Zsuzsa Breier

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Zsuzsa Breier (auch Susanne Breier; geboren 1963 in Budapest) ist eine deutsch-ungarische Literaturwissenschaftlerin, Diplomatin, ehemalige Staatssekretärin und Autorin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Breier studierte an den Universitäten in Budapest und in Heidelberg Germanistik, Slawistik und Kulturwissenschaft und wurde 1990 zum Dr. phil. promoviert. Im Anschluss arbeitete sie als Dozentin an der Loránd-Eötvös-Universität in Budapest und erhielt später einen Lehrauftrag an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihr literaturwissenschaftliches Hauptinteresse galt den Autoren Max Frisch und Botho Strauß; ferner übersetzte sie Aufsätze von Peter Turrini, Paul Nizon, Peter Bichsel und Eveline Hasler ins Ungarische. Breier war Mitinitiatorin der ersten Nachwuchsgermanisten-Konferenz in Ungarn und gab 1998 mit Angelika Thumm und Edit Király zusammen die Anthologie „Die Erinnerung in der deutschsprachigen Literatur“ heraus.[1] Im Zentrum ihrer literaturwissenschaftlichen Forschungen befasste sich Breier vor allem mit der Transformation des Freiheitsdrangs in Osteuropa vor und nach dem Fall des Eisernern Vorhangs und verbindet auf diese Weise die sehr unterschiedlichen Geschichten von Ost- und Westeuropa.[2]

Breier ist in zweiter Ehe mit dem ehemaligen Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit Thomas Ilka (FDP) verheiratet.[3] Sie hat fünf Kinder.[4]

Berufliche Tätigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diplomatin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2000 wurde sie von dem ungarischen Botschafter Gergely Pröhle zur Leiterin der Kulturabteilung an die ungarische Botschaft und Mitglied der Politischen Abteilung berufen. 2002 gründete sie den „Kreis der Kulturdiplomaten Berlin“.[5] 2004 schied sie aus dem diplomatischen Dienst aus. In diesem Zusammenhang bezeichnete sie der FDP-Politiker Wolfgang Gerhardt als „eine Frau mit Kultur“ und eine „wirbelnde Managerin“.[6] Der Tagesspiegel urteilte nach Breiers Ausscheiden, sie habe in ihrer Amtszeit „die ungarische Botschaft zu einem Ort kultureller Ausstrahlung gemacht“.[7]

Kulturjahr der Zehn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Breier initiierte und organisierte als Kulturattaché in Deutschland im Jahre 2004 das „Kulturjahr der Zehn“,[8] ein gemeinsames Festival der zehn neuen EU-Länder unter der Schirmherrschaft der Kulturbeauftragten der Bundesregierung Christina Weiss und Außenminister Joschka Fischer, für das Breier auch Manfred Eichel als Mitorganisator gewinnen konnte.[9] Ein Jahr lang kamen in 60 Dialog-Veranstaltungen mehr als 500 Autoren, Komponisten, Musiker, Künstler, Politiker und Nachwuchstalente aus Osteuropa in Deutschland zusammen.[10]

Staatssekretärin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Mai 2012 wurde Breier für das Amt als Staatssekretärin für Europaangelegenheiten im von Jörg-Uwe Hahn (FDP) geführten Justiz-, Integrations- und Europaministerium der Hessischen Landesregierung benannt.[11] Die in Deutschland vorher parteilose Breier trat daraufhin in die FDP ein. Breier war die erste Staatssekretärin in Deutschland, die keine deutsche Staatsbürgerin war.[12] Mit Ende des Kabinetts Bouffier I schied auch Breier 2014 aus dem Amt aus.

Kritik und Debatte im Hessischen Landtag

Breier bezeichnete Viktor Orbán als einen „Demokraten“ und Vorwürfe gegen ihn als „perfide Behauptungen“.[13] Vor der Vereidigung warfen die Fraktion „Die Linke[14] und die Fraktion Die Grünen[15] im Hessischen Landtag ihr vor, sie hätte sich nicht genug von demokratiefeindlichen Tendenzen Viktor Orbáns distanziert.[16] Für die Hessische Landesregierung verteidigte Landesminister Jörg-Uwe Hahn die Entscheidung der Landesregierung, Breier als Staatssekretärin zu berufen.

Handelsblatt Global Edition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Geschäftsführerin der Handelsblatt Global Edition verantwortete Breier 2015 den Auf- und Ausbau der internationalen Ausgabe des Handelsblatts.[17][18]

Autorin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Europa-Expertin erhielt Breier 2014 eine Einladung von der Stony Brook Universität und unterstützte dort als „distinguished guest“ den EuroPoint-Blog im Rahmen der Globality Studies der Universität.[19] Zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft Adolf Muschg gab sie 2011 die Anthologie „Freiheit, ach Freiheit“ heraus.[20] Die Texte des Bandes legen Zeugnis von dem von Breier angestoßenen Ost-West-Dialog ab.[21]

Seit 2016 arbeitet Breier als freie Autorin.[22]

