Liste der Klassischen Philologen an der Universität Breslau

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Die Liste der Klassischen Philologen an der Universität Breslau zählt namhafte Hochschullehrer dieses Faches auf, die an der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau wirkten.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siegel der Universität Breslau

Bei der Gründung der Friedrich-Wilhelms-Universität Breslau 1811 wurde für die Klassische Philologie nach dem Vorbild der Berliner Universität ein Seminar gegründet, dessen Direktoren zwei Ordinarien (ordentliche Professoren) waren. Die ersten Inhaber der Professuren, Johann Gottlob Theaenus Schneider und Ludwig Friedrich Heindorf wirkten nur kurze Zeit in Breslau. Unter ihren Nachfolgern Franz Passow und Karl Ernst Christoph Schneider wuchs die Zahl der Philologiestudenten an der Universität erheblich, so dass 1834 (nach dem Tode Passows; sein Nachfolger wurde Friedrich Ritschl) eine zusätzliche, zunächst außerordentliche Professur für Philologie und Archäologie eingerichtet wurde. Der erste Inhaber dieser Stelle, Julius Ambrosch, wurde 1839 zum Ordinarius befördert. 1845 wurde der Privatdozent Friedrich Wilhelm Wagner zum vierten (außerordentlichen) Professor neben Ritschls Nachfolger Friedrich Haase, Schneider und Ambrosch ernannt.

Als 1856 Ambrosch und Schneider starben, schlug die Fakultät Otto Jahn und Jacob Bernays als ihre Nachfolger vor. Beide wurden jedoch vom Ministerium abgelehnt: Jahn wegen seiner politischen Aktivitäten 1848/49, Bernays wegen seiner jüdischen Konfession. Stattdessen wurde August Rossbach als ordentlicher Professor für Philologie und Archäologie berufen. Schneiders Nachfolge trat Johannes Vahlen als Extraordinarius an. Bereits 1858 wechselte er nach Freiburg; seine Stelle wurde nicht neu besetzt. Seit 1857 war Rudolf Westphal außerordentlicher Professor (Nachfolger Wagners). Als er die Universität 1862 verließ, wurde Martin Hertz zu seinem Nachfolger ernannt und erhielt eine ordentliche Professur.

So existierten seit 1862 drei ordentliche Lehrstühle für Klassische Philologie. Der Zuwachs an Studenten führte dazu, dass neben diesen Stellen und den Privatdozenten 1873 eine weitere außerordentliche Professur eingeführt wurde, die 1875 auch im Etat verankert wurde. Nachdem die ersten Inhaber nur jeweils wenige Semester unterrichtet hatten, lehrte Konrad Zacher ab 1881 bis zu seinem Tod 1907 mehr als ein Vierteljahrhundert. Außerdem wurde 1871 der Philologische Verein zu Breslau gegründet, eine Studentenverbindung, die bis 1920 bestand (siehe Deutscher Wissenschafter-Verband).

In den 1880er-Jahren stagnierten die Studentenzahlen erst und nahmen dann so weit ab, dass um 1892 mehr Dozenten als Studenten am Seminar tätig waren. Die Ordinarien Hertz und Rossbach erlebten diese Zeit bei schlechter Gesundheit: Hertz ließ sich 1891 beurlauben und trat 1893 in den Ruhestand, Rossbach starb 1898 nach langer Krankheit. Nach seinem Tod wurden die zwei ordentlichen Professuren, die dem Seminar vorstanden, zu einer Stelle zusammengefasst, die Richard Foerster erhielt. Ab dem Wintersemester 1896/1897 stiegen die Studentenzahlen allmählich wieder an. 1902 wurde eine Assistentenstelle am Philologischen Seminar eingerichtet.

Als Ordinarien lehrten neben Foerster Friedrich Marx (1893–1896), Franz Skutsch (1896–1912), Eduard Norden (1898–1906), Paul Wendland (1906–1909) und Alfred Gercke (1909–1922). In den 20er und frühen 30er Jahren wirkten die Ordinarii Wilhelm Kroll (1913–1935), Ludolf Malten (1922–1945) und Konrat Ziegler (1920–1923) in Breslau. Die Klassische Archäologie war bis zu Foersters Emeritierung (1920) seinem Lehrstuhl für Philologie zugeordnet. Seit 1920 hatte sie mit Fritz Weege (bis 1945) einen eigenständigen Vertreter.

