Solarcamp

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Solarcamp-Teilnehmer im Training

Ein Solarcamp ist ein etwa zweiwöchiges Veranstaltungsformat im Stile eines Ferienlagers, das der Qualifikation von Hilfskräften zur Installation und Montage von Photovoltaik dient.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit den frühen 2000er-Jahren finden sich vermehrt Beispiele für Stakeholder-übergreifende Solarinstallation und entsprechende Schulungen, z. B. im Rahmen der Quartiersentwicklung, Jugendhilfe und bürgerschaftlichem Engagement (Spanien, Ungarn, USA,[1] Solar Village in Portugal[2], Niederlande[3]). In der Schweiz lädt Greenpeace jährlich Mitglieder zum Internationalen Solarcamp ein[4] und führt mit Kommunen und Dritten das Jugendsolarprojekt durch, über das zwischen 1998 und 2008 etwa 160 Solaranlagen,[5] sowie 2010 die größte Dachanlage des Landes installiert wurden.[6] Mehrere Kantone fördern die Initiative.[7][8]

Im Zuge der Diskussion um den möglichen Hilfs- und Fachkräftemangel für die Energiewende[9][10][11] widerfährt dem Konzept eine Professionalisierung und vermehrte Aufmerksamkeit. Das erste Solarcamp des im deutschsprachigen Raum aktiven Bündnisses Solarcamp for Future fand 2022 in Hötzum bei Braunschweig statt.[12]

Konzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Solarcamps dienen der Vermittlung grundlegender Kenntnisse um Hilfstätigkeiten bei der Montage von Solaranlagen auf Dächern, aber auch sogenannten Balkonkraftwerken. Dies geschieht in der Regel auf geeigneten Grundstücken, die neben technischen Voraussetzungen die Unterbringung in Zelten im Stile eines Festivals ermöglichen. Damit soll unter anderem die Energiewende beschleunigt[13] und einem möglichen Fachkräftemangel von Solarmonteuren, Elektrofachkräften, Planungsingenieuren und nachgeordneten Hilfs- und Fachkräften vorgebeugt werden, der bis 2035 deutschlandweit etwa einer Viertelmillion Vollzeitäquivalenten entsprechen soll.[14]

Ablauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lehrinhalte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dachstühle in Bodennähe als Übungsflächen

Innerhalb von ein bis zwei Wochen erhalten die Teilnehmenden einen Überblick über Grundlagen von Solaranlagen und deren mechanischer Installation auf unterschiedlichen Dachtypen.[15] Dazu gehört der Umgang mit entsprechenden Werkzeugen, die Einführung in Verbindungstechnologien sowie grundlegende Werkstoffkenntnisse. Neben der mechanischen Befähigung ist auch die Vermittlung elektrotechnischer Grundkenntnisse vorgesehen, sodass im Rahmen der Solarcamps die Prüfung zur Elektrotechnisch unterwiesenen Person (EuP) oder Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (EFKffT) erfolgen kann. Damit können Absolventen Montagetätigkeiten und spannungsfreie Steckverbindungen an Solarpanelen (DC-seitig, vor Netzanschluss) vornehmen, sodass diese als Hilfskräfte zur Zuarbeit für qualifizierte Fachkräfte mit Berufsabschluss (Vorarbeiter, Elektrotechniker, Planungsingenieure) verortet werden können. Als Abschluss der Solarcamps erfolgt in der Regel die Mithilfe bei einem realen Projekt oder Betriebspraktika bei mitveranstaltenden Unternehmen.[16]

Durchführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Setzen von Ankerpunkten eines Anlagengestells unter Aufsicht

Die Durchführung von Solarcamps erfolgt auf Anstoß lokaler Bündnisse engagierter Einzelpersonen, Zivilgesellschaft oder öffentlicher wie privater Einrichtungen.[17] Als Partner arbeiten beispielsweise Energieversorger, Stadtwerke, Bürgerenergiegenossenschaften, Branchenverbände (z. B. VDE[18]), IHK und Handwerkskammern, -betriebe und kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), Kommunen, Nachbarschaftsvereine, Oberstufenzentren und Berufsschulen,[19] weitere Schultypen, Hersteller (z. B. SMA Solar Technology[18]), Zivilgesellschaft[20] und Zulieferer zusammen.

Lehrinhalte, praktische Übungen und Prüfungen werden ortsabhängig durch Einzelpersonen, lokale Betriebe oder Referenten von Branchenverbänden übernommen. Abhängig vom Veranstalterbündnis wird die Teilnahme kostenfrei oder gegen anteiligen Beitrag[21] zu Verpflegung, Prüfungs- und Materialkosten angeboten.

