Vogtländische Ritterschaft

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Die Vogtländische Ritterschaft war ein korporativer Zusammenschluss des im Fürstentum Brandenburg-Kulmbach landsässigen Adels.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den fränkischen Hochstiften, wo die adeligen Domkapitel maßgeblichen Einfluss auf die Politik des aus ihren Reihen gewählten Fürstbischofs ausüben konnten, gelangte die Freie Reichsritterschaft zu einer besonderen Blüte. Im Gegensatz dazu stellten sich im Fürstentum Brandenburg-Kulmbach das gleichbleibende Hausinteresse der Hohenzollern, deren Unabhängigkeit gegenüber dem Adel und das straffere politische Gefüge innerhalb des Territoriums dem Freiheits- und Unabhängigkeitsdrang des Adels mit Nachdruck entgegen. So konnte sich innerhalb des von den Hohenzollern regierten Landes nur eine Adelsgesellschaft zwischen reinem Landsassiat und freier Reichsritterschaft, das Corpus Voitlandicum oder die Vogtländische Ritterschaft, ausbilden. Die Mitgliedschaft in der Vogtländischen Ritterschaft begründete sich nicht in der Abstammung aus einer besonderen Familie, sondern war ausschließlich über den Besitz eines inkorporierten Ritterguts möglich. Diese Güter verteilten sich über die markgräflichen Landes- bzw. Amtshauptmannschaften Hof, Wunsiedel und Bayreuth und Kulmbach; im Unterland waren vogtländische Rittergüter unbekannt.

1615 unterwarf sich der vogtländische Adel vertraglich (Submissions-Agnitions-Rezess) der landesherrlichen Obrigkeit des Markgrafen Christian von Brandenburg-Kulmbach, wofür der Landesherr deren korporativen Zusammenschluss zur Vogtländischen Ritterschaft sanktionierte und ihr einen eigenen verfassungsrechtlichen Status verlieh. Zudem gewährte er den einzelnen Herrschaftsträgern besondere Privilegien wie die Religions- und Steuerfreiheit sowie die Beibehaltung bisheriger Jurisdiktions- und Immunitätsgerechtsame. Dass diese Politik "mit Zuckerbrot und Peitsche" von Erfolg gekrönt war, kann nur mit der besonderen Lage der vogtländischen Güter innerhalb des relativ geschlossenen Herrschaftsbereichs der Markgrafen im Norden und Osten des Markgraftums, das zudem in dieser Region an Fürstentümer mit ebenfalls landsässiger Ritterschaft grenzte, erklärt werden.[1]

1662 besteuerte Markgraf Christian Ernst auf Grund des Reichstagsabschieds von 1654, der ausdrücklich ein separates Besteuerungsrecht des Landesherrn für Bedürfnisse der stehenden Armee vorsieht, erstmals auch die Voigtländische Ritterschaft, die bisher wie die Reichsritterschaft nur gegenüber dem Reich und dem Reichskreis (de jure freiwillige) Abgaben entrichtet hatte (subsidium caritativum)[2]

1663 schlossen sich auch Teile des bisher reichsunmittelbaren Ritteradels des Bayreuther Raumes aus dem Ritterkanton Gebürg dem Korpus des Vogtländischen Adels an und schwächten so den Kanton Gebürg aufs Neue. Vorausgegangen waren weitere, vom Markgrafen für seinen landsässigen Adel erlassene wirtschaftliche Vergünstigungen.[1] Auch die Ritterschaft der Bezirke Kulmbach und Neustadt/Aisch schlossen sich 1663 an die Voigtländische Ritterschaft an (Assoziierte Voigtländische Ritterschaft).[2]