Während der Zeit des Nationalsozialismus gab es unter den Breslauer Philologen keine Entlassung aus rassischen Gründen wie an anderen Universitäten. Die Lehrstuhlvertreter profilierten sich nicht als Nationalsozialisten (mit Ausnahme von Hans Drexler), verhielten sich aber loyal bis angepasst. Im Frühjahr 1945 wurde die Universität Breslau bei der Einnahme der Stadt durch sowjetische Truppen zerstört, die Bestände der Bibliothek und des Museums gingen größtenteils verloren.

Liste der Klassischen Philologen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angegeben ist in der ersten Spalte der Name der Person und ihre Lebensdaten, in der zweiten Spalte wird der Eintritt in die Universität angegeben, in der dritten Spalte das Ausscheiden. Spalte vier nennt die höchste an der Universität Breslau erreichte Position. An anderen Universitäten kann der entsprechende Dozent eine noch weitergehende wissenschaftliche Karriere gemacht haben. Die nächste Spalte nennt Besonderheiten, den Werdegang oder andere Angaben in Bezug auf die Universität oder das Seminar. In der letzten Spalte stehen Bilder der Dozenten.

Wissenschaftler von bis Funktionen Bemerkungen Bild
Gabriel Gottfried Bredow (1773–1814) 1811 1814 Ordinarius Professor an der Viadrina, Historiker, oberster Leiter und Aufsichtführender über die Gelehrtenschulen des Regierungsbezirks Breslau
Johann Gottlob Theaenus Schneider (1750–1822) 1811 1815 Ordinarius langjähriger Professor an der Viadrina in Frankfurt (Oder); Herausgeber verschiedener antiker Schriftsteller; konzentrierte sich mehr auf die Forschung als auf die Lehre
Ludwig Friedrich Heindorf (1774–1816) 1811 1816 Ordinarius Platon- und Tragödienforscher; unterrichtete wegen seiner schwachen Gesundheit nur wenig und wechselte 1816 nach Halle, wo er im selben Jahr starb
Franz Passow (1786–1833) 1815 1833 Ordinarius Nachfolger Schneiders; Herausgeber des deutsch-griechischen Handwörterbuchs; gründete das Akademische Kunstmuseum der Universität Breslau
Eduard Gerhard (1795–1867) 1816 1820 Privatdozent Schülers August Boeckhs in Berlin, wechselte nach einer ausgedehnten Italienreise 1820–1826 zur Archäologie; ab 1833 Mitarbeiter an den Königlichen Museen zu Berlin und 1844 Ordinarius an der Universität
Karl Ernst Christoph Schneider (1786–1856) 1816 1856 Ordinarius Nachfolger Heindorfs, bis 1818 Extraordinarius; hielt grammatische, textkritische und exegetische Übungen
Karl Linge (1782–1849) 1817 1819 Privatdozent ging als Gymnasialdirektor nach Ratibor
August Wellauer (1798–1831) 1820 1826 Privatdozent Aischylos- und Aristophanes-Spezialist, hielt Vorlesungen über Tragödie, Komödie, römische Satire und griechische Archäologie; ging als Prorektor an das Breslauer Elisabeth-Gymnasium
Gustav Pinzger (1800–1838) 1827 1828 Privatdozent Spezialist für griechische Formenlehre und Grammatik sowie für hellenistische Literatur; ging als Prorektor an das Gymnasium Ratibor, später als Rektor nach Liegnitz
Nicolaus Bach (1802–1841) 1828 1835 Privatdozent Humboldt-Schüler, Spezialist für griechische Literatur des Hellenismus; ging als Gymnasialdirektor nach Fulda
August Wissowa (1797–1868) 1828 1830 Privatdozent hielt lateinische Vorlesungen und Übungen ab; später Direktor des katholischen Gymnasiums zu Breslau
Julius Held (1803–1864) 1831 1834 Privatdozent Oberlehrer am Magdalenen-Gymnasium, später Direktor des Gymnasiums zu Schweidnitz
Friedrich Ritschl (1806–1876) 1833 1839 Ordinarius Nachfolger Passows, bis 1834 Extraordinarius; berühmter Textkritiker und Herausgeber lateinischer Autoren; wechselte nach Bonn
Julius Ambrosch (1804–1856) 1834 1856 Ordinarius erster Inhaber der Professur für Philologie und Archäologie („Altertümer“), bis 1839 Extraordinarius
Friedrich Wilhelm Wagner (1814–1857) 1838 1857 Extraordinarius Passow-Schüler, 1838 habilitiert, 1845 außerordentlicher Professor; hielt Vorlesungen über griechische Literatur
