Württembergischer Malerinnenverein

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Der Württembergische Malerinnenverein war ein Verein zur Förderung von Malerinnen. Der Verein wurde am 25. Februar 1893 in Stuttgart gegründet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst wurden ab dem Wintersemester 1864/65 an der Königlichen Kunstschule Stuttgart acht Frauen angenommen. Mit zunehmender Anzahl von Frauen wuchs jedoch die Ablehnung der männlichen Kommilitonen und es wurden „Damenklassen“ gegründet. Diese konnten an bestimmten Aktivitäten wie Aktzeichnen nicht teilnehmen. Daher versuchten sich die Künstlerinnen selbst zu organisieren.[1]

So gründeten Anna Peters, Sally Wiest und Magdalene Schweizer einen Verein. Er stand Frauen über 18 Jahren offen, welche die Bildende Kunst oder das Kunsthandwerk berufsmäßig ausübten. Damit versuchte er, Vorbehalte gegenüber Malerinnen in der damaligen Zeit zu überwinden und ihnen gesellschaftliche Anerkennung zu verschaffen. Der Verein hatte zudem nach Art einer Berufsgenossenschaft eine eigene Darlehns- und Unterstützungskasse gegründet.[2] Im ersten Vereinsstatut von 1894 war es das erklärte Ziel des Vereins:[3]

„für die kunst- und gewerbetreibenden Damen Württembergs einen Mittelpunkt zu schaffen und Gelegenheit zu bieten, dass dieselben untereinander verkehren und hauptsächlich sich gegenseitig Anregung und Förderung in ihren Kunstbestrebungen gewähren zu können.“

Der Verein ermöglichte es, Lehrer von der Königlichen Akademie der Künste zu bezahlen. So konnten die Mitglieder Kurse in Porträtmalerei und Aktzeichnen besuchen. Schon die erste Ausstellung 1893 erhielt hohen Besuch: Das württembergische Königspaar besuchte die Ausstellung und Königin Charlotte übernahm von da an bis zur Abdankung des Königs 1919 die Schirmherrschaft des Vereins. 1914 zählte der Verein 246 Mitglieder.[3]

Lange Zeit hielt sich der Württembergische Malerinnenverein abseits der Aktivitäten der Karlsruher, Münchner oder Berliner Künstlerinnenvereine und schloss sich zunächst auch nicht dem Bund deutscher und österreichischer Künstlerinnenvereine an.[4] 1925 jedoch war der Württembergische Malerinnenverein Gastgeber der Tagung des Bundes deutscher Künstlerinnenvereine im Malerinnenhaus.[5]

Leitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit der Gründung 1893 bis zur Umbenennung des Vereins 1945 haben folgende Frauen die Leitung übernommen:[6]

  • 1893–1902 Anna Peters
  • 1902–1904 Emma Hartmann
  • 1904–1919 Anna Peters
  • 1919–1922 Antonie Halmhuber-Bronner
  • 1922–1933 Marie Lautenschlager
  • 1933–1945 Clara Rühle

Malerinnenhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Haus war 1883 unter der Leitung des Hofbaumeisters Christian Friedrich von Leins unterhalb des Eugensplatzes in Stuttgart-Mitte (Adresse: Eugenstraße 17) erbaut worden. Mit Unterstützung von Königin Charlotte erwarb der Verein 1907 das Haus. Anna Peters gewährte einen großzügigen Kredit als Startkapital.[7] Es war von nun an Treffpunkt von Künstlerinnen aus ganz Württemberg. Die Mitglieder konnten die Bibliothek nutzen und an Versammlungen oder Kursen teilnehmen. Darüber hinaus befanden sich auch eine Reihe von Ateliers im Haus, die von den Mitgliedern gemietet werden konnten. Dort konnten nun auch Ausstellungen organisiert und Feste gefeiert werden.[2][3]

1914 wurde das Haus um einen Stock erhöht, damit konnten drei weitere Ateliers dazugewonnen werden.[5]

Ausstellungen und Bälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Ausstellung des Malerinnenvereins fand im November/Dezember 1893 mit Schwerpunkt Porträt und Landschaft statt. Das württembergische Königspaar besuchte die Ausstellung und Charlotte von Württemberg übernahm danach die Schirmherrschaft des Vereins. Bis 1900 folgten vier weitere gut besuchte Ausstellungen.

