Polvitz

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Polvitz
Hansestadt Gardelegen
Koordinaten: 52° 28′ N, 11° 26′ OKoordinaten: 52° 28′ 8″ N, 11° 26′ 14″ O
Höhe: 66 m ü. NHN
Fläche: 1,7 km²[1]
Einwohner: 57 (31. Dez. 2022)[2]
Bevölkerungsdichte: 34 Einwohner/km²
Eingemeindung: 20. Juli 1950
Eingemeindet nach: Wannefeld
Postleitzahl: 39638
Vorwahl: 039088
Polvitz (Sachsen-Anhalt)
Polvitz (Sachsen-Anhalt)

Lage von Polvitz in Sachsen-Anhalt

Polvitz ist ein Ortsteil der Ortschaft Wannefeld der Hansestadt Gardelegen im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt.[3]

Geografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das altmärkische Dorf Polvitz liegt dreieinhalb Kilometer nördlich von Wannefeld und knapp vier Kilometer nordwestlich von Letzlingen an der Milde. Im Norden liegt der 76 Meter hohe Blaue Berg, im Westen der knapp 92 Meter hohe Weinberg.[4]

Die Polvitzer Teiche östlich des Dorfes sind durch den Abbau von Torf entstanden.[5]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittelalter bis Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1454 wird dat wüste dorp Poluiz[6] erstmals erwähnt. Das Dorf war bis 1945 in Besitz der von Alvensleben und gehörte seit 1620 zur Linie Isenschnibbe. Im Jahre 1600 wird ein Vorwerk Polwitz genannt, welches der Bürgerfamilie Uhden in Gardelegen zustand. 1745 gab es eine Schäferei und zwei Fischerhäuser, 1775 war ein Kolonistendorf mit einer Wassermühle entstanden. 1833 wird berichtet von einem Gut und einem Bethaus, in dem viermal jährlich Gottesdienste stattfanden. 1842 ist von einem landtagsfähigen Rittergut die Rede. An der Milde im Nordosten des Dorfes im Wald standen zwei Wassermühlen, die Kenzendorfer Mühle (heute Kenzendorf) und die Neue Mühle (heute Neuemühle). Im 19. Jahrhundert entstanden die Landgemeinde Polvitz-Neuemühle (1885 genannt) und der Gutsbezirk Polvitz-Kenzendorf.[1] Die noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts in Polvitz benutzte Kapelle[7] wurde 1945 abgerissen.[8] Die Glocke der Kirche wurde später in Wannefeld als Schulglocke zweckentfremdet.[5] Heute hängt sie im Glockenturm der Trauerhalle des Friedhofs in Wannefeld. Sie wurde vor Jahrzehnten von Hilka Hoppe, geborene Mechthild von Alvensleben, gestiftet.[9]

Gutshaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans-Detloff v. Kalben beschrieb das alte Herrenhaus in Polvitz im Jahre 1959: „Es lag auf der Halbinsel eines künstlichen Stausees. Beiderseits des Hauptparterres, das die Wohn- und Schlafräume enthielt, lagen der Saal und Pavillons. Die einstöckigen Gebäude bestanden aus verputztem Fachwerk mit Stuck und Holzschnitzerei. Die bleigedeckten Flachdächer waren von statuenbesetzten Balustraden umgeben, die Innenräume mit Deckenbildern, Stuckaturen und Gemälden dekoriert, eine Art improvisierter Theaterarchitektur. Bildergalerie und Orangerie formten mit dem Saalbau einen Ehrenhof. Davor lagen nach Westen beiderseits der Einfahrt die Wirtschaftsgebäude. Ein Stück des Weges nach Gardelegen wurde von einer Statuenreihe verschönt. Auf einer künstlichen Insel im Stausee der Milde standen in einem Ziergarten zwei kleine Gebäude, »Belvedere« und »Fischerhaus«. Dieses kleine Juwel der damaligen Baukunst schuf Friedrich Wilhelm v. Alvensleben 1692, »durch die Schönheit der Lage angezogen«; er hat wohl als Vorbild Haus und Park Marly, die Schöpfung Ludwigs XIV, benutzt.“[10]

Landwirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Bodenreform wurden 1945 wurden erfasst: Eine Besitzung mit 153 Hektar (davon 81 Hektar Wald) und acht Besitzungen unter 100 Hektar mit zusammen 33 Hektar. Enteignet wurden die 153 Hektar der Hospitalstiftungen Gardelegen. Das Land wurde an städtische Verwaltungsorgane übergeben, von der Försterei Kenzendorf gingen 50 Hektar Ackerland an die städtischen Verwaltungsorgane Gardelegen. Aufgeteilt wurden 75 Hektar auf 22 landarme Bauern mit Besitz unter fünf Hektar, 52 Hektar auf sieben landlose Bauern und Kleinpächter. 3,67 Hektar erhielt ein Industriearbeiter. Außerdem wurden 728 Hektar Wald als Versuchsrevier der Provinzialverwaltung zugeteilt. Im Jahre 1986 gab es eine LPG (T) Letzlingen mit der Brüterei Polvitz.[1]

Eingemeindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Polvitz-Kenzendorf mit der Landgemeinde Wannefeld zur Landgemeinde Wannefeld vereinigt.[11] So kamen das Rittergut Polvitz und das Forsthaus Kenzendorf zu Wannefeld.