Friedrich Haase (1808–1867) 1840 1867 Ordinarius Nachfolger Ritschls, bis 1846 Extraordinarius; gab die Schriften von Thukydides, Velleius Paterculus, Seneca und Tacitus heraus
August Rossbach (1823–1898) 1856 1898 Ordinarius Nachfolger Ambroschs, Professor für Philologie und Archäologie; langjähriger Leiter des Akademischen Kunstmuseums, erweiterte die Abgusssammlung
Johannes Vahlen (1830–1911) 1856 1858 Extraordinarius Nachfolger Schneiders; wechselte nach Freiburg, später nach Berlin
Rudolf Westphal (1826–1892) 1857 1862 Extraordinarius Spezialist für antike Musik, in der Fachwelt umstritten; verließ 1862 die Universität und lebte als Privatgelehrter
Eduard Lübbert (1830–1889) 1859 1864 Privatdozent wechselte 1865 als Extraordinarius nach Gießen, später nach Kiel und Bonn
Martin Hertz (1818–1895) 1862 1893 Ordinarius Nachfolger Westphals (Ordinarius); gab als Latinist bedeutende Textausgaben von Horaz und Aulus Gellius heraus; 1891 beurlaubt, 1893 emeritiert
August Reifferscheid (1835–1887) 1868 1885 Ordinarius Nachfolger Haases
Hugo Blümner (1844–1919) 1870 1875 Privatdozent Archäologe und Philologe, wechselte 1875 als Extraordinarius nach Königsberg, 1877 als Ordinarius nach Zürich
Richard Foerster (1843–1920) 1870
1890
1875
1922
Extraordinarius
Ordinarius
1868 habilitiert, 1873 Extraordinarius; wechselte 1875 als Ordinarius nach Rostock; kehrte 1890 als Nachfolger Studemunds nach Breslau zurück und erhielt 1898 die vereinigte Seminarführung und Professur der Eloquenz
Arthur Ludwich (1840–1920) 1876 1878 Extraordinarius Nachfolger Foersters; Spezialist für die griechischen Epen und deren Rezeption; wechselte nach Königsberg
Georg Kaibel (1849–1901) 1879 1881 Extraordinarius Nachfolger Ludwichs; Aristoteles- und Komödienforscher, wechselte als Ordinarius nach Rostock
Konrad Zacher (1851–1907) 1881 1907 Extraordinarius Nachfolger Kaibels; Spezialist für griechische und römische Metrik, las über Aristophanes, Horaz und Juvenal
Georg Wissowa (1859–1931) 1882 1886 Privatdozent Reifferscheid-Schüler, später Spezialist für römische Religion und Herausgeber der Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft; wechselte als Extraordinarius nach Königsberg
Leopold Cohn (1856–1915) 1884 1915 Privatdozent Habilitation 1884, seit 1889 Bibliothekar, 1897 Professorentitel, 1902 Oberbibliothekar; Spezialist für hellenistische und jüdische Literatur, Herausgeber der Werke Philons
Wilhelm Studemund (1843–1889) 1886 1889 Ordinarius Nachfolger Reifferscheids; Plautus-Spezialist und Herausgeber der Institutiones des Gaius
Otto Rossbach (1858–1931) 1887 1890 Privatdozent 1887 Habilitation für Philologie und Archäologie; wechselte als Extraordinarius nach Kiel, später als Ordinarius nach Königsberg
Richard Reitzenstein (1861–1931) 1888 1889 Privatdozent Schüler von Vahlen und Mommsen in Berlin, 1888 habilitiert; wechselte als Extraordinarius nach Rostock, später als Ordinarius nach Gießen, Straßburg, Freiburg und Göttingen
Franz Skutsch (1865–1912) 1890 1912 Ordinarius 1890 habilitiert; 1896 Ordinarius als Nachfolger von Marx; Spezialist für römische Literatur, besonders der späten Republik und der augusteischen Zeit
Friedrich Marx (1859–1941) 1893 1896 Ordinarius Nachfolger von Hertz; Spezialist für römische Literatur, besonders Rhetorik und Patristik; wechselte nach Wien, später nach Leipzig und Bonn
Wilhelm Kroll (1869–1939) 1894
1913
1899
1935
Privatdozent
Ordinarius
Privatdozent, wechselte nach Greifswald, später nach Münster; 1913 Nachfolger Skutschs; Spezialist für antike Philosophie, Dichtung, Rhetorik und Religionsgeschichte; Herausgeber der Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (1906–1939)