Liste der inkorporierten Rittergüter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rittergut Bemerkung
Alladorf Ein Viertel vom Dorf- und Reutzehnt
Brandstein bei Berg Schloss
Bug Vorwerk
Bug Rittergut, Patronatsrecht, Halsgericht mit den Besitzern des Ritterguts Weißdorf gemeinschaftlich, Schul-, Brau- und Hirtenhaus.
Cottenau Ein Gut
Creußen Die Behausung und ein Burggut in der Vorstadt, ein halber Hof zu Losau und neun Weiher
Culmitz und Döbrastöcken Ein Gut und das Vorwerk
Döhlau Drei Rittergüter, darunter das heutige Schloss Döhlau
Dörnthal Rittergut
Dressendorf Zwei halbe Höfe, zwei Sölden, Niedergerichtsbarkeit
Eppenreuth Zwei Höfe
Epplas Verschiedene Stücke und Güter
Erkersreuth Sitz, Hohe Jagd, Obergerichtsbarkeit, Schriftsässerei
Espich Wald von 138 Tagwerk
Erbsbühl Verschiedene Stücke und Güter
Fahrenbach Rittergut mit Schriftsässerei
Fattigau Niedere Jagd in der Revieren der Verwaltung Fattigau
Feuln Die Getreidegült und den Geldzins von einem Hof
Förbau Rittergut mit Obergericht und Schriftsässerei
Fohrenreuth Ein Gut
Fülgendorf (?) Rittergut mit der Niederen Jagd auf dem Rittergutsgrund
Frankenberg Ein Hof und eine Sölde
Frosch- und Schneckengrün Rittergut, Obergerichtsbarkeit
Fölschnitz Verschiedene Stücke und Güter
Feilitzsche Lehen Felder und Wiesen in Kemlas, welche Bauern in Kemlas, Blankenberg und Schnarchenreuth zu Lehen haben.
Götteldorf (Gottersdorf?) Rittergut, Schriftsässerei
Göppmannsbühl Rittergut
Goldkronach Rittergut
Gottsmannsgrün Rittergut mit Gemeindeherrschaft, Niederer Jagd und Niedergerichtsbarkeit
Grafenreuth Rittergut der Gravenreuth
Gumpertsreuth Rittergut mit Schriftsässerei
Guttenthau Der sogenannte Rosenhof
Haidhof und Kotzmannsreuth Rittergut
Hartmannsreuth Oberhartmannsreuth Eineinhalb Höfe, einige Äcker und Wälder, der sogenannte Plosenberg und eine Erbschenke zu Trogen
Haselbrunn (?) Zwei Höfe
Hartungs Rittergut
Hesselbach (?) Rittergut mit Hoher Jagd, Wildgruben und Niedergerichtsbarkeit
Hofeck Rittergut mit dem Vorwerk Schartenmauer
Isaar Vorwerk, Gemeindeherrschaft zu Joditz, Hohe Jagd im Leuchtholz, Hirschstein und Kulm
Issigau Rittergut mit Hoher Jagd, Hochgerichtsbarkeit und Schriftsässerei.
Joditz Ein Hof, ein Haus
Kothigenbibersbach Ein Drittel des Zehnten
Körber (?) Ein halber Hof, zwei Wohnhäuser, Niedergerichtsbarkeit
Konradsreuth Rittergut, der Cöstlerische Hof, Obergerichtsbarkeit
Korbersdorf Ein Hof, Hohe Jagd
Krötenbruck Vorwerk
Krötendorf (?) Vorwerk
Küschwitz Zwei Höfe
Lanzendorf Rittergut
Laineck Schloss, Höfe und Güter auf dem Rodersberg, das Vorwerk zu Ützdorf, Niedergerichtsbarkeit
Lipperts Rittergut
Lippertsgrün Rittergut und Vorwerk
Losau Drei Höfe
Lorenzreuth Der ganze Zehnt
Münchenreuth Rittergut mit Hochgerichtsbarkeit
Meyernberg Rittergut
Moschendorf Das Stelzengut
Naila Eine Herberge, ein kleines Gut und zwei kleine Häuser in Froschgrün, ein Ort Holz in Geiersbach, ein halber Hof in Klingelsporn, der obere Teich dortselbst und ein Stück Holz am Griesbacher Weg
Nentschau Rittergut mit Obergerichtsbarkeit
Neudrossenfeld Rittergut
Neuenhaus Schloss
Neuhaus an der Eger Dorf
Oberhöchstädt Rittergut
Oberkotzau Rittergut mit Schriftsässerei, Obergericht, Niederer Jagd und Patronatsrecht über die Kirchen zu Oberkotzau und Kautendorf, Schloss Oberkotzau
Oberredwitz Rittergut mit Patronatsrecht und Kirchensatz, Obergericht und Schriftsässerei
Oberröslau Rittergut mit Schriftsässerei
Oberschwarzach Der ganze Zehnt, ein Weiher
Oberwaiz Rittergut
Ploessen Stücke in Ploessen, Poppenreuth und Strass; die im Amt Münchberg gelegenen Höfe und Güter.
Pöllersdorf Zwei halbe Höfe und eine Sölde, Niedergerichtsbarkeit
Prex Vorwerk
Rauschenberg (?) Rittergut
Regnitzlosau, hinter der Kirche Rittergut mit Schriftsässerei
Regnitzlosau, Hohenberg Rittergut mit Schriftsässerei und Obergerichtsbarkeit
Regnitzlosau, Niedernberg Rittergut
Reitzenstein Schloss, Hochgerichtsbarkeit, Hohe Jagd und Schriftsässerei sowie das Patronatsrecht über die Pfarrei Issigau.
Riegelstein Schloss mit Wildbann und Kirchenlehen sowie dem Zehnt zu Riegelstein
Röthenbach Rittergut mit Schriftsässerei und Gütern zu Bergnersreuth, Seussen, Braunersgrün und Schirnding
Rothenbürg Vorwerk
Sachsen (?) Rittergut Waldsachsen und Dettendorf, Niedergerichtsbarkeit und Niedere Jagd
Sandreuth (?) Einige Untertanen, Zins- und Gültleute samt den dazugehörigen Wiesen, Wäldern und Fischwassern zu Sandreuth
Scharten Rittergut mit Obergerichtsbarkeit
Schlegel Rittergut
Schönwald Rittergut mit Obergerichtsbarkeit
Schwarzenbach am Wald Ein Wohnhaus
Schwarzenbach an der Saale Rittergut mit Schriftsässerei, Obergerichts und Gemeindeherrschaft sowie Patronatsrecht über die Kirche in Schwarzenbach
Schwarzenstein Rittergut
Seidenhof Rittergut
Seubottenreuth (Seybothenreuth) Rittergut
Seußen Schenkrecht
Tauperlitz Rittergut mit Schriftsässerei
Tiefenthal Rittergut
Trogen Vorwerk, ein Gut die „Zech“ genannt.
Unterhöchstädt Rittergut mit Schriftsässerei, ein Hof und drei Weiher zu Rügersgrün
Voita (?) Ein Gülthof, ein Söldengut, Zehnt
Weinzlitz Rittergut und Vorwerk
Weißdorf Rittergut mit Hochgerichtsbarkeit und Patronatsrecht, Jagdrecht zu Dorf und Feld, Brau- und Hirtenhaus.
Wilhelmsdorf (?) Rittergut mit Niedergerichtsbarkeit und Niederer Jagd, Fischrecht in der Aurach innerhalb des Rittergutsbezirks, Patronatsrecht
Windischenhaig Ein Gülthof
Wüstenstein Rittergut
Zedtwitz Verschiedene Güter und Höfe zu Zedwitz und Schollenreuth, Obergerichtsbarkeit und Schriftsässerei
Zeulenreuth Schloss und ein halber Gutshof