Befestigung eines Solarpanels auf einer Profilschiene

Zielgruppen und Nutzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Solarcamps richten sich an breites Altersspektrum, zum Teil ist von einem Fokus auf Heranwachsende und junge Erwachsene zwischen 16 und 35 Jahren die Rede.[22] Neben Schulabbrechern, Absolventen und Quereinsteigern sind Arbeitssuchende, Migranten und Teilzeitbeschäftigte Zielgruppe von Solarcamps, die für die Hilfstätigkeiten in der Branche, aber auch anschließenden Ausbildungen und Beschäftigung im Handwerk und der MINT-Branche begeistert werden sollen. Zum Teil werden auch explizit an ehrenamtlichem Engagement Interessierte, Mitglieder von Energiegenossenschaften und bisher im Handwerk unterrepräsentierte Gruppen wie Frauen und FLINTA* angesprochen.[23]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Terry W Hokenson: The Partnership Paradigm Is A Unified Field Theory For Human Betterment: How It Works in the Minnesota Climate Crisis Movement. In: Interdisciplinary Journal of Partnership Studies. Band 3, Nr. 3, 14. Oktober 2016, ISSN 2380-8969, doi:10.24926/ijps.v3i3.142 (umn.edu [abgerufen am 6. Juni 2023]): „After countless meetings and much sweat and tears, the project is nearing completion. The solar panels are scheduled to be installed in the fall of 2016 and the array is largely subscribed. The project, named Just Community Solar, also inspired social justice innovations such as access for people without standard credit scores, solar jobs for members of the predominantly blackneighborhood, and a solar workshop for young people at Shiloh Templecalled “Just B Solar Camp” [...]“
  2. Manuel Pacheco Coelho: CO-MANAGEMENT” REVISITED: SUSTAINABLE USE OF NATURAL RESOURCES AND MODEL OF GOVERNANCE OF TAMERA/PORTUGAL. In: CONFLUÊNCIASRevista Interdisciplinar de Sociologia e Direito. ISSN 1678-7145, S. 51, doi:10.22409/conflu16i1.p337: „In a space imagined by the physicist Jürgen Kleinwächter, a solar camp was built. The fundamental objective is to learn how to use the light from the Sun to create a clean and renewable energy. The equipment that can be seen in the village, with mirrors, greenhouse and parabolic systems that capture solar energy, “makes the place seem from another planet” (in Diário do Alentejo).“
  3. Youth on the Roof. Abgerufen am 9. Oktober 2023 (englisch, niederländisch).
  4. Greenpeace’ler aus aller Welt lernen die Energiewende. In: Greenpeace Schweiz. 8. August 2013, abgerufen am 8. Oktober 2023 (Schweizer Hochdeutsch): „Diese Woche fand auf dem Bauernhof der Familie Flückiger in Buchrütti [...] das 13. Internationale Solarcamp von Jugendsolar statt. 19 GPs aus zehn Ländern [...] tauschten sich zum Thema Erneuerbare Energien aus und haben eine Photovoltaikanlage fertiggestellt, die bis Ende 2014 für Greenpeace 65 000 Kilowattstunden Strom produzieren wird.“
  5. Stefan: 10 Jahre JugendSolarProjekt. In: Greenpeace Schweiz. 11. August 2008, abgerufen am 8. Oktober 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  6. Stefan: Grösste gebäudeintegrierte Photovoltaik-Anlage der Schweiz. In: Greenpeace Schweiz. 21. April 2010, abgerufen am 8. Oktober 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  7. Jugendsolar. In: Kanton Aargau. 30. August 2023, abgerufen am 8. Oktober 2023: „Anteil Kanton Fr. 35'250 [...] Projektdauer 2022–2024“
  8. Jugendsolar. In: Solafrica.ch. Abgerufen am 8. Oktober 2023 (deutsch).
  9. Oliver Bemelmann SWR: Zu wenige Fachkräfte für Photovoltaik-Ausbau. In: Tagesschau. 22. Mai 2023, abgerufen am 29. August 2023.
  10. Fabian Zuber: Es gibt genug Fachkräfte für einen PV-Boom. In: Tagesspiegel Background. 4. Mai 2022, abgerufen am 29. August 2023.
  11. Roland Ernst: Für die Energiewende fehlen 216.000 Fachkräfte. In: pv magazine. 28. November 2022, abgerufen am 29. August 2023 (deutsch).
  12. Solarcamp for Future - Anpacken für mehr Klimaschutz. In: YouTube. Wattbewerb, 17. Dezember 2022, abgerufen am 4. September 2023 (deutsch).
  13. Fridays for Future: Mehr Fachkräfte für den Solarausbau. In: RTL. 20. August 2023, abgerufen am 4. September 2023.
  14. Roland Ernst: Enpal eröffnet neue Akademie für Photovoltaik-Handwerker. In: pv magazine. 23. November 2022, abgerufen am 4. September 2023 (deutsch).
  15. Jörn Stachura: Braunschweig: Der steinige Weg zum Solar-Helfer. In: Braunschweiger Zeitung. 8. August 2022, abgerufen am 4. September 2023 (deutsch).
  16. Thomas Loy: Solarcamp von Fridays for Future in Berlin: Klimaaktivisten greifen zum Akkuschrauber. In: Der Tagesspiegel Online. 22. August 2023, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 24. August 2023]).
  17. Solarcamp Darmstadt: Energiewende in Eigenregie. In: Echo Online. 23. Mai 2023, abgerufen am 4. September 2023.
  18. a b SolarCamp Kassel. In: SoLocal Energy. 6. April 2023, abgerufen am 31. Mai 2023.
  19. Katharina Hartwig: Solarcamp Lüneburg 2023: Photovoltaik installieren lernen auf den Lehrdächern der Georg-Sonnin-Schule (BBS II). In: Landeszeitung für die Lüneburger Heide. 28. September 2023, abgerufen am 28. September 2023.
  20. J. B: Auftakt-Treffen Solarcamp 2023 am 19. April 2023: Ausbildung zur Photovoltaik-Hilfskraft. In: Lüne-Blog. 11. April 2023, abgerufen am 4. September 2023 (deutsch).
  21. Arvid Jasper: Job mit Sinn und Zukunft: SolarCamp im Sommer -. In: Mittendrin in Kassel. 21. April 2023, abgerufen am 4. September 2023 (deutsch).
  22. Solarcamp Darmstadt: Energiewende in Eigenregie. In: Echo Online. 23. Mai 2023, abgerufen am 30. Mai 2023.
  23. Von der Aktivistin zur Solarteurin. In: Klimareporter. 29. August 2023, abgerufen am 29. August 2023 (deutsch).