Carl Friedrich Wilhelm Müller (1830–1903) 1896 1903 Honorarprofessor Latinist, Spezialist für lateinische Metrik und Syntax
Eduard Norden (1868–1941) 1898 1906 Ordinarius nach Rossbachs Tod berufen (nomineller Nachfolger Foersters), Latinist; wechselte nach Berlin
Richard Wünsch (1869–1915) 1898 1902 Privatdozent Religionswissenschaftler, Spezialist für Fluchtafeln; wechselte als Ordinarius nach Gießen
Felix Jacoby (1876–1959) 1902 1906 Privatdozent 1902–1903 Assistent; Spezialist für griechische Geschichtsschreibung, später Herausgeber der Fragmente der griechischen Historiker; wechselte als Extraordinarius nach Kiel
Walter Volkmann (1857–1909) 1903 1909 Assistent Spezialist für römische Literatur (Cicero, Ovid), vorher Gymnasiallehrer
Paul Wendland (1864–1915) 1906 1909 Ordinarius Nachfolger Nordens; wechselte nach Göttingen; Philon-Herausgeber mit Leopold Cohn
Eduard Scheer (1840–1916) 1908 1916 Honorarprofessor Spezialist für griechische Dichtung, insbesondere Lykophron und Aischylos; vorher Gymnasiallehrer
Alfred Gercke (1860–1922) 1909 1922 Ordinarius Nachfolger Wendlands; Mitherausgeber der Einleitung in die Altertumswissenschaft („Gercke-Norden“)
Konrat Ziegler (1884–1974) 1907 1923 Ordinarius 1907 habilitiert, 1909 Extraordinarius (Nachfolger Zachers), 1920 persönlicher Ordinarius; wechselte nach Greifswald
Josef Kroll (1889–1980) 1916 1918 Assistent Schüler von Wilhelm Kroll, Assistent (ernannt 1914); wechselte nach Braunsberg, später nach Köln
Ludolf Malten (1879–1969) 1922 1945 Ordinarius Nachfolger Gerckes; Spezialist für antike Religionsgeschichte und Mythologie; nach der Flucht 1945 persönlicher Ordinarius in Göttingen
Friedrich Focke (1890–1970) 1923 1925 Privatdozent Spezialist für griechische Geschichtsschreibung; wechselte nach Tübingen
Joseph Klapper (1880–1967) 1924 1945 außerplanmäßiger Professor Kunsthistoriker und Volkskundler, 1924 für Mittellateinische Philologie habilitiert, 1929 apl. Prof.; lehrte später als Gymnasiallehrer und Dozent in Erfurt
Georg Ostrogorsky (1902–1976) 1928 1933 Privatdozent russischer Emigrant, lehrte Byzantinische Philologie und Geschichte; 1933 entlassen; wechselte nach Prag, später nach Belgrad
Willi Göber (1899–1961) 1929 1945 Lehrbeauftragter Bibliothekar und Handschriftenforscher, mit der Abhaltung griechischer Sprachübungen beauftragt
Isaak Heinemann (1876–1957) 1930 1933 Honorarprofessor Dozent für Religionsphilosophie des Altertums und Mittelalters am Jüdisch-Theologischen Seminar, von 1930 bis 1933 gleichzeitig Honorarprofessor für Hellenismus an der Universität Breslau; emigrierte 1938 nach Jerusalem
Hans Drexler (1895–1984) 1932 1940 Ordinarius zunächst außerplanmäßiger Professor, 1935 Ordinarius als Nachfolger Krolls; Spezialist für römische Literatur, profilierter Nationalsozialist und Wissenschaftspolitiker; wechselte nach Göttingen, wo er 1945 entlassen wurde
Jürgen Kroymann (1911–1980) 1938 1942 Oberassistent wurde 1942 zum Kriegsdienst eingezogen; arbeitete nach Kriegsende als Gymnasiallehrer und Dozent in Tübingen
Wilhelm Süß (1882–1969) 1940 1945 Ordinarius Nachfolger Drexlers; Spezialist für griechische Rhetorik und Komödie; nach der Flucht 1946 Ordinarius in Mainz

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bernhard Kytzler: Aus der Geschichte der Altphilologie an der Universität Breslau. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau, 31. Jahrgang (1990), S. 265–274 (knappe Zusammenstellung mit Hinweisen auf weitere Literatur).
  • Richard Foerster: Klassische Altertumswissenschaft. (Philologie, Archäologie, Eloquenz). In: Georg Kaufmann: Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Universität Breslau. Zweiter Teil: Geschichte der Fächer, Institute und Ämter der Universität Breslau 1811–1911, Breslau 1911. S. 380–403 (detaillierte Darstellung, die auf Quellenstudium und eigenem Erleben basiert).