006 Lübeck Jakobikirche (Kleine Orgel)
III/P 31 Reinigung und Reintonation der Orgel von Friedrich Stellwagen (1637) → Orgel
2006 Schleswig Ansgarkirche II/P 18 Sanierung der Orgel von Rieger (1991)
2007 Struxdorf St.-Georgs-Kirche I/P 9 Sanierung der Orgel von Marcussen & Søn (1876)
2007–2008 Weener Organeum I 5 Restaurierung der Kabinettorgel von Ibe Peters Iben (1790)[8]
2008 Celle Reformierte Kirche II/P 14 Restaurierung der Orgel von Christian Vater (1744)/Eduard Meyer (1849)
2008 Preetz Stadtkirche Preetz, Kleine Kirche I/P 7 Restaurierung und Rekonstruktion
2009 Sülfeld Ev.-luth. Kirche II/P 14 Sanierung der Orgel von Kemper (1970)
2009 Albersdorf (Holstein) St. Remigius II/P 21 Sanierung der Orgel von Marcussen & Søn (1891)/Kemper (1966)
2009 Glückstadt Stadtkirche Glückstadt III/P 30 Sanierung der Orgel von Kemper (1962)
2009 Schönkirchen Marienkirche II/P 23 Sanierung der Orgel von Detlef Kleuker (1968)
2010 Behlendorf Dorfkirche Behlendorf
I/p 7 Sanierung der Orgel von Johann Friedrich Schulze (1868)
2010 Lübeck Johanneum zu Lübeck II/p 15 Neubau, 4 Pedalregister aus dem Hauptwerk mit Wechselschleifen
2010 Groß Grönau St. Willehad
II/P 18 Sanierung und Neuintonation der Orgel von Klaus Becker (1968) hinter Prospekt von 1689
2011–2012 Petersdorf auf Fehmarn St.-Johannis-Kirche III/P 30 Sanierung und Neuintonation der Orgel von Marcussen & Søn (1858)/Neuthor (1976)
2012 Gundorf Kirche Gundorf II/P 13 Sanierung der Kohl-Orgel (1873)
2012 Lübeck Jakobikirche
II/P 15 Sanierung der Hausorgel Hugo Distlers von Paul Ott (1938)
2013 Braunschweig Brüdernkirche I 6 Sanierung der Kabinettorgel von Ibe Peters Iben (1789)
2011–2014 Kappeln St. Nikolai II/P 40 Neubau hinter Prospekt von 1793 unter Einbeziehung von 4 Registern des 18. Jahrhunderts; nicht verwendet wurden 8 Register von Jacob Scherer und seinem Schwiegersohn Dirk Hoyer
2014 List auf Sylt St. Jürgen II/P 15 Sanierung der Orgel von Dieter Bensmann (2001–2002)
2014 Herrnburg Dorfkirche Herrnburg
II/P 10 Restaurierung der Orgel von Friedrich Albert Mehmel (1884)
2014 Lübeck St. Stephanus (Karlshof) II/P 17 Sanierung der Orgel von W. Sauer Orgelbau Frankfurt (Oder) (1968)
2014–2015 Ruchow Dorfkirche Ruchow I/p 7 Restaurierung der Orgel von Heinrich Schmidt (1796), die das Werk von Joachim Richborn (1684) erweiterte,[9] Orgelweihe am 4. Juni 2016.[10]
2015 Borgholzhausen Evangelische Kirche
II/P 17 Sanierung und Neuintonation der Orgel von Förster & Nicolaus Orgelbau hinter dem Prospekt von Hans Henrich Reinking (1653)
2015 Lübeck Privatbesitz I 2 Restaurierung der Orgel eines unbekannten Orgelbauers (um 1960)
2015 Lübeck Lutherkirche II/P 22 Sanierung und Neuintonation der Prinzipalregister und Mixturen, der Sesquialtera und der Zungen der Orgel von E. F. Walcker & Cie. (1986/1990)
2014–2016 Wallenbrück Marienkirche
II/P 20 Nach Ausbau und Einlagerung der 5 Register aus der Zeit vor 1650 durch Wegscheider blieb das Barockgehäuse auf der Westempore leer; Klein baute den verbleibenden modernen Bestand von 15 Registern samt überholtem und angepasstem technischen Werk von Gustav Steinmann Orgelbau (1976) in ein neues Gehäuse, das ebenerdig im Nordschiff errichtet wurde und in die Empore hineinragt, und ergänzte die fehlenden fünf Register in historischer Bauweise.[11]
2016 Lübeck St. Andreas (Schlutup)
