Tsumgallit

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Tsumgallit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2002-011[1]

IMA-Symbol

Tgl[2]

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/F.06
IV/F.06-025

4.FD.10
06.01.01.06
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[3]
Raumgruppe Pnma (Nr. 62)Vorlage:Raumgruppe/62[3]
Gitterparameter a = 4,512 Å; b = 9,772 Å; c = 2,967 Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte „weich“[3], also wohl 1 bis 2
Dichte (g/cm3) 5,22 (Idealzusammensetzung), 5,08 (empirische Formel)[3]
Spaltbarkeit ausgezeichnet parallel {010}[3]
Bruch; Tenazität keine Angaben; keine Angaben[4]
Farbe blass grünlichgelb bis beige[3]
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend[3]
Glanz Perlmuttglanz[3]
Kristalloptik
Brechungsindex n = 1,96 (Idealzusammensetzung), 1,97 (empirische Formel)[3]
Optischer Charakter zweiachsig[3]

Tsumgallit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Er kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung GaO(OH)[3] und ist damit chemisch gesehen ein Gallium-Oxid-Hydroxid.

Tsumgallit entwickelt dünnplattige Kristalle bis zu 40 × 40 µm Größe und 0,5 bis 1 µm Dicke, die zu schuppigen, glimmerartigen Aggregaten zusammentreten, Sie sitzen in Hohlräumen im Germanit-Tennantit-reichem Erz, das Einschlüsse von Gallit enthält. Begleitminerale sind Söhngeit, zinkreicher Siderit, Chalkosin und Quarz.[3]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tsumgallit wurde auf einer Mineralstufe entdeckt, die der ehemalige Grubengeologe der Tsumeb Mine und Chefmineraloge der Tsumeb Corporation Limited Bruno Herrmann Geier (1902–1987) in den frühen 1960er Jahren in der zweiten Oxidationszone der Tsumeb Mine gesammelt hatte. Sein Sohn Ulf Geier stellte dieses Mineral den Autoren der Typpublikation zur Identifizierung zur Verfügung.[3]

Entsprechende Untersuchungen führten zur Feststellung des Vorliegens eines neuen Minerals, das am 5. Juni 2002 von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt und 2003 von einem deutschen Forscherteam mit Jochen Schlüter, Karl-Heinz Klaska, Gunadi Adiwidjaja und Georg Gebhard als Tsumgallit beschrieben wurde. Benannt wurde das Mineral nach Tsumeb bzw. der Tsumeb Mine und nach seinem Hauptbestandteil Gallium.[3] Tsumgallit ist damit das nach Tsumebit und Arsentsumebit sowie Tsumcorit und Plumbotsumit fünfte Mineral, dessen Name auf Tsumeb bzw. die Tsumeb Mine hinweist.

Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Museum der Universität Hamburg in Deutschland (Holotyp, Sammlungs-Nr. MMHH TS 509, im Tresor des Museums) aufbewahrt.[5]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Tsumgallit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Hydroxide und oxidische Hydrate“, wo er zusammen mit Akaganeit, Böhmit, Diaspor, Feitknechtit, Feroxyhyt, Goethit, Groutit, Lepidokrokit, Manganit und Schwertmannit die unbenannte Gruppe IV/F.6 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Tsumgallit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Hydroxide (ohne V oder U)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit von Kristallwasser sowie nach der Kristallstruktur, sodass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Hydroxide mit OH, ohne H2O; mit Ketten aus kantenverknüpften Oktaedern“ zu finden ist, wo es zusammen mit Diaspor, Bracewellit, Goethit, Groutit, Guyanait und Montroseit die unbenannte Gruppe 4.FD.10 bildet.

Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Tsumgallit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Hydroxide und hydroxyhaltige Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit dem namensgebenden Diaspor und den weiteren Mitgliedern Goethit, Groutit, Montroseit und Bracewellit in der „Diasporgruppe (Orthorhombisch, Pnma oder Pnmd)“ mit der System-Nr. 06.01.01 innerhalb der Unterabteilung der „Hydroxide und hydroxyhaltigen Oxide mit der Formel: X3+O OH“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tsumgallit hat (auf Basis von zwei Anionen) die gemessene Zusammensetzung (Ga0,86Fe3+0,05Ge0,04Si0,02Zn0,01)Σ0,98O1,00(OH)1,00, was zu GaO(OH) idealisiert wurde und Gehalte von 91,23 % Ga2O3 und 8,77 % H2O erfordert.[3] Tsummgallit stellt das Ga-dominante Glied der Diaspor-Gruppe und aus chemisches Sicht damit z. B. das galliumdominante Analogon zum Al-dominierten Diaspor, zu den Fe3+-dominierten Lepidokrokit und Goethit, zu den Mn3+-dominierten Manganit und Groutit und zu den Cr-dominierten Bracewillit und Guyanait dar. Tsumgallit ist das nach Gallit, Söhngeit, Gallobeudantit und Galloplumbogummit erst fünfte Mineral mit Gallium als Hauptkomponente.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tsumgallit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pnma (Raumgruppen-Nr. 62)Vorlage:Raumgruppe/62 mit den Gitterparametern a = 4,512 Å; b = 9,772 Å und c = 2,967 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Tsumgallit ist, genau wie sein synthetisches Äquivalent α-Gallium-Oxid-Deuteriohydroxid, isotyp (isostrukturell) mit Goethit und Diaspor.[3] Die Kristallstruktur des Tsumgallits kann deshalb in Analogie zu der des Diaspors beschrieben werden. Sauerstoff und Hydroxidionen bilden eine hexagonal dichteste Kugelpackung mit Lücken auf den Oktaeder-Plätzen, die vom Gallium ausgefüllt werden. In Richtung der c-Achse entstehen auf diese Weise lange Doppelketten aus GaO6-Oktaedern, die von Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Morphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tsumgallit fand sich in Form von schuppigen bis glimmerartigen, deutlich porösen Aggregaten, die aus dünnplattigen Kristallen bis zu 40 × 40 µm Größe und 0,5 bis 1 µm Dicke, bestehen.

Physikalische und chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kristalle des Tsumgallits sind blass grünlichgelb bis beigefarben, die Strichfarbe wird mit weiß beschrieben. Die Oberflächen der durchscheinenden Kristalle zeigen einen perlmuttartigen Glanz.[3]

Das Mineral weist eine ausgezeichnete Spaltflächen parallel {010} auf.[3] Tsumgallit wird als „weich“ beschrieben, was einer Mohshärte von 1 bis 2 entspricht. Damit gehört Tsumgallit zu den Mineralen, die sich etwas leichter als das Referenzmineral Gips mit dem Fingernagel ritzen lassen. Die berechnete Dichte für die empirische Formel des Tsumgallits liegt bei 5,08 g/cm³. Das Mineral fluoresziert weder im lang- noch im kurzwelligen UV-Bereich.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als sehr seltene Mineralbildung konnte Tsumgallit bisher (Stand 2016) nur von seiner Typlokalität beschrieben werden.[3][6][7] Diese ist die weltberühmte Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte der „Tsumeb Mine“ (Tsumcorp Mine) in Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia, wo Tsumgallit nur einmal in der zweiten Oxidationszone, allerdings in unbekannter Teufe, geborgen worden ist. Hier fand er sich auf einer Germanit-Tennantit-reichen Erzstufe mit Einschlüssen von Gallit. Zur Paragenese gehören ferner farblose bis weiße, leicht angeätzte Söhngeit-Kristalle bis 5 mm Größe, rötlichbraune, rhomboedrische Kristalle eines zinkreichen Siderits bis zu 0,5 mm Größe sowie Quarz und Chalkosin.[3]

Tsumgallit ist ein typisches Sekundärmineral und bildete sich in der zweiten Oxidationszone der in Dolomitsteinen sitzenden hydrothermalen polymetallischen Erzlagerstätte Tsumeb aus galliumreichen Primärerzmineralen.

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Ga2O3-Gehalten von 91 % wäre das Mineral ein außergewöhnlich reiches Galliumerz, jedoch ist das Mineral aufgrund seiner extremen Seltenheit nur für den Mineralsammler interessant.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x Jochen Schlüter, Karl-Heinz Klaska, Gunadi Adiwidjaja, Georg Gebhard (2003): Tsumgallite, GaO(OH), a new mineral from the Tsumeb mine, Tsumeb, Namibia. In: Neues Jahrbuch Mineralogie, Monatshefte. Band 2003 (Heft 11), S. 521–527 Doi:10.1127/0028-3649/2003/2003-0521.
  4. Joseph Anthony Mandarino (2000): New Minerals. In: The Canadian Mineralogist. Band 42, S. 941 (PDF, 333 kB).
  5. Typmineral-Katalog Deutschland – Aufbewahrung der Holotypstufe Tsumgallit
  6. Mindat – Anzahl der Fundorte für Tsumgallit
  7. Fundortliste für Tsumgallit beim Mineralienatlas und bei Mindat