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Johann Gottfried Biedermann: Geschlechts Register der löblichen Ritterschafft im Voigtlande .... Kulmbach 1752 Google Books
  • Rudolf Endres: Die Voigtländische Ritterschaft, in: Rudolf Endres (Hg.): Adel in der Frühneuzeit – Ein regionaler Vergleich, Bayreuther Historische Kolloquien, Bd. 3, Köln;Wien 1991, S. 55–72 ISBN 3-412-03490-8
  • Johann Wilhelm Holle: Die Streitigkeiten der Markgrafen von Bayreuth mit der Ritterschaft über die Reichsunmittelbarkeit. In: Archiv für Geschichte von Oberfranken. Band 8, 2. Heft. Bayreuth 1861. S. 55–61.
  • Hans Georg May: Die vogtländische Ritterschaft – Eine verfassungsgeschichtliche Studie, Inaugural-Dissertation der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität zu Erlangen, 1951
  • Richard Winkler: Markgraf contra Reichsritterschaft. Reichsadelige Herrschaften im Raum Bayreuth. In: Heimatbeilage zum Oberfränkischen Schulanzeiger. Nr. 267. Bayreuth 2000. S. 17ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Klaus Rupprecht: Reichsritterschaft, Kanton Gebirg in: Historisches Lexikon Bayerns
  2. a b Reinhard Heydenreuter, Birgit Strobl (Hrsg.)Bayerische Landesgeschichte München September 2009, Nachdruck 2011, S. 145