II/P 21 Sanierung der Orgel von P. Bruhn & Søn (1989)
2016–2017 Hohen Viecheln Dorfkirche Hohen Viecheln
II/P 13 Restaurierung der Orgel von Friedrich Wilhelm Winzer (1859)
2017 Großsolt Evangelische Kirche II/P 11 Neubau, 4 Pedalregister aus dem Hauptwerk mit Wechselschleifen[12]
2018 Ostenfeld (Husum) Dorfkirche I/p 10 Restaurierung der Orgel von Boye Lorentzen (1776), die 1995 von Lothar E. Banzhaf rekonstruiert wurde
2018–2019 Boizenburg/Elbe Stadtkirche St. Marien
II/P 19 Restaurierung der Orgel von Friedrich Friese III (1892)[13]
2019–2020 Rabenkirchen-Faulück St.-Marien-Kirche
I/P 14 Restaurierung des historischen Pfeifenwerks und Intonation der Orgel eines unbekannten Orgelbauers (1697)
2020 Klütz Marienkirche II/P 20 Restaurierung der Orgel von Friedrich Wilhelm Winzer (1871)
2020 Neukirchen-Malente St. Johannis I/P 15 Sanierung des Pfeifenwerks, Nachintonation der Orgel und Neueinstimmung der Orgel von Hinrich Wiese (1726)
2020–2021 Breitenburg Schloss Breitenburg, Schlosskapelle
I/p 6 Restaurierung der Orgel eines unbekannten Orgelbauers (Mitte 18. Jh.)
2022 Bad Segeberg Versöhner-Kirche II/P 18 Sanierung der Kemper-Orgel (1969) und großenteils Neuintonation
2022 Lübeck Petrikirche
II/P 19 Sanierung der Orgel von Hinrich Otto Paschen (1992)
2022 Kotzenbüll Nikolaikirche II/P 19 Abbau, Dokumentation und Rekonstruktion der Orgel von Johann Hinrich Färber (1876) mit Pfeifenbestand von 1500/1740 und Einlagerung der Orgelteile
2023 Kleinsolt St.-Johannes-Kirche I/P 8 Sanierung und Neuintonation der Walcker-Orgel (1970er)

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Über Pfeifen und Pfötchen“: Eine „Betriebsanleitung“ für die französische Orgel zu Stapelmoor. 2. Auflage. Artline, Wymeer 2005.
  • Historische Befunde und Pfeifendokumentation – Methoden zur Untersuchung und Schlussfolgerungen zum Umgang. In: Dirk Jonkanski, Heiko Seidel: Orgellandschaft Schleswig-Holstein. Zur Geschichte und Pflege eines Klang- und Kunstdenkmals. Ludwig, Kiel 2012, ISBN 978-3-86935-141-4, S. 104–114.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Klein: „Über Pfeifen und Pfötchen“. 2005, S. 19.
  2. a b Dirk Jonkanski, Heiko Seidel: Orgellandschaft Schleswig-Holstein. Zur Geschichte und Pflege eines Klang- und Kunstdenkmals. Ludwig, Kiel 2012, ISBN 978-3-86935-141-4, S. 285.
  3. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag vom 31. Dezember 2011: Der schnelle Orgelbauer von St. Nikolai. Abgerufen am 9. Mai 2019.
  4. Reinalt Klein Orgelbaumeister, abgerufen am 9. Mai 2019.
  5. Schlei-Bote vom 25. Oktober 2014: Das Geheimnis der alten Orgel. Abgerufen am 9. Mai 2019.
  6. Orgel in Stapelmoor, abgerufen am 9. Mai 2019.
  7. Daniela Staiger-Ortgies: Das Konzept der Waller Orgel. S. 4, abgerufen am 9. Mai 2019 (PDF-Datei; 228 kB).
  8. Orgel im Organeum (Weener), abgerufen am 9. Mai 2019.
  9. Mecklenburgisches Orgelmuseum: Ruchow, evangelische Dorfkirche, abgerufen am 9. Mai 2019.
  10. Rüdiger Rump: Ruchow durch Orgeln international. In: SVZ Schwerin, Anzeiger für Sternberg, Brüel, Warin vom 6. Juni 2016, abgerufen am 9. Mai 2019.
  11. Orgel in Wallenbrück, abgerufen am 9. Mai 2019.
  12. Orgel in Großsolt, abgerufen am 9. Mai 2019.
  13. Jacqueline Worch: Boizenburg: Schönheitskur für Friese-Orgel. In: svz.de. 18. Juli 2018. Abgerufen am 9. Mai 2019.