Die jährlich nicht öffentlich stattfindenden Damenkostümbälle standen unter einem Motto und boten ein ausgearbeitetes Abendprogramm und dienten dazu, in einem feierlichen Rahmen die Kunstwerke der Künstlerinnen zu verkaufen und Geld für die Vereinskasse zu sammeln. Die Idee dafür stammte von Anna Peters. Das Programm wurde meist einige Tage nach dem Ball öffentlich aufgeführt. 1895 einen Rembrandtabend, 1903 war Wilhelm Hauff das Thema, 1905 Don Quijote.[8]

Sommerhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1929 kaufte der Verein in Anhausen im Lautertal ein Haus an, um in den Sommermonaten künstlerische Aktivitäten in der Landschaft des Lautertals zu ermöglichen.[5]

Nationalsozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 28. Juli 1933 wurde der Verein von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet. Jüdische Künstlerinnen wie Alice Haarburger, Käthe Loewenthal, Klara Neuburger, Elli Heimann und Maria Lemmé wurden ausgeschlossen, später deportiert und ermordet.[3][5]

1945 wurde der Verein in Bund Bildender Künstlerinnen Württembergs umbenannt.[2][5]

Mitglieder (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die bekannteren Mitglieder des Württembergischen Malerinnenvereins sind im Folgenden aufgelistet:

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Julius Baum u. a.: Die Stuttgarter Kunst der Gegenwart. Hrsg.: mit Unterstützung Seiner Majestät des Königs Wilhelm II von Württemberg, der königlichen württembergischen Ministerien. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1913, DNB 362513945.
  • Friederike Aßmus-Neumann: Adolf Hölzels Schülerinnen. Künstlerinnen setzen eigene Maßstäbe. Hrsg.: Helmut Herbst. Hugo Matthaes, Stuttgart 1991, ISBN 978-3-87516-527-2.
  • Brigitte Kerchner: Beruf und Geschlecht: Frauenberufsverbände in Deutschland 1848–1908. In: Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 97. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1992, ISBN 3-525-35760-5.
  • Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Zur Geschichte des Württembergischen Malerinnen-Vereins und des Bundes Bildender Künstlerinnen Württembergs. In: Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart Band 81/I. Band 1. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-94192-4.
  • Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Zur Geschichte des Württembergischen Malerinnen-Vereins und des Bundes Bildender Künstlerinnen Württembergs. In: Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart Band 81/II. Band 2. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-94192-4.
  • Die Malerin Käthe Loewenthal und ihre Schwestern. Drei deutsch-jüdische Schicksale; 22. November 2009 - 7. Februar 2010, Felix-Nussbaum-Haus Osnabrück

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rainer Vogt: Ausstellung: Der lange Weg. In: Schwarzwälder Bote. 20. März 2015, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  2. a b c Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band 1. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-94192-4.
  3. a b c d Jörg Kurz: Die Gänsheide. Geschichte und Kultur. Verlag im Ziegelhaus, 1999, ISBN 978-3-925440-16-8, S. 67–70.
  4. Brigitte Kercher: Beruf und Geschlecht: Frauenberufsverbände in Deutschland 1848–1908. Göttingen 1992, S. 132.
  5. a b c d e Historie. In: BBK. Abgerufen am 1. Dezember 2020 (deutsch).
  6. Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band 2. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, S. 26.
  7. Adrienne Braun: Wie sich Stuttgarter Frauen in der deutschen Kunstwelt durchsetzten: Als die Stuttgarter Frauen die Malerei eroberten. In: Eßlinger Zeitung. 6. September 2018, abgerufen am 3. Dezember 2020.
  8. Gabriele Katz: Stuttgarter Damenklasse. Künstlerinnen auf dem Weg in die Moderne. G. Braun Verlag, 2013, S. 60 - 62.
  9. Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band 2. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 978-3-608-94192-0, S. 56 f., 187 f.
  10. Rückblick Ausstellungen Städtische Galerie Wangen im Allgäu. Abgerufen am 16. Januar 2021.
  11. Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band 2. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-94192-4, S. 85, 354 f.,.
  12. Gabriele Katz: Stuttgarts starke Frauen. Theiss, Darmstadt 2015, ISBN 978-3-8062-3157-1, S. 49.