Weiteres Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Breier war bis 2011 geschäftsführendes Vorstandsmitglied der „Gesellschaft zur Förderung der Kultur im erweiterten Europa e.V.“ in Berlin.[23] Breier wurde im November 2018 zur Spitzenkandidatin der FDP Bremen zur Europawahl 2019 gewählt.[24] Auf dem Europaparteitag im Januar 2019 wurde sie auf Platz 20 der Bundesliste gewählt.[25]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monografien
  • Die ungarndeutsche Literatur und ihr Publikum = A magyarországi németnyelvü irodalom és közönsége, Diss. Budapest 1988.
  • (Erschienen unter dem Namen Susanne Breier:) Suche nach dem wirklichen Leben und eigentlichen Ich im Werk von Max Frisch, Bern 1992.
Sammelbände
  • Zsuzsa Breier; Edit Király; Angelika Thumm (Hrsg.): Die Erinnerung in der deutschsprachigen Literatur. Symposion der ungarischen Nachwuchsgermanisten. Budapest : ELTE Germanistisches Inst., 1998.
  • Zs. mit Hermann Rudolph: Der Europa-Almanach, Bostelmann und Siebenhaar, Berlin 2005. ISBN 978-3-936962-27-7
  • Zs. mit Adolf Muschg (Hrsg.): Freiheit, ach Freiheit … Vereintes Europa – geteiltes Gedächtnis, Wallstein-Verl., Göttingen 2011. ISBN 978-3-8353-0955-5
Artikel
  • Che auf Giselle Bündchens Bikini. Zwei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch des Ostblocks wird der Sozialismus zum modischen Accessoire – Gewaltherrschaft und Unterdrückung werden allzu gern verdrängt. In: Die Welt, 24. Juni 2008.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Germanistenverzeichnis: Zsuzsa Breier. Abgerufen am 3. Februar 2019.
  2. [1] Hermann Rudolph, Voller Lagerraum. Was vom Wendeglück bleibt, in: Tagesspiegel am 30. Oktober 2011
  3. Christian Stang: Zsuzsa Breier neue Europa-Staatssekretärin der hessischen Landesregierung, in: Wiesbadener Kurier, 14. Mai 2012
  4. Staatssekretärin für Europaangelegenheiten: Dr. Zsuzsa Breier (Memento vom 5. Januar 2013 im Webarchiv archive.today)
  5. Franziska v Mutius: Erfolgreiche Botschafterin des europäischen Gedankens. 11. Dezember 2005 (welt.de [abgerufen am 3. Februar 2019]).
  6. Eine Frau mit Kultur. Abgerufen am 3. Februar 2019.
  7. Tagesspiegel am 28. August 2004
  8. Rückkehr nach Europa: Kulturjahr der zehn Neuen. Abgerufen am 3. Februar 2019.
  9. Silvia Meixner: Die Ungarin Zsuzsa Breier organisiert das "Kulturjahr der Zehn". 10. Juli 2004 (welt.de [abgerufen am 3. Februar 2019]).
  10. Kulturtipp des Monats: Zsuzsa Breier plant ihren September. In: Spiegel Online. 30. August 2004 (spiegel.de [abgerufen am 3. Februar 2019]).
  11. Neue Europa-Staatssekretärin in Hessen: Dr. Zsuzsa Breier | Netzwerk EBD. Abgerufen am 3. Februar 2019 (deutsch).
  12. „Die Ungarin Zsuzsa Breier hat ein Alleinstellungsmerkmal: Sie ist die erste Staatssekretärin in Deutschland ohne einen deutschen Pass“, in: Cornelia von Wrangel: Die ungarische Staatssekretärin, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 7. Oktober 2012, S. 14.
  13. Orbáns unfreiwillige Botschafterin, Hanna Lütke-Lanfer in Die Zeit, 7. Juni 2013.
  14. Plenarbericht der Linksfraktion im Hessischen Landtag vom 01.06.2012. Archiviert vom Original am 14. November 2018; abgerufen am 3. Februar 2019.
  15. https://www.gruene-hessen.de/landtag/pressemitteilungen/vorstellung-der-desi/
  16. Plenarbericht der Linksfraktion im Hessischen Landtag vom 01.06.2012. Archiviert vom Original am 14. November 2018; abgerufen am 3. Februar 2019.
  17. German Mittelstand und Berliner Hipster. Abgerufen am 3. Februar 2019 (deutsch).
  18. In eigener Sache: Handelsblatt jetzt auch auf Englisch. Abgerufen am 3. Februar 2019.
  19. Zsuzsa Breier: Mission Unaccomplished Yet – The Task of the Incoming European Commission. (PDF) GSJ is published at Stony Brook University by the Stony Brook Institute for Global Studies (SBIGS), 26. Oktober 2014, abgerufen am 3. Februar 2019 (englisch).
  20. Zsuzsa Breier, Adolf Muschg: Freiheit, ach Freiheit…: Vereintes Europa – geteiltes Gedächtnis. Wallstein Verlag, Göttingen 2011, ISBN 978-3-8353-0955-5 (hsozkult.de [abgerufen am 3. Februar 2019]).
  21. D. Ruloff: Freiheit, ach Freiheit. Vereintes Europa - geteiltes Gedächtnis. In: Buchbesprechung von: Zsuzsa Breier, Adolf Muschg (Hrsg.): NZZ am Sonntag. Nr. 48. Wallstein, 27. November 2011, ISSN 0376-6829, S. 22, doi:10.5167/uzh-56908 (uzh.ch [abgerufen am 3. Februar 2019]).
  22. zsuzsa breier - Biografie, Veröffentlichungen. Abgerufen am 3. Februar 2019 (deutsch).
  23. Deutsches Kulturforum östliches Europa. Abgerufen am 3. Februar 2019.
  24. Presse / Pressemitteilungen - FDP Bremen. Abgerufen am 3. Februar 2019.
  25. Bundesliste der Freien Demokraten zur Europawahl 2019. (PDF) In: fdp.de. Freie Demokratische Partei, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. Januar 2019; abgerufen am 30. Januar 2019.