Am 20. Juli 1950 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Polvitz-Neuemühle nach Wannefeld eingemeindet.[12] Damit kamen der Ortsteil Polvitz und der Wohnplatz Neuemühle zur damaligen Gemeinde Wannefeld.

Mit der Eingemeindung von Wannefeld nach Gardelegen am 1. Januar 2010 kam der Ortsteil Polvitz zur neuen Ortschaft Wannefeld und zur Hansestadt Gardelegen. Neuemühle und Kenzendorf blieben beim Ortsteil Wannefeld.[13]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Polvitz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner
1772 06
1774 18
1790 32
1798 33
1801 33
1818 54
Jahr Einwohner
1840 58
1864 22
1925 08
1939 10
1946 66
2012 [00]30[14]
Jahr Einwohner
2017 [00]37[15]
2021 [0]39[2]
2022 [0]57[2]

Landgemeinde Polvitz-Neuemühle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner
1871 22
1885 15
1895 09
1905 08

Gutsbezirk Polvitz-Kenzendorf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner
1871 33
1885 36
1895 31
1905 21

Quelle bis 1946, wenn nicht angegeben:[1]

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die evangelischen Christen der Kirchengemeinde Polvitz gehörten zur Pfarrei Roxförde.[7] Sie werden heute vermutlich vom Pfarrbereich Letzlingen betreut, zu dem Roxförde gehört, das im Kirchenkreis Salzwedel im Propstsprengel Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland liegt.[16]

Soziales[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das im Jahre 1930 erbaute Gutshaus wurde nach 1945 als Kinderheim genutzt[10] und beheimatet heute das Kinder- und Jugendhaus Polvitz des Jugendförderungszentrums Gardelegen e. V.[17]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 1694–1696, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  • J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 412, 67. Pollwitz (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Familie von Alvensleben e.V.: Familie v. Alvensleben - Polvitz. Abgerufen am 24. November 2018.
  • Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 205 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 1694–1696, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  2. a b c Elke Weisbach: Die Kurve zeigt wieder nach oben. In: Gardelegener Volksstimme, Gardelegener Kreisanzeiger. 24. Januar 2022, DNB 1047268027, S. 13.
  3. Hansestadt Gardelegen. Der Bürgermeister.: Hauptsatzung der Hansestadt Gardelegen. 27. August 2019, abgerufen am 11. Februar 2022.
  4. Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  5. a b Polvitz. In: gardelegen.de. Abgerufen am 27. Februar 2022.
  6. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 17. Berlin 1859, S. 133 (Digitalisat).
  7. a b Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 62 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  8. Ev. Gemeindebrief Kirchspiel Letzlingen - Roxförde. November 2014 – Februar 2015. 2014 (Ev. Gemeindebrief Kirchspiel Letzlingen - Roxförde (Memento vom 24. Mai 2018 im Internet Archive) [PDF]).
  9. Elke Weisbach: Letzter Gang soll würdevoll sein. Reparatur der Glocke im Turm der Wannefelder Trauerhalle dringend notwendig. In: Altmark Zeitung Gardelegen. 19. Januar 2013 (az-online.de [abgerufen am 24. November 2018]).
  10. a b Familie von Alvensleben e.V.: Familie v. Alvensleben - Polvitz. Abgerufen am 24. November 2018.
  11. Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1928, ZDB-ID 3766-7, S. 201.
  12. Zweite Verordnung zum Gesetz zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen zum 27. April 1950 (GuABl. S. 161). In: Landesregierung Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Gesetz- und Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt. Nr. 18, 5. August 1950, ZDB-ID 511105-5, S. 274 (PDF).
  13. Verzeichnis Gemeinden und Gemeindeteile. Gebietsstand: 1. April 2013 (= Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt [Hrsg.]: Verzeichnisse / 003. Nr. 2013). Halle (Saale) Mai 2013, S. 29 (destatis.de [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 24. August 2019]).
  14. Einwohnerentwicklung 2012 in den Ortsteilen. In: Volksstimme Magdeburg. 1. Mai 2013 (volksstimme.de [abgerufen am 20. Februar 2022]).
  15. Wannefeld und Polvitz auf gardelegen.de (Memento vom 24. November 2018 im Internet Archive)
  16. Pfarrbereich Letzlingen. Abgerufen am 22. November 2018.
  17. Kinder- und Jugendhaus Polvitz. In: jfz-ga.de. 2. September 2022, abgerufen am 27. Februar 2022.
  18. Adolf Matthias Hildebrandt: Die Grabsteine und Epitaphien adeliger Personen in und bei den Kirchen der Altmark. Die Kreise Salzwedel und Gardelegen umfassend. Heft I, 1868, S. 